The Project Gutenberg EBook of Führer durch das böhmische Erzgebirge, das Mittelgebirge und die angrenzenden G, by August Weymann This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have to check the laws of the country where you are located before using this ebook. Title: Führer durch das böhmische Erzgebirge, das Mittelgebirge und die angrenzenden Gebiete Author: August Weymann Release Date: July 2, 2017 [EBook #55027] Language: German Character set encoding: UTF-8 *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK FÜHRER DURCH DAS BÖHMISCHE *** Produced by The Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net
Anmerkungen zur Transkription
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Verlag von Hans Feller in Karlsbad.
Karlsbad
in
geschichtlicher, medicinischer und topografischer Beziehung
von
Med. Dr. Eduard Hlawacek,
Ehrenbürger von Karlsbad.
Dreizehnte verbesserte und sehr vermehrte Auflage
31 Bgn. kl. 8°
mit einem Situationsplan und zwei Ansichten von Karlsbad, sowie einer grossen Eisenbahnkarte von Mittel-Europa.
Eleg. geb. (Bädekerband) fl. 3. österr. W. = M. 6.
Dieses Buch enthält nebst einer vollständigen Orts- und medicinischen Geschichte von Karlsbad, einer mineralogisch-geologischen und physikalisch-chemischen Beschreibung seiner Mineralquellen, vorzugsweise eine möglichst vollständige Darstellung ihrer Heilkräfte, Heilanzeige und Gegenanzeige, wie auch ihrer verschiedenen innerlichen und äusserlichen Anwendungsformen vom ärztlichen Standpunkte; jedoch in einer im Wesentlichen jedem gebildeten Leser verständlichen Sprache und Darstellungsweise, indem die fremden medicinischen Ausdrücke so viel als möglich vermieden wurden.
Der Kurgast insbesondere findet darin eine besondere Angabe der bei der Trink- oder Badekur zu beobachtenden diätetischen Vorschriften; überdies die nöthigen Aufschlüsse in geselliger und ökonomischer Beziehung, und eine vollständige Beschreibung der Promenaden und Fahrpartien, in welch' letzterer Beziehung der beigegebene Situationsplan einen bequemen und verlässlichen Wegweiser bildet.
Der Wegweiser für Karlsbad und die Umgebung. Von Med. Dr. Eduard Hlawacek. Mit Situationsplan. Eleg. geb. M. 2, = österr. W. fl. 1.
Diese kurze, doch umfassende Beschreibung bietet dem Kurgaste ausser einem geschichtlichen Ueberblicke die nöthige Belehrung über die Mineralquellen und das diätetische Verhalten während der Kur; sie ist ihm ein verlässlicher Wegweiser in der Stadt, bei den Spazier- und Fahrpartien, und unterrichtet ihn über die ökonomischen und geselligen Verhältnisse.
Aerztlicher Rathgeber für den Kurgebrauch in Karlsbad von Med. Dr. J. Kraus. 8. Aufl. Mk. 2. = österr. W. fl. 1.
Der »ärztliche Rathgeber«, der jetzt in 8. Auflage erscheint – die erste wurde im Jahr 1872 ausgegeben – ist, wie schon der Titel besagt, blos für das hiesige Badepublicum geschrieben und zwar in so populärer Weise, wie ärztliche Rathschläge überhaupt ertheilt werden müssen.
Ueber die wichtigsten Punkte der Diätetik während einer Karlsbader Kur von Med. Dr. Franz Sorger. 8. Aufl. M. 1.20. = österr. W. fl. –.60.
Karlsbad, Heilmittel in einigen Arten von Magen- und Leberkrankheiten von Med. Dr. Franz Sorger. 4. Aufl. M. 1.20. = österr. W. fl. –.60.
Die hier ausgesprochenen Anschauungen sind das Ergebniss einer ziemlichen Anzahl von Beobachtungen und versuchen es, genauer zu bestimmen, in welchen Magen- und Leberkrankheiten von Karlsbad Heilung oder Linderung zu erwarten sei.
Tisch für Magenkranke
von
Med. Dr. Josef Wiel in Zürich.
5. verb. und verm. Aufl.
Preis broch. M. 4. = 2 fl. ö. W. – Eleg. geb. M. 5 = fl. 2.50 ö. W.
Erschien bereits in französischer, holländischer u. schwedischer Uebersetzung.
Urtheile der Presse:
Basler Nachrichten. Wiel ist eine Autorität auf dem Gebiete der Diätetik, und als solche auch schon durch die »Gartenlaube« bekannt. Der Magen ist wohl das wichtigste Ding im menschlichen Körper; von der Gesundheit des Magens hängt nicht blos das körperliche Wohlbefinden des Menschen, sondern auch sein seelischer Zustand ab. Es kann Einer mit einem schlechten Magen kein guter Christ sein, hat einmal ein Pfarrer gesagt, und er hat wohl recht. Dass der Magen aber gut sei und, ohne den Menschen zu stören, seine Functionen verrichte, hängt allein von der richtigen Art und Weise ab, wie und welche Nahrungsmittel man zu sich nimmt. »Sage mir, was er isst, und ich sage dir, was er ist.« Wiel gibt nun in leichter, verständlicher Sprache an, was und wie der Gesunde und der Kranke essen soll, was er vermeiden muss, damit jener gesund bleibe, dieser geheilt werde. Den Magenkranken, deren Zahl grösser ist, als man denkt, kann Wiel's Buch auf's Beste empfohlen werden. Es gilt auch in der gesammten Literatur für Gesundheitspflege als eines der vorzüglichsten Werke. Es wird zwar dem Buche (auch schon Wiel's Artikeln in der »Gartenlaube«) vorgeworfen, seine Diät sei nur für reiche Leute berechnet. Indessen ist der Vorwurf nur zum Theil begründet. Der Mittelstand, der glücklicherweise bei uns immer noch gross ist und bleiben wird, findet in dem Buche ebenfalls eine zweckmässige Diät und selbst der Unbemittelte erfährt doch, in welcher Weise und in welcher Reihenfolge seine einfachen Nahrungsmittel zu nehmen sind, und welchen Einfluss diese letzteren auf seinen Gesundheitszustand haben.
Ueber Land und Meer. Unter den vielen populär-medicinischen Büchern, mit denen das Publicum überschüttet wird, kennen wir wenige, die so warme Empfehlung verdienen, als Dr. Josef Wiels Tisch für Magenkranke.
Der Autor, ein Züricher Arzt, schreibt vortrefflich, eindringlich, klar, anschaulich und ist sicher kein Buchfabrikant. Sein »Tisch für Magenkranke« ist hervorgegangen aus der Praxis. Der Verkehr des Arztes mit seinen Patienten hat dies Buch geboren und deshalb ist es auch keine Zusammenstellung von allen möglichen Bücherauszügen, sondern ein Stück Leben aus der Wirksamkeit eines scharfblickenden, gewissenhaften Arztes, das fast wie der persönliche Verkehr mit dem Arzt selbst wirkt. Ganz besonders nützlich scheint uns der Speisezettel, das Capitel von den Getränken und die Speisevorschriften bei Magenerkrankungen. Magenleidende möchten wir auf dies Buch aufmerksam machen.
Bohemia. Wir möchten nicht nur jedem wirklichen Magenkranken, sondern der grossen Zahl jener Personen, welche stets über einen »schwachen Magen« klagen, sich bei der geringsten Veranlassung leicht »den Magen verderben«, dabei aber nicht daran denken, sich im Essen und Trinken irgend Schranken zu setzen, die aufmerksame Lecture dieses Buches empfehlen. Dasselbe enthält so viele wichtige und bedeutungsvolle Winke für die Art und Weise, wie die richtige Diät beobachtet werden soll, dass auch die sorgsame Hausfrau, der es darum zu thun ist, dass ihre Tischgäste eine gute und nahrhafte Kost erhalten, davon profitiren wird. Der allgemeine Theil enthält eine übersichtliche Darstellung der Speisen und Getränke, welche als Magenheilmittel verwendet werden können, während der specielle Theil genaue Speisezettel bei den einzelnen Symptomen der Magenkrankheiten gibt und eine vollständige diätetische Behandlung derselben bietet. Der Verfasser bekundet hiebei eben so sehr den kundigen Arzt wie den erfahrenen Gastronomen.
Deutsches Montagsblatt. Magenkrank ist heute eigentlich die ganze Welt, denn Jedem liegt »irgend etwas« im Magen. Angesichts dieser allgemeinen Calamität ist es ein wahrer Trost, dass zu dem »Diätetischen Kochbuch« von Dr. Josef Wiel ein ergänzendes Werk, der »Tisch für Magenkranke« von demselben Verfasser, (bereits in vierter Auflage) erschienen ist. Da notorisch Kopf und Magen im intimsten Wechselverkehr stehen, so liegt es auf der Hand, wie erfreulich es für Herz und Gemüth sein muss, wenn man sich an der Hand eines so erfahrenen Esskünstlers wie Joseph Wiel durch das Leben isst.
Diätetisches Kochbuch
für Gesunde und Kranke
von
Med. Dr. Josef Wiel.
(Zürich.)
Fünfte vermehrte und verbesserte Auflage.
Preis broch. Mk. 4.80.
Urtheile der Presse:
Ueber Land und Meer. Die Zahl der Kochbücher ist Legion – aber eine Legion von Kochbüchern wiegt das »Diätetische Kochbuch« von Dr. Joseph Wiel auf, das von den ersten ärztlichen Autoritäten als ein Meisterwerk anerkannt worden und nun in neuer Auflage erscheint. Es sollte die Grundlage jedes künftigen Kochbuchs bilden. Der Verfasser gibt zum Unterschiede von den übrigen Kochbüchern nicht in erster Linie Recepte, sondern die Grundsätze, wie und was gekocht werden soll, und zwar keineswegs in trocken wissenschaftlicher Form, sondern in einer so ansprechenden, geistvollen und häufig köstlich humoristischen, wohl auch, wo es noth thut, sarkastischen Weise, dass man das Buch mit wirklichem Genusse liest und gerne in gesunden, wie in kranken Tagen immer wieder darin nachschlägt. Wenn es ein »gutes Hausbuch« gibt, hier haben wir's im vollsten Sinne des Wortes.
Correspondenzblatt für Schweizer Aerzte. Dass das Kochbuch Wiel's seit 1871 vier neue Auflagen erlebte, spricht laut genug für seinen Werth, aber auch für die immer noch zunehmende Wichtigkeit, welche auch die Aerzte der passenden Ernährung geben, d. h. der Wichtigkeit, welche die Aerzte darauf legen und legen müssen, selbst exacte Vorschriften über die Zubereitungsweise der Nahrung und deren Anpassung an einzelne Krankheitsfälle geben zu können. Die neue Auflage hat namentlich auch die Lebensmittelfälschungen berücksichtigt und die neueren Errungenschaften der Ernährungsphysiologie verwerthet. Wir wünschen dem Buche viele und aufmerksame Leser, namentlich auch in den Kreisen der Aerzte.
Handbuch der Hygieine
hauptsächlich für Mitglieder von Gesundheits-Ämtern
von
Med. Dr. Josef Wiel und Prof. Dr. Rob. Gnehm.
(Zürich.)
8° eleg. brosch. fl. 10 = Mk. 20, eleg. geb. fl. 11 = Mk. 22.
Während eine ganze Anzahl der neuerdings so zahlreich erschienenen Lehrbücher über Gesundheitspflege einen theoretischen, allgemein belehrenden Charakter haben und mehr oder weniger selbstverständliche Grundwahrheiten in umständlicher Gründlichkeit behandeln, enthält sich das vorliegende aller weitläufigen Auseinandersetzungen und gibt in klarer prägnanter Zusammenstellung praktische Anhaltspunkte für alle diejenigen, welche in Berufs- oder Privatverhältnissen wissen wollen, was denn eigentlich gesundheitschädlich oder -fördernd ist.
Goethe in Karlsbad.
Von Med. Dr. Eduard Hlawacek.
Elegant broschirt M. 2. – fl. 1. österr. W.
Die kleine Monographie fasst Alles, was in des Dichters Leben und Werken sich auf den berühmten böhmischen Badeort bezieht, zu einem übersichtlichen Ganzen zusammen und enthält manche fesselnde und instructive Einzelnheit, welche in grösseren Kreisen nicht bekannt sein dürfte.
Bearbeitet
von
PROF. AUGUST WEYMANN,
k. k. Schulinspector der Bezirke Brüx und Komotau, d. Z. Obmann des Erzgebirgsvereines in Oberleutensdorf, Ehrenmitglied des Erzgebirgsvereins in Joachimsthal, Mitglied des deutschen und österreichischen Alpenvereins.
KARLSBAD.
VERLAG VON HANS FELLER.
Alle Rechte vorbehalten.
K. k. Hofbuchdruckerei A. Haase, Prag.
Sr. Hochwohlgeboren
Herrn
Richard Ritter von Dotzauer,
Comthur des Franz Josef-Ordens, Ritter des Ordens der eisernen Krone III. Classe, Inhaber der Prager Bürger-Ehren-Medaille, Kaufmann, Präsidenten der Prager Handels- und Gewerbekammer, Obmann des Central-Comités zur Beförderung der Erwerbsthätigkeit der böhm. Erz- und Riesengebirgsbewohner, des deutschen Vereins zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse, des Gebirgs-Vereines für Böhmen, Directionsrathe der böhm. Sparcassa, Präsidenten der böhm. Unionbank, der Prager Dampf- und Segelschifffahrts-Gesellschaft, der Prager Maschinenbau-Actien-Gesellschaft, der Actien-Gesellschaft der Prager Civilschwimmschule, Verwaltungsrathe der böhm. Escompte-Bank, Ehrenbürger der Städte Abertham, Bärringen, Bleistadt, Böhm. Wiesenthal, Falkenau an der Eger, Gossengrün, Gottesgab, Graslitz, Joachimsthal, Königswart, Maria-Kulm, Neudek, Platten, Schönbach, Sebastiansberg, Sonnenberg, Weipert und der Gemeinden Neudorf u. Kallich, Major u. Corps-Commandanten des k. k. priv. bürgerlichen Scharfschützen-Corps in Graslitz, Ehren-Major der Scharfschützen-Gesellschaft in Frühbuss, Ehrenhauptmann der k. k. priv. bürg. Scharfschützen-Corps in Prag, Pressnitz, Schönbach, Ehrenmitgliede der wissenschaftlichen Lese- und Redehalle deutscher Studenten in Prag, der Fortbildungs-Vereine in Teplitz, Schönau und Pürstein, des christl. Handlungs-Commis-Unterstützungs-Vereines in Pressburg, Ehrenmitgliede mehrerer Spar- und Vorschuss-Cassen-Vereine, Gesang-, Turn-, Feuerwehr- und Anpflanzungs-Vereine, und vieler Militär-Veteranen-Vereine etc. etc.,
gewidmet
in aller Ehrfurcht und Dankbarkeit
vom
Verfasser.
Sie wollen das böhmische Erzgebirge besuchen? Sie werden dort von den hochgebornen Bewohnern gastfreundlich empfangen werden und manches finden, was einen Besuch dieser merkwürdigen Gebirgskette lohnt, und wenn Sie uns als Reisebegleiter annehmen, so können wir Sie auf viel Anziehendes in der Natur, dem Leben und der Geschichte seiner Bewohner aufmerksam machen, was der eilige Reisende leicht übersieht und überhört.
Wir schliessen uns Ihnen gerne an, denn wir kennen diese herrlichen Berge, wir lieben ihre Naturreize, wir sind vertraut mit den Bewohnern, wir schätzen ihren verständigen Kunstfleiss, wir fühlen uns heimisch in ihrem stillen Haushalt und theilen ihre Freude an den besonderen landschaftlichen Reizen und den eigenthümlichen Naturschätzen, welche die ersten Ansiedler anzog und die dichte Bevölkerung trotz vieler Widerwärtigkeiten dennoch festhält, auch wenn sie Mangel und Armuth drückt.
Warum laden wir Sie zum Besuche ein?
Das Erzgebirge ist von allen Seiten leicht zugänglich und in allen Theilen bis auf den Gipfel bequem zu besteigen. Da der über 20 Meilen sich erstreckende, zusammenhängende Gebirgszug gegen Süden mässig steil abfällt und sich gegen Norden ganz sanft abdacht, so ist seine Besteigung nur auf der böhmischen Seite aus dem Thale der Eger und Biela anstrengend, aber höchst interessant und auch in 2 bis 3 Stunden vom Fusse bis zum Rücken auszuführen. Ueberdiess erleichtern viele Verkehrsmittel den Besuch dieses Gebirges.
Aus dem Bielathale von Teplitz führt die Dux-Bodenbacher Bahn über die Erzgebirgshöhe von Zuckmantel und Königswald.
Aus dem Egerthale bei Franzensbad führt eine Eisenbahn über das Gebirge nach Adorf, Oelsnitz, Plauen und eine zweite über Graslitz auf die Höhe des Erzgebirges. Von Komotau auf der Wasserscheide zwischen dem Egerthale und Bielathale führt eine vierte Eisenbahn auf den Kamm des Erzgebirges empor und über Sonnenberg, Kupferberg, Schmiedeberg und Weipert[IV] nach Annaberg ganz in der Nähe der höchsten Gebirgskuppen des Hassberges, Keilberges und Fichtelberges vorbei. In naher Zukunft wird eine fünfte Schienenverbindung aus Böhmen nach Sachsen über den Erzgebirgsrücken führen und zwar aus dem Bielathale über Klostergrab in das Muldethal als Fortsetzung der Prag-Duxer Bahn im Anschlusse an die sächsischen Gebirgsbahnen.
Mit der Dampfkraft wird der Reisende auf der Eisenbahn von dem südlichen Fusse des Gebirges in weniger als einer Stunde auf den Kamm emporgehoben und kann den Rücken entlang das Gebirge bequem durchwandern.
Noch zahlreicher sind die Fahrstrassen, welche von der Südseite auf die Höhe des Gebirges führen in einer Steigung, welche im Wagen die Höhe des Gebirges vom Fusse an auch in einer bis zwei Stunden erreichen lässt. Sogar jedes der Querthäler ist von einer guten Strasse durchzogen. Nahezu von Meile zu Meile führen längs des ganzen südlichen Randes des Gebirges bequeme Strassen auf das Gebirge hinauf und von Böhmen hinüber nach Sachsen.
Auf dem Rücken des Gebirges selbst, der gegen Sachsen sanft und breit gestreckt niedersinkt, in seiner Längenrichtung aber in ziemlich gerader Linie sich hinzieht, führen zwischen den Städten und grösseren Ortschaften Dammstrassen, gute Wege und bequeme Steige.
Die Ausgangsorte für einen Besuch unserer Gebirge liegen zahlreich auf den meist besuchten Verkehrslinien.
Von Sachsen aus sind es Dresden, Leipzig und näher Zwickau, Chemnitz und Freiberg, von Baiern aus Baireuth und Hof. Im Süden aber liegen die viel besuchten Badeorte Franzensbad, Marienbad, Karlsbad, Teplitz, dann die Städte Eger, Falkenau, Kaaden, Komotau, Görkau, Brüx, Dux, Oberleutensdorf, Bilin, Leitmeritz, Lobositz, Aussig, Tetschen, wo jeder Spaziergang die Berge in einer solchen Nähe zeigt, dass sie in wenig Stunden nicht nur erreicht sondern selbst auch erstiegen werden können. Der Zugang bietet nirgends Gefahren und besondere Beschwerden. Die genannten Ausgangsorte unserer Heimat sind mit der Landeshauptstadt durch drei Hauptbahnen verbunden, was die Bereisung der Gebirge dem Touristen aus dem Innern des Landes ungemein erleichtert. Im Waggon wird er rasch emporgezogen, und jede Wendung auf den zahlreichen Krümmungen der Bahn bietet dem Auge eine neue überraschende Aussicht nach den sich erweiternden Gegenden. Auch im Wagen auf den gut gepflegten Strassen, welche hier in einem Thale neben dem rauschenden Forellenbach,[V] dort an einem Thalgelände in Schlangenwindungen sich hinzieht, kann sich der Besucher dem rasch wechselnden Ausblick über ferne Gegenden, dort über nahe grüne Wälder, üppige Blumenwiesen und freundliche Ortschaften hingeben. Der Fusswanderer braucht vom Fusse des Gebirges bis zum Kamme nirgends mehr als zwei oder drei Stunden und wird dabei immer mehrere Ortschaften, Dörfer oder Städtchen finden, wo er rasten kann. Auf der Höhe des Gebirges angekommen, wandelt er meistens zwischen den wohlriechenden Kräutern und Blumen der Grasfluren. Ueberall erquickt ihn das dem Auge wohlthuende Grün in der Abwechslung der helleren Farbe der Haferäcker und Grasfelder und der dunkleren Farbe der Gebüsche und der Fichtenwälder. Von allen Seiten kommt ihm entgegen der Wohlgeruch von duftenden Kräutern, wie Quendl und Thymian, von wohlriechenden Blumen, wie Maiglöckchen, und von harztriefenden Fichten und Tannen, welche die reine Gebirgsluft so stark würzen, dass wir tief athmend die Lungen wie durstige Trinker anfüllen, von der Natur getrieben, die uns anreizt, hier unser Blut zu erfrischen. Auf den Bergen oben athmet es sich leicht und athmet es sich wohl!
Wenn wir noch erwägen, dass das böhmische Erz- und Mittelgebirge hunderte der schönsten Aussichtspunkte besitzt, wie sie kein zweites Gebirge von gleicher Höhe und Dimension aufzuweisen vermag; wenn wir erwägen, dass es auch reich an Naturerscheinungen ist, dass es von der Sage geheiligt, von der Geschichte verherrlicht und von der Dichtung verklärt ist: so erscheint unsere Einladung zum Besuche unserer schönen und anziehenden Gebirge vollkommen begründet, und wir geben der Hoffnung Raum, dass sie bald ebenso beliebt sein und in jedem Sommer ebenso viele Besucher anziehen werden, wie beispielsweise der Harz und der Schwarzwald.
Um diesen hochwichtigen und patriotischen Zweck zu erreichen, stellte der grosse, hochansehnliche Erzgebirgsfreund Herr Richard Ritter von Dotzauer in der am 4. Juli 1880 in der Sitzung des Central-Comités zur Beförderung der Erwerbsthätigkeit der böhmischen Erz- und Riesengebirgsbewohner in Prag folgenden, auf die Belebung des Touristenverkehrs im böhmischen Erzgebirge bezüglichen Antrag:
»Wenn man das Wesen unserer verschiedenen Alpen-Vereine betrachtet, so muss wohl die oberflächliche, vulgäre Anschauung – und ich muss gestehen, dass ich mich derselben in diesem Punkte früher ebenfalls zuneigte – dahin gehen, dass diesen Vereinen in praktischer Hinsicht keine allzugrosse Bedeutung beizumessen sei. Als ich indessen in den letzten Jahren unsere österreichischen Alpenländer besuchte, da kam[VI] ich zu einer anderen Ueberzeugung. Ich fand, dass diese Vereine in ihrem Wirken sehr bemerkenswerthe praktische Erfolge erzielen; mit ihren Unternehmungen und ihren Publikationen tragen sie bei, die Alpengebiete immer weiter und weiter zu erschliessen, sie ziehen die Reisenden heran, sie beleben die Eisenbahnen, sie beleben die Gasthäuser, sie beleben selbst kleine Industrien. Speciell die prager Section des deutschen und österreichischen Alpen-Vereins hat in dieser Richtung sehr erspriesslich gewirkt. Herr Stüdl geniesst in diesen Gegenden, ich habe mich davon überzeugt, ein hohes Ansehen, eine seltene Verehrung, und wenn man als Mitglied des hiesigen Alpenvereins in eine solche Gegend kommt, wird man mit besonderer Aufmerksamkeit und Rücksicht behandelt; ebenso gewähren die Eisenbahnen den Mitgliedern des Vereins ansehnliche Fahrpreis-Ermässigungen. Unser Erzgebirge hat nun wahrlich auch seine Naturschönheiten; aber das Bild, das man in weiteren Kreisen vom Erzgebirge erhält, ist kein rosiges, kein anziehendes – es ist erfüllt von Elend, von Sorge und Noth, es wird daher selten aufgesucht und insbesondere von Wohlhabenden gemieden – und so erklärt es sich, dass man unser Erzgebirge und die guten Eigenschaften seiner Bevölkerung nicht kennt. Es drängt sich mir da die Frage auf, ob wir nicht an den Alpenverein herantreten sollen, mit der Bitte, es möge das Erzgebirge in den Rahmen seines Wirkens einbeziehen und in geeigneter Weise durch Anlage neuer Wege, Förderung des Führer- und Fahrtax-Wesens, Erhaltung und Errichtung von Denkmälern und Aussichtspunkten etc. dazu beitragen, dass das düstere Bild, das in der allgemeinen Vorstellung vom Erzgebirge besteht, sich in schönerer, wahrerer Beleuchtung zeige. Ein Strom von Tausenden Touristen könnte hiedurch belebend und befruchtend in diese Gebiete geleitet werden, zumal die Kurorte – Franzensbad, Marienbad, Karlsbad und Teplitz – ganz entsprechende Ausgangspunkte hiefür bieten. Mancher von den Fremden könnte da wohl auch aus der Berührung mit den ehrlichen, guten Leuten im Gebirge die Anregung zu industriellen Niederlassungen etc. empfangen. Und von den Einheimischen dürfte Vielen – auch mit Rücksicht auf die Fahrpreis-Ermässigungen, um die das Central-Comité und der Alpenverein für die betreffenden Touristen bei der Buschtěhrader Bahn ansuchen würden, die Gelegenheit, in kurzer Zeit und mit geringen Auslagen einen lohnenden Ausflug auf interessante Höhen, in schöne Waldungen zu unternehmen, sehr willkommen sein.«
Dieser Antrag, welcher noch dahin ergänzt wurde, dass auch das Riesengebirge in's Auge gefasst werden möge, fand lebhaften Anklang und einmüthige Zustimmung. Die Folge davon war[VII] der Beschluss, einen Wegweiser durch das böhmische Erzgebirge herauszugeben. Mit dieser Aufgabe wurde der Unterzeichnete betraut; derselbe entschloss sich aber, auch das höchst interessante Mittelgebirge und die angrenzenden Gebiete, insbesondere unter Hinweisung auf die Anschlüsse nach Sachsen in den Kreis der Bearbeitung zu ziehen.
Die Aufgabe war sehr schwierig; allein guter Wille und ausdauernder Fleiss halfen über alle Schwierigkeiten hinweg. Nach halbjähriger Arbeit war das schon in früheren Jahren gesammelte Material unter Mithilfe tüchtiger Mitarbeiter geordnet. Als solche werden genannt: die Herren Gust. Schwab, Bergwerksbesitzer, Kaeller, Schuldirektor, beide in Falkenau; Ed. Wenisch, Bürgerschullehrer in Joachimsthal; Oberlehrer Strohschneider in Sonnenberg; Oberlehrer W. Grossmann in Krima; Oberlehrer J. Hofmann in Katharinaberg; P. Forst, Kaplan, Gymnasial-Professor Rebhann, beide in Brüx; A. Weitzdörfer, Schuldirektor in Oberleutensdorf; E. Hochreiter, Gym.-Direktor in Teplitz; Jul. Gierschick, Redakteur in Leitmeritz und Jos. Werner, Fachlehrer in Komotau.
Allen diesen Herren statten wir für die mannhafte Unterstützung den besten, den innigsten Dank ab.
An einem vollständigen Führer durch das böhmische Erz- und Mittelgebirge hat es bis jetzt ganz gefehlt; deshalb treten wir mit einem solchen vertrauensvoll und in der Hoffnung vor die Oeffentlichkeit, dass er sich bei allen Freunden und Freundinnen unserer Gebirge guter Aufnahme und wohlwollender Beurtheilung erfreuen möge. Gleichzeitig richten wir an alle P. T. Leser und Leserinnen desselben die Bitte, uns auf etwaige Unrichtigkeiten und Lücken aufmerksam zu machen, damit wir sie in einer zweiten Auflage verbessern, beziehungsweise ausfüllen.
BRÜX.
August Weymann.
Es ist sehr schwer, bestimmte Reiseregeln zu geben, weil sich diese nur auf Grund gemachter Wahrnehmungen zusammenstellen lassen und diese nicht immer dieselben sind. Wir haben hier vorzugsweise solche Touristen im Auge, welche die Touren meist zu Fuss zurücklegen und die Fusspartien mit Fahrten im Post- oder Eisenbahnwagen weise zu verbinden verstehen. Wenn wir nun etwas dem Touristen empfehlen, so geschieht es deshalb, weil wir es als das Beste und Zweckmässigste erkannt haben; es wird in Folge dessen jede Begründung entfallen.
Die Kleidung sei nicht zu leicht, aber auch nicht zu warm. Feste und bequeme Schuhe, ein Wollenhemd und Plaid sind für Fussgänger unentbehrlich. Die Mitnahme von Regenschirmen empfiehlt sich nicht.
Von Gepäck ist nur das Nothwendigste mitzunehmen, dass man es in einem Tornister auf dem Rücken ohne Beschwerde tragen kann. Bequeme Touristen brauchen mehr und schicken es mit der Post dorthin voraus, wo sie sich einige Zeit aufhalten wollen. Um die Wäsche vor Nässe zu schützen, wickelt man sie in Wachsleinwand ein.
Die beste Zeit zur Bereisung des Erz- und böhmischen Mittelgebirges, sowie der, an dieselben grenzenden Gebiete ist die vom 1. Juni bis 30. September, event. 15. Oktober; im August bis Ende September ist die Witterung gewöhnlich ganz beständig, die Luft rein, die Aussicht von den Bergspitzen am schönsten und genussreichsten.
Auf eine praktische Zeiteintheilung muss jeder Tourist Bedacht nehmen. Die Entwerfung eines Reiseplanes ist unbedingt nothwendig. Wenn man eine 2- bis 3-wöchentliche Fusstour antreten will, so reise man anfänglich langsam, und erst nach gehöriger Erprobung seiner Kräfte kann man weitere Fusspartien unternehmen. Einen Taschen-Compass und eine gute Karte muss jeder Fussreisende mitnehmen.
Bei grosser Hitze muss gegen Mittag Rast gemacht werden; auch gönne man sich nach grösseren Märschen einen Ruhetag und wähle hiezu solche Orte, von wo aus man kleinere Ausflüge unternehmen kann. Man merke sich gut die Regel, früh in's Bett und früh wieder auf. Unternimmt man grössere Waldpartien und Wanderungen durch langgedehnte Grundthäler, wie beispielsweise durch den Komotauer Grund, das Teltschthal bei Görkau, den Hammergrund bei Johnsdorf u. s. w., so empfiehlt sich das Mitnehmen eines verlässlichen Führers, dass man nicht auf Abwege geräth, nutzlose Umwege macht und wichtige Punkte unbeachtet lässt. Für grössere Fusspartien versehe man sich mit einigen belegten Semmeln oder einigen harten Eiern und einem Fläschchen Wein.
Im ganzen Nordwesten Böhmens reist ein bescheidener Tourist nicht theuer; wenn er sich gar nichts abgehen lässt, so wird er mit 3 bis 4 fl. sehr gut auskommen, ja da kann er sich zeitweilig eine Forelle, die auf dem Plateau leicht zu bekommen ist, schmecken lassen. Gutes ausgegorenes Bier bekommt man in unserem böhmischen Erz- und Mittelgebirge überall, selbst in kleinen Ortschaften. Gute, preiswürdige inländische Weine findet man auch fast in allen Gasthäusern der grösseren Orte, sowie man auch fast überall eine gute Küche antrifft. Die Wirte geben sich viel Mühe, allen billigen Anforderungen zu entsprechen; hauptstädtischen Comfort darf man natürlich im Gebirge nicht suchen.
Von Prag aus führen folgende Eisenbahnen ins böhmische Erz- und Mittelgebirge:
1. Die nördliche Staatsbahn, Linie Prag-Aussig-Bodenbach.
2. Die Prag-Duxer Bahn, Linie Prag-Obernitz-Brüx-Dux.
3. Die Buschtiehrader Bahn, Linie Prag-Komotau-Karlsbad-Eger.
Das nordwestliche Böhmen mit dem Erz- und Mittelgebirge, also unser Reisegebiet, wird von nachfolgenden Eisenbahnen theils berührt, theils durchschnitten, ja Ausläufer gehen sogar über den Kamm oder nehmen einen grossen Theil der Abdachung ein. Diese Bahnen sind:
1. Aussig-Teplitzer, Linie: Aussig-Teplitz-Dux-Brüx-Komotau mit Anschluss an die nördliche Staatsbahn und die Buschtiehrader. Zweige derselben: a) Dux-Ossegg; b) Aussig-Bilin.
2. Dux-Bodenbacher, Linie: Bodenbach-Teplitz-Ossegg-Oberleutensdorf-Görkau-Komotau mit denselben Anschlüssen wie ad 1.
3. Buschtiehrader, Linie: Komotau-Klösterle-Hauenstein-Warta-Schlackenwerth-Karlsbad-Falkenau-Tirschnitz-Eger[3] mit den Abzweigungen a) Tirschnitz-Franzensbad, b) Falkenau-Graslitz, c) Komotau-Weipert, d) Komotau-Reitzenhain.
4. Prag-Duxer, Linie: a) Obernitz-Sauerbrunn-Bilin-Dux, b) Obernitz-Brüx-Oberleutensdorf-Ossegg-Klostergrab.
5. Pilsen-Priesner, Linie: Brüx-Obernitz-Postelberg-Saaz mit Anschluss an die Buschtiehrader gegen Prag-Priesen-Komotau.
6. Eger-Voitersreuth-Elster.
7. Eger-Waldsassen.
8. Eger-Sandau-Königswart-Marienbad.
Anmerkung: Retourbillete mit 1- bis 3-tägiger Giltigkeit geben alle voranstehenden Bahnen aus.
Dampfschifffahrt findet man auf der Elbe; hier vermitteln mit allem Comfort eingerichtete Dampfschiffe im Sommer den Verkehr zwischen Leitmeritz und Herrnskretschen und retour regelmässig zweimal des Tages.
Postverbindungen: Brüx-Ober-Georgenthal-Gebirgsneudorf-Katharinaberg-Brandau. (Botenfahrt.)
Aussig-Schönpriesen. (Botenfahrt.)
Bilin-Kosel-Laun und retour. (Botenfahrt.)
Bilin-Teplitz und retour. (Botenfahrt.)
Bodenbach-Böhmisch-Kamnitz-Reichenberg u. retour. (Eilfahrt.)
Breitenbach-Platten-Bärringen-Salmthal-Lichtenstadt-Karlsbad und retour. (Botenfahrt.)
Brüx-Hawran und retour. (Botenfahrt.)
Buchau-Solmus-Karlsbad und retour. (Botenfahrt.)
Buchau-Luditz und retour. (Botenfahrt.)
Duppau-Saaz-Radonitz-Kaaden und retour. (Botenfahrt.)
Eichwald-Teplitz und retour. (Botenfahrt und Omnibus.)
Elbogen-Schlaggenwald-Schönfeld und retour. (Eilfahrt.) – Schönfeld-Petschau und retour. (Botenfahrt.)
Fleissen-Wildstein und retour. (Cariolpost.)
Görkau-Kallich und retour. (Botenfahrt.)
Gossengrün-Hartenberg und retour. (Botenfahrt.)
Gossengrün-Schönbach und retour. (Botenfahrt.)
Heinrichsgrün-Neudeck und retour. (Botenfahrt.)
Heinrichsgrün-Frühbuss und retour. (Botenfahrt.)
Joachimsthal-Schlackenwerth und retour. (Botenfahrt.)
Joachimsthal-Abertham-Bärringen-Platten u. retour. (Botenf.)
Joachimsthal-Gottesgab-Weipert. (Botenfahrt.)
Kaaden-Podersam. (Botenfahrt.)
Kaaden-Brunnersdorf. (Botenfahrt.)
Kaaden-Pressnitz. (Botenfahrt.)
Kallich-Görkau. (Botenfahrt.)
Kallich-Brandau. (Botenfahrt.)
Karbitz-Kulm-Schönwald. (Botenfahrt.)
Karlsbad-Neudeck. (Botenfahrt.)
Karlsbad-Petschau-Einsiedl-Marienbad u. retour. (Botenfahrt.)
Karlsbad-Giesshübel-Puchstein und retour. (Omnibus.)
Karlsbad-Petschau-Theusing-Pilsen. (Botenfahrt.)
Karlsbad-Fischern-Altrohlau-Neudeck. (Botenfahrt.)
Königswart-Sangerberg. (Botenfahrt.)
Komotau-Eidlitz. (Botenfahrt.)
Kosel-Bilin. (Botenfahrt.)
Krima-Neudorf-Sebastiansberg. (Botenfahrt.)
Lobositz-Raudnitz. (Botenfahrt.)
Lobositz-Libochowitz. (Botenfahrt.)
Lobositz-Trebnitz-Liebshausen-Laun. (Eilfahrt.)
Lubenz-Rudig. (Botenfahrt.)
Lubenz-Luditz. (Botenfahrt.)
Lubenz-Waltsch. (Botenfahrt.)
Mies-Stab. (Botenfahrt.)
Mies-Weseritz. (Botenfahrt.)
Mies-Haid. (Botenfahrt.)
Neudeck-Neuhammer-Platten. (Botenfahrt.)
Neudeck-Neuhammer-Hirschenstand-Eibenstock. (Botenfahrt.)
Postelberg-Leneschitz. (Botenfahrt.)
Rudig-Waltsch. (Botenfahrt.)
Saaz-Podersam. (Botenfahrt.)
Saaz-Postelberg-Laun. (Botenfahrt.)
Schönbach-Neukirchen-Wildstein. (Botenfahrt.)
Tepl-Weseritz-Leskau. (Botenfahrt.)
Tepl-Marienbad. (Botenfahrt.)
Teplitz-Bilin. (Botenfahrt.)
Teplitz-Schallan. (Botenfahrt.)
Teplitz-Eichwald. (Botenfahrt.)
Teplitz-Waldthor. (Omnibusfahrt.)
Anmerkung: Die Botenfahrten sind ziemlich bequem, haben aber eine beschränkte Aufnahme. Fast bei allen Eisenbahnstationen sind comfortable Omnibusfahrten eingerichtet.
Post-Eilwägen sind immer sehr bequem, fahren gut, müssen die Fahrzeit genau einhalten und sind immer von einem Conducteur begleitet. Die Fahrkarten sind rechtzeitig an den Poststationen zu lösen. Extraposten sind in den Hauptstationen zu bekommen. Lohnfuhrwerke befinden sich in allen grösseren Orten. Empfehlenswerth ist es, sich vorher genau über den Fahrpreis und das übliche Trinkgeld zu verständigen, dass nicht nach der Fahrt Missverständnisse zum Nachtheile des Reisenden entstehen.
Gasthöfe. In allen grösseren Orten, selbst in Dörfern findet man jetzt recht gute Gasthäuser. Man wird gut und aufmerksam bedient und lebt billig. Wenn die Gesellschaft grösser ist, so[5] empfiehlt es sich, die Ankunft brieflich oder telegrafisch anzuzeigen. In ganz kleinen Ortschaften und in wenig besuchten Gebieten lassen die Gasthäuser freilich noch einiges zu wünschen übrig und genügen nur bescheidenen Ansprüchen; doch findet man überall freundliches Entgegenkommen.
Führer: Das Führerwesen wird jetzt durch die Gebirgsvereine organisirt werden. Für grössere Partien ist die Mitnahme eines Führers häufig nothwendig, obwohl in neuester Zeit seitens der Gemeinden und Gebirgsvereine viele Wegweiser aufgestellt wurden; allein in den ausgedehnten Waldungen ist ein Verirren leicht möglich, was häufig einen grossen Zeitverlust und Störung der ganzen Partie zur Folge hat. Bei der Wahl der Führer ist Vorsicht zu gebrauchen und empfiehlt es sich, die Obmänner oder andere Mitglieder der Gebirgsvereine, die fast in allen Orten zu treffen sind, um Auskunft anzugehen.
Name: Das Erzgebirge hat seinen uralten Namen von dem ausserordentlichen Reichthum an sehr verschiedenen Erzen, und es hat ihn auch durch den ergiebigen Bergbau gerechtfertigt, der hier durch viele Jahrhunderte auf Silber, Zinn, Kupfer, Blei und Eisen getrieben wurde.
Eintheilung des Erzgebirges nach der Ausdehnung, Höhe, Form. Das Erzgebirge erhebt sich aus der Ebene des Teplitzer Thales, durch welche es vom Mittelgebirge getrennt wird, mit grosser Steilheit gleich einem Walle, welcher, in südwestlicher Richtung fortlaufend, das nordwestliche Böhmen vom angrenzenden Königreiche Sachsen trennt, d. h. die politische Grenze dieser beiden Länder wird durch den Rücken dieses Gebirgszuges bestimmt, jedoch nicht durch den Kamm desselben und die Wasserscheide; vielmehr gehört nicht nur der ganze steile Südabhang des Gebirges, sondern auch noch ein Theil des sanften, sich nach Sachsen abdachenden Gehänges zu Böhmen, und die Grenze findet sich fast durchaus erst jenseits der Wasserscheide. Das nordöstliche Ende dieses Gebirges ist durch den Nollendorfer Pass bestimmt; es wird jedoch von vielen Geographen auch das Elbthal dafür angenommen.
Seiner Ausdehnung nach gehört das Erzgebirge unter die Hauptgebirge, denn seine Länge beträgt über 20 Meilen.
Nach seiner Höhe ist es ein Mittelgebirge. Die höchsten Punkte desselben befinden sich im südwestlichen Theile; im Nordosten gegen die Elbe zu übersteigt dessen Höhe wohl nicht [6]756m; die Höhe des Nollendorfer Passes beträgt 675m.
Der Form nach ist das Erzgebirge ein Kettengebirge; es setzt sich ohne Unterbrechung seines Zusammenhanges auf seiner ganzen Längenerstreckung fort, so dass sein Kamm eine fast wellenförmige Linie darstellt, und die beiden Abhänge unterscheiden sich, wie bei allen Gebirgen dieser Art, durch ihre Steilheit; der südliche, zu Böhmen gehörige, ist, wie schon erwähnt, der steilere, und längs desselben befinden sich viele Einschnitte, Schluchten und Thäler, hervorgebracht durch die einzelnen Berge, welche, sich durch grössere oder geringere Steilheit von der Hauptkette trennend, kurze Nebenjoche bilden.
Geognostische Beschaffenheit. In geognostischer Hinsicht gehört das Erzgebirge unter die sogenannten Urgebirge, d. h. die Felsarten desselben gehören zu denjenigen, welche der Geognost ihrer Struktur, ihrer Lagerungsverhältnisse und des Mangels an Versteinerungen wegen unter die ältesten Bildungen unserer Erdrinde zählt. Die Felsarten dieses Gebirgszuges im nordöstlichen Theile sind Gneis, Porphyr und Granit; sehr eingeschränkt kommt Greisen und Urkalkstein vor, Basalt nur an einzelnen Stellen und von Flötzfelsarten der Quaderstein am Fusse des Gebirges. Im westlichen Theile des Erzgebirges ist der Gneis das überwiegend vorherrschende Gestein, andere Schiefer- und Eruptivgesteine treten dagegen zurück.
Gestaltung, Begrenzung, mittlere Höhe, ausgezeichnete Höhenpunkte des Erzgebirges. Das Erzgebirge gestaltet sich gleich einem hohen, in terrassenförmigen Absätzen erhebenden steilen Walle, nach oben zu einem fast gleichförmig fortlaufenden Kamme oder ausgedehnten Rücken, welcher sich sehr sanft, ja fast unmerklich nach Norden in das Nachbarland abdacht. Die südliche, steile Abdachung ist von zahlreichen Schluchten und Thälern eingeschnitten, zwischen welchen kurze Gebirgsjoche aus Kuppen von verschiedener Höhe und meistens abgerundeter Gestalt zusammengesetzt hervorragen und diesem Abfalle ein ausgezeichnetes Gebirgsansehen ertheilen. Auf dem Rücken verlieren sich die ausgezeichneten Formen eines höheren Gebirges; nur einzelne Kuppen und Höhen von verschiedener Gestaltung, jedoch ohne kühne oder stark hervortretende Umrisse erheben sich auf der ausgebreiteten Platte, welche sonst durch ihre gross und sanft wellenförmige, auf weite Strecken sogar fast ebene Oberfläche und durch die seichten Thäler, welche erst in ihrem weiteren Verlaufe im Nachbarlande tiefer und enger werden, die Formen eines Flachlandes zeigt. Abtheilungen in Gebirgsjoche nach dem Verlaufe der Thäler treten erst weiterhin deutlicher hervor. Es beginnt mit unentschiedenem Charakter an den Hochflächen, die im Norden an die Waldsteinkette des Fichtelgebirges sich schliessen und zwar unweit Asch oder an der Quelle der weissen Elster[7] mit dem hohen Kapellenberg als Elstergebirge und ist an seinem Ost-, Nordost-Ende von dem Elbsandsteingebirge begrenzt.
Die mittlere Erhöhung des Gebirgsrückens kann zu 756m über die Meeresfläche, über die Ebene am Fusse des Gebirges aber zu 417m angenommen werden; über die tieferen, jedoch entfernteren Punkte des Flachlandes oder die eigentliche Thalsohle beträgt sie 512m.
Wir verfolgen die ausgezeichnetsten Höhepunkte auf dem Kamme und den Abhängen des heimatlichen Gebirgszuges von dem Durchbruche der Elbe, also einbezüglich der des Elbsandsteingebirges bis zu den Ausläufern des Fichtelgebirges. Als solche zeigen sich: Der Schneeberg mit seinem weitsichtbaren, schlanken Thurme; die berühmten Tyssaer Wände (615m); bald darauf erblicken wir Nollendorf mit seinen historischen Höhen und dem bekannten Passe von Teplitz über Pirna nach Dresden (675m). Von der Bahnstation Rosenthal-Graupen der Dux-Bodenbacher Bahn sind die Aussichtspunkte Wilhelmshöhe 335m, die Rosenburg 355m und das Mückenthürmchen 800m zu besteigen. Schöne Aussicht bietet der Königshügel 412m bei Klostergrab, der Wolfstein bei Niklasberg und bei Ossegg die Salesiushöhe und die Riesenburg. Imposant ist der Wieselstein 949m bei Oberleutensdorf. Weiter folgen: Der Göhrner Hübel, westlich von Göhren mit 811m Seehöhe; der Haselstein und der Nonnenhübel, südlich von Böhm.-Einsiedl; südlich von Nickelsdorf der Wachtberg, auch Kapuzinerhau genannt; östlich von Gebirgsneudorf der Wachhübel; der Dürnberg südlich von Brandau. Der aus zwei Kuppen bestehende Adelsberg, dann der Bernstein, beide östlich von Ladung, letzterer von 920m Meereshöhe ist der höchste Punkt in der östlichen Gegend des Gebirges und bildet einen Knoten, von welchem es mit grösserer Steilheit und mit einem stärkeren Vorsprunge nach Süden abfällt. Weiter westlich finden sich der grosse Steinberg, südlich von Kleinhan, der Beerhübel zwischen Göttersdorf und Kallich auf dem hier 865m hohen Gebirgskamme. Eine zweite, gleichfalls in westlicher Richtung verlaufende Kuppenreihe erhebt sich am Rande des hier über eine Stunde weit ausgebreiteten Rückens. Die ansehnlichsten Kuppen sind: Der Ringelberg, etwa 10 Minuten in südlicher Richtung von Reizenhain, und der Otterstein, etwa ¾ Stunden in nördlicher Richtung von Märzdorf mit schönen Felsen und herrlichem Wald. Nordwestlich von Sebastiansberg, angrenzend an das Gebiet des Ringelberges und hievon getrennt durch die Kaiserstrasse bei Reizenhain, finden sich die Kuppen des Stockraumwaldes, von denen die ansehnlichste der Glasberg nahe an der Landesgrenze ist. Nordöstlich von Pressnitz zeigt sich der ausgedehnte und hohe Hutberg 991m, einer der höchsten Punkte des Erzgebirges; er verläuft in südlicher Richtung in die Reischhöhe, an der westlich[8] der Pöllnerberg 855m hängt. Einer der höchsten Punkte ist noch der Hohehau 995m nordwestlich von Weigersdorf. Auf dem nördlichen Abhange des Gebirges gehören noch einige ansehnliche Kuppen hieher, nämlich: Der grosse und kleine Wolfsberg, südlich von Schmiedeberg, der Spitzberg zwischen Schmiedeberg und Pressnitz, der Bärenstein 704m bei Weipert und der Pleilberg südlich von Sorgenthal.
Hier sind noch einige hübsche Punkte zu nennen, welche sich an dem steilen südlichen Abhange westlich von Oberleutensdorf über Kaaden hinaus erheben und an diesem kurze Gebirgsjoche bilden. Die hervorragendsten sind: Der Eisenberg, auf welchem das gleichnamige Schloss 164m Höhe über der Thalsohle steht; westlich davon ist der Seeberg und noch weiter bei Stolzenhan der Tannich. Sie bilden eine ziemlich ansehnliche Gruppe von steilen Bergen, mit welchen der Gebirgsabfall als ein kurzes Joch in die Ebene vorspringt, aus welcher es jedoch sehr steil aufsteigt. Weiter südwestlich gestaltet sich der Gebirgsabfall zu einer Art von Bucht, auf deren Abhange sich nur niedrige Kuppen erheben; sie wird westlich von dem Hammerberge, dem Hutberge und dem Roland eingefasst, welcher, in einige Hügel auslaufend, den Fuss des Gebirges nördlich von Komotau bildet. Westlich von dieser Stadt bei dem Dorfe Tschernowitz erhebt sich der isolirte Burberg. Jenseits des Höllbachthales zeigt sich der ausgedehnte Gliedner Berg, welcher westlich in den Schweigerberg verläuft. Westlich von Platz befindet sich der Hassensteiner Schlossberg, und noch weiter westwärts über Klösterle hinaus bildet der Abhang des Gebirges das Gehänge eines mehr eingeengten Thales. Isolirt, im Thale sich erhebend, befindet sich südwestlich von Klösterle nahe der Eger der 547m hohe Schönburger Schlossberg, und nicht weit von Wotsch der Himmelstein, welcher von seiner Burgruine eine schöne Aussicht nach Westen bietet. An dem nördlichen Abfalle des Gebirges, welches sich westwärts von Kaaden ausdehnt, sich dem des Erzgebirges gegenüber erhebt, hinsichtlich seiner Zusammensetzung und Gestaltung auffallend vom Erzgebirge verschieden ist, keinen so deutlich hervortretenden Kamm oder Rücken zeigt, sondern der Hauptmasse nach aus Gruppen von mehr oder weniger zusammengedrängten Kuppen besteht und erst in seiner weiteren westlichen Verbreitung, die wir dann nach genauer Betrachtung des westlichen Erzgebirges in seiner Fortsetzung näher kennen lernen werden, sich zu einer mehr zusammenhängenden und ausgebreiteten Masse gestaltet – finden sich als hervorragende Kuppen: Der Herrgottsstuhlberg, zwischen Krondorf und Ockenau; östlich ist die Spinnelsdorfer Kuppe, der Leskauer Schlossberg und der unmittelbar aus dem Thal steil aufsteigende, oben eine [9]abgeflachte Platte bildende Burberg 583m südwestlich von Kaaden. Diesem gegenüber an der linken Seite des Thales erheben sich einige Gruppen von niedrigen Bergen, welche vom Fusse des Erzgebirges durch die sich hier bereits mehr ausbreitende Ebene getrennt sind; es sind: der Seeberg, zwischen Nickelsdorf und Meretitz, der Spitzberg südlich von Nickelsdorf, dann der Königsberg und Wistritzer Berg nördlich von Kaaden. Zu diesen gehören östlich von dieser Stadt als Ausläufer die an der linken Seite des Thales auf der Ebene zerstreut vorkommenden Hügelgruppen zwischen Pröhl und Waschitz, der Tschachwitzer Hübel, der Prölberg 334m und der Strösauer Hügel.
Weiter westlich von Pressnitz und Schmiedeberg gelangen wir ins Centrum des Erzgebirges, wo es in seinen Kuppen über 1200m hoch ansteigt. Dort ist der Keilberg oder Sonnenwirbel 1243m, über den der Pass von Gottesgab in der Höhe von 900m von Karlsbad, Joachimsthal nach Sachsen führt.
Dieser Höhepunkt bildet gewissermassen den Hauptstock des ganzen Gebirges, einen Gebirgsknoten, von welchem dasselbe in nordöstlicher und südwestlicher Richtung verläuft, dessen höchste Punkte sich zunächst um ihn gruppiren, so dass es hier fast das Ansehen eines Hochgebirges erhält. Der nordöstliche Gebirgsflügel, welcher durch diese aus dem Thale in schroff ansteigenden, auf einander gelagerten und zu beträchtlicher Höhe sich erhebenden Gebirgsgruppe vom südwestlichen getrennt wird, enthält auf dem 838m hohen Rücken den isolirten, kegelförmigen Kupferhügel, 68m hoch. Von hier verläuft der Gebirgsrücken gegen den Keilberg hin fast als Ebene über eine Meile weit, wo dann der genannte Gebirgsstock als ein Haufwerk von eng vereinigten, zu einer ausgedehnten, sanft zugerundeten Masse verbundenen Scheiteln hervorragt. Nach einer seiner westlichen Kuppen wird dieser Stock auch der Sonnenwirbel genannt; in seiner Nachbarschaft erhebt sich jenseits der Landesgrenze der Fichtelberg 1213m zu nicht viel geringerer Höhe empor. Östlich vom Keilberg ist der Hauensteinberg 1080m und südlich der Schwarzfelsberg 1114m. Westlich verläuft der Hauptrücken des Gebirges in demselben Charakter wie östlich von diesem Hauptstocke, nämlich als eine breite Gebirgsfläche mit sanfter Abdachung gegen Norden, auf welcher einzelne Kuppen und ausgebreitete Höhen hervorragen und die Gebirgsfläche wellenförmig gestalten. Allmählig aber nimmt die Höhe des Hauptrückens in seinem Verlaufe nach Südwesten ab und erreicht bei Gottesgab 1016m, bei Platten 885m, bei Hirschenstand 860m Meereshöhe, weiterhin wird es noch niedriger und sein Zusammenhang tritt weniger deutlich hervor; er gestaltet sich in ein aus mehreren kleineren Gruppen von Gipfeln zusammengesetztes Gebirge um, welches an seinem westlichen Ende im Egerlande mit den Ausläufern des Fichtelgebirges verschmilzt. In diesem Theile des Gebirges nennen wir als hervorragende Punkte:[10] den Spitzberg bei Gottesgab 1118m, den Plattenberg bei Platten 1039m, den Muckenbühl 944m, den Aschberg 925m, den in Sachsen liegenden Auersberg bei Wildenthal 1021m, den »hohen Stein« bei Schönbach 767m und den Kapellenberg bei Voitersreuth 764m hoch.
Südlich von der Eger haben wir im Westen die letzten Ausläufer des Böhmerwaldes. Durch den ziemlich weiten Pass oder tiefen Einschnitt bei Sandau, wo sich der Gebirgsrücken nur wenig über die Flächen erhebt, welche sich im Westen und Osten an seinem Fusse verbreiten, ist das genannte Gebirge vom Kaiserwalde geschieden. Am meisten ragt unter den Bergen im Süden des Egerlandes der Dillenberg durch Ausdehnung und Höhe hervor; es ist die nördlichste und ansehnlichste Kuppe des Waldgebirges, welches mit demselben den Zug seiner Verbreitung in Böhmen schliesst; er erreicht 963m Meereshöhe, ragt daher beiläufig 540m über die Fläche des Egerlandes hervor. Die Gestalt ist die eines steil ansteigenden, sanft gebogenen Rückens mit einigen sattelförmigen seichten Einbiegungen.
Der weitere, nordwestlich verlaufende Zug wird gewöhnlich das Tepler Gebirge genannt; er bildet einen ausgebreiteten Rücken mit ziemlich gleichförmigen Verhältnissen seiner Abdachungen. Der westlich vom Teplthale gelegene Theil dieses Gebirges ist durch mehrere kleinere Thäler eingeschnitten, ohne dass sich jedoch die Theile als eigene Züge besonders hervorheben. Der höchste Theil desselben ist der südwestliche unter dem Namen Kaiserwald mit der hohen Glatze 973·5m. Von da verläuft mit abnehmender Höhe der westliche Gebirgsabhang als natürliche Begrenzung des Egerlandes zwischen dem Roda-Bache und dem Liebau-Bache bis Königsberg, wo sein steiler Abfall das nördliche Gehänge des engen Thales bildet, welches ihn vom letzten Joche des Erzgebirges, dem Leibitsch-Kamme, trennt. Sanfter ist der Abfall des zweiten Theiles zwischen dem Liebau-Bache und Lobs-Bache, wo am Fusse des Gebirges die Thalfläche von Falkenau, das Falkenauer Land, sich ausbreitet und sich bis zum Fusse des Erzgebirges in einer Breite von 11·3 Kilom. ausdehnt. Den dritten Theil bildet der Abfall des Gebirges zwischen dem Lobsbache und dem Zechthale mit dem Spitzberg 821m zwischen Lauterbach und Schönfeld und dem Crudum 830m nördlich von Kohling, welche beide mächtig hervorragen. Die Gehänge dieses Gebirgstheiles fallen steil und stellenweise als schroffe Felswände in die beiden genannten Seitenthäler und in das Hauptthal bei Elbogen ab. Der vierte Theil verläuft zwischen dem Zechthale und der Tepl und wird[11] überragt von der Buchenhöhe 728m nördlich von Poschitzau und dem Aberg 609m südöstlich von Aich. Derselbe gewährt eine treffliche Aussicht über den Gebirgsrücken und auf das Erzgebirge.
Der östliche Theil des Tepler Gebirges rechts vom Tepelthale ist mehr ausgebreitet als der westliche, erreicht aber nicht dessen Höhe; er hat mehr das Ansehen eines ausgedehnten Plateaus, auf welchem sich einzelne, zum Theile mehr ausgedehnte als hohe Kuppen hervorheben. Der südliche Abhang führt zum grossen Theile den Namen Buchauer Gebirge. Gegen Osten und Nordosten geht die Platte in ein aus Kuppen und höheren Rücken zusammengesetztes Gebirge über und führt zum Theil den Namen Duppauer Gebirge. Der Abfall ins Tepelthal ist schroff. Ueber das Plateau bei Engelhaus ragt der weitsichtbare und jedem Touristen bekannte Schlossberg empor. Dieses Gebirge erhebt sich auch steil aus dem Haupt-Thale, sowie ihm gegenüber das Erzgebirge.
Dieses Gebirge wird von der Elbe durchschnitten und in zwei nahezu gleiche Theile, einen westlichen und einen östlichen, geschieden. Der westliche Theil wird nördlich von dem Eulauer, nordwestlich von dem Teplitzer Thale, westlich von der schönen, fruchtbaren Saazer Ebene und südlich von dem Egerthale und der Ebene, in welches sich dieses verläuft, begrenzt. An seinem nördlichen Abhange wird dieser Gebirgstheil in nordöstlicher Richtung von dem Bielathale durchschnitten, und gewöhnlich wird nur der Strich zwischen dem Eger- und Bielethale das Mittelgebirge genannt, wiewohl das nordwärts der Biela liegende Gebirge bis zu den bezeichneten Grenzen, sowie das an der Ostseite der Elbe liegende Gebirgsland mit demselben ein geognostisches Ganzes bildet, von welchem das eigentliche sogenannte Mittelgebirge einen Haupttheil ausmacht.
Während dem östlichen Theile theilweise ein kettenartiger Zusammenhang nicht abgesprochen werden kann, fehlt dieser dem westlichen ganz, und besteht aus einer Anhäufung von mehr oder weniger vollkommen kegelförmigen, theils spitzigen, theils abgestumpften oder an dem Gipfel abgerundeten glockenförmigen Bergen, zwischen welchen hie und da kahle, zum Theile mächtige, klippige Felskolosse hervorragen. Die Berge stehen, besonders an den Ausläufern oder am Rande des Gebirges, wo es sich aus der Ebene hervorhebt, vereinzelt, versammeln sich dann weiterhin in kleineren und grösseren Gruppen, welche dann an den beiden Gehängen des Gebirgszuges sich sehr gedrängt gehäuft finden und in der Mitte desselben als die höchsten[12] Berge hervorragen, worunter im eigentlichen Mittelgebirge der Donnersberg oder Milleschauer mit 815m über der Nordsee den höchsten Punkt dieses ganzen Gebirges erreicht. Das ist der König des Mittelgebirges, ein steiler, isolierter Bergkegel aus Klingstein.
Im östlichen Mittelgebirge liegen die höchsten Berge nicht in der Mitte, sondern zumeist am Rande desselben. Die Grenzen dieses Gebirges sind: Südlich die Ebene an der Elbe, über welche sich dasselbe theils plötzlich mit grosser Steilheit erhebt, theils allmählich von derselben ansteigt und so den Fuss des eigentlichen steileren Gebirges bildet. An der Ostseite zerstreuen sich die Gebirgsmassen in einzelne Kegelberge, welche sowie nordöstlich, endlich als zusammenhängender Gebirgszug gegen das Gebiet von Bunzlau fortlaufen. Nördlich wird das Mittelgebirge durch das Granitgebirge begrenzt, und von diesem durch das Thal des Grundbaches bei Obergrund und Georgenthal geschieden, hängt jedoch damit durch den Gebirgsrücken bei Schönlinde zusammen, und seine Felsmassen finden sich auch noch in einzelnen Bergkegeln zerstreut auf dem Granitgebirge vor. Die nordwestliche Grenze bildet das Sandsteingebirge an der Elbe, wo sich auch die Felsmassen in zerstreuten Bergen im Gebiete des Sandsteingebirges vorfinden, sowie sich die des letzteren mit denen des Mittelgebirges vermengen und diese durchflechten.
Das östliche Mittelgebirge erhält verschiedene Benennungen nach einzelnen Gegenden, Ortschaften und Bergen.
In geognostischer Beziehung gehört dieses Gebirge zur vulkanischen Trappformation und ist eines der ausgedehntesten und ausgezeichnetsten dieser Art in Europa. Basalt und Klingstein bilden die Hauptmassen des Gebirges, von denen der erstere die meisten Berge, der letztere die höchsten Punkte und mächtigsten Felsmassen zusammensetzt. Der Basalt ist meistens dicht, oft auch blasig und mandelsteinartig und zuweilen in ein thoniges Gestein oder sogenannte Wakke übergehend; häufig trifft man ihn schön säulenförmig an, mit Olivin eingesprengt, oder porphyrartig durch eingewachsene Krystalle von Augit, Hornblende oder Glimmer. Auch der Klingstein hat mancherlei Abänderungen. Ausser diesen beiden eigentlichen vulkanischen Trappfelsarten erscheint auch Porphyr in einigen Gegenden und etwas seltener eine Art Grünstein, welche mit dem Basalt sehr nahe verwandt ist. Die Felsarten des Urgebirges kommen nur in einigen Gegenden in den tieferen Theilen zum Vorscheine, so im Bielathale bei Bilin und im Elbthale bei Tschernosek der Gneis.
Das Elbgebirge, auch wohl Sandsteingebirge an der Elbe, das böhmisch-sächsische Sandsteingebirge, und wegen seiner eigenthümlichen schroffen Formen und romantischen Thäler, die[13] böhmisch-sächsische Schweiz genannt, erstreckt sich von den oben angegebenen Grenzen des Mittelgebirges, nämlich dem Eulauer Thale, dem Losdorfer- und Olischbache, dann dem Gebirge zwischen Kamnitz und Kreibitz, bis zum nördlichen Granitgebirge jenseits des Körnschtbaches, und über die Grenze Böhmens nach Sachsen; es wird von dem Elbthale durchschnitten und in zwei Theile getheilt. Der Theil an der linken Seite der Elbe wird fast bloss, soweit das Gebirge Böhmen angehört, vom hohen Schneeberge und dessen Vorbergen gebildet und erhebt sich an demselben zu seiner grössten Höhe, von welcher es sich nach dem Rücken des Erzgebirges bei Nollendorf und Peterswalde nur wenig, nach seiner nördlichen Verflachung sanft abdacht, gegen das Eulauer Thal und das Elbthal aber sehr steil abstürzt. Viel niedriger gestaltet sich der Theil desselben an der rechten Seite der Elbe, und bildet ein aus dem Elbthale sich gleichfalls mit grosser Steilheit bis zu einer Höhe von ungefähr 379m erhebendes Plateau, welches sich nach Osten und Süden sanft gegen das sich aus demselben erhebende Mittelgebirge verflacht, eine wellenförmige Oberfläche mit einzelnen grössern Erhöhungen zeigt, und sich an der nördlichen Landesgrenze, am Winterberge und den Thorwänden, abermals plötzlich gleich einem Walle erhebt. Die Thäler, welche dieses Plateau durchschneiden und an den Abhängen des Schneeberges tiefe Einrisse bilden, haben einen eigenthümlichen Charakter; die Gehänge derselben sind steile, oft senkrecht aufsteigende zerrissene Felsenwände, welche sich zuweilen gleichsam in mehreren Stockwerken über einander erheben und deren einzelne, oft von der Hauptmasse losgerissene, sowohl senk- als wagrecht zerklüftete Pfeiler sich zu grotesken, oft abenteuerlichen Gebirgsformen gestalten, von welchen der böhmische Theil dieses Gebirges ebenso reich, als der deshalb von Lustreisenden so häufig besuchte sächsische Theil desselben ist.
Die herrschende Felsart dieses Gebirges ist der Quadersandstein, eine der jüngsten aus der Reihe der sekundären Flötzformationen. Derselbe zeigt sich bei seinem Beginn am Erzgebirge sichtbar auf dem Gneis desselben, sowie an seiner Begrenzung am nördlichen Granitgebirge auf diese Felsart aufgelagert, und Granit zeigt sich auch unter dem Quadersandsteine an einer merkwürdigen Stelle im Elbthale; an einer andern kommt auch Thonschiefer als untere Felsart vor. Von den Felsarten des angrenzenden vulkanischen Trappgebirges findet sich im Bezirke des Sandsteingebirges ein majestätischer einzelner Basaltberg, der Rosenberg, welcher sich über das Plateau dieses Gebirges am rechten Elbufer 299m und überhaupt bis zu 588m Meereshöhe erhebt.
Die bedeutendsten Flüsse unseres Reisegebietes sind die Elbe, die Eger und die Biela.
Wir betrachten die Elbe von Raudnitz an; hier schlägt sie die nördliche Richtung ein und bewegt sich grösstentheils im flachen Lande und an dem sanften, hügeligen Gehänge, welches den unteren Fuss des Mittelgebirges an der linken Seite bildet; von Krzemusch bis Lobositz läuft sie wieder westwärts, wendet sich aber bei letzterem Orte wieder plötzlich nach Norden und tritt hier in eine Gebirgsspalte ein. In diesem engen, zu beiden Seiten von den Felsmassen des Mittelgebirges eingeschlossenen Thale, welches sich bei Libochowan auf eine kurze Strecke kesselförmig erweitert, fliesst der Strom, mit einigen Krümmungen in nördlicher Richtung bis Aussig, wendet sich daselbst nordöstlich und nimmt bei Kleinpriesen allmählig wieder die nördliche Richtung an, welche er bis zu seinem Austritte aus unserem Vaterlande beibehält. Das Stromthal geht auf dieser ganzen Strecke fortwährend zwischen Gebirgen, welche von Rongstock bis Tichlowitz an, besonders an der rechten Seite, etwas zurücktreten und so bis Tetschen dasselbe etwas erweitern; unterhalb dieser Stadt tritt der Strom in das Gebiet des »Elbsandsteingebirges« ein; das Thal wird sehr enge, die Abhänge steil, zum Theil aus senkrechten hochaufgethürmten Felsmassen und Wänden bestehend. Die Elbe verlässt Böhmen mit ihrem linken Ufer ¼ Stunde oberhalb Herrnskretschen und mit ihrem rechten Ufer ¼ Stunde unterhalb dieses Ortes. Das Gefälle des Stromes durch diesen Gebirgsweg beträgt von Leitmeritz bis Herrnskretschen (8⅜ Meilen oder 6·376 Myriameter) 28m.
In diesem Hauptstrome Böhmens sammeln sich bei weitem die meisten Gewässer des Landes, und so gehören auch die unseres Reisegebietes nahezu alle zu dessen Flussgebiete und fliessen grösstentheils innerhalb desselben in diesen Strom. Der wichtigste darunter ist die Eger, welche auf dem Fichtelgebirge in Baiern und zwar am nördlichen Abhange des Schneeberges 701m über der Meeresfläche entspringt. Den Namen Eger erhält sie erst bei Weissenstadt in Baiern; sie tritt bei dem baierischen Grenzorte Somerau an die Landesgrenze, durchschneidet das Egerland in östlicher Richtung in vielen Krümmungen, tritt aus dem Gebirge östlich von der Stadt Eger in die Thalfläche, verlässt diese bei Königsberg und durchschneidet den Gebirgskamm, welcher das Egerland im Osten begrenzt, in einem engen Thale und tritt bei Kloben in die weite Thalfläche zwischen dem Erzgebirge und Tepler Gebirge, hält sich jedoch mit ihrem Laufe mehr am Fusse des letzteren, welchen sie von Altsattel in einem engen felsigen Thale durchschneidet. Unterhalb Karlsbad verlässt[15] sie die Thalfläche gänzlich und setzt ihren Weg in nordöstlicher Richtung zwischen dem Tepler Gebirge und dem Erzgebirge fort. Im weiteren Lauf bei Wartha wird das Rinnsal fast zur Schlucht eingeengt und verbleibt so bis Klösterle, wo sich das Thal erweitert. Auf dieser ganzen Strecke sind die Gehänge des Flussthals grösstentheils felsig und oft fallen die Felsmassen bis in das Flussbett steil ab. Unterhalb Kaaden tritt sie in das Flachland; die Gehänge des Flussthales werden allmählig niedriger und sanfter und das Thal wird weiter und verliert sich unterhalb Saaz ganz in die Ebene. Die Eger verfolgt nun ihren Weg in östlicher Richtung in kleinen Krümmungen und tritt in ein nicht sehr tiefes, in den Fuss des Mittelgebirges eingeschnittenes Thal und kommt aus demselben bei Hostenitz in die Ebene, um sich nach kurzem, nunmehr nördlich gerichtetem Laufe unterhalb Theresienstadt, gegenüber von Leitmeritz, mit der Elbe zu vereinigen.
Die Eger ist sehr zu Ueberschwemmungen geneigt und überführt dabei oft die Niederungen ihres Ufers mit Schutt und Gerölle.
In die Eger ergiessen sich an der linken Seite: der Liebensteiner Bach bei Fischern; der Schladabach bei Tirschnitz; der Fleissenbach mit dem Sirmitzbach bei Nebanitz; der Leibitschbach bei Leibitsch; die Zwodau bei Falkenau; sie entspringt in Sachsen, betritt unterhalb Klingenthal unseren heimatlichen Boden, verstärkt sich links in Graslitz durch den Schwaderbach, bei Weitzengrün durch den Rothaubach und fliesst bei Falkenau in die Eger; der Chodaubach bei Maierhöfen; der Rohlaubach bei Fischern; der Tippelsgrüner Bach bei Dalwitz; die Wistritz, verstärkt durch die Weseritz, bei Wistritz, unterhalb Schlackenwerth; die reissenden Gewässer: der Holzbach unterhalb Damitz; der Mühlbach bei Austein; der breite Bach bei Klösterle, welche in engen tiefen Thälern am Gehänge des Gebirges herabfliessen; der Wernersdorfer Bach, an der Reischhöhe entspringend, erreicht in Oberwernersdorf die Reischhöhe, fliesst durch Nickelsdorf und dann in die Eger; der Brandbach bei Kaaden; der Saubach, anfangs Höllenbach genannt, entspringt aus kleinen Gewässern bei Wisset und Krima, erreicht die Ebene bei Hagensdorf, in welcher er durch Deutsch-Kralupp, Priesen, Horatitz und Schisselitz und dann unterhalb Saaz in die Eger fliesst; der Assig- oder Sau-, auch Komotauer Bach, entsteht aus dem Assigbach und dem Komotauer Flössgraben westlich von Sebastiansberg unweit der Landesgrenze und nimmt den Rothenhauser Flössbach auf. Nach Vereinigung dieser Bäche in der Grundmühle bei Dörnthal fliesst dieser schon ansehnliche Bach durch den romantischen, ungemein anmuthigen Komotauer Grund nach Oberdorf herab, dann durch die Stadt Komotau, wo er in's flache Land eintritt,[16] hier seinen Weg in einem seichten Thale in ostsüdlicher Richtung durch eine Menge Ortschaften nimmt und unterhalb Postelberg in die Eger fällt. Sein reissendes Gewässer führt eine Menge Rollsteine vom Gebirge in das Flachland herab, welche sich bis in die Gegend zwischen Komotau und Eidlitz verbreiten. Hervorragende und die Aufmerksamkeit der Touristen besonders erweckende Zuflüsse am rechten Ufer der Eger sind:
Die Wondreb, deren Quelle zahlreiche Riesel an dem südlichen Abhange des Dillenberges bilden, und welche sich bei Mähring in Baiern zu einem kleinen Bache vereinigen. Dieser umfliesst in einem weiten Bogen die südwestlichen Ausläufer des Dillenberges und verstärkt sich durch die davon abfliessenden Gewässer, sowie durch einige Zuflüsse aus den Ausläufern des Fichtelgebirges, tritt unterhalb Waldsassen in Böhmen ein, wo ihm an seiner linken Seite der die Landesgrenze bezeichnende Hundsbach zufliesst.
Der bedeutendste Zufluss links ist die Tepel, am Podhornberge entspringend; sie wendet sich von der Stadt Tepel nördlich und verfolgt diese Richtung in einem allmählig tiefer und enger werdenden Thale bis zu ihrem Ausflusse in Karlsbad. Erwähnenswerth sind auch: der Flutbach, von seinem Ursprunge bei Sangerberg der Flössgraben genannt, nimmt in Schlaggenwald den Röthlinger Bach auf und fliesst durch das felsige Zechthal nach Elbogen; der Lobsbach entspringt nördlich von Sangerberg und mündet bei Falkenau in die Eger; der Aubach bei Libotschan; der Goldbach, in seinem weiteren Verlaufe auch Flöhauerbach, bei Tyrnowan.
Die Biela entspringt auf dem Rücken des Erzgebirges in der Waldgegend östlich von Neuhaus. Der kleine Bach verstärkt sich noch auf dem Gebirge durch mehrere Bächlein und nimmt auf seinem Wege in einer Schlucht an dem Gebirgsgehänge herab den Uris'ner, Göttersdorfer, Rodenauer, Quinauer Bach und am Fusse des Gebirges den von Platten herabkommenden Pirkner Bach auf, tritt westlich von Görkau in die Ebene, durchfliesst diese Stadt und läuft dann in der Niederung in östlicher Richtung gegen Neundorf, wendet sich hier nordöstlich gegen Seestadtl, durchfliesst die ganze ebene Fläche in dieser Richtung bis zum Einflusse des Grundbaches, nimmt dann die südöstliche Richtung dieses Baches an und fliesst bei Tschausch und Brüx vorüber, tritt hier in das Mittelgebirge ein, durchfliesst dasselbe in nordöstlicher Richtung und fällt bei Aussig in die Elbe.
Am linken Ufer nimmt die Elbe noch den Eulauer Bach auf. Derselbe sammelt sich aus kleinen Gewässern, welche an den Gehängen des Schneeberges und im Mittelgebirge entspringen, und scheidet diese beiden Gebirge von einander.
Von den Gewässern, welche, zum Flussgebiete der Elbe gehörend, erst im Auslande sich mit ihr vereinigen, sind nur wenige, welche in der Folge zu bedeutenden Bächen und kleinen Flüssen anwachsen; die meisten sind bloss unbedeutende Gebirgsbäche, welche nach kurzem Laufe dem Strome zueilen. Unter den ersten sind zu merken: die Mulde, welche ihre Quelle bei Graupen hat und sich als östliche oder freiberger Mulde mit der westlichen oder zwickauer bei Kolditz in Sachsen vereinigt; die Weisseritz und die Müglitz.
Erwähnenswerth sind auf der Nordabdachung noch folgende Gewässer: Der Schweinitzbach, fliesst zwischen Böhmisch- und Deutsch-Einsiedel, zwischen Gebirgs- und Deutsch-Neudorf, wendet sich hier nordwestlich bei Katharinaberg vorüber nach Brandau zu. Bei Grünthal vereinigt er sich mit dem Natschungbach; dieser entspringt südwestlich von dem Dorfe Natschung, bildet von da bis Grünthal die Landesgrenze, nimmt den Kallich-Töltsch-Brandauer-Bach auf und bildet mit der Schweinitz die Flöhe.
Der Schwarzwasser-Bach entspringt an der Ostseite des Hassberges, fliesst in nord-nordöstlicher Richtung längs der Landesgrenze durch Ulmbach, Reizenhain, Kühnheyde (Kienhaide) nach Sachsen. Der Pressnitz-Bach hat seine Quelle an der Nordseite der Reischhöhe, fliesst durch Reischdorf, Pressnitz und Christofhammer und bezeichnet auf einer kurzen Strecke die Grenze. Bei Pressnitz verstärkt sich das Wasser mit dem Dörnsdorfer Bache.
Der Schwarz- oder Pleil-Wasserbach entspringt unweit des Keilberges in der Gemeinde Stolzenhan, erreicht im Südwesten die Gemeinde Schmiedeberg, durchfliesst die Schmiedeberger Thalmulde von Südwest nach Nordost, tritt dann unter dem Namen Pleilwasserbach in die Gemeinde Pleil und dann nach Sachsen über.
Der Gränzbach, an der Nordseite des Keilberges entspringend und mit seinem Laufe bei Wiesenthal und Weipert auf einer Strecke von mehr als zwei Meilen die Landesgrenze bezeichnend, fliesst unter dem Namen Pöhlbach gegen Wolkenstein in die Zschoppau; das Schwarz-Wasser entspringt am Fichtelberge, fliesst bei Försterhäuser und Seifen vorbei und vereinigt sich bei Johann-Georgenstadt mit einem von Platten kommenden Bache und ergiesst sich, ein herrliches Thal bildend, in die Zwickauer Mulde. In Böhmen entspringt noch die weisse Elster, welche in nördlicher Richtung das Land verlässt und erst im Nachbarlande an Bedeutung gewinnt.
Klima. Das Klima ist feucht, regenreich, mässig kühl und gleichmässig. Die Niederschläge und Luftfeuchtigkeit unterliegen grösseren Schwankungen als im Böhmerwalde, weil die Massenerhebung der Berge nicht bedeutend genug ist, um ein ganz[18] selbstständiges, von den wechselnden Einflüssen der baierischen Hochebene im Südwesten und des norddeutschen Tieflandes unabhängiges Klima zu erzeugen. Der Winter ist sehr lang, sieben bis acht Monate in den oberen Höhen dauernd. Die vier bis fünf Sommermonate tragen ganz das Gepräge des Frühlings. Die Luft ist – wenige, besonders schwüle Tage im Juli und August ausgenommen – selbst während der Mittagsstunden und bei sonst schönem Wetter angenehm kühl. Von allen Seiten strömt uns der Wohlgeruch von duftenden Kräutern und von den harztriefenden Fichten und Tannen entgegen, welche die reine Gebirgsluft so stark würzen, dass wir tiefathmend die Lungen wie durstige Trinker anfüllen, von der Natur getrieben, die uns anreizt, hier unser Blut zu erfrischen. Der Boden ist theils wegen der Grundfeuchtigkeit vom Winter her, theils wegen seiner schwammigen Beschaffenheit, mittelst welcher er die Feuchtigkeit der Atmosphäre so leicht an sich saugt, vielfach nass und sumpfig. Die Bergbäche sind daher reich und schwellend; dazu der bunte Schmelz der blühenden Pflanzen, die in verschiedener Aufeinanderfolge hervorbrechen und wieder verschwinden, und die ausserordentlich üppige Vegetation an den Abhängen der Berge und in den Thälern: das alles begünstigt die Idee eines im Vergleich mit dem Unterlande viel längeren und wonnereicheren Frühlings. Während im Monate August im Innern unseres Heimatslandes alles grösstentheils vergilbt ist, steht im Erzgebirge alles noch in der schönsten und üppigsten Fülle.
Die Morgen- und Abenddämmerung, eine der herrlichsten Erscheinungen während des reizvollen Sommers, gewährt dem Touristen, der um diese Zeit die heiteren Höhen und saftig-grünen Thäler durchwandert, den Vortheil, seine Tage auf die höchstmögliche Benützung zu bringen. Etwa fünf Wochen vor und nach der Sommersonnenwende hat sowohl die Abend- als auch die Morgendämmerung eine grosse Dauer, was die Wanderungen auf den Höhen des Erzgebirges ungemein erleichtert und angenehm macht. Auch die Morgen- und Abendröthe ist auf den Spitzen immer heiterer und schöner als unter gleichen Umständen bei wolkenfreiem Horizont im Innern des Landes. An dieser Stelle machen wir auf zwei Erscheinungen unseres Gebirges besonders aufmerksam und bezeichnen die geeignete Zeit und den besten Ort, wo sie gewöhnlich eintreten. Es ist der Kupferhügel bei Kupferberg und der Hochsommer an Tagen, wo über dem Flachlande Gewitter hängen. Man darf nicht sorgen, dass sie auf das Gebirge heraufsteigen, wenn sie auch der Südwind gegen die Berge herantreibt. Die schwarzen Wolkenmassen schwimmen dann bis nach Kaaden oder Brunnersdorf heran und dringen auch in das Egerthal bis Klösterle oder Pürstein herein; hier aber stauen sie sich an die hohen Berge und entladen in[19] stundenlangen Gewittern ihre Blitze mit fern rollendem Donner. Der Zuschauer auf dem Kupferhügel steht im Sonnenschein, den reinen blauen Himmel über seinem Haupte, und kann mit voller Seelenruhe auf die leuchtenden Wolken hinabsehen, deren Oberfläche mit den einzelnen Kuppen noch immer tiefer liegt, als der Rand des Gebirges, und die tief unter seinen Füssen ihre Blitze von Wolkenballen zu Wolkenballen aussenden, bis sich ihre Elektricitäten entladen haben und die erschöpften Wolken wieder zerreissen und zerflattern und das durchnässte Land im dunklen frischen Blau durchscheinen lassen. Dieses Schauspiel wird vielleicht nur noch von einer Naturerscheinung überboten, die im Frühlinge, bei lang anhaltenden Märznebeln, oder auch im Herbste stattfinden kann, und die öfter schon beobachtet wurde. Wie bekannt, sind die Gebirge mehr oder öfter mit Nebeln verschleiert als die Niederungen und Thäler. Es kann aber auch geschehen, dass sich die Nebel sehr dicht über das Tiefland lagern, und dann reicht die Nebelschichte meist nur bis an den Rand des Gebirgskammes und oben ist heller Sonnenschein und warmes, trockenes, schönes Wetter. Der Nebel selbst liegt weithin über das ganze Tiefland wie eine Meeresfläche gebreitet, unter welcher das ganze Land versunken und verschwunden scheint. Es ist aber doch nicht ganz versunken; hier rechts ragen aus dem glatten Meeresspiegel, über dem das helle, sonnige, blaue Himmelsgewölbe gespannt ist, einige Kuppen des Teplergebirges heraus wie blaue Inseln, an welchen die dunstig dünnen Wellen des Nebels aufschäumen; dort links in der Gegend von Dux und Teplitz tauchen wieder Inseln heraus, an welchen wir den Bořen und den Donnersberg zu erkennen glauben. Alles andere wogt langsam in breiten Wellen von nur geringer Höhe, ein täuschender Meeresspiegel von 14 Meilen Länge und Breite, der ganz an den Anblick über die Adria erinnert, von den Höhen des Karstes aus gesehen. Und welches Spiel der Wellen nahe zu unseren Füssen! Vom Fusse des Kupferhügels gegen Osten breitet sich eine Platte aus, meist Blumenwiesen, die gegen Klösterle mit einem steilen Rand abfallen. Die Nebelschichte füllt das Tiefland genau bis zu diesem Rande. Da treibt ein leiser Ostwind den oberen Schaum des Nebels über den Rand, und eine duftig zarte Woge schlägt über und wälzt sich über die grüne Platte. Sie ist aber von der strahlenden Sonne beschienen und erwärmt, und die Schaumwelle des Nebels zerfliesst und zerflattert. In kurzer Zeit kommt eine zweite brandende Welle und wiederholt das anziehende Spiel. Wir erfreuen uns längere Zeit an dem Spiele eines brandenden Nebelmeeres, da streift unser Blick wieder das Tepler Inselland. Die blauen Inseln sind grösser, breiter geworden, das Meer sinkt, es trocknet ein, und das feste Land steigt aus den Fluten im Zauber einer neuen[20] Schöpfung. Auch wurde schon wiederholt eine Art Alpenglühen beobachtet: Man sah am frühen Morgen schneereicher Wintertage die rothglühenden Gipfel des Gebirges aus der nebeligen Dämmerung des Morgens aufleuchten. Auch hat man auf mehreren Gipfeln unseres Gebirges das berühmte »Brockengespenst« gesehen. Es wird auf dem Brocken beobachtet, wenn an einem Sommertage rings um das Brockenhaus schwerer, feuchter Nebel liegt, oder wenn an den Flanken des Berges sausende Wolkengeschwader ziehen und sich zu seltsamen Gestalten ballen, worauf sich bei besonderem Stande der Sonne der vergrösserte Schatten des Wanderers auf einer gegenüberliegenden Wolkenwand zeigt. Der Uebergang aus dem ungefähr 4½ Monate langen Lenz in den Winter ist indess auch wieder viel schneller als im tiefen Lande. Nach einigen wolken- und schneefreien und andauernd schönen Octobertagen, deren sich die Erzgebirgsbewohner gewöhnlich zu erfreuen haben, tritt der Winter mit allen seinen Unannehmlichkeiten und Schrecken sofort ein.
Im allgemeinen muss das Klima wegen der Leichtigkeit und Reinheit der Luft als ein ganz gesundes bezeichnet werden. Brustkrankheiten kommen hier trotz der oft dürftigen Verhältnisse der Bewohner äusserst selten vor, daher werden viele Orte als Schwindsuchtsasyle ganz besonders empfohlen, wie Eichwald, Ossegg, Hammer, Rothenhaus, Einsiedl, Reizenhain u. s. w. Als Merkmal der günstigen klimatischen Verhältnisse gilt der Umstand, dass man bis zu einer Höhe von 650m Roggen und Weizen erntet; auf dem rauhen Gebirgskamme bei Gottesgab müssen sich die Bewohner mit Hafer und Kartoffeln zufriedenstellen, und auch dieser Anbau sollte unterbleiben. Der Graswuchs ist hier sehr üppig, und die Natur zeichnet den Bewohnern den Weg, den sie gehen sollen, deutlich vor. Sie sollen sich ganz der Viehzucht widmen, und die daraus resultirende Erwerbsthätigkeit durch Gründung von Milch- und Käserei-Genossenschaften heben. Erwähnenswerth ist noch, dass das prächtige Edelweis in Krima ganz gut gedeiht, daher von den Gebirgsvereinen auf dem Sonnenwirbel, wo sich Vorboten der subalpinen und selbst der alpinen Flora vorfinden, in grösserem Masse angepflanzt und dann verwerthet werden sollte.
Die Ansiedelung auf dem Erzgebirge weist die Merkwürdigkeit auf, dass sie zu den höchst gelegenen auf der ganzen Erde und insbesondere von Europa gehört. Es gibt wohl höher gelegene Orte; sie sind aber nur Herbergen für die Reisenden oder Heilanstalten, oder es sind Gasthäuser für Touristen. Nur einzelne[21] Ansiedelungen, wie Le Locle 996m und La Chaux de Fonds 976m hoch, jenes mit 9000, dieses mit 17.000 Einwohnern (Uhrmacherfamilien), bilden eine Ausnahme und zeigen von einer dichten, sesshaften Bevölkerung in ungewöhnlicher Gebirgshöhe. In den Alpen steigen die Bewohner gegen den Winter zu in die Thäler hinab. Im Böhmerwalde gibt es nur zwei Ortschaften: Aussengefield und Eisenstrass mit 2000 Einwohnern, dieses 850, jenes 1077m hoch. Auf allen Gebirgen Deutschlands, wie auf dem Harz, dem Schwarzwalde, im Thüringerwalde u. s. w. nimmt die Dichtigkeit der Bevölkerung auf der Höhenlage rasch ab. Allein auf dem Erzgebirge nimmt die Dichte der Bevölkerung mit der Höhe zu, und auf der böhmischen Seite des Kammes wohnen nach der Zählung von 1857 auf 20·7 Quadrat-Myriametern (36 Quad.-Meilen) 111.180 Menschen. Die Dichtigkeit der Bevölkerung übersteigt daher 5370 Seelen auf ein Quad.-Myriameter (über 3000 auf eine Quad.-Meile). Auf der sächsischen, weniger steil abfallenden Seite erreicht sie sogar die Zahl von 17.000 Seelen auf ein Quadrat-Myriameter. Diese Dichtigkeit der Bevölkerung und die Gründung der Städte in der Höhe von 440 bis 632m: Wolkenstein, Thum, Zschoppau, Geyer, Zöblitz, Marienberg, Buchholz, Elster, Schwarzenberg, Marienkirchen, Adorf, Falkenstein, Schneeberg, Auerbach, Oelsnitz, Zwönitz und Schellenberg; zwischen 532–790m: Altenberg, Frauenstein, Seyda, Annaberg, Scheibenberg, Elterlein, Grünhain, Johann-Georgenstadt, Eibenstock, Schöneck, Heinrichsgrün, Katharinaberg, Bärringen, Hengstererben, Hirschenstand, Frühbuss, Platten, Abertham, Sächsisch- und Böhm.-Wiesenthal; über 948m ausser mehreren kleineren Ortschaften das Städtchen Gottesgab 1172m, noch 72m über der höchsten Spitze des Harzes, über dem Brocken und 224m über dem Beerberg, der grössten Höhe im Thüringerwalde, – diese zwei Umstände lassen sich nur unter Zuhilfenahme eines geschichtlichen Ereignisses erklären. Es ist diess die Entdeckung der Silbergruben bei Freiberg (1163) und bei Konradsgrün, wo jetzt Joachimsthal steht, im J. 1471. In einem Zeitraum von ungefähr 55 Jahren wurden 11 neue Bergstädte gegründet, nämlich: Schneeberg 1477, Annaberg 1496, Buchholz 1504, Joachimsthal 1516, Gottesgab, Eibenstock und Hochstadt 1517, Marienberg 1521, Scheibenberg 1522, Wiesenthal 1526 und Platten 1532. Bergbauunternehmer und Arbeiter strömten herbei; denn sie konnten nicht nur reiche Ausbeute und guten Lohn finden, die erlassene Bergordnung machte auch die Leibeigenen frei, sobald sie als Knappen aufgenommen wurden. Auf den Höhen des Erzgebirges wohnte die Freiheit. Noch nicht genug daran wurden die Bürger der Bergstädte von den Kaisern mit ausgedehnten Privilegien begnadigt. Diese Umstände genügen wohl, die rasche Ansiedelung auf einem rauhen Gebirge mitten im Urwalde zu erklären. Der Bergbau[22] hat abgenommen, der Werth des Silbers ist sehr gesunken, und die Bevölkerung blieb aber doch auf den Bergen zurück. Das kann überraschen, denn es bildet eine Ausnahme von der Regel, welche wir aus den Beobachtungen ähnlicher Vorgänge an anderen Orten ableiten können. In Nordamerika verlief sich die Bevölkerung nach Ausbeute der Naphtaquellen und liess Dörfer und Städte leer stehen und die Häuser verfallen. In Peru und Chili beobachtete man eine ähnliche Erscheinung. Aus noch früherer Zeit lässt sich der ähnliche Vorgang in Spanien nachweisen. Auf den unwirthbaren Höhen des Erzgebirges blieb aber die dichte Ansiedelung zurück. Sie überdauerte alle Wechselfälle und ertrug schwere Zeiten der Noth. Sie musste wiederholt von einer Beschäftigung zur anderen übergehen. Nach Erschöpfung der Silbergruben warfen sich die Unternehmer und Arbeiter auf den Eisensteinbergbau und das Eisenhüttenwesen. Sie bauten Drahtmühlen, Blechhämmer, machten verzinnte Eisenlöffel, Nägel und Stifte. Als auch diese Gewerbe die Arbeit nicht mehr lohnten, wurde das Spitzenklöppeln eingeführt, und als alle Gewerbe stockten, zogen die musikkundigen Erzgebirgsbewohner aus und stellten Musikbanden für die Badeorte zusammen. Und so hausen sie auf den rauhen Höhen und bauen zu den alten Häusern aus Riegelwänden noch neue, festere Häuser aus Stein und Werkstätten und Fabriken und lassen sich von den rauhen Stürmen nicht fortwehen und von der Noth nicht wegdrängen. Was sie nur so festhält? Der Zug der Natur, welcher die Forelle in dem kristallhellen Gebirgsbache zurückhält und nicht in das trübe Flusswasser der Ebene herabschwimmen lässt. Das Heimweh allein ist's nicht. Die gesammte Bevölkerung zeichnet sich durch eine besondere Beweglichkeit des Geistes und eine vortreffliche Flinkheit und Eilfertigkeit des Leibes aus, was sie zu allen Künsten, zu allen Handwerken und Gewerben geschickt macht. In Folge dessen sind auf dem Erzgebirge eine ganze Reihe von Industrien im Schwunge: Bergbau, Eisengewerke, Gewehrfabrication, Löffel- und Messerschmiederei, Stahlwaarenerzeugung, Nadlerei, Porzellanfabrication, Spitzenklöppelei, Weiss- und Buntstickerei, Posamentierarbeiten, Handschuhmacherei, Strohflechterei, Musikinstrumentenfabrication, Spielwaarenerzeugung, Arbeiten in Papiermaché, Cartonerie, Chamotwaarenerzeugung u. s. w. Kaum eine zweite Gebirgsbevölkerung wechselt so leicht und anstellig die Arbeit und eignet sich das neue so leicht an, wie auf diesen Bergen, und dieser Anbequemung an die geänderten Verhältnisse haben sie es zu danken, dass sie die vielen Wechselfälle ihrer Geschichte in ungeschwächter Kraft auf den Bergen aushielten, an denen sie festhängen als ihrer geliebten Heimat, und zu welchen sie von ihren oft sehr weiten Flügen in die Fremde immer wieder sehnsüchtig zurückkehren.
Die Geschichte hat uns an diesen Bewohnern gezeigt, wie die Menschen zwölfhundert Meter über dem Meeresniveau wachsen und gedeihen. Allgemein bekannt ist es auch, dass der Erzgebirger höflich, gefällig und sehr genügsam ist. Seine Wohnung ist einfach und noch einfacher die Kost. Frohsinn, Verträglichkeit und grosse Liebe zur Reinlichkeit finden wir überall, was den Touristen ungemein anmuthet.
Das Mineralreich bietet auf dem Erzgebirge eine grössere Mannigfaltigkeit von Vorkommnissen als in den meisten anderen Gegenden Böhmens und Deutschlands. Wenn auch der Reichthum dieser Producte gegen den, welchen sie in vergangenen Jahrhunderten durch den Betrieb eines grossartig ausgedehnten Bergbaues spendeten, fast unbedeutend geworden ist, gegenwärtig grossentheils nur die historischen Erinnerungen und zahlreiche Halden, Pingen und andere verfallene Grubengebäude übrig sind: so ist doch das Vorhandene immer noch von hohem Interesse für die Wissenschaft.
Der ältere Bergbau war hauptsächlich auf Gewinnung von Silber und dann zunächst auf Kupfer, Zinn, Eisen und Blei gerichtet; erst später lernte man auch Kobalt und Wismuth kennen und benützen; die Verwendung des Braunsteines, des Nickels und des Urans gehört erst der neuesten Zeit an, welcher wahrscheinlich bei dem raschen Fortschritte der Naturwissenschaft und der Technik noch die Nutzbarmachung manches anderen Minerals vorbehalten ist, das jetzt unbeachtet auf den Halden liegt.
Von grösserer Wichtigkeit als der Gewinn an den genannten Metallen ist gegenwärtig der Kohlenbergbau, die Zugutemachung der Eisenkiese auf Schwefel, Vitriol und Schwefelsäure, und von besonderer Bedeutung auch die Benützung der Porzellanerde und des Feldspathes, welche hier mehrere der wichtigsten Industrie-Anstalten des Landes in's Leben gerufen haben.
Silberzechen finden sich zu Joachimsthal, Abertham, Holzbach, Arletzgrün, Breitenbach, Pechöfen, Streitseifen, Brettmühl, Zwittermühl, Gottesgab, Seifen und Weipert, dann bei Sangerberg am Tepler Gebirge.
Kupferbau wird am Eibenberge auf der Herrschaft Graslitz betrieben.
Bleierzzechen bestanden bei Brünles, Liebenau, Horn, Hartenberg, Schlesnitz, Grün, Bleistadt, Reichenbach, Pichlberg, Silberbach, Silbergrün und Weipert.
Zinnerzzechen zu Abertham, Streitseifen, Goldenhöhe, Hirschenstand, Schönfeld, Schlaggenwald, Silberbach und Königswarth.
Eisenerzzechen zu Maria-Sorg, Pfaffengrün, Hauenstein, Schönwald, Lessau, Irrgang, Neu-Hammer, Littmitz, Kodau (Chodau), Unterkodau, Putschirn, Wintersgrün, Berghaus, Neusattel, Holzbach, Ullersgrün, Granesau, Poschitzau, Grossschad, Sangerberg, Weipert, Ziditz, Thein, Unterneugrün und Graset.
Braunstein wurde am Hirschberge bei Platten und bei Frühbuss gewonnen.
Eisenkiese (Vitriol und Alaunerze) werden zum Theile noch bei Habersbirk, Char, Sorg, Mühlbach, Münchhof, Littmitz, Theim, Altsattel, Zwodau und Maierhöfen gegraben.
Braunkohlenzechen finden sich bei Janesen, Putschirn, Münchhof, Grünlas, Chodau, Unterkodau, Taschwitz, Neusattel, Zettlitz, Granesau, Littmitz, Hanschgrün, Berghaus, Grün, Russ, Graset, Wintersgrün, Motschidl, Bruckhof, Doglasgrün, Aich, Steinhof, Habersbirk, Char, Davidsthal, Lauterbach, Robertsgrün, Boden, Neukirchen, Falkenau, Zwodau, Unterreichenau, Bukwa, Theisau, Maierhöfen, Kittlitz, Lang, Haselbach, dann bei Lessau, Sodau, Premlowitz, Ottowitz, Schenkau, Rosnitz, Drahowitz, Stolzengrün, Dalwitz.
Die Gruben auf Porzellanerde, sowie die auf Feldspath bieten treffliches Material für den Betrieb der Fabriken in Massen, welche keine Erschöpfung besorgen lassen.
An trefflichen Bausteinen und Material für Steinmetzarbeiten hat das Gebiet einen Ueberfluss in der weitverbreiteten Granitbildung und den Sandsteinablagerungen; bei Graslitz wird auch etwas Dachschiefer gebrochen, ebenso fehlt es nicht an Thon für Töpfereien und Lehm für Ziegelbrennereien. Im Egerischen Gebiete werden nebst gewöhnlichem Töpfergeschirr auch das sogenannte Steinzeug, hauptsächlich Mineralwasserflaschen, dann besonders gute Ziegel erzeugt. In geringerer Menge findet sich Kalkstein. Die grosse Mannigfaltigkeit der Mineralgattungen, welche theils einen Gegenstand des Bergbaues ausmachen, theils bloss den Mineralogen interessiren, zeigt folgendes Verzeichnis mit Angabe der vorzüglichsten Fundorte; die mit »ausschliesslich« bezeichneten Gattungen sind bisher von andern Orten noch gar nicht bekannt; die als stetige Gemengtheile der Gebirgsgesteine vorkommenden Gattungen sind dabei übergangen.
Arseniksäure, zu Joachimsthal.
Glaubersalz, im Moor bei Franzensbad und in der Soos.
Melanterit, oder Eisenvitriol, im Moor bei Franzensbad.
Johannit, ausschliesslich zu Joachimsthal, höchst selten.
Gyps, krystallisirt zu Schlaggenwald.
Pharmakolith, zu Joachimsthal.
Haidingerit, zu Joachimsthal, höchst selten.
Erythrin oder Kobaltblüte, zu Joachimsthal, Platten.
Vivianit oder blaue Eisenerde, im Moor bei Franzensbad.
Skorodit, zu Schlaggenwald, sehr selten.
Flussspath, zu Schlaggenwald, ausgezeichnete Krystalle dunkelviolblau, dann zu Weipert gelb und grün.
Apatit, ausgezeichnet in sehr mannigfaltigen Krystall- und Farbenvarietäten zu Schlaggenwald, Schönfeld, ferner zu Neudeck, jedoch sehr selten.
Aragonit zu Waltsch, Nester im Basalt; die sogenannte Eisenblüte als Seltenheit zu Bleistadt; dann die zu dieser Spezies gehörigen mannigfaltigen Abänderungen der Producte der Karlsbader Thermen, als Kalksinter und Erbsenstein.
Kalkspath, schöne Krystallvarietäten, vorzüglich der sogenannte Papierspath zu Joachimsthal.
Braunspath, sehr ausgezeichnet zu Joachimsthal, dann zu Schlaggenwald.
Spatheisenstein, zu Schlaggenwald, als Seltenheit; thoniger Sphärosiderit zu Konradsgrün, bei Lessau und an mehren Orten im Braunkohlengebirge.
Scheelit oder Schwerstein, zu Schlaggenwald, höchst ausgezeichnet.
Cerussit oder Weissbleierz, zu Bleistadt, ebendort auch die sogenannte Bleierde.
Pyromorphit oder Braunbleierz, ausgezeichnet zu Bleistadt.
Olivenit (Olivenerz), zu Schlaggenwald.
Lasur (Kupferlasur), zu Schlaggenwald, Seltenheit.
Uranit, oder Uranglimmer, zu Schlaggenwald, sehr ausgezeichnet; zu Schönficht.
Urangrün, ausschliesslich zu Joachimsthal.
Uranblüte desgleichen.
Nickelocher, zu Joachimsthal.
Ganomatit oder Gänseköthigerz, zu Joachimsthal.
Eisensinter, sehr ausgezeichnet zu Platten und Bleistadt.
Kupfermangan, ausschliesslich zu Schlaggenwald, sehr selten.
Speckstein, zu Schlaggenwald, Schönfeld.
Chlorit, nierenförmig zu Schlaggenwald.
Kyanyt, breitschalig, ausgezeichnet am Gangerhäusel bei Petschau.
Phillipsit, am Hauensteiner Schlossberge im Klingstein, bei Unterlamitz im Basalt.
Mesolith, Comptonit, sehr ausgezeichnet am Hauensteiner Schlossberge.
Feldspath, orthotomer, Gegend von Elbogen, Karlsbad.
Periklin, bei Haslau.
Albit, zu Schlaggenwald, selten.
Augit, kleine Krystalle im Basalt an mehren Orten; Sahlit bei Haslau.
Amphibol im Basalttuff bei Rodisfort.
Tremolit, bei Haslau im Kalkstein.
Epidot, am Kupferhügel bei Kupferberg.
Karpholit, ausschliesslich zu Schlaggenwald.
Andalusit im Glimmerschiefer bei Alt-Albenreut, ausgezeichnet.
Korund, am Gängerhäusel bei Petschau, selten.
Topas, nette Krystallabänderungen, zu Schlaggenwald, dann Geschiebe von meergrüner Farbe in den Seifenhalden bei Frühbuss.
Berill, zu Schlaggenwald und als Seltenheit im Granit bei Neuhammer.
Quarz, schöne krystallisirte Varietäten, durchsichtig, weiss und braun, hauptsächlich zu Schlaggenwald, sogenannter Milchquarz und Rosenquarz zu Schlaggenwald und Königswarth.
Amethyst am Crudum bei Elbogen, bei Hartmannsgrün.
Opal, zu Bleistadt im Bleiglanz, zu Heinrichsgrün, Frühbuss, bei Haslau; der sogenannte Hyalith höchst ausgezeichnet bei Waltsch auf Basalt.
Kieselsinter oder schaliger Opal bei Grottensee.
Chrysolith (Olivin), im Basalt bei Duppau und an mehren Orten.
Turmalin, schwarz bei Schlaggenwald, Karlsbad, Zettlitz und an mehren Orten.
Idokras (Egeran), bei Haslau, sehr ausgezeichnet.
Granat, kleine nette Krystalle am Dillenberge, dann undurchsichtige Körner und Krystalle bei Hartenberg; im Kalkstein und Quarz bei Haslau, am Kupferhügel, bei Neudeck.
Rutil, am Gängerhäusel.
Zinnerz, höchst ausgezeichnet zu Schlaggenwald, Schönfeld; derb und eingesprengt bei Abertham und andern Orten.
Wolfram, ausgezeichnet zu Schlaggenwald.
Uranerz, Eliaszeche bei Joachimsthal, dort auch der Uranocher.
Magneteisenstein, bei Platten, Neudeck.
Rotheisenstein, rother Glaskopf, höchst ausgezeichnet auf dem Irrgange; Thoneisenstein bei Lessau, Fuchsloch und an mehren Orten.
Philomelan, oder dichtes Manganerz, dann
Pyrolusit, sehr ausgezeichnet, und
Polianit oder Hartmanganerz, bei Platten.
Arsenik, zu Joachimsthal.
Wismuth, zu Joachimsthal und als Seltenheit in Schlaggenwald.
Silber, zu Joachimsthal, Weipert.
Kupfer, als Seltenheit zu Schlaggenwald.
Nickelkies, Kupfernickel, zu Joachimsthal.
Arsenikkies, zu Schlaggenwald.
Weisser Speiskobalt, krystallisirt und gestrickt zu Joachimsthal; grauer Speiskobalt zu Joachimsthal.
Eisenkies, hexaedrischer, bei Littmitz, Joachimsthal.
Eisenkies, prismatischer, sogenannter Speerkies, höchst ausgezeichnet bei Littmitz, Altsattel, sogenannter Leberkies zu Joachimsthal.
Merkwürdig ist die Bildung von Eisenkies in den Moorlagern bei Franzensbrunn; er entsteht aus den Vitriol haltenden Gewässern durch einen Reductionsprocess, welcher durch die Vegetation herbeigeführt wird, zeigt die Gestalten von verflochtenen Wurzeln und Pflanzenstengeln, auf welchen der Kies sich niedergeschlagen hat, während die Pflanzensubstanz zerstört wurde, so dass an ihrer Stelle eine Höhlung zurückgeblieben ist.
Millerit (Haarkies), zu Joachimsthal, ausgezeichnet.
Kupferkies, ausgezeichnet zu Schlaggenwald, dann bei Graslitz.
Bornit (Buntkupfererz), als Seltenheit zu Schlaggenwald.
Silberglanz, oder Glaserz, Joachimsthal, Weipert.
Bleiglanz, bei Bleistadt, Reichenberg, Schossenreut, Frohnau; selten zu Joachimsthal.
Molybdänglanz, ausgezeichnet zu Schlaggenwald.
Sternbergit, Joachimsthal, ausschliesslich, sehr selten.
Polybasit, zu Joachimsthal.
Stefanit, zu Joachimsthal.
Blende, ausgezeichnet in Schlaggenwald, dann in Bleistadt.
Rothgiltigerz, dunkles und lichtes, höchst ausgezeichnet, vorzüglich das letztere zu Joachimsthal.
Zinnober, bei Schönbach.
Realgar, zu Joachimsthal.
Retinit, bei Habersbirk.
Steinkohle, Braunkohle, an sehr vielen Orten.
Gasthöfe: Post in der Kaiserstrasse; Hôtel Hübner, Kaiserstrasse; Kaiser von Oesterreich, Ferdinandsstrasse; Britisch Hôtel, Parkstrasse; Brandenburger Thor, Karlsstrasse; Goldenes Kreuz, Hôtel Holzer, Stadt Leipzig, Kulmerstrasse; Müllers Hôtel, Salzquellstrasse; Gisela, Bahnhofstrasse. Preise: 1 fl. – 1 fl. 50 kr.; Licht und Service 40 kr.; Suppe 12 kr., Braten 40 bis 80 kr., Kaffee im Geschirr 24 kr., – gutes Bier und vortreffliche Weine zu mässigen Preisen.
Privatlogis sind in etwa 150 meist neu und elegant eingerichteten Wohnhäusern jederzeit zu bekommen; nur zur Hochsaison d. i. vom 20. Juni bis Ende Juli tritt wegen grossen Andranges Wohnungsmangel ein und empfiehlt es sich, sich die Wohnung im voraus zu bestellen. Für Salons zahlt man wöchentlich in der Hochsaison 20 bis 40 fl., doch kann man auch gut eingerichtete Zimmer mit prächtigen Betten um 5 bis 8 fl. bekommen. Das Bürgermeisteramt und die Brunnenärzte sind jederzeit zu Auskünften bereit. Die an den Häusern angebrachten Tafeln mit dem Worte »Logis« zeigen jedermann an, wo Wohnungen zu vermiethen sind; man kann daher zudringliche Wohnungsanbieter jederzeit zurückweisen.
Im Cursaal, nächst der Franzensquelle, sowie in den obgenannten Hôtels speist man vortrefflich entweder à la carte oder Table d'hôte – das Couvert 1 fl. 30 kr. Curgästen werden auch Speisen in die Wohnhäuser verabreicht.
Kaffee: Im Curpark (20 kr. ohne Gebäck), in allen Hôtels und Privathäusern.
Mehrere ausgezeichnete Conditoreien in der Kaiserstrasse. –
Kaffee in der nächsten Umgebung: Ludwigshöhe, Antonienhöhe, Miramonte, Stöckermühle, Schlada, Bahnhofrestauration u. s. w.
Lesecabinet im Franzensbader Curhause, von 8 Uhr Morgens bis 7 Uhr Abends geöffnet; es sind über 60 Zeitschriften in den Hauptsprachen und Curlisten aller bedeutenden Curorte vorhanden.
Post- und Telegrafenamt. (Neugasse.)
Gewöhnliche, Dampf-, russisch-, türkische Bäder.
Photographische Ansichten in den Buchhandlungen.
Musik und Theater:
Die rühmlichst bekannte Badecapelle unter Leitung des Capellmeisters Tomaschek spielt an jedem Morgen:
1) an der Salzquelle von 6–7 Uhr;
2) in der Franzensquelle von 7–8 Uhr, und
3) im Park von ½5 bis ½7 Uhr Nachmittag.
Im Theater wird nur im Sommer von einer reisenden Truppe gespielt.
Franzensbad ist einer der berühmtesten Badeorte in Oesterreich-Ungarn, liegt in einem Thalkessel 493m über dem Meere und wurde 1793 zum Badeorte erhoben und nach Kaiser Franz I., dem in den Parkanlagen eine Erzstatue errichtet worden, benannt. Der Ort wird im Norden vom Park, im Westen von Loimanns Anlagen, im Süden u. Osten von den neuen Anlagen umgeben. Touristen, welche binnen wenigen Stunden die interessantesten Puncte des Curortes kennen lernen wollen, ist ein Rundgang durch die Stadt zu empfehlen. Sie gehen vom Bahnhofe durch die Parkstrasse und Karlsstrasse in den Park zum Franzens-Monument und von da in die Kaiserstrasse, wo sie Dr. Loimanns bekanntes und elegant eingerichtetes Badehaus mit der Louisenquelle, dem kalten Sprudel, dem Moorlager und den herrlichen Anlagen besichtigen. Zu diesem grossartigen Badeetablissement legte im Jahre 1827 der Hausbesitzer und Burgverwalter Loimann, der Vater des gegenwärtigen Besitzers Med. Dr. Loimann, den Grund, indem er auf eigene Kosten ein allgemeines Badehaus erbaute. Die Louisenquelle wurde 1807 gefasst, 1808 zum Gebrauche eingerichtet und der damaligen dritten Gemahlin Sr. Majestät des Kaisers Franz, Maria Ludowika, zu Ehren die Louisenquelle genannt. Nur wenige Schritte davon bricht mit Heftigkeit der sogenannte kalte Sprudel hervor. Von da begeben sie sich zur Franzensquelle, sehen hier das Stadt-Egerer Badehaus, und dann weiter in einer herrlichen Allee zur Neu-, Salz- und Wiesenquelle und nehmen auf diesem Wege die grossartigen Badehäuser von Hofrath Dr. Cartellieri und von Singer wahr. Durch die Salzquelle, welche schon 1817 entdeckt war, erhielt Franzensbad seit 1819 einen ganz neuen Aufschwung. Seit dem J. 1837 ist die nahe liegende Wiesenquelle als heilkräftig erprobt und 1840 mit der Salzquelle unter ein gemeinschaftliches Dach gebracht worden.
Nun wird der Rückweg durch die herrliche Morgenzeile zur Kirche und zum Parke angetreten. Der aufmerksam beobachtende und in seinem Urtheile unparteiische Tourist wird finden, dass es Architect und Gärtner verstanden haben, Franzensbad und die nächste Umgebung zu einem eleganten Curorte zu erheben. Die 10 Mineralquellen, alkalisch-salinische Eisensäuerlinge mit bedeutendem Gehalt an Glaubersalz und freier Kohlensäure, denen eminente Heilwirkungen zugeschrieben werden, eine Kohlensäuregasquelle (schon seit 1545 bekannt, aber erst seit 1810 als Heilmittel gebührend anerkannt) und ein reichhaltiges Lager von Eisenmineralmoor, das auf Sand ruht, namentlich aber die vorzüglichen Anlagen mit reizenden Promenadenwegen, die grossstädtischen Strassen, Hôtels und Villen, die prächtigen Kirchen und Denkmäler, vor allen Dingen aber die höchst elegant und luxuriös ausgestatteten Wohnungs- und Vergnügungsräume,[30] die mancherlei Einrichtungen für Unterhaltung, Genuss und allerlei kostspielige Vergnügungen und Liebhabereien, das Zusammenströmen der feinen Welt, die während des Aufenthaltes in der »europäischen Sommerresidenz« (den nordböhmischen Bädern) gewöhnlich die Nachcur hier geniesst, alle diese Umstände erheben Franzensbad zu einem Bad I. Ranges.
Sehenswürdigkeit: Ausser den im Rundgange angeführten: Die Rotunde bei der Franzensquelle mit der Inschrift: »1793 unter Franz I. gegründet zum Wohle der Menschheit«; die Colonade mit zahlreichen Kaufläden, das Monument der Sachsenstiftung unweit der Rotunde mit der Aufschrift:
Die katholische Kirche mit einigen werthvollen Gemälden, die im romanischen Styl erbaute protestantische Kirche, die Synagoge im orientalischen Styl und vor allem der Cursaal, das stattlichste öffentliche Gebäude, ein geschmackvoller, brillant ausgestatteter Renaissancebau. Unter den Privathäusern erweckt die Villa Imperial durch ihre freie herrliche Lage inmitten des herrlichsten Parks und nahe der Salzquellpromenade, sowie durch die Pracht der Ausschmückung von Aussen und im Innern die Aufmerksamkeit jedes Besuchers.
Sehr beliebter Spaziergang zur Antonienhöhe in nordöstlicher Richtung (¾ St.), Weg gut, aber nicht schattig. Aufenthalt im Wald sehr angenehm – prächtiger Rundblick über das Egerland.
Nach Miramonte südlich auf der Strasse nach Eger, dann in einer viertel Stunde rechts in einen Promenadenweg abzweigend. Beliebte Restauration, wo man in einem Spiegel die ganze umliegende Landschaft erblickt.
Von Miramonte führt der Weg in westlicher Richtung zum *Kammerbühl, einem erloschenen Vulcan (¼ Stunde). Er gehört unstreitig zu den interessantesten geologischen Erscheinungen und ist vorzugsweise aus vulcanischen Tufen aufgebaut. Die Lagerung dieser Eruptionsproducte lässt sich in ausgezeichneter Weise in dem grossen Bruche hinter der Restauration zum »Kammerbühl« beobachten. In Folge der isolirten Lage bietet der[31] Kammerbühl eine vorzügliche Rundsicht über das Egerland mit seinen zahlreichen Städten und Dörfern, Schlössern und Ruinen, Kirchen und Kapellen, die von den dunkelbewaldeten Bergen des westlichen Erzgebirges oder Kaiserwaldes und des Fichtelgebirges umsäumt werden.
*Siechenhaus. Dieser Spaziergang kann vom Kammerbühl fortgesetzt werden. Gut gepflegte Wege führen von demselben ab nach dem Dorfe Stein und zum Egerfluss, den man an einer romantischen Stelle des Thales mittelst eines Holzsteges überschreitet. (Der am Flussufer hinlaufende Fusspfad führt direct nach Eger.) Der ansteigende, schattige Weg leitet zur Chaussée von Eger nach Wunsiedel und zum Siechenhaus (¾ St.), dem beliebtesten Vergnügungsort der Franzensbader Curgäste und der Bewohner von Eger. Es besteht aus einer Oberförsterei, einem Armenhaus (Versorgungsanstalt) und einer guten Restauration. Schöner Garten inmitten eines herrlichen Waldes, angenehmer Aufenthalt, malerische Aussicht auf Eger und Umgebung.
Empfehlenswerth ist auch der Besuch der eine halbe Stunde weiter entfernten St. Annakirche (608m), ehemals Franziskanerkloster, theils wegen der Kirche selbst, die colossale Schnitzwerke eines unbekannten, altdeutschen Meisters enthält, und in welcher Friedrich Barbarossa 1149 mit Adelhaid von Vohburg getraut worden sein soll (nach andern in der Kapelle des Rathhauses), theils wegen der vorzüglichen Aussicht (namentlich vom Grünberg 656m) auf das Egerland, besonders auf die Gegend von Franzensbad, Maria-Kulm und in fast entgegengesetzter Richtung auf die wichtigsten Berggipfel des Fichtelgebirges.
Auf dem Weiterwege nach *Eger vermeiden wir die Landstrasse und benützen den schönen, nicht zu fehlenden *Promenadenweg durch schattigen Wald und durch das herrliche Egerthal.
Gasthäuser: Zwei Erzherzoge am Stadtplatz, Erzherzog Stefan mit schönem Garten an der Eger, Kronprinz Rudolf (Göthe-Denkmal), Bahnhofstrasse. Wetzel oder Kaiser Wilhelm, beim Bahnhofe.
Restaurationen: Karg's Bastei, Krämlings Bastei, unweit der Burg, schönste Aussicht in's Egerthal, Adlers Restauration, Schustersprung im Egerthale, vorzügliche Fische, namentlich Karpfen.
Café: Pistorius am Ringplatz.
K. k. Post-, Telegrafen-, Hauptzollamt, Kreisgericht, Bezirkshauptmannschaft.
Eisenbahn nach Baiern, Sachsen, gegen Carlsbad und Marienbad.
Fahrgelegenheiten nach allen Richtungen.
Volksfest: Vinzenzifest.
Dienstmanninstitut.
Eger ist die Hauptstadt des »gesegneten« Egerlandes, wie das Gebiet an der oberen Eger in Böhmen genannt wird, und war auch der Hauptort des ehemaligen Egerer Kreises. Die Stadt liegt 413m über der See, hat über 16.000 Einwohner und liegt zumeist auf dem rechten, etwas ansteigenden Ufer des gleichnamigen Flusses.
Die Lage an einem uralten Strassenzug und unmittelbar vor dem Eingange zum Norden Deutschlands erhob Eger schon in alter Zeit zu einem wichtigen Handelsplatz, namentlich aber zu einer militärisch wichtigen Position, zu einem Mittel- und Ausgangspunct kriegerischer Unternehmungen, in neuester Zeit aber zu einem Centralpunct von 5 Schienenwegen. Hauptbeschäftigung der Bewohner: Gerberei, Schuhmacherei, Bierbrauerei.
Die altehrwürdige Stadt Eger, die sich in jüngster Zeit in der Richtung nach dem Bahnhof und auf dem sogenannten Rahmberg, sowie durch Auflassung des Friedhofes und Verlegung desselben ausser der Stadt sehr erweitert und verschönert hat, bietet Sehenswürdigkeiten aus alter und neuerer Zeit.
1. Die *Burg – Kaiserburg – (Eintrittsgeld nach Belieben). Diese imposanten, am nordwestlichen Ende der Stadt emporragenden Ruinen auf felsigem Grunde bestehen ausser den Resten der Festungswerke aus mehreren beachtenswerthen Bauten, welche sind:
a) Die 4 Umfassungsmauern mit zum Theil eingestürzten Fensterwölbungen; das Gemäuer aus Thonschiefer, die Säulen aus fränkischem Marmor.
b) Der schwarze Thurm – 23m hoch – ist aus Lavastücken vom Kammerbühl erbaut und stammt aus dem 10. Jahrh. (nach andern aus der Römerzeit, daher »Heidenthurm«).
c) Die Doppelkapelle steht im Burghof und ist aus dunkelgrünem Schieferbruchstein erbaut. Sie besteht aus der unteren oder Erhardskapelle und der oberen oder Martinskapelle. Das Ganze stammt aus der Blüthezeit des Rundbogenstyls. Das Innere der ersteren liegt mehrere Fuss tiefer als der Burghof und wird von 4 Fenstern erleuchtet; das feste Gewölbe tragen 4 Granitsäulen. In der letzteren, zu der eine neue Treppe führt, wird das Gewölbe von vielen geschmackvollen Marmorsäulen getragen. Ein Gang verband die Kapelle mit dem Palast.
d) Der ehemalige Rittersaal ist noch an den vorhandenen Bogenfenstern zu erkennen. Dieser war Zeuge von der Schreckensscene am 25. Februar 1634; den Getreuen Wallensteins, Illo, Terzky, Kinsky und Neumann, wurde hier durch Verrath ein blutiges Ende bereitet.
Die Veranlassung dieses blutigen Auftrittes müssen wir als bekannt voraussetzen. (Siehe übrigens unter Stadthaus!) Die Vertrauten Wallensteins waren von dem durch die Kaiserlichen gewonnenen Commandanten Gordon zum Abendessen in die Citadelle geladen worden. Kurz nach ihrer Ankunft und nachdem die Bedienten entfernt und eingeschlossen waren, trat der Hauptmann Geraldin mit Dragonern in den Saal, welche auf die vier Gäste einhieben und sie niedermetzelten.
Auf dem gegenüberliegenden Egerufer stand die 1295 erbaute Wenzelsburg, die mit der Kaiserburg durch eine hölzerne Brücke verbunden war. Im Hofe der Burg befinden sich gegenwärtig schöne Anlagen; der Staat sorgt für Erhaltung dieser interessanten Ueberreste. Sehr schön ist der Ausblick auf das Egerthal, namentlich auch auf Siechenhaus und St. Anna.
Die ehedem sehr starken Festungswerke stammen jedenfalls aus dem 10. Jahrhundert, als die Grafen von Vohburg zu Markgrafen über die Umgegend bestellt wurden. Kaiser Friedrich Barbarossa, der in Eger viele Hoflager abhielt, und 1149 Adelheid von Vohburg heiratete (Trauung in der Kapelle des Rathhauses, nach anderen in der Kirche auf St. Anna) legte die neue, schöne Kaiserburg an; am 2. Dezember 1805 wurde sie von den Franzosen bis auf die noch jetzt vorhandenen Ueberreste zerstört.
2. Das Stadthaus (hier löst man sich eine Eintrittskarte für 20 kr.) am Ring d. i. Marktplatz. Kein Tourist verlässt Eger, ohne dieses denkwürdige Haus besucht zu haben, in dem der mächtige Wallenstein am 25. Februar 1634 sein blutiges Ende fand.
Die vom Herzog von Friedland bewohnt gewesenen Räume befinden sich noch in ihrem ursprünglichen Zustande und enthalten ein Album mit interessanten Autographien, Wallensteins Bildnis und zwei auf seine Ermordung bezügliche Gemälde, zwei Schränke mit zahlreichen Gegenständen, die auf das blutige Ereignis Bezug haben, so die Hellebarde, mit der Wallenstein (hinten im Schlafzimmer) den Todesstoss empfing u. a.
Mitten in den Wirren des 30jährigen Krieges findet der mächtige und gefürchtete kaiserliche Generalissimus sein tragisches Ende. Buttler, der Obrist eines irischen Reiterregiments, hatte den Auftrag übernommen, den Herzog von Friedland lebendig zu fangen oder zu ermorden. Während des Blutbades auf der Burg hatte sich Wallenstein ermüdet zu Bette begeben. Abends 10 Uhr begaben sich die Verschworenen Leslie, Geraldin, Buttler und Deveroux mit 30 Dragonern von der Burg in die Stadt. Während Leslie die Hauptwache, Buttler die Hauptthür, Geraldin die Hinterthür des von Wallenstein bewohnten Palastes besetzten, stürmten Deveroux und mehrere Dragoner die Treppe hinauf, metzelten 2 Kammerdiener nieder, sprengten die Thür und fanden Wallenstein, am Fenster stehend. »Du bist der Schelm«, rief[34] Deveroux, »der das kaiserliche Volk zum Feinde überführen und Sr. kaiserl. Majestät die Krone vom Haupte reissen will! Du musst sterben!« Wallenstein warf ihm einen ernsten, kalten Blick zu und sprach kein Wort. »Du musst sterben!«, rief Deveroux abermals, und mit diesen Worten stiess er dem Herzog die Hellebarde mit solcher Gewalt in die Brust, dass sie durch und durch ging. Lautlos stürzte der mächtige Friedländer zu Boden. – Albrecht von Waldstein oder Wallenstein war 1583 zu Hermanic in Böhmen geboren; er zählte somit kaum 52 Jahre. »Der Act der Gerechtigkeit, welcher Wallenstein im Grund verfallen war, bekam durch die Art der Vollziehung derselben die Form eines feigen Justizmordes.«
In den daran stossenden Räumen befindet sich das interessante und sehenswerthe »Egerländer Museum.«
3. Die Stadtkirche St. Niclas; sie zeigt romanische und gothische Bauform und enthält sehenswerthe Malereien und Sculpturarbeiten. (Sehenswerth ist auch die im J. 1872 im gothischen Styl erbaute evangelische Kirche.)
4. Ausserdem sind noch besuchenswerth: Das Rathhaus mit schönem Treppenhaus, die Turnhalle, das »Rudolphinum«, Centralschulgebäude, das »Schillerhaus« Nr. 17 am Marktplatz mit der Gedenktafel: »In diesem Hause wohnte im J. 1791 Friedrich von Schiller behufs seiner Studien zur Wallensteintrilogie«, das »Göthehaus« Nr. 38, die Franciskanerkirche, mit der ein Kloster verbunden ist! Die dreischiffige Kirche ist im reinsten gothischen Styl erbaut und macht einen herrlichen Eindruck. Am Ring fällt dem Touristen das Riedel'sche Haus, ein ehemaliges Patricierhaus, mit seinem schön durchbrochenen Giebel auf.
Die Gründung der Stadt Eger (Cheb) wird in das 10. Jahrhundert verlegt und den Grafen von Vohburg zugeschrieben, die damals von den deutschen Kaisern als Markgrafen über die Umgegend bestellt worden waren. Eger war Hauptort der Markgrafschaft Eger und Eigenthum der Markgrafen von Vohburg. Durch Heirath (1149) kam Eger an Friedrich Barbarossa, der es vor nun 700 Jahren, nämlich 1149, zur deutschen Reichsstadt erhob. Später war Eger lange Zeit der Zankapfel zwischen Böhmen und Bayern; nachdem es aber Kaiser Ludwig der Bayer 1315 an Böhmen verpfändet, blieb es bis heute bei Böhmen. Grosse Drangsale im Hussiten- und 30jährigen Kriege hatte die Stadt zu bestehen; die ganze Gegend glich zu wiederholten Malen einem einzigen grossen Kriegslager.
Anmerkung: Wer über längere Zeit verfügt, dem ist von Eger aus ein Ausflug (per Bahn 20 Minuten, zu Fuss 2 Stunden) nach dem baierischen Markt Waldsassen anzuempfehlen. (Wohlrabs[35] Restauration.) Dieser Ort ist bekannt und berühmt durch seine 1133 gestiftete, 1803 säcularisirte, ehemals sehr reiche Cistercienserabtei. In dem Conventgebäude ein Mädchenpensionat der Cistercienserinnen. Die im 17. Jahrhundert erbaute Klosterkirche ist ein prächtiger Bau im italienischen Prunkstyl – überladen – und bewirkt einen grossartigen Totaleindruck.
Franzensbad-Seeberg. (1 Stunde.) Spaziergang über Unterlohma, von da westwärts nach Höflas und Schloss Seeberg, Eigenthum der Stadt Eger. Wilde Klippen und Buschwerk bilden die nächste Umgebung des Schlosses. Dazwischen bricht sich der in die Eger mündende Seebach Bahn und bildet ein wildromantisches Thal. Vom Schlosse aus lohnende Aussicht auf die Umgegend von Franzensbad. Nach genommener Erfrischung in der Seeberger Restauration wird der Rückweg angetreten.
Franzensbad-*Kapellenberg über Schönberg (mit der Bahn nach Voitersreuth und von da zu Fuss noch 1 Stunde.) Ueber dem sächsischen Dorfe Schönberg erhebt sich der waldreiche »Kapellenberg«, der 764m hoch ist. Er besteht aus Granit, wird zwar von zahlreichen Bergen unserer heimatlichen Landschaft an Höhe übertroffen; aber die Lage am Südfusse des Gebirgskammes, das unmittelbare Aufsteigen aus dem breiten Egerthal, der Mangel an ebenbürtigen Nachbarn erheben ihn nicht nur zu einem ansehnlichen Grenzpfeiler Sachsens und des deutschen Reiches gegen Böhmen, sondern auch zu dem vorzüglichsten Aussichtspunkt des Vogtlandes. – Es ist nicht nöthig, das Holzgerüste zu besteigen; die niedrigen Holzbestände hindern die Rundsicht keineswegs. Das malerische Landschaftsgemälde entzückt das Auge nicht blos durch die schönen Formen und durch die Ferne, bis wohin der Blick reicht, auch nicht blos durch den Vorzug, dass das Hauptpanorama dem Beschauer unmittelbar zu Füssen liegt, wodurch ein Verlieren des Blickes in verschwommene Fernen verhütet wird, sondern vor allen Dingen durch die zahlreichen Wasserspiegel, die als lichte Punkte oder Silberstreifen aus dem reichgesegneten Egerland hervortreten und das Ganze ausserordentlich beleben.
Der Blick haftet zunächst an dem freundlichen, fast genau in südlicher Richtung liegenden Dorfe Schönberg, dem südlichsten des Sachsenlandes, und an der schnurgeraden Strasse, die die Lage von Ober-Lohma, Franzensbad und Eger trifft. Wenig rechts davon erhebt sich der erloschene Vulcan Kammerbühl und in grösserer Ferne die jenseits der Stadt Eger aufsteigende Höhe mit der St. Anna-Kapelle. Nun folgt nach rechts eine grosse Zahl von grösseren und kleineren Ortschaften – Haslau, Liebenstein, Selb u. a. –, hinter denen sich das Massengebirge des Fichtelgebirges mit Kösseine, Schneeberg, Waldstein vor allem[36] imposant darstellt; daran reihen sich der grosse Kornberg, der Döbraberg im Frankenwald und der Hainberg bei Asch. Weniger wechselvoll ist die Landschaft im Norden, wo ein weites Waldrevier die Höhen des Elstergebirges bedeckt. Wenig rechts davon, fast genau im Norden, erscheint nun das weitschauende Schöneck am Horizont, desgleichen der unverkennbare Kirchthurm von Landwüst, der hohe Stein mit seinen scharf-zackigen Thonschiefergebilden und fast in derselben Richtung der finstere Bergrücken des »Kiel.« Gegen Nordosten im Vordergrund liegen die Orte Steingrub, Klinghard, Frauenreuth, Neukirchen, und in den dahinter aufragenden Bergen wollen manche die Bergriesen des Erzgebirges, den Auersberg, Fichtel- und Keilberg erkennen. Aus der weithin vor unseren Blicken sich ausbreitenden Fruchtebene, die von 2 sehr naheliegenden Kegelbergen, dem Hirsch- und Scheibenberg, unterbrochen wird, treten hinter und zwischen den glitzernden Wasserspiegeln freundliche Städtchen und Dörfer hervor, wie Maria-Kulm mit der imposanten Wallfahrtskirche, Königsberg, Wildstein, Altenteich und wie sie alle heissen, zu denen die Berge des sogen. Kaiserwaldes – Steinbock, Glatze, Bärenbrand – einen vortheilhaften Hintergrund bilden. Mit dem nahen Voitersreuth schliesst das Rundgemälde, das jeder Besucher mit hoher Befriedigung betrachtet.
Nach genossener Aussicht ist die Rückkehr in die Voitersreuther Bahnhofrestauration zu empfehlen.
Franzensbad-Wildstein. Von Franzensbad aus in nördlicher Richtung über Lohma (1 Stunde); diese Partie lässt sich auch mit der vorangehenden verbinden, indem man von dem Orte Voitersreuth links nach Altentrich und dann in nordöstlicher Richtung weiter geht. Auf dem *Störlberge anmuthige Waldpartien, hübsche Aussicht, Kaffeehaus.
Franzensbad-*Wies – über Eger auf der Strasse in südlicher Richtung. Der Ort liegt inmitten eines prächtigen Waldes, unmittelbar an der Grenze, hat eine freundliche Kirche, ein Nebenzollamt und eine Restauration zum »grünen Baum«. Der Aufenthalt in der würzigen Waldluft und den reizenden Baumgruppen sehr angenehm.
Franzensbad-Schloss Liebenstein. Weg dahin auf der Franzensbad-Hofer Strasse in westlicher Richtung (2½ St.) Das Schloss ist Eigenthum des Grafen von Zedwitz. Der Ausflug ist wegen der schönen Waldpartien sehr lohnend.
Franzensbad-*Elster (mit der sächsischen Staatsbahn über Voitersreuth 1 St. 11 Min.) (Gasthöfe: Wettiner Hof, Hôtel de Saxe, Hôtel Bauer, Reichsverweser, Daheim.) Besuchtester Kurort[37] Sachsens, 496 M., hat gute Badeeinrichtungen und schöne Anlagen. Am Brunnenplatze befindet sich das königliche Badegebäude mit dem Maria-, Königs- und Alberts-Parke. Die Salz- und Johannissquelle befinden sich unter einem tempelartigen Überbau. Die Quellen gehören zu den alkalisch-salinischen Eisenwässern und sind ihrer Wirkung nach den Franzensbadern ähnlich.
Franzensbad-*Maria-Kulm (mit der Bahn-Station: Königsberg-Maria-Kulm der Buschtiehrader Eisenbahn).
Gasthäuser: Goldener Engel, schwarzer Adler, goldener Stern, goldener Adler, deutsche Eiche, rother Ochs.
Restaurationen.
K. k. Postamt.
Maria-Kulm liegt am linken Ufer der Eger, auf einem der südlichsten Ausläufer des Erzgebirges. Nur 3 Weges-Stunden von Eger entfernt, erhebt sich der Berg wie zu einer natürlichen Veste, welche schirmend über den grössten Theil des lieblichen Egerlandes hinwegschaut. Maria Kulm ist ein Marktflecken mit über hundert Häusern, welcher als Wallfahrtsort mit seiner imposanten, weithin sichtbaren Kirche alljährlich zur Sommerszeit von Tausenden von Andächtigen besucht wird. Aus allen Gegenden, aus Böhmen und aus Baiern, strömen Processionen herbei, und die weiten Räume der Kirche und der für das Gnadenbild Mariens eigens erbauten, an die Kirche anstossenden Kapelle vermögen oft, namentlich zur Pfingstzeit, die ungeheuren Massen kaum zu fassen. Die Kirche, von einem grossen Kreuzgange umgeben, ist ein Meisterwerk bizantinischer Baukunst. Zahlreiche Thürme, welche gigantisch zum Himmel streben, zieren den colossalen Bau und das harmonische Geläute[1] ihrer Glocken dringt volltönend, wehmüthig und selig erhebend zugleich fernhin und hinab in's herrliche Thal, das im reichen Segensgewande an den Fuss des Berges sich anschmiegt.
[1] Als Ferdinand II. am Fusse des Kulmer Berges sein Heer ordnete und von der Höhe herab den Klang der Glocken vernahm, soll er ausgerufen haben: »Jede freie deutsche Reichsstadt könnte stolz sein, ein solches Geläute zu besitzen.« – In die Glocken sind zahlreiche Namen von Wallfahrern und Reisenden eingegraben.
Mehrere Sagen gehen über den Ort. Abgesehen von der Sage (zu haben bei dem dortigen Messner Ferd. Ehmer) über das wunderthätige Gnadenbild Mariens erzählt man sich auch[38] noch von Räubern, die in grauen Zeiten in der Umgebung gehaust. (Gleichfalls bei Ferd. Ehmer zu haben.) Die Sage von den »Räubern auf Maria Kulm« ist ja übrigens auch dramatisirt worden als »vaterländisches Ritterschauspiel«. Dasselbe, ehedem auch auf grösseren Bühnen aufgeführt, wird gegenwärtig nur noch von herumziehenden Schauspieltruppen in jener Gegend zur Belustigung der »Räuber-Epigonen« aufgeführt. Eine Scene aus diesem vaterländischen Ritterschauspiel ist auch aufgenommen in das Decorationsspiel »Tausend und eine Nacht«! Der »Kulmer Berg« war der Zufluchtsort dieser höllischen Brüder. Von der »grossen Glocke« mit den reinen Tönen erzählt man, dass sie, so wie sie ist, auf einer nahen Hutweide von – Schweinen ausgewühlt worden sei.
Herrlich ist die Aussicht, welche man vom Kulmer Berge und namentlich vom Thurme aus geniesst, der nach allen vier Weltgegenden den Ausblick ermöglicht. Auf der einen Seite erscheint dem nach Westen gewandten Blicke, über das schöne Egerthal hinweg, mit dem schwarzen Fichtelgebirge im Hintergrunde (von den Egerländern kurzweg »d'Stod« d. i. die Stadt genannt), die Stadt Eger, welche mit ihren finsteren, altersgrauen Thürmen den Mittelpunkt des Egerlandes bildet, während zur Rechten der schwarze Wall des Erzgebirges als Grenzdamm Böhmens gegen Sachsen hin nebelfarbig sich hinzieht, und zur Linken das reich bewaldete Tepler Gebirge und die hohen Rücken des Kaiser-Waldes romantisch sich abheben. Auf der anderen Seite reicht des Beschauers nach Osten gewandter Blick weithin durch das gleichfalls von Bergen umschlossene, sogenannte »Unterland«, das Falkenau zum Mittelpunkte hat. Und in dunkler Ferne erscheinen im Hintergrunde, den Abschluss des Gesichtskreises bildend, die hohen Kämme, aus deren Schoosse die weltberühmten Thermen Karls IV. hervorquellen. (An klaren Tagen kann man auch von dem als Ausflugsort Karlsbads bekannten »Aberge« die Thürme der Maria Kulmer Kirche noch genau unterscheiden.)
Am Südfusse des Berges führt zum grossen Theile dem linken Egerufer entlang die Buštěhrader Eisenbahn aus der Richtung von Karlsbad nach Eger. Von zwei Stationen aus kann man Maria Kulm erreichen, beide Stationen sind ungefähr ½ Stunde von der Höhe entfernt. Der für Fussgänger bequemere Weg führt von der Station Dassnitz aus den Berg hinauf, beschwerlicher hingegen ist der Aufstieg von der Station Königsberg-Maria Kulm. (Name der am rechten Egerufer, Maria Kulm gegenüberliegenden Stadt. Diese Station enthält auch eine grössere Restauration, die wir auf der ersteren Station ganz vermissen). Will man von letzterer Station mittelst Fahrgelegenheit den Berg erreichen, muss man einen kleinen Umweg auf der längs des Westfusses[39] des Berges nach Katzengrün (Dorf mit einem prächtigen Schlosse, das in der Sage von den »Kulmer Räubern« vielfach genannt wird; auch befindet sich hier ein zum Schlosse gehöriges grösseres Bräuhaus) hinführenden Chaussee machen, von welchem Orte aus eine breit angelegte, überdiess von einer für Fussgänger bestimmten Allee begleitete Strasse nach Maria Kulm hinauf führt. Ausserdem führen noch auf der dem Erzgebirge zugewendeten Seite mehrere Strassen den Berg hinauf, unter welchen diejenige die bedeutendste ist, welche Maria Kulm mit Falkenau verbindet. Hier vereint sich alles, um dem Besucher des Ortes den Aufenthalt so angenehm als nur möglich zu machen. Und wer immer, auch nur einmal, selbst wenige Stunden auf des Kulmer Berges luftiger Höhe verlebt, der wird die verbrachten Stunden sicherlich nicht zu den verlorenen seines Lebens zählen, er wird immer wieder sich zurücksehnen oder wenigstens in froher Erinnerung und voll innerer Befriedigung denken der segensvollen, von alten Sagen geheimnisvoll umrauschten Stätte. (Entweder retour mit der Bahn nach Franzensbad oder Fortsetzung der Tour mit der Bahn oder zu Fuss (herrliche Wanderung auf der durch Waldungen führenden Kaiserstrasse) nach Falkenau – siehe dieses).
Schönbach nord-nordöstlich von Franzensbad gelegen.
Gasthof: Meyer's, Sander's Gasthof, Herrenhaus.
Postverbindung über Gossengrün mit Bahnstation Hartenberg und über Wildstein mit Bahnhof Voitersreuth.
Musikschule, die Vorzügliches leistet und auf die Hebung der Musikinstrumentenfabrikation von grösstem Einflusse ist.
Schönbach verdankt seine Entstehung dem Bergbau und wurde die erste Besiedelung des Sconenbaches, eines klaren Trinkwassers, mit Erbauung eines Wartthurmes ausgeführt. Dieser Wartthurm, gebaut (ein Lug in's Land) an der Grenze Böhmens, welcher durch Anbau der Kirche im J. 1188 zum Kirchthurm umgeschaffen wurde, zeigt noch heute im Innern den Charakter deutscher Wartburgen. Beachtenswerth ist das gute Altarblatt, den gekreuzigten Erlöser darstellend.
Die Stadt ist heute einer der gewerbthätigsten Orte des böhmischen Nordwestens, Haupterzeugungsplatz für Saitenmusikinstrumente, besonders Violinen. Dieser Industriezweig, welcher heute mehr als dreiviertel der Bevölkerung beschäftigt, gelangte die letzten 25 Jahre hier zu früher nie geahnter Entwicklung, und es dürfte diese Hausindustrie jeden Fremden lebhaft interessiren.
Schönbach ist im streng geografischen Sinne der Scheidepunkt zwischen dem Erz- und Fichtelgebirge; denn westlich sehen wir die als Elstergebirge benannten letzten Ausläufer des Fichtelgebirges, während im Osten das Erzgebirge aufzusteigen beginnt; es ist auch zugleich die Scheidegrenze des egerländer und des sächsischen Dialekts. Die Stadt zeigt noch vielfach ihren alterthümlichen Charakter und hatte früher Mauern, von denen heute jedoch wenige Spuren mehr aufzudecken sind. Als Merkwürdigkeit aus alter Zeit gelten die Mauerreste der gräflich Schlick'schen Schlossgebäude, heute nur noch im Hause NC. 140 vorhanden, während dieselben den Raum umfassten, wo jetzt die Häuser NC. 139, 140, 141 stehen; Nr. 139 soll die Münzstätte gewesen sein. Bei der Pfarrkirche ist ein in Stein gehauenes Schlick'sches Wappen eingemauert.
Ausflüge: Zum »*hohen Stein«. Derselbe hat eine Höhe von 767m über der See, liegt noch auf böhmischer Seite und gehört zu den wunderlichsten Felsbildungen nicht bloss des Vogtlandes, sondern des gesammten Erzgebirges. Während diese Thonschiefergebilde auf dem bewaldeten Höhenrücken von der Ferne den Ruinen einer mächtigen Burg oder Bergfeste gleichen, nehmen die einzelnen Theile in der Nähe bestimmte Gestalten an, und die Phantasie hat leichtes Spiel, diesen passende Namen zu geben: das Schiff, das Gesicht (eine höchst charakteristische Figur), der Schnabel, das Thor (zwei sehr nahe stehende Felsen, die das Ansehen zweier Thorpfeiler haben). Der höchste Punkt des Felsens ist durch eine Stange bezeichnet; nach dem alten Markstein zu urtheilen, der auf der einen Seite die Inschrift trägt: »Regn. Imp. Franc. Pr.«, auf der anderen: »Oper. Astr. Trigo. 1808« muss der hohe Stein Vermessungsstation gewesen sein.
Die Aussicht ist eine vortreffliche, nur wird sie durch den Umstand beeinträchtigt, dass der hohe Stein nicht unmittelbar zum Egerthale abfällt, wie diess beispielsweise bei dem Kapellenberg der Fall ist. Hinter den nahen böhmischen Dörfern Ursprung, Stein und Kirchberg erheben sich die steilen Höhen der böhmischen Terrasse und weiter nach Süden zu öffnet sich das gesegnete Egerland mit seinen zahlreichen Ortschaften, Kirchen und Kapellen. Gegen Südwesten und Westen schliessen die Berge des Fichtelgebirges den Horizont ab; vorzüglich präsentirt sich der Kapellenberg. Nach Nordwesten zu sehen wir einen grossen Theil des Vogtlandes, in geringer Entfernung Landwüst und Wernitzgrün, in nächster Nähe aber Cubabrunn mit Rittergut, tief unten Markneukirchen, Siebenbrunn und Adorf und zu unseren Füssen Erlbach.
An der Ostseite des Felsens, wo Steine gebrochen werden, ist eine »fliegende Restauration.«
Werfen wir vor unserem Abstieg nach Erlbach nochmals einen[41] Blick auf die interessante Landschaft, die lebhaft an das Hochgebirge erinnert, namentlich auf die interessanten Felszacken und auf die in einsam stiller Höhe errichtete Gebetsstätte (Kapelle), so kann sich das empfängliche Gemüth eines tiefen Eindruckes nicht erwehren, und wir finden es begreiflich, dass die Phantasie des Volkes mächtig angeregt wurde und verschiedene Sagen der wunderlichsten Art bildete. Neben den Sagen von einer verwünschten und versunkenen Ritterburg, von Gespenster- und Spukgestalten sind es namentlich solche von unterirdischen Schätzen, mit denen das arme Volk sich über die Mühsale des Lebens hinwegträumt. Von Erlbach gehen wir nach Markneukirchen (1 St. siehe Besuch des Erzgebirges von Falkenau aus), fahren dann mit der Bahn nach Adorf und zurück über Elster, Voitersreuth nach Franzensbad.
Nennenswerth ist eine zweite Tour in das romantische Leibitschthal, von Schönbach nach Leibitschgrund (1 St.), wo sich eine aufstrebende Spinnfabrik in schöner Waldgegend befindet. Weiter im Leibitschthale kommt Glashütte mit Hohlglaserzeugung und Leopoldshammer. Von dort rechts ab, die Strasse meidend, gelangen wir längs des Leibitschbaches in ein schönes Waldthal, dessen südlicher Punkt Nonnengrün ist. Die Waldthalschänken bieten frisches Bier. (Retour-Weg nach Schönbach.)
(mit der Bahn).
Asch: Gasthöfe: zur Post, zum goldenen Adler; als Belustigungsort gilt das Schiesshaus.
Post-Telegrafenamt; k. k. Bezirkshauptmannschaft; Eisenbahnverbindung nach Franzensbad und über Oberkotzau: 1. nach Hof, Plauen; 2. nach Neuenmarkt, Bamberg; 3. Neuenmarkt, Baireuth.
Die Stadt liegt 637m über dem Meeresspiegel und hat über 10.000 Einwohner. Asch ist zu beiden Seiten des Aschbaches gebaut und Hauptort des 2·5 Quad.-Meil. oder 3·16 Quad.-Myriameter grossen Bezirkes mit 27.911 (1870 Volkszählung) meist protestantischen Einwohnern. Hauptbeschäftigung ist die Weberei. Im ganzen Bezirke mit dem Mittelpunkte Asch herrscht ein reges, industrielles Leben. Die protestantische und katholische Kirche sehenswerth.
»Alle urkundlichen Nachweise über Geschichte und frühere Zustände des Ortes Asch und Umgebung sind zufolge der Brände 1683 und 1814 verloren gegangen.«
Die bis in die neueste Zeit erhalten gewesene Sonderstellung[42] des Bezirkes, der übrigens zu wiederholten Malen Bestandtheil des Vogtlandes war, datirt vom J. 1331, als nämlich der damalige Besitzer Albert von Neydberg sein Besitzthum dem Könige Johann von Böhmen zu Lehen antrug; der Lehensherr bestimmte, dass Asch für immer der Entrichtung von Steuern entbunden sein solle und somit auch durch kein Majestätsgebot zur Steuerzahlung verhalten werden könne.
Auffallend ist es jedenfalls, dass die Bewohner dieses nordwestlichen Theiles von Böhmen bei dem protestantischen Glauben belassen wurden. Mit der Einführung der Reformation in Sachsen fand nämlich diese auch im Gebiete von Asch Eingang. Wohl wurden die Bewohner bei Durchführung der Gegenreformation in Böhmen durch Ferdinand den II. bedrängt, aber zufolge des kräftigen Schutzes, den der Markgraf Albrecht von Brandenburg-Bayreuth, sowie auch der Kurfürst Johann Georg von Sachsen, der damals noch das jus circa sacra des Gebietes ausübte, weil die sächsischen Kurfürsten das Vogtland und die Rechte der Vögte desselben erworben hatten, dem Gebiete angedeihen liessen, wie auch ferner zufolge des zähen Widerstandes der Bevölkerung gegen das Aufdringen des Katholicismus wurde eine Gegenreformation des Gebietes unmöglich. Im J. 1771 wurden durch Cabinetsordre von der Kaiserin Maria Theresia die Rechte und Freiheiten des Gebietes bestätigt.
(Von Franzensbad mit der Bahn über Eger nach Königswart Stationen: Sandau-Königswart.)
Vom Bahnhofe aus statten wir dem in der Nähe gelegenen *Schlosse und Parke des Fürsten Metternich einen Besuch ab. Die Parkanlagen sind schön, die Museen des Schlosses reichhaltig. Im Parke erblicken wir auf der Strasse gegen Sandau einen schönen Obelisk mit einem ruhenden Löwen. Etwa 20 Minuten vom Schlosse befindet sich auf dem Mailberge gegen Altwasser zu die Wallfahrtskirche zum hl. Kreuz. Wir verweilen mit Vergnügen bei der interessanten Münz-, Waffen-, Gemälde-, Mineralien- und Geweih-Sammlung, Bibliothek. Wir finden hier historische Raritäten, wie einen Degen Ludwig's XVI., ein Waschbecken Napoleons I., einen Schreibtisch des berühmten österreichischen Staatskanzlers Metternich, einen Ring der Agnes Sorel, das Portrait des Herzogs von Reichsstadt, Locken Lamartine's und Duma's, ein Autograf des dritten Napoleon, eine von diesem selbst verfasste[43] Uebersetzung der Verse Göthe's: »Meine Ruh' ist hin, mein Herz ist schwer, ich finde sie nimmer, ach nimmermehr«, u. s. w. Es ist ein Genuss, die Sammlungen zu besichtigen. Die Fauna und Flora der nächsten Umgebung sind da ebenso vollzählig vertreten, wie die Münzen und Banknoten aus aller Herren Ländern. Das Prachtstück der Bibliothek ist ein in rothen Sammt gebundener, 1542 in Venedig auf Pergament gedruckter, reich mit Prachtfarbenbildern ausgestatteter, auf 16.000 Francs geschätzter »Rasender Roland.« Ein Curiosum von noch grösserem Werthe ist der erste Chronometer, für welchen Ludwig XVI. 24.000 Francs bezahlt hat.
Als Custos fungirte hier zuerst ein gewisser Huss. Diesen Namen führte eine weitverzweigte Scharfrichter-Familie in Eger und Brüx. Der Brüxer Huss liess seinen Sohn Carl studiren; doch die Söhne der Brüxer Bürger wollten nicht mit ihm auf einer Bank sitzen und wurden sogar von ihrem Lehrer unterstützt. Carl Huss konnte die ihm angethanen Unbilden nicht länger ertragen und sah sich genöthigt, in die Fussstapfen seines Vaters zu treten. Er assistirte im J. 1776 zum ersten Male bei einer Hinrichtung und fungirte bei einer solchen zwei Jahre später in Teplitz, worauf er behufs weiterer Vervollkommnung nach Dresden ging und nach seiner Rückkehr sein Meisterstück in Eger ablegte. Er übernahm daselbst den Posten nach seinem Oheim, betrieb daneben die Quacksalberei und erwarb sich so viel Vertrauen, dass er oft nach Sachsen und Bayern gerufen wurde. Bis zum J. 1788, wo Kaiser Josef II. die Todesstrafe aufhob, und worauf Huss als Scharfrichter entbehrlich wurde, fing man an, ihn zu verfolgen. Man confiscirte einmal alles, was man bei ihm an Utensilien für die Quacksalberei vorfand, und verbot ihm die Praxis. Er half sich aus der Klemme, indem er die Kranken scheinbar unentgeltlich zu behandeln begann. Huss liess sich als Honorar alte Münzen verabreichen und brachte in einigen Jahren eine Sammlung zusammen, die einen Werth von mehr als zwölftausend Gulden hatte. Dann sammelte er alles, was ihm unter die Hände kam, stopfte Vögel aus und brandmarkte verurtheilte Uebelthäter auf der sogenannten Schandbühne, da er indessen vom Magistrat mit diesem Geschäfte betraut wurde. Jetzt kam er in den Ruf eines wohlhabenden Mannes und practicirte fort. Fremde traten bei ihm zur Besichtigung seiner reichhaltigen Sammlung ein, Gelehrte correspondirten mit ihm und besuchten ihn. Als sogar Göthe einst zu ihm gekommen, stieg sein Ansehen und verbreitete sich dessen Ruf immer mehr. Fürst Metternich leitete eine Unterhandlung durch den Egerer Magistratsrath Grüner wegen Verkaufes der Sammlung mit ihm ein, erwarb sie auch und liess sie im Schlosse Königswart aufstellen. Huss erhielt eine Leibrente von 300 fl.[44] und wurde Custos derselben. Auf diese Weise wurde der Grund zu der reichhaltigen und werthvollen Sammlung im Königswarter Schlosse gelegt. Erwähnung verdient auch die *Schlosskapelle mit ihrem schönen Marmoraltar. Der hiezu verwendete Marmor entstammt der durch den Brand vernichteten Pauluskirche zu Rom und wurde vom Papste Gregor XVI. dem Fürsten Metternich geschenkt. Von da begeben wir uns zu dem etwa 20 Minuten nordöstlich gelegenen Städtchen Königswart am Fusse des Glatzberges.
Gasthöfe: »Kaiser von Oesterreich«, »schwarzer Bär«. Casino Fremden zugänglich.
Der junge, aufstrebende Curort
liegt auf der Südwestseite eines weitgestreckten, über 948m hohen, mit Nadel- und Laubholz leicht bewaldeten Gebirgszuges, des sogenannten Königswarter Gebirges, das sich halbmondförmig fünf Stunden lang von Südost gegen Norden und Nordwest ausdehnt.
Gasthöfe: »Hôtel Buberl«, »Hôtel Ott«. Während der Saison: Brunnen-Musik.
Post- und Telegrafen-Amt.
Eisenbahn.
Um den Curort ziehen sich, zum grossen Theile in schattige Waldpromenaden auslaufende Anlagen; sie sind durchaus mit Geschmack und Geschick arrangirt. Der Ort liegt in einer Höhe, in der Lungenschwindsucht zu den Seltenheiten gehört, ist also auch als klimatischer Curort zu empfehlen. Die 6 Quellen gehören mit Ausnahme der metallfreien Richards-Quelle zur Gruppe der eisenhaltigen Natronsäuerlinge, beziehungsweise zur Unterabtheilung der sog. Stahlquellen, unter welchen sie unmittelbar neben Schwalbach und Pyrmont zu setzen sind. Die Königswarter Quellen liegen 680m über dem Meeresspiegel der Nordsee, sie sind demnach die höchst gelegenen Stahlquellen nicht bloss in Böhmen, sondern auch in Deutschland, indem sie die von Steben in Oberfranken, welche bisher bei ihrer Höhe von 633m als die höchsten daselbst angesehen wurden, noch um ein Bedeutendes überragen.
Das Firmament ist in den Sommer- und Herbstmonaten gewöhnlich heiter, Gewitter kommen verhältnissmässig selten und Nebel nur im Spätherbste vor.
Stahl-, Moor-, Fichtennadel-, Douche- und Dampfbäder, Eigenthum des Fürsten Metternich. Curhaus, von dem aus man die herrlichste Fernsicht geniesst. Man sieht links den Arber und den Osser, rechts bis Eger. Der etwa 3 Stunden entfernte Dillenberg, äusserster Ausläufer des Böhmerwaldes, sei hier wegen seiner Granaten und Egerane erwähnt. Das Curhaus[45] bildet den Ausgangspunct mehrerer, sehr schöner und gut erhaltener, mit Ruhebänken und Wegweisern versehener Spaziergänge, die nach den verschiedensten Richtungen hinführen und allenthalben die schönste Aussicht gewähren. Etwa eine viertel Stunde davon liegt die Ruine Würschengrün.
Königswart-*Sangerberg (1½ Stunde). In nordöstlicher Richtung von Königswart gelangen wir auf einer guten Strasse nach Bad Sangerberg, das, nur einige hundert Schritte von dem gleichnamigen, durch seinen Hopfenhandel bekannten Städtchen gelegen, sich als das jüngste aller nordwestböhmischen Bäder zu entwickeln beginnt. Dasselbe liegt auf dem Plateau des »Kaiserwaldes«, eines von Marienbad bis Schlaggenwald sich erstreckenden, reich bewaldeten Höhenzuges. Ausgiebige Eisensäuerlinge – salinische Moorlager. – Elegantes Curhaus mit hübschen Veranden. – Das Klima des Kurortes ist besonders in den Sommermonaten ein verwaltend mildes und angenehmes, da der Curort in einem von Nord und Ost durch sanft aufsteigende Berge vollkommen gegen rauhere Luftströmungen geschützten Thalkessel liegt. Wegen seiner Gebirgslage, seiner gesunden, reinen, von harziger Waldluft gewürzten Atmosphäre hat Sangerberg auch den Charakter eines klimatischen Gebirgscurortes.
Sangerberg liegt im Gerichtsbezirke Petschau, in der Bezirkshauptmannschaft Karlsbad, und ist Sitz eines Telegrafen- und Postamtes, welch letzteres täglich eine zweimalige Verbindung mit der zwei Stunden entfernten Eisenbahnstation Königswart unterhält.
Königswart-*Marienbad. Von Königswart gehen wir dem Thiergarten zu und erreichen vom Parkgitter an nach einem einstündigen Spaziergange auf der sich durch den Thiergarten hinziehenden Hauptstrasse den Curort Marienbad, »das Schmuckkästchen unter den böhmischen Badeorten.«
Marienbad liegt 605m über der Nordsee in einer von herrlichen Wäldern eingeschlossenen Thalmulde. Die Luft ist hier immer frisch, sauerstoffreich, würzig, daher der Gesundheitszustand im ganzen Orte immer ungemein günstig.
Gasthöfe: Hôtel Klinger. – Englischer Hof. – Neptun. – Stadt Hamburg. – Stadt Weimar. – Stadt Leipzig. – Stadt Warschau. – Hôtel Stern.
Ausser der Stadt: Pensionat »Casino«, herrliche Lage. Für israelitische Badegäste sind die Koscher-Restaurationen: Hôtel Newyork, Delphin, Erhart's Restauration, Blauer Schlüssel.
Restaurationen und Café's in der Stadt: Kursaal, Schloss Windsor, Tepler Haus, Stadt München, Café zur Waldschlucht.
Post- und Telegrafenamt – Eisenbahnstation 20 Minuten entfernt. –
Theater. Brunnenmusik (Morgens 6 Uhr und Abends 6 Uhr beim Kreuzbrunnen, Mittags 11½ Uhr bei der Waldquelle, Concerte und Tanzreunionen im Cursaal; Zeitungslesecabinet, offener Eintritt gegen Erlag von fl. 2.80 kr. für die Saison. – 2 Buchhandlungen mit Leihbibliotheken. – 2 Wochenblätter.
Quellen: Kreuzbrunnen und noch intensiver wirkend Ferdinandsbrunnen – beide sind reich an Natronsalzen (an schwefelsaurem Natron, Chlornatrium und doppelkohlensaurem Natron), dazu Eisengehalt als blutbildender Faktor. Ihnen zunächst steht die Waldquelle. Bei der Rudolphs- und der Wiesenquelle treten kohlensaurer Kalk und kohlensaure Magnesia in den Vordergrund; der Ambrosius- und Carolinenbrunnen zeichnen sich dagegen durch ihren Gehalt an kohlensaurem Eisenoxydul aus. Die Marienquelle ist ein Säuerling. Ausser diesen Quellen gibt es noch mehr als hundert in der Umgegend Marienbads.
Bäder, Gasbäder, Moorbäder. Die bedeutungsvollste Quelle ist der Kreuzbrunnen mit einer Kuppelrotunde und daran sich schliessenden Säulenhallen und mit dem Denkmal Dr. Nehr's, durch dessen eifrige und unablässige Bemühungen Anstalten zur Austrocknung der sumpfigen Gegend um diesen Brunnen und zum Schutze dieser Quelle vor wilden Wässern getroffen, 1807 ein zur Aufnahme von Curgästen eingerichtetes Haus und das Jahr darauf ein Badehaus gebaut und das ärztliche Publikum auf Marienbad aufmerksam gemacht wurde. Seitdem ist der Ort in Folge der starken Frequenz und durch die liberale Unterstützung, mit welcher das Stift Tepl für denselben eintrat, von Jahr zu Jahr vergrössert und verschönert worden. Vom Kreuzbrunnen gehen wir an reichhaltigen Läden vorüber und gelangen durch die Allee nach rechts zur Colonade des Karolinenbrunnens, wo auch die Röhrenleitung einmündet, welche das Mineralwasser des eine viertel Stunde weiter südlich am Abhange des Hamelikaberges gelegenen Ferdinandsbrunnens zur Stadt leitet. Der Weg zu dem bereits am Ausgange der Marienbader Thalmulde mit schönen Pavillons und Säulengängen sich erhebenden Ferdinandsbrunnens selbst zählt zu den anmuthigsten Partien. Wir können dahin entweder auf dem Pfade über die Höhen des Kreuzberges und des Hamelika am Göthesitze, an dem durch seine herrliche Aussicht bemerkenswerthen Kaffee-Panorama und am Schweizerhofe (Restauration) vorbei gelangen, oder wir wählen den bequemeren Weg längs der Thalsohle durch die Ferdinandsstrasse über das Bellevue (Restauration). Wenige Schritte von der Karolinenquelle entfernt erblicken wir den kleinen gothischen Tempel des Ambrosiusbrunnens, links davon das alte Badehaus (Mariaquell-, Moor- und Gasbäder) und rechts das imposante neue Badehaus (Stahlbäder aus dem Ambrosiusbrunnen und der Carolinenquelle, Bäder aus der Ferdinandsquelle). Die *Waldquelle, der beliebteste Sammelplatz der Curgäste um die Mittagsstunden, liegt nordwestlich vom Kreuzbrunnen in stiller, lauschiger Waldschlucht, am linken Ufer des Schneidbaches, und ist sowohl durch die Waldbrunnstrasse als auch auf dem noch kürzeren, unmittelbar vom Kreuzbrunnen durch die[47] Alleestrasse und weiter durch eine herrliche Laubholzallee in wenigen Minuten zu erreichen. In der entgegengesetzten Richtung wird der Rayon der zur Zeit in Verwendung stehenden Quellen durch die in den Wiesgründen unweit der Ferdinandsquelle entspringenden Rudolfs- und Wiesenquelle abgeschlossen.
Dem Tepler Abte Reitenberger, der sich um die Versendung der Marienbader Wässer hochverdient gemacht, wurde in jüngster Zeit ein Denkmal gesetzt.
Sehenswürdigkeiten: Die Kirche, 8eckiger Bau, reich geschmücktes Innere, Totaleindruck sehr günstig. In der Promenade vor der Front des neuen Badehauses mit dem Conversationssaal das Heidlerdenkmal, ein Obelisk mit lateinischer Inschrift.
1. Vom Ferdinandsbrunnen aus zur *Ferdinandsmühle (Café Kroha). Hier bietet sich dem Besucher ein herrliches Bild.
2. Zurück zum Ferdinandsbrunnen und von da auf dem Pfade durch die üppigen Wiesengelände, welche die Abhänge des Hamelika von jenen des Darnberges trennen, in gerader westlicher Richtung auf Schönau zu, um von da an der Restauration zur »Stadt Versailles«, am »deutschen Kaiser« und an den schönen Anlagen und Villen des Casinoparkes vorbei den Rückweg durch die Kaiserstrasse einzuschlagen.
3. *Höhendorfer Höhe (1 St.). Auf dem Pfade oberhalb des Panoramas in östlicher Richtung. Ein herrliches Panorama! Von der Café-Restauration auf der Höhe übersehen wir die reizende Umgebung Marienbads und lassen unsere Blicke bis zu den im blauen Nebel verschwimmenden höchsten Kuppen des Böhmerwaldes und des Erzgebirges schweifen. Rückkehr nach Marienbad entweder auf dem über die Waldschlucht thaleinwärts führenden Promenadenwege oder auf der Karlsbader Strasse.
4. Zur »König Otto's Höhe« im Südosten des Darnberges, welcher von dem Hamelika durch die Mühlgasse und die Wiesengründe des Schneidbaches getrennt und von zahlreichen Spaziergängen durchschnitten ist, gelegen. Von der »Königin Carola's Ruhe« am Nordostabhange des Darnberges haben wir einen schönen Ueberblick über Marienbad. Von da in einigen Minuten über den sogenannten Schneiderrang zum Försterhause am Fürst Metternich'schen Tiergarten (Restauration). Wir steigen nun auf dem an dem Försterhause nach Osten führenden Fusswege herab, um an die oberhalb Marienbads nur eine schmale Thalspalte füllenden Wiesgelände des Schneidbaches zu gelangen, an welchen, wenige Schritte abwärts, die Restauration »zur Waldmühle« ein trauliches Plätzchen zum Ruhen bietet.
1. Marienbad-*Podhorn-*Tepl (2½ St.) Wir gelangen auf den östlich von Marienbad gelegenen Podhornberg (838m ü. d. M.) über die Hohendorfer Höhe (1½ St.) oder durch das Dorf Abaschin. Der Berg zeigt in seiner Kegelform und in seiner basaltischen, von lavaähnlichen Bildungen umlagerten Gesteinsmasse das Gepräge seines vulkanischen Ursprungs. Er ist in zwei Gipfel gespalten, deren einer die mächtig aufstrebende, spitz zulaufende Phonolitmasse trägt, während der andere terrassenförmig mit einem Haine besetzt ist. Im Schatten dieser Bäume gibt es tempelförmige Pavillons und Ruheplätze. Prachtvolle Aussicht über die Höhen des Böhmerwaldes, Erz- und Fichtelgebirges. Restauration im Sommer. Von hier über Ober-Gramling nach Stift Tepl, 20 Minuten von der gleichnamigen Stadt entfernt. Das weitläufige Kloster mit hübscher Kirche, grosser Orgel, sehenswerther Bibliothek, Brauerei und grossen Wirthschaftsgebäuden, ist eines der reichsten Klöster der Monarchie. Unter den daselbst aufbewahrten Raritäten finden der Becher, woraus Göthe stets den Kreuzbrunnen trank, die von ihm angelegte und zusammengestellte interessante Mineraliensammlung und die Originalbriefe Göthes an den trefflichen Uebersetzer der Iliade, Gymn.-Prof. Zauper, rege Beachtung. Neben dem Kloster ein Gasthof mit Veranda. Wagen zur Rückfahrt nach Marienbad.
2. Marienbad-Petschau. (4 St. zu Fuss.) Ueber Einsiedl (Kloster und Mädchenpensionat) durch ein herrliches Waldthal mit zahlreichen, höchst interessanten Felspartien auf der windungsreichen Kaiserstrasse zur Restauration Grünberg, mitten im Walde und an der Tepl reizend gelegen, und von da in einer halben Stunde nach Petschau.
Gasthöfe: Zur Krone, zur Post.
Post- und Telegrafenamt. Postverbindung mit Karlsbad, Marienbad, Pilsen, Elbogen.
Die Stadt liegt an der Tepl in einem herrlichen Thale; die Strassen von Marienbad, Karlsbad und Pilsen laufen hier zusammen. Auf einem mächtigen, gegen die Tepel zu steil abfallenden Felsen liegt reizend das Schloss des Herzogs Beaufort. Oberhalb desselben erhebt sich malerisch das alte Schloss, welches ursprünglich Slawko von Riesenberg gegründet, später aber Johann Pflug von Rabenstein, wie sein Wappen und eine Inschrift zeigt, überbaut und Kaspar Pflug noch bewohnt hat. Von den angeblich sonst bestandenen vier Stockwerken sind nur zwei vorhanden. Gegenwärtig ist es von den herzogl. Beaufort'schen Beamten bewohnt. Es enthält eine ziemlich erhaltene Kapelle mit prachtvollen Gemälden. Die Stadt wurde während der Hussitenkriege fast ganz verwüstet und durch Joh. Pflug von Rabenstein unterstützt[49] und wieder emporgebracht. Am 2. Februar 1621 und 17. Juli 1760 legten grosse Feuersbrünste die Stadt in Asche. Der in Schönfeld, zwischen Petschau und Schlaggenwald gelegen, im J. 1802 gebürtige namhafte Violinist und fruchtbare Komponist Josef Labitzki bildete sich unter Karl Veit in Petschau im Klavier- und Violinspiel und in der Harmonielehre aus. Die Umgebung der Stadt ist höchst interessant. Südwestlich vom Orte Neudorf (1¼ St. von Petschau) sind Sauerbrunnen, von welchen der eine fast alle Eigenschaften des Marienbader Kreuzbrunnens hat. Bemerkenswerthe Berge sind der Koppenstein, der Galgenberg und der Huritzberg. Die Felsarten sind an den beiden Gehängen des Tepelthales und an den Bergen östlich bis Gängerhäusel, nördlich bis gegen Millersgrün und westlich bis Tiefenbach Granit. Bei diesen Orten wird der Granit von Gneis begrenzt, welcher sich über das weite Gebiet des Dominiums erstreckt. Im nördlichen Theile, von Gabhorn, Drosau und Tepeles anfangend, herrscht wieder Granit.
Gasthöfe: Anker, Stadt Prag, Stadt Karlsbad, Herrenhaus, Krone, 3 Staffeln, Hufeisen, Restauration am Schiesshause.
Aemter: K. k. Bezirkshauptmannschaft, k. k. Bezirksgericht.
Eisenbahn: Knotenpunkt gegen Eger, Karlsbad, Graslitz. Der Ort kann also von Eger oder Karlsbad aus leicht erreicht und zum Standorte für Touren in's Erzgebirge gewählt werden.
Wenn der Tourist mit der Bahn von Eger kommt und die Thalenge zwischen Königsberg und Dassnitz passirt hat, so eröffnet sich nach letzterer Station seinen Blicken allmählig eine anmuthige, kleine Ebene, umsäumt von Bergrücken in einer Höhe von nahezu 948m. Inmitten dieser Ebene, »das Falkenauer Land« genannt, liegt:
Falkenau – Stadt mit 6000 Einwohnern, an der Mündung des Zwodaubaches in die Eger gelegen und von der Karlsbad-Egerer Strasse durchschnitten; der Ort besteht aus der eigentlichen Stadt und einer Vorstadt. Das Schloss ist ein ansehnliches, schon vom Grafen Nikolaus Schlick im Jahre 1480 gegründetes, aber erst von seinen Nachfolgern vollendetes, ein regelmässiges Viereck bildendes Gebäude, mit einem geräumigen Hofe und einer Kapelle. An jeder der vier Ecken des Gebäudes erhebt sich ein Thurm. Bei dem Schlosse befindet sich ein schöner Park. Am 23. Juni 1874 wurde die Stadt durch eine verheerende Feuersbrunst heimgesucht, Welche von den vorhandenen 280 Häusern über die[50] Hälfte in Asche legte. Heute steht die Stadt freundlicher als je da; breite, gepflasterte, mit Trottoir versehene Strassen und neue schöne Häuser entstanden an Stelle der alten, winkligen, engen Gässchen und der unansehnlichen Häuser mit den russgeschwärzten Schindeldächern. Alles wird überragt von dem neuen, schlanken Thurme. Am östlichen Ende der Stadt führt eine neue 132·3m lange Eisenbrücke auf das linke Ufer der Eger zum Bahnhofe und Vororte Schönwerth. Das Lobs- und Zwodauthal sind romantische Gebirgsthäler mit malerischen Fels- und Waldpartien und laden den Touristen zu lohnenden Streifzügen durch dieselben ein. Die dichtbevölkerte Umgebung Falkenau's mit den vielen Dörfern, Kohlenwerken, Glashütten, Spinnereien usw. bietet jedermann sehr viel Interessantes und Lehrreiches. Aus allem geht hervor, dass das Gebiet ein lebhafter Industriebezirk, und dass die Stadt mit ihrer Umgebung in entschiedenem Aufschwung begriffen ist. Der landschaftliche Reiz hat aber dadurch keine Einbusse erlitten, und es erscheint Falkenau als Centralpunkt eines bedeutenden Strassennetzes mit drei Bahnlinien nach westlicher, östlicher und nördlicher Richtung dem Touristen als ein vortrefflicher Ausgangspunkt für sehr viele lohnende Spaziergänge und Ausflüge. Eine besondere Zierde der Umgebung der Stadt ist der Hopfenbau, der die gestreckten Hügel hinter der Stadt in stundenlangen Reihen ziert, ein unübersehbarer Garten in der Nähe, ein weitverbreitetes Buschwerk in der Ferne. Diesen Hopfenbau besang der Naturdichter Anton Fürnstein, welcher ein Krüppel war und hier lebte, über Veranlassung unseres Dichterfürsten Wolfgang von Göthe. Als dieser im Jahre 1822 über Eibenstock und Falkenau nach Karlsbad fuhr, traf er mit Fürnstein zusammen und gab ihm den Stoff zur Bearbeitung. Göthe schreibt über diese Zusammenkunft: »Ich fand ihn in seinem Sesselwägelchen zusammengekrümmt, ein herzergreifender Anblick; denn gekauzt, wie er war, hätte man ihn mit einem mässigen Cubus bedecken können. Er begrüsste mich freundlich, deutete auf sein Elend und bezeugte guten Muth, indessen ich ihn kaum anzusehen wagte. Bei flüchtigem Blick musst' ich gar bald erkennen, wie auf diesem entstellten Körper sich ein Cerebralsystem ausgebildet hatte, womit eine regelmässige Gestalt gar wohl hätte zufrieden sein können.« Ueber die Naturdichter überhaupt sagt Göthe: »Unsere Naturpoeten sind gewöhnlich mehr mit rhythmischen als dichterischen Fähigkeiten geboren; man gesteht ihnen zu, dass sie die nächste Umgebung treulich auffassen, landesübliche Charaktere, Gewohnheiten und Sitten mit grosser Heiterkeit genau zu schildern verstehen, wobei sich denn ihre Produktion, wie alle poetischen Anfänge, gegen das Didaktische, Belehrende, Sittenverbessernde gar löblich hinneigt.« Von Fürnstein fügt er noch hinzu: »Alle seine Produktionen[51] schmückt eine gewisse Anmuth, die das unternommene Ganze zu beleben weiss; da ist Gegenwart der offenen Natur, Behagen sich beschränkender Geselligkeit, Genuss und Hoffnung, und bei allem ein menschlicher, edler Ernst, dem eine reine Gottesverehrung gar wohl ansteht.« Das Gedicht »Der Hopfenbau« ist Fürnstein ganz gelungen. Göthe schreibt darüber: »Wie er die Aufgabe gelöst, wie er thätig beginnt und alles, was zu thun ist, eins nach dem andern einschärft, dabei ein sittliches Wort mit einschlingt und immer so fortfährt und diese Reben den Weinreben anzunähern versteht, bedarf keiner Auslegung; das Ganze liegt hellheiter und unter sonnigem, günstigem Himmel und wird von einem jeden an Ort und Stelle, besonders zu recht thätiger Arbeitszeit, gewiss mit dem grössten Interesse empfunden werden. Ich möchte diese Gedichte die aufsteigenden nennen; sie schweben noch am Boden, verlassen ihn nicht, gleiten aber sanft darüber hin.« Wenn man diese günstigen Urtheile Göthes und die Schwierigkeiten, unter welchen sich Fürnstein die Mittel zu seiner Fortbildung verschafft, in's Auge fasst, so muss man zu dem Urtheile kommen, dass er eine nicht unbedeutende Persönlichkeit und einer Erinnerung werth ist.
Falkenau-*Hartenberg. Wir gehen von Falkenau auf der Heinrichsgrün-Graslitzer Strasse in das 20 Min. entfernte Dorf Zwodau. Von hier aus können wir verschiedene Wege nach Hartenberg einschlagen. Zunächst führt die Gossengrüner Bezirksstrasse dahin. Fünf Minuten hinter Zwodau liegt das zu diesem Orte gehörende Davidsthal mit den Kohlenwerken und der Glashütte des Barons David von Starck. In etwa 20 Minuten gelangen wir auf der Strasse, welche fortwährend sanft ansteigt, nach Josefsdorf, oberhalb welches Dorfes eine Seitenstrasse rechts zum Schlosse und Dorfe Hartenberg abbiegt.
Ein viel angenehmerer Weg ist der durch den Theinwald. Wir gehen von Zwodau in der Richtung gegen Lanz an dem Peter'schen Kohlenwerke vorüber zum Walde, durch welchen ein sanft ansteigender Weg führt. Hierauf schreiten wir über eine weite, zum Dorfe Thein gelegene Lichtung (einen sandigen Feldcomplex) in den Theinwald und gelangen, dem breiten Waldwege folgend, zu einer im Querthale gelegenen Mühle, von welcher aus links ein Fussweg durch dasselbe an die Zwodau führt, welche wir bei der Herrenmühle auf einem Stege übersetzen. In fünf Minuten gelangen wir in der Richtung nach Falkenau – also zurückgehend – auf den Bahnhof Hartenberg.
Ein dritter Weg führt an der Schmieger'schen Schafwollspinnerei in Zwodau vorüber über den Steinberg durch die[52] kleinen, aber schön gelegenen Orte Sandhäuser und Wörth, wo die Zwodau überschritten wird, und schliesslich an der Bahnstrecke bis Hartenberg. Die Eisenbahn kann auch zu diesem Ausfluge benützt werden. Selbe überschreitet die Zwodau gleich hinter dem Falkenauer Stationsplatze, hat bei Zwodau die Station Zwodau-Davidsthal, tritt unweit des Stationsplatzes wieder an das linke Zwodauufer, bald hierauf an das rechte und fährt fast unmittelbar am Zwodauflusse in dem schönen Zwodauthale an dem Orte Wörth vorüber nach Hartenberg.
Vom Hartenberger Bahnhofe führt eine Strasse an dem unteren Gasthause »zum Schlossberge« in einem Seitenthale aufwärts. Am rechten Bergrücken kommen wir zur Götheruhe, wo der grosse Dichter seinen siebzigsten Geburtstag feierte; von dieser präsentirt sich das gräflich Auersperg'sche Schloss am schönsten. Die romantische Lage dieses auf einem Felskegel stehenden alten Schlosses mit einem zwar kleinen, aber reizenden Schlossgarten, die prächtigen, sorgfältig gepflegten Laub- und Nadelholzwaldungen, die herrliche, reine Gebirgsluft, der tiefe Friede in den Seitenthälern und die historischen Erinnerungen, die sich an diesen schönen Erdenwinkel knüpfen, machen Hartenberg zu dem beliebtesten und besuchtesten Ausflugsorte der Umgebung. An einer Birke ist die Aufschrift zu lesen: »Unter dieser Birke pflegte der grosse Dichter Joh. Wolfgang von Göthe während seines Aufenthaltes im Schlosse Hartenberg öfters zu ruhen.« Von da führt die Strasse nun am Bräuhause vorüber in einer scharfen Biegung auf den Schlossberg mit dem Dorfe Hartenberg und dem Schlosse, dessen Theile aus verschiedenen Zeiten zu stammen scheinen. Sehenswerth ist die Schlosskapelle, der kleine, terrassenförmig angelegte Garten und der unweit des Schlosses angelegte Gemüsegarten als schöner Aussichtspunkt.
Von Hartenberg aus führt ein Weg auf den Pichlberg, an dessen südwestlichem Abhange das Dorf gleichen Namens liegt. Hier haben wir eine schöne Fernsicht nach allen Seiten.
Falkenau-Lobsthal. Wir gehen von Falkenau entweder auf der am Schlosse vorüberführenden Lauterbacher Bezirksstrasse in südöstlicher Richtung oder auf dem Fusswege längs des Lobsbaches zum Dorfe Schäferei, von wo aus die Strasse durch das an beiden Seiten des Lobsbaches gelegene Dorf Wudingrün, an dessen Ende, aber bereits im engen, theilweise schöne Felsenpartien bergenden Thale, das romantisch gelegene Gasthaus »zum Eisenhammer« sich befindet.
Von Falkenau nach Königswerth, über Teschwitz, *das Schiesshaus und zurück (1¼ St.)
In nordöstlicher Richtung führt am linken Egerufer ein Weg an dem Vororte Schönwerth (mit Obst- und Gemüsebau) vorüber nach dem Orte Königswerth (mit Obstbau); von da setzen[53] wir auf einem Kahne über die Eger in das gegenüberliegende Teschwitz (mit Obstanlagen), spazieren auf einem schönen Feldwege am Klingerwäldchen vorbei zum Schiesshause mit schönen Anlagen. Auf einem Felsen oberhalb des herrlich gelegenen Schiesshauses finden wir ein Gloriett. Prächtige Rundsicht!
Falkenau-*Sangerberg. Diese südliche Tour empfiehlt sich zu Wagen durch das Lobsthal nach Lauterbach und von da nach dem neu aufstrebenden Curorte Sangerberg. (Für Fussgänger ½ Tag.)
Falkenau-Crudum. Am besten besteigen wir den sagenhaften Crudum 830m vom Lobsthale aus, indem wir die Strasse nach Lauterbach oberhalb der gräflich Nostitz'schen Brettsäge verlassen und links den Weg, der zum Dorfe Kohling hinaufführt, einschlagen. In diesem Dorfe führt uns jedes Kind zum Triangulirungspunkte (im Volksmunde »zur Lärmstange«). Der Ausblick ist um so überraschender, als der Weg fast bis zur Spitze durch Wald führt, und die Aussicht erst kurz vor dem Gipfel des Berges frei wird.
Falkenau-Schwanderberg (735m). Der Schwanderberg ist der Nachbar des Crudum; wir besteigen ihn auf der anderen Seite des Lobsthales über Wudingrün, Grün und Schwand.
Falkenau-*Kapellenberg rechts und *Rabenstein links von Steinbach. Eine noch schönere und umfassendere Aussicht, als die zwei Berge der voranstehenden Partien bieten, geniessen wir auf das Fichtelgebirge, das Egerland, das Vogtland, das in Terrassen aufsteigende Erzgebirge mit dem Sonnenwirbel und die Gebirge hinter Karlsbad von dem Kapellenberge rechts von Steinbach und in noch grossartigerer Weise vom Rabenstein links von Steinbach. Der Weg nach Steinbach führt von Falkenau über Reichenau und Prösau, wo es gerathen ist, sich den nächsten Weg auf den Kapellenberg zeigen zu lassen. In dem Dorfe Steinbach befindet sich ein Jagdschloss des Grafen Nostitz mit einer Sammlung von ausgestopften, von dem Grafen oder dessen Forstbediensteten geschossenen Thieren. Von hier aus können wir auch einen Abstecher in das noch 30 Minuten entfernte Kirchenbirg machen und daselbst das Schloss des Barons Henneberg mit Orangerie, Obstanlagen und Bräuerei besichtigen. Rückweg über Reichenau, wo sich grossartige Braunkohlenwerke und Tafelglashütten des Barons David von Starck, Radler's Kohlenwerke und eine Wachsfabrik des Dr. Pilz befinden.
Falkenau-Maria-Kulm in westlicher Richtung mit der Bahn über Dassnitz. Schöner Rückweg zu Fuss über das Dorf[54] Haselbach, von wo aus wir einen hübschen Blick in's Eger- und Zwodauthal geniessen. Maria-Kulm (siehe Franzensbad-Maria-Kulm).
Falkenau-Mostau ist eine Fortsetzung der früheren Tour, wenn wir den Rückweg nicht zu Fuss zurücklegen und von Königsberg mit der Bahn nach Mostau-Nebanitz fahren. In Mostau empfiehlt sich die Besichtigung der Musterwirthschaft des Gutsbesitzers Ritter von Komers. Grosser, schöner Park. Rückweg mit der Bahn.
Falkenau-*Elbogen. Unterhalb Falkenau nahe dem Dorfe Königswerth verengt sich das Egerthal wieder, und Fussgänger lieben es, durch diese Thalenge nach Altsattel und Elbogen zu wandern.
Elbogen, königliche Stadt, nach der Volkszählung im Jahre 1869 mit 3257 Einwohnern.
Gasthäuser: Rother Hirsch, Weisses Ross, beide am Marktplatz; Scherbaums Gasthaus bei der Kettenbrücke.
Eisenbahn: Buschtiehrader, verbunden mit der Stadt und der Station Neusattel durch die Elbogner Localbahn.
Postverbindung: Schlaggenwald, Schönfeld (Eilfahrt) und von da nach Petschan (Botenfahrt).
Aemter: K. k. Bezirksgericht. – Revierbergamt.
Schulen: Oberrealschule, Volksschule.
Post- und Telegrafenamt.
Die Stadt liegt auf einem steil gegen die Eger abfallenden Felsen am linken Ufer des Flusses, welcher sie in Gestalt eines Elbogens, daher der Name, umfliesst. Sie besteht aus der inneren Stadt und den beiden Vorstädten Rabitsch und Littmitz. Hier befindet sich die zweitälteste Kettenbrücke in Deutschland und Oesterreich (die älteste ist die zu Freiburg). Der Grundstein zu derselben wurde am 18. Juli 1834 gelegt. Ihre Höhe über dem Wasserspiegel beträgt 12·7m. Das Mauerwerk dabei ist von Granit, die Eisenbestandtheile wurden auf den Eisenwerken der Herrschaft Rothenhaus erzeugt. Die Localbahn, welche durch das reizende Grünlasthal an den reichen Kohlenlagern des Vincenzi- und Helenenschachtes, an der Siemen'schen Glasfabrik, einer Ziegelei und einer chemisch-technischen Fabrik vorbeifährt, ist die erste in Oesterreich. Das Consortium, welches die Bozen-Meraner Bahn in Südtirol baute, führte diese Bahn, welche Elbogen dem grossen Weltverkehre wieder etwas näher gebracht, auf seine Rechnung aus, und der Ingenieur, der den Bau leitete, führt einen berühmten Namen. Er heisst Schwind und ist der Sohn des berühmten Malers, dem die »Schöne Melusine« und die »Sieben Raben« ihren Ursprung verdanken. Ingenieur Schwind hat sich in einer der Villen am Fusse der Stadt und in der Nähe der Eger angesiedelt.
Auf dem Rathhause wird eine merkwürdige Masse von Meteoreisen aufbewahrt, welche seit Jahrhunderten unter dem Namen des »verwünschten Burggrafen« bekannt gewesen ist. Der Volkssage nach soll nämlich im Mittelalter ein königlicher Burggraf zu Elbogen die Unterthanen mit grosser Härte behandelt haben, deshalb öfters von diesen verwünscht worden, und diese Verwünschung eines Tages in Erfüllung gegangen sein. Als nämlich der Burggraf die Frohnpflichtigen mit der Glocke zur Arbeit rufen wollte, sei er plötzlich durch einen vom Himmel herabfahrenden Blitz getödtet und in jene Metallmasse verwandelt worden. Der Aberglaube schrieb ehemals dieser Masse, die in einem Gewölbe des Schlosses lag, sogar Zauberkräfte zu, und man behauptete, dass sie zu gewissen Zeiten leichter, zu anderen wieder schwerer würde, dass sie, wenn sie in den 41·7m tiefen Schlossbrunnen geworfen würde, immer wieder zum Vorscheine komme u. dgl. m. Der k. k. General Johann von Werth liess, um sich davon zu überzeugen, im 30jährigen Kriege den Klumpen in den Schlossbrunnen werfen, aus welchem er jedoch später wieder herausgezogen und in's Schloss gebracht wurde. Im J. 1742 warfen die Franzosen die Masse abermals in den Schlossbrunnen und hier blieb sie bis 1776, wo sie wieder heraufgeholt und nunmehr auf dem Rathhause aufbewahrt wurde. Im J. 1811 kam der damalige Professor der Chemie am ständischen technischen Institute zu Prag, K. A. Neumann, nach Elbogen, liess sich ein Stückchen von der Masse zu chemischen Untersuchungen mittheilen und erkannte durch dieselbe, dass sie Meteoreisen sei, was auch bald darauf durch den Chemiker von Klaproth und den Physiker Dr. Chladni bestätigt wurde. Später wurde die Masse in zwei ungleich grosse Stücke zertheilt, von welchen das grössere, etwa 150 Pfund schwere, an das k. k. Naturalien-Cabinet in Wien abgeliefert wurde, das kleinere aber von 40 Pfd. sich noch auf dem Rathhause befindet.
Das Schloss, von seiner felsigen Lage ehemals Stein-Elbogen genannt, soll ursprünglich schon um das Jahr 870 von den mit den Herzogen von Bayern verwandt gewesenen Markgrafen von Vohburg gegründet worden sein, denen bis in's XII. Jahrhundert der ganze Egerische und Elbogner Bezirk gehörte.
Berchthold, Markgraf von Vohburg, starb in der 1. Hälfte des XII. Jahrhunderts ohne männliche Erben, und das Elbogner Gebiet fiel nunmehr an den Kaiser Friedrich I., welcher sich 1149 mit Adelheid, einer Tochter des Verstorbenen, vermählt hatte. Als er aber 1153 sich von dieser seiner Gemahlin durch die Kirchenversammlung zu Kostnitz hatte scheiden lassen, nahmen die Verwandten derselben, die Herzoge von Bayern, die hinterlassene Herrschaft Berchtholds in Anspruch, und es gelang ihnen auch,[56] zum Besitz derselben, namentlich von Elbogen und Eger zu gelangen.
Unter Rudolph von Habsburg wurde es an die böhmische Krone verpfändet. König Wenzel I. verlieh 1246 die von ihm neuerbaute Pfarrkirche zu Elbogen sammt allen Einkünften dem neuen Orden der Kreuzherrn mit dem rothen Sterne. Zu Anfang des 14. Jahrhunderts wurde Elbogen ein Eigenthum der Könige von Böhmen. König Johann von Luxemburg erhielt die Kunde, dass ihm seine Gemahlin Elisabeth die Krone zu entreissen trachte, und zog wuthentbrannt gegen das feste Schloss Elbogen, den Aufenthalt der Königin, und liess es ohne weiters stürmen. Obgleich sich herausgestellt, dass diese Anklage alles Grundes entbehrte und nichts als eine schändliche Verleumdung war, wurde sie doch von ihren Kindern gewaltsam getrennt und musste ihren Aufenthalt in Melnik nehmen. Johanns Nachfolger, Karl IV., zeigte sich der Stadt Elbogen stets sehr gewogen. Er erneuerte derselben im J. 1352 alle unter seines Vaters Regierung verbrannten Urkunden und verlieh ihr die Steuerfreiheit unter der Bedingung, dass ihm bei seiner Anwesenheit in Elbogen jährlich einmal 5 Pfund schwäbische Heller in einem hölzernen Becher überreicht werden müssen. Becher und Münzen sind heute noch im Rathhause aufbewahrt.
Während der Hussitenkriege scheint Elbogen belagert, aber nicht eingenommen worden zu sein.
Nach verschiedenen Streitigkeiten gelangte das unter Kaiser Sigmund verpfändete Elbogen im J. 1547 wieder an die Krone Böhmens, und der damalige Kaiser Ferdinand I. verlieh der Stadt die Erlaubniss, einen Jahrmarkt zu halten.
In dem dreissigjährigen und dem österreichischen Erbfolge-Kriege hatte Elbogen viele Drangsale zu bestehen.
Im Jahre 1725 legte eine verheerende Feuersbrunst die ganze Stadt bis auf einige Häuser in Asche.
Auch die Kirche brannte nieder. Ihr Neubau erfolgte 1728. Das prachtvolle Altarblatt, Ermordung des hl. Wenzel, ist vom berühmten Maler Brandl gemalt.
Die St. Johanneskirche bestand schon im 14. Jahrhunderte, wurde aber baufällig und 1854–1857 neu erbaut. Der angrenzende Friedhof wurde aufgelassen und 1877 ein neuer auf dem Goldberge angelegt. Die St. Annakapelle wurde 1742 in Folge eines Gelübdes gebaut. Der französische General Armentiers belagerte in diesem Jahre die Stadt. Die geängstigten Bewohner veranstalteten am 26. Juli eine Procession und gelobten zugleich nach Rettung aus dieser Bedrängniss der hl. Anna zu Ehren eine Kapelle zu bauen, was auch geschehen ist. Es kam zur Capitulation; aber die Stadt wurde in keiner Weise geschädigt.
Wo derzeit die St. Wolfgangskapelle steht, war vor alten Zeiten eine Kirche, die von den Hussiten und Schweden zerstört wurde. Die Muttergotteskapelle stammt aus neuerer Zeit.
Mitten am Ringplatze steht die schöne Dreifaltigkeitsstatue, 1719 vom Stadtrathe errichtet.
Elbogen besitzt zwei schöne und geräumige Schulgebäude für eine Oberrealschule, im J. 1840, und für eine Volksschule, im J. 1867 erbaut.
Sehenswürdigkeiten: Das alte Schloss, bestehend aus dem Wartthurm, dem Schlossgebäude und dem Markgrafenhaus. Als es im J. 1792 in ein Kriminal-Strafhaus umgewandelt wurde, fielen die hohen Thürme, Spitzdächer und der grösste Theil des Mantelgebäudes des Wartthurmes diesem Umbaue zum Opfer.
Das Rathhaus, 1685 erbaut. In demselben werden, wie aus dem Voranstehenden hervorgeht, aufbewahrt:
a) Der steinerne Burggraf, ein Meteorstein.
b) Ein hölzerner, verzierter Becher und einige Münzen aus dem Jahre 1352.
Die Porzellanfabrik, im J. 1815 von Rudolph und Eugen Haidinger gegründet.
Die Spaziergänge um die Stadt an beiden Egerufern sind reizend. Auf die bepflanzten und bewaldeten Höhen führen gut angelegte Wege. Durch das Geyersbachthal zum neuen Schiesshause, in das felsige Zech- und das oberwähnte Grünlasthal sind Spaziergänge wegen der sich hier darbietenden Mannigfaltigkeit besonders zu empfehlen. Wenn man auf der von Karlsbad steil abfallenden Strasse kommt und plötzlich Elbogen vor sich sieht, glaubt man zu träumen. Das ist die reine Romantik, die einem ganz unerwartet entgegentritt. Ganz Böhmen hat kein schöneres Städtebild aufzuweisen. Der Fluss, die Kettenbrücke, die in fabelhafter Höhe über ihn gespannt ist, die alte, schwarze Burg dahinter, die Stadt, welche in Gestalt eines regelrechten Halbbogens sich zu Füssen dieser Burg ausbreitet, mit ihren Gärten und Villen bis dicht an die das ganze Bild in Ellenbogenform umspannende Eger vordringt, während sich die waldbedeckten Berge jenseits der Strasse, welche die Stadt parallel mit dem Flusse einrahmt, malerisch abheben – das alles gibt ein Bild, wie es nicht schöner gedacht werden kann. Darum wird der Spaziergang gegen Horn allen denen, welche nicht von Karlsbad nach Elbogen kommen, sich aber den herrlichen Anblick der Stadt von da aus nicht versagen wollen, besonders empfohlen. Sehr lohnend ist auch der Weg zum Hansheiling am linken Egerufer oder über den Ziegenruck.
Empfehlenswerthe Aussichtspunkte sind:
a) Der Mühlacker;
b) der spitzige Stein;
c) der Robitschberg und
d) die Terrasse im Gasthause zum »weissen Ross«, von welcher die, Elbogen südwestlich, südlich und südöstlich im engen Gürtel umschliessenden Berge ein prachtvolles Panorama geben.
Falkenau-Gossengrün (auf der Strasse in nordwestlicher Richtung gegen Schönbach in 2 Stunden). Der Ort Gossengrün zählt etwa 2000 Einwohner, welche sich von der Landwirthschaft und der Spitzenklöppelei ernähren.
Gasthaus: Philipp Locke's Gasthaus.
Postverbindung: Gossengrün-Hartenberg; Gossengrün-Schönbach.
Ausflug von Gossengrün nach Leopoldshammer im Leibitschthale (siehe Schönbach-Leibitschthal).
Falkenau-Bleistadt (mit der Bahn – Entfernung etwas über 1 Meile).
Gasthäuser: Zum städtischen Rathhaus. – Wilh. Gerstners Restauration.
Eisenbahnverbindung mit Falkenau und Graslitz.
Bleistadt ist eine alte Bergstadt und zählt 1400 Einwohner. Die Stadt führt den Namen von dem hier früher betriebenen, nunmehr aufgelassenen Blei-Bergbau. Gegenwärtig fristen die Bewohner ihr karges Dasein mit Spitzenklöppeln. Auf den zahlreichen Halden findet der kundige Wanderer bleihaltige Gesteine und sogar Stücke reinen Erzes.
Sehenswürdigkeiten: Nachstehende Privilegien: von den Kaisern Rudolph II. 1524, Ferdinand 1558, Mathias 1613, Ferdinand III. 1652 und Joseph II. 1785. Auch ist in der im Jahre 1524 vom Kaiser Rudolph II. gegründeten Kirche Sct. Michael ein Wappen in Farben an dem rechts vom Hochaltare befindlichen Fenster von den Geheim-Brüdern Paulus, Christof und Friedrich, Bürgern des Rathes der Reichsstadt Nürnberg, zum Andenken »ai 1603« zu sehen.
Aussicht: Von dem Bergrücken bei Liebenau, Obergrünles und Neuhäuser aus lässt sich grosse Umschau halten über das Erzgebirge bis gegen Platten, dann gegen Karlsbad, die interessante Burgruine Engelhaus, Lauterbach bei Einsiedel und über das Egerland.
Falkenau-*Heinrichsgrün – Gebirgsstadt, 2250 Einwohner.
Gasthäuser: Wilder Mann, grüner Heinrich.
Post- und Telegrafenamt – Domainen- und Forstverwaltung des Grafen Erwein Nostitz.
Von Falkenau aus erreichen wir Heinrichsgrün auf der Aerarialstrasse, welche durch die Dörfer Lanz, Waldl und Unter-Neugrün sanft ansteigt und von Neu-Grün an, auf beiden Seiten von den schönsten Wäldern begrenzt, bis zur Stadt führt. Diese liegt auf einer kleinen Gebirgsebene an einer Thalschlucht, welche sich in langen Zügen in's Zwodauthal erstreckt und das Lochthal genannt wird. Hier blühte in früherer Zeit der Bergbau. Der Tourist möge uns nun auf unserem Gange begleiten. Wir statten zuerst der im Spitzbogenstyl erbauten Kirche St. Martin einen Besuch ab; dann besichtigen wir die im J. 1877 auf Veranlassung des hochverdienten Erzgebirgsfreundes Herrn Ritter von Dotzauer von dem Central-Comité zur Beförderung der Erwerbsthätigkeit der böhmischen Erz- und Riesengebirgsbewohner in Prag errichtete Spitzenschule, in welcher Idrianer Spitzen kunstgerecht erzeugt werden. Nun gehen wir durch die Schlossgasse zu dem nördlich von der Stadt gelegenen gräflich Erwein von Nostitz'schen Schlosse. In diesem befinden sich zwei alte Bilder, welche Scenen aus dem Graslitzer Bergbau darstellen. Auch finden wir hier ein Bild, genannt die grosse Dame, von der die Sage erzählt, dass sie in einem der Eckthürme des Schlosses lebendig eingemauert wurde. Sämmtliche gräfliche Zimmer sind mit prachtvollen Hirschgeweihen ausgeschmückt. Nach einer kurzen Wanderung durch den Park, der das Schloss umgibt, kommen wir in eine schöne Allee, welche uns zum gräflichen Thiergarten führt.
Kurz vor dem Thiergarten biegt eine Bezirksstrasse nach rechts ab, zieht sich durch theilweise schöne Waldungen in auf- und absteigender Linie ausserhalb desselben hin und führt bei dem an der Ausgangseite des Gartens gelegenen Teiche, von welchem sich ein weiter unten bezeichneter Weg nach Schindelwaldel und Rothau abzweigt, vorbei. Am Eingange in den Thiergarten (mit Erlaubniss der Forstinspection passirbar) stehen zwei Forsthäuser, und von diesen aus ziehen sich schöne, wohlerhaltene Wege durch alle Theile des weiten Gartens. Hier nehmen wir die herrlichsten und mannigfaltigsten Partien wahr. Dichte Fichtenwaldungen wechseln mit den saftigsten Wiesen ab, auf denen Heerden von Hochwild weiden. In der Mitte des Thiergartens steht malerisch das Jagdschloss, der Sommeraufenthalt der gräflichen Familie. Von den Fenstern des Hauptgemaches geniesst man die Aussicht auf eine reizende Scenerie des Gartens. Nicht uninteressant ist auch die Eremitage, von welcher sich eine schöne Aussicht in das Rothauthal eröffnet. Vom Jagdschlosse aus führt eine Strasse nach dem nördlichen Ausgange des Thiergartens[60] und schliesst sich da an die oberwähnte Bezirksstrasse nach Schindelwaldel und Rothau an. Die grossen Eisenwerke daselbst sind sehenswerth. Das erste Werk, zu dem wir gelangen, ist die Zinnerei. Im Thale, kurze Strecke weiter abwärts, steht der Hochofen mit der Eisengiesserei und unweit davon die Dreherei. Nach etwa einer Stunde kommen wir zur Neuhütte. Von da aus gelangen wir nach kurzem Gange auf die Kaiserstrasse, die von Heinrichsgrün nach Graslitz führt. Beiderseits von hohen Bergen eingeschlossen führt uns die bequeme Strasse in das Annathal, wo der Rothaubach in die aus Sachsen kommende Zwodau mündet. Am rechten Ufer der Zwodau liegt der Bahnhof, nach welchem von Heinrichsgrün aus zweimal täglich die Post verkehrt. Auf unserer Retour-Wanderung aus dem Annathal nach Heinrichsgrün erblicken wir links einen Basaltkegel, den Kernberg, von dem aus man den grössten Theil der gemachten Wanderung übersehen kann. Erwähnenwerth ist noch das Dorf Altengrün, südlich von Heinrichsgrün gelegen, von welchem aus sich dem Auge eine prachtvolle Aussicht in's Egerland darbietet.
4. Falkenau-*Graslitz (mit der Bahn oder zu Fuss über Bleistadt, von da über Horn und Heinrichsgrün nach Graslitz).
Graslitz, eine freie Bergstadt, in welcher bereits im J. 1370 der Bergbau auf Kupfer rege geworden. Im J. 1437 hat Caspar Schlick die Herrschaft übernommen. Im J. 1527 ging solche an Hieronymus Grafen Schlick durch Kauf über. Im J. 1570 gelangte diese Stadt mit ihren bereits bestehenden und durch eine Schlick'sche Bergordnung geregelten Bergbauen in den Besitz der gräflich Schönburg'schen Familie. August Graf Schönburg erliess eine neue Bergordnung 1601, welche grösstentheils der Joachimsthaler nachgebildet ist. Schon damals waren 2000 Bergleute, 100 Steiger, beim Baue beschäftigt und eine aus zahlreichen Bergbeamten bestehende Berghauptmannschaft aufgestellt. Von der damaligen Grossartigkeit der Bergbaue geben die vielen Stollen und Halden den besten Beweis. Der Abbau und die Schmelzung der Schliche zu Schwarzkupfer geschah durch Gedingarbeit und wurden 3 bis 5% Kupfer aus dem Centner Erz herausgebracht.
Graslitz ist jetzt eine bedeutende Industriestadt, zählt nach der letzten Volkszählung vom J. 1870 6549 Einwohner. Die verschiedenen Industriezweige sind: Musikinstrumenten-, Spitzenerzeugung, Stickerei, Baumwollspinnerei, Schafwollwaarenerzeugung, Bleicherei, Färberei, Druckerei. Hervorragende Fabriken: Maschinen-Stickerei, Baumwollspinnerei, Schafwollwaarenfabrik, bedeutende Fabrication für Musikblas- und theilweise Streich-Instrumente, Kindermusikinstrumenten, Perlmutterknopf-Erzeugung und Fabrication von Mundharmonikas.
Aemter: K. k. Bezirkshauptmannschaft, k. k. Bezirksgericht, k. k. Haupt-Zollamt, k. k. Post- und Telegrafenamt; Eisenbahn-Endstation der Buschtiehrader Bahn.
Gasthäuser: Kaiser von Oesterreich, Herrenhaus. Restaurationen: Räumermühle mit schönem Echo; Kaisergarten und zwei an der Bahnhofstrasse.
Sehenswürdigkeiten: Die Pfarrkirche, in der Kanzel und Taufbecken künstlerischen Werth haben. Das Altarbild »Abendmahl Jesu« ist von Brandl. Das Schulgebäude der Volks- und Bürgerschule mit dem interessanten *Museum, Musikschule, welche sich eines bedeutenden Rufes erfreut und zur Hebung der Musikinstrumentenfabrication wesentlich beiträgt. Armenhaus, Spital, Friedhof.
Nach dem Hausberg, lohnend wegen der schönen Aussicht. Dort ist die Richardshöhe mit einer Gedenktafel, so benannt nach Herrn Ritter von Dotzauer, Handelskammerpräsidenten in Prag, einem geborenen Graslitzer, der sich um seine Vaterstadt und das ganze Erzgebirge so verdient gemacht, dass sein Name in den Blättern der Geschichte dieses Gebirges für ewige Zeiten mit goldenen Lettern eingegraben bleiben wird. Gleich darüber befindet sich auf der Sängerhöhe ein Obelisk und unweit davon ein Gloriett, von dem aus wir einen herrlichen Ausblick über die Umgebung geniessen.
Auf dem Hausberg stand einst ein Raubritterschloss, das im J. 1412 von Tuchknappen und Metzgern aus Eger zerstört wurde. Ueberreste eines Brunnens sind die letzten Spuren dieses Schlosses.
Auf dem Glasberge, welcher dem Hausberge gegenüber liegt, befinden sich im »Holzhau« zwei auf einander liegende Granitblöcke, die Quarkquetsche genannt, welche sich der Sage nach bei einem heftigen Sturme bewegt haben. Nicht weit vom »Holzhau« befinden sich die Katzenfelsen, zwei aus Granitsteinen aufgethürmte Hügel, und weiter in gerader Linie kommen wir in die Nähe der Stadt und zum »Gesteinlicht«, einem spitzigen Felsen, wo sich uns ein herrlicher Blick über die Stadt und das Zwodauthal eröffnet.
Die Partie von Graslitz auf den *Muckenbühl (¾ St.) 944m hoch, ist zu empfehlen; man erreicht seine 470m über dem Zwodauthale liegende, mit grossen Granitblöcken übersäete Kuppe ohne alle Anstrengung, da seinerzeit der Herr Graf Nostitz von Heinrichsgrün Stufen einhauen liess. Dieser interessante Berg gewährt eine hübsche Aussicht, die nach Osten bis zum Sonnenwirbel, nach Südost über das nahe Schönlind und Kohling hinweg nach Karlsbad reicht und darüber hinaus noch den Phonolithberg[62] Engelhaus mit der grossartigen, weit sichtbaren Burgruine und das Giesshübler Schloss erkennen lässt.
Südwestlich von Graslitz (1 St.) liegt Schönau mit der Wallfahrtskirche zum hl. Jakob dem Grösseren. Ein im J. 1688 gedrucktes und hier aufbewahrtes Gebetbuch gibt einen dunklen Aufschluss über diesen Gnadenort. Interessant sind die um die Kirche gepflanzten, sehr alten Linden.
Graslitz-*Klingenthal, unmittelbar an der Grenze, wird durch das Zwodauthal in ¾ St. erreicht.
Klingenthal 576m Seehöhe, hat 2700 Einwohner.
Gasthöfe: Brauner Hirsch, zum alten Schloss, zur Post, zum heiteren Blick, vulgo das Lämpl, mit Aussicht, die Hacke (originelles und stark besuchtes Local mit vorzüglichem böhmischen Bier und Wein in unmittelbarer Nähe des sächsischen Zollamts – gehört zu Markhausen in Böhmen).
Klingenthal liegt am Zusammentreffen des Zwodau- und Brunndöbrathales und unmittelbar an der böhmischen Grenze, ist in seinen Haupttheilen stadtähnlich gebaut und macht mit seiner romantischen Umgebung einen sehr vortheilhaften Eindruck auf den Besucher. Es ist hochinteressant durch seine eigenartige Industrie: Es fertigt jährlich Millionen von Mundharmonikas, Accordions, Concertinos etc. und versendet sie in die entferntesten Länder. Hauptfirmen: Dörfel, Steinfelser, C. G. Herold und E. Leiterd in Brunndöbra.
Obwohl Klingenthal zweifellos ein Ort jüngeren Ursprungs ist, so lässt sich doch die Zeit seiner Entstehung nicht nachweisen. Ursprünglich war ein Eisenhammer hier, wegen der Lage in dem von steilen und dunkel bewaldeten Bergen umgebenen Thalkessel »Höllenhammer« genannt, wie überhaupt die ganze Thalsenke in früheren Zeiten mit dem Namen »Hölle« bezeichnet wurde. Der Ort Klingenthal soll durch böhmische Exulanten, die nach der Schlacht am Weissen Berge (1620) ihr Vaterland verlassen mussten, entstanden und sowohl seinen Namen als auch sein rasches Aufblühen einem Einwohner Namens Klinger zu verdanken haben. Wahrscheinlich begründeten die Exulanten auch die heimische Industrie.
Von Klingenthal lässt sich bequem der Aschberg besuchen. Der nächste Weg ist die Auerbacher Strasse bis zur Postwartehalle in Brunndöbra. Bei jeder neuen Biegung müssen wir den hochromantischen Charakter der ganzen Landschaft bewundern. Hier zweigt nach rechts der sog. Staffelweg ab nach dem Schloss Obersachsenberg im Dorfe gleichen Namens. Die Häuser dieses Ortes liegen zerstreut auf sonniger Höhe, sind klein und unscheinbar,[63] aber bewohnt von einer arbeitsamen und genügsamen Bevölkerung. Nicht selten sieht man an den kleinen Fenstern der niedrigen Stübchen – wie überhaupt im östlichen Vogtland – den Vogelbauer mit dem Hänfling oder Stieglitz oder mit dem unvermeidlichen Grünitz (Kreuzschnabel), der nach dem Glauben der Mütter die »Krämpfe der Kinder anzieht.« Von Obersachsenberg ab ist der Weg nicht mehr zu fehlen; das Ziel ist bereits sichtbar. Der Aschberg, 925m, liegt hart an der Grenze auf böhmischer Seite und ist Station der königl. sächsischen Triangulirung. Das Steingerölle lässt uns die geologischen Bestandtheile des Berges, den Granit erkennen. Die Aussicht ist eine sehr umfassende und vorzügliche, nur sind die Hauptobjekte mit Ausnahme des tief eingeschnittenen Zwodauthales mehr in die Ferne gerückt. Unter den bewaldeten Höhen im Nordwesten ragt der langgezogene Rücken des Kiel (861m) bei Friedrichsgrün hervor; in der im Norden ausgebreiteten Waldregion tritt der obere Theil von Schönheida deutlich heraus. Im Osten zeigen sich bewaldete Berge, im Süden viele hochgelegene böhmische Orte, im Südwesten die vordere Gruppe des Fichtelgebirges und ganz nahe das bereits erwähnte Zwodauthal.
Von Klingenthal nach Markneukirchen (mit der Bahn und dann retour).
Markneukirchen, Stadt, 504m Seehöhe, 4600 Einwohner.
Gasthöfe: Zum Rathskeller, zur goldenen Krone, Restauration von Paulus mit Gartenanlagen, Schützenhaus, Bahnhofrestauration.
Eisenbahnverbindung: gegen Klingenthal, Adorf, Elster, Eger und nördlich gegen Leipzig.
Markneukirchen ist die südlichste Stadt Sachsens und liegt zu beiden Seiten des Schwarzbaches. Die Stadt ist Mittelpunkt der Vogtländischen Blas- und Streichinstrumenten- und Darm-Saiten-Fabrication. Die Firmen: Michael Schuster jun., Paulus & Schuster u. a. haben überseeische Handelsverbindungen und ihre Waaren beherrschen trotz der französischen und italienischen Concurrenz den Weltmarkt. Musikschule – Badeanstalt. Die Stadt hat nach dem Brande von 1840 ein ganz anderes schöneres Gepräge erhalten. Der Ursprung derselben ist in völliges Dunkel gehüllt. Der Ort, der erst aus 17, nach anderen nur aus 3 Häusern bestanden haben soll, scheint ursprünglich nicht zum dobenauischen Gebiet gehört zu haben, sondern es muss erst im 12. Jahrh. an die Vögte gekommen sein. Ursprünglich soll es Nieweekirchen geheissen haben, woraus dann Neukirchen und zur Unterscheidung von gleichnamigen Orten Mark- d. h. Grenz-Neukirchen entstanden sei. Eine andere Vermuthung leitet den Namen von »Markt« ab.
Markneukirchen kommt zuerst 1357 als ein an die Markgrafen abgetretenes Städtlein Neuenkirchen vor. Im Jahre 1360 erhalten die Kaufleute des Ortes durch den Landgrafen Balthasar dieselben Rechte, wie die zu Adorf und Oelsnitz, der Ort muss also schon von einiger Bedeutung gewesen sein.
Das Bässe- und Geigenmachen soll 1580 durch böhmische Exulanten – namentlich aus Schönbach und Graslitz – nach Markneukirchen gebracht worden sein.
Graslitz-Schneckenstein-Schwaderbach und über Brunndöbra, Sachsenberg, Klingenthal und Markhausen retour. Wer eine mineralogische Merkwürdigkeit nicht unberührt lassen will, muss von Graslitz aus den Schneckenstein besuchen. Derselbe gehört Sachsen an und liegt 2½ St. nördlich von Graslitz. Der Fussgänger mag seinen Weg über Eibenberg nehmen, wo er die Bergwand mit riesigen Halden, den Zeugen eines ehemals schwunghaften Baues auf Kupfererze, bedeckt sieht und kann hinter Schwaderbach nebenbei den »Aschberg« (siehe Klingenthal-Aschberg) besteigen. Von Schwaderbach über Ober-Sachsenberg müsste er nach Steindöbra hinab, auf der nach Nord ziehenden Strasse weiter, dann links ab in die Wälder, wo er ohne Compass und Führer den versteckten Schneckenstein gewiss nicht findet. Derselbe ist ein Topasfels; in vielen Lehrbüchern der Mineralogie wird seiner gedacht, und man soll etwas Aehnliches erst im Ural wiederfinden. Früher hat die sächsische Regierung hier Topasse suchen lassen, jetzt kann sich jeder nach Belieben ein Andenken aus dem Gestein herausklopfen und mitnehmen. Auf dem Rückwege würde der Wanderer die sächsischen industriereichen Ortschaften Brunndöbra, Sachsenberg und Klingenthal, auf böhmischer Seite Markhausen berühren. Wer eine Fahrgelegenheit benützen will, kann den grössten Theil des Weges auf guter Strasse zurücklegen.
Graslitz-Forsthaus Nancy-Sauersack-*Kranichsee-Hirschenstand – retour über Schönlind nach Graslitz.
Im Hochsommer bei trockener Zeit ist es eine eigenthümliche Lust, die Moorgründe des höheren Gebirges zu besuchen und zwischen Knieholz (Sumpfkiefer) über schwankenden Boden zu wandern.
Den Botaniker interessiren da die dem Torfmoore eigenthümlichen Pflanzen. Von Graslitz führt eine gute Strasse das Thal des Silberbaches aufwärts in einem hübschen Waldthalkessel zu der in anmuthender Waldeinsamkeit gelegenen Försterei »Nancy« und von da nach Sauersack. Von hier aus wäre ein kundiger Führer mitzunehmen und der Kranichsee zu besuchen. Es ist kein echter See, sondern eine grosse Hochmoorfläche, in deren Torf- und Moosboden das Knieholz wuchert. Solche Moore[65] sind grosse Wasserbehältnisse, da ihr schwammiger Boden begierig die Feuchtigkeit einsaugt und nur langsam wieder von sich gibt. Nach Delitsch enthält ein Moor, wie der Kranichsee, vollständig mit Wasser gesättigt, so viel Wasser, dass es ein ganzes Jahr lang in jeder Secunde 10 Centner Wasser liefern könnte, ehe es seinen Wasservorrath erschöpfte. Drei Bäche entfliessen ihm.
In die Knieholzregion können wir auch leicht von Sauersack aus auf der nach Hirschenstand führenden guten Strasse kommen.
Hirschenstand, Dorf, 1200 Einwohner, welche sich mit Spitzenklöppeln und der Buntstickerei beschäftigen.
Ausflug: Sehr empfehlenswerth ist die Besteigung des 1½ St. entfernten, in Sachsen bei Wildenthal gelegenen Auersberges, 1021m, des zweithöchsten Berges in Sachsen, der eine majestätische Lage hat und eine herrliche Aussicht in's Vogtland, in die Muldengegend, in das sächsische Niederland und das Erzgebirge bietet.
Gegen Frühbuss (1 St. südwestlich von Hirschenstand) können wir die Torfgewinnung beobachten und, wie Prof. Laube sagt, die Verwandlung der lebenden Pflanzen bis zur Bildung des reinen braunglänzenden Specktorfes Schritt für Schritt verfolgen.
Frühbuss, Stadt, 1400 Einwohner, welche Bobbinet-Stickerei und Spitzenklöppelei treiben.
Gasthäuser: Städtisches Gasthaus, Franz Baumgartls und Leander Baumgartls Gasthaus.
Aussichtspunct: Hartenberg (20 Minuten entfernt), bietet eine herrliche Aussicht im Osten gegen den Sonnenwirbel, nach Südost bis Engelhaus über Falkenau und Karlsbad, nach Südwest über das Egerland bis Franzensbad, nach Nordwest bis Bayern und Sachsen, und nach Nord erblickt das Auge noch Auersberg in Sachsen.
Wer zu Wagen kommt, wird von Frühbuss aus über Schönlind und Rothau nach Graslitz zurückkehren; wer sich aber für Basaltberge interessirt, wird in Unter-Rothau halten und den Flössberg und Illmesberg besuchen, wo der Basalt in schönen Säulen ansteht, beim ersteren Berge auch in sphäroidischer Absonderung gefunden wird.
Gasthöfe. Karlsbad besitzt zahlreiche, comfortabel eingerichtete Hôtels: Hôtel »goldenes Schild« mit den dazu gehörigen Gebäuden: »Erzherzog Stephan«, »zwei deutsche Monarchen« und »Gartenhaus«; »Hôtel Anger«, nahe dem Theater, Hôtel »zum österreichischen Hof« (Neue Wiese); »Hôtel Hannover« (Markt); »Hôtel drei Fasanen« und »Hôtel Erzherzog Karl« (Kirchengasse); »Hôtel Hopfenstock«, »Hôtel Loib« und »Rheinischer Hof« (Geweidiggasse); Gasthof »zum goldenen Schwan« (Kreuzgasse); »Hôtel Paradies«, »Hôtel Morgenstern« (Kaiserstrasse); Wiesingers »Hôtel National« (Gartenzeile); »Hôtel Donau« (Parkstrasse); »Hôtel baierischer Hof« (Egerstrasse); »Hôtel Lyon« (Bahnhofstrasse).
Restaurationen u. Speisehäuser. »Curhaus« (Quai), »Salle de Saxe« (Alte Wiese), »Restauration Pupp« (Pupp'scher Park), »Sanssouci« (am Kiesweg), »Blauer Stern« (Prager Gasse), »Römer«, »Stadt Leipzig« und »Rother Ochs« (Geweidiggasse), »am Rhein« (Andreasgasse), »Bellona« (Schlossplatz), »Schützenhaus«, »Friedrich-Wilhelmsthal« (hinter der alten Wiese), »Königshof« (Wiesenberg), »Liederhalle« (Schulgasse), »Elisium« (Panoramastrasse).
Caféhäuser (die beliebtesten): »Café Elefant« (auf der Alten Wiese), »Pupp's Café-Salon«, »Zur Stadt Hamburg« (Kreuzgasse), im »Panorama«.
Postamt am Markte. Telegraphenamt mit Nachtdienst (im Postgebäude).
Haupt-Zollamt (Egerstrasse).
Photographische Ansichten von Karlsbad und Umgebung in den Buchhandlungen von Hans Feller (Mitte der alten Wiese zur »Eiche«, und Mühlbadgasse zu »3 gold. Sterne«).
Zeitungslese-Salon im Curhause.
Directe Eisenbahn-Verbindungen mit dem ganzen Continente.
Karlsbad ist Station der Buschtiehrader Eisenbahn (Böhmische Nordwestbahn). Nach einer Reihe grösserer Städte verkehren ab Karlsbad directe Wagen.
Lohnfuhrwerke. Omnibusse: Vom Bahnhof in die Stadt 40 kr., Handgepäck frei. Droschken (Einspänner): Vom Bahnhof in die Stadt 1 fl. 20 kr., (50 Kilo Gepäck frei). Vor 6 Uhr Morgens u. nach 9 Uhr Abends sind die Taxen etwas höher. Für Lohnfuhrwerke besteht eine besondere behördlich genehmigte Taxordnung. Dieselbe ist abgedruckt im »Karlsbad im Portemonnaie.« Pr. 20 kr.
Omnibusfahrten (täglich) nach Pirkenhammer, Aich, Dallwitz u. »Giesshübler Sauerbrunn«.
Postverbindung | nach | Petschau | täglich | 1 | mal |
" | Buchau | " | 1 | " | |
" | Bärringen | " | 1 | " | |
" | Neudek | " | 2 | " |
Privatwohnungen. Diese sind durchwegs mit Comfort eingerichtet. In Folge des in den letzten Jahren so grossartigen und noch fortschreitenden Ausbaues der Stadt herrscht in keiner Saison Wohnungsmangel.
Aemter. Bezirkshauptmannschaft (Neue Wiese, Nro. 578, II. Stock). Bezirksgericht (Neue Wiese, Nro. 578, I. Stock), Steuer- und Grundbuchs-Amt, Bürgermeisteramt (Stadthaus, Mühlbadgasse Nro. 20). Polizeiamt (Stadthaus, II. Stock, Nro. 4), Militär-Badehaus-Commando (Militär-Badehaus am Quai), Notariat (Mühlbadgasse z. »Samson«).
Beschreibung und Geschichte der Stadt. Die weltberühmte Curstadt Karlsbad, oder Kaiser-Karlsbad (Karlovy Vary, Thermae Carolinae), in älteren Urkunden auch Warmbad, liegt unter 50° 13´ 22´´ nördl. Breite, 30° 33´ 5´´ östl. Länge (östl. v. Ferro), 374·13 Meter über der Meeresfläche zu beiden Seiten des engen Tepelthales malerisch zwischen dem Hammerberge, dem Hirschenstein und dem Bernardsfelsen am linken, dem Tappen- (oder Laurenz-), Buchen- und Galgenberge, am rechten Ufer der Tepel, die sich unweit nördlich von der Stadt in die Eger ergiesst. Die Stadt erstreckt sich in fast ununterbrochener Häuserreihe von der Franz-Josef-(Eger-)Brücke bis zur protestantischen Kirche, einer Wegstrecke von etwa 1 Stunde. Die meisten Häuser sind 2, auch 4 Stockwerke hoch und fast durchwegs mit Hausschildern versehen. An vielen Stellen ist die Thalwand, an welche sich die Häuser der Hauptstrasse lehnen, so steil, dass die Giebel die Felsen berühren. Hie und da wurde der Granitfels hinweggesprengt, um Platz für die Häuser zu gewinnen. Ausserhalb der Hauptstrasse sind die Wohnungen einzeln oder in Gruppen auf den Absätzen und Terrassen der beiden Thalwände hingestreut und mit freundlichen Gärten und Anlagen umgeben; sie scheinen an den Wänden der Berge zu hängen. – Die schönsten Stadttheile sind: Die alte Wiese mit dem daranstossenden Goetheplatze und das Puppsche Etablissement, die Marienbader Strasse mit der damit zusammenhängenden neuen Wiese und dem Dr. Becherplatze, ferner der Marktplatz, der Schlossberg, die Parkstrasse und die Gartenzeile. – Alle Hauptstrassen haben sehr gute Trottoirs und ein grosser Theil der Stadt ist gepflastert. Von welcher Seite man auch die alte stolze Thermenstadt, von Natur und Kunst reichlich geschmückt, betrachten mag, immer gewährt sie mit ihren waldesgrünen Bergkuppen einen zaubervollen, köstlichen Anblick. – Karlsbad zählt bei 12.000 Einwohner mit 900 Häusern, Curfrequenz über 25.000 Personen im Jahre, wobei Passanten und Touristen nicht mitgerechnet sind. Da die Stadt ihren Weltruf den Mineralquellen zu verdanken hat, so wollen wir unsere Aufmerksamkeit in erster Reihe diesen segenspendenden Heilquellen zuwenden, die sowohl innerlich als auch äusserlich (als Bäder) angewendet werden. Karlsbad ist der Hauptrepräsentant der alkalisch-salinischen Mineralquellen. Das schwefelsaure Natron, kohlensaure Natron, Chlornatron und die hohe Temperatur sind die Hauptfactoren der therapeutischen Wirkung dieser Thermen. Die in Gebrauch stehenden Quellen differiren in der Temperatur von 73·3° C. bis 21·5° C. Es gibt daher heisse, warme und kühle Quellen. Ihr Wasser ist klar und farblos, ohne charakteristischen Geruch, von schwach salzigem Geschmack und wird sofort ohne Widerwillen[68] oder Ekel getrunken. Die Bäder werden mit oder ohne Zusatz in den städtischen, mit allem Comfort eingerichteten Badehäusern verabreicht; daselbst finden sich auch Dampfbäder, kalte und warme Douchen (Mineraldouchen), Süsswasserbäder, ferner Moorbäder (der eisenreiche Franzensbader Moor aus dem eigenen Lager der Stadt), Eisenbäder aus der Karlsbader Eisenquelle, kohlensaure Wasser- und Gasbäder von dem sogenannten Sauerbrunn. Ziegenmolken werden an den Quellen verabreicht. – Die Mineralwässer sowie die Quellenproducte (Sprudelsalz, Sprudelpastillen und Sprudelseife) können bei allen Mineralwasser-Depôts des In- und Auslandes, in Karlsbad durch die Karlsbader Mineralwasser-Versendung »Löbel Schottländer« bezogen werden. Nach den Lehren der bedeutendsten Kliniker und den Erfahrungen der Karlsbader Aerzte sind folgende Krankheiten als Heilobjecte für Karlsbad anzusehen. Krankheiten des Magens: Chronischer Magenkatarrh, Kardialgie (Magenschmerz), Magengeschwür, Dyspepsie, Magenerweiterung; des Darmes: Chronischer Katarrh, chronische Diarrhöe, habituelle Stuhlverstopfung, Duodenalgeschwür, Hämorrhoiden; der Milz: Chronische Hyperämie, Milztumoren (nach Wechselfieber u. s. w., wie sie bei Bewohnern von Sumpfgegenden und der heissen Zone auftreten); der Leber: Hyperämie derselben, Fettleber, die heilbaren Formen des Icterus (Gelbsucht), Hypertrophie, beginnende Speckleber, Gallensteine; der Nieren und Harnorgane: Chronischer Katarrh derselben, Nieren- und Harnsand, Nieren- und Blasensteine (sehr gerühmt als Nachcur nach Blasenstein-Operationen), Albuminurie (wenn sie nicht die Folge von Krankheiten ist, welche den Gebrauch von Karlsbad contraindiciren); der Prostata: chronische Hyperämie in Folge venöser Stauungen im Unterleibe, Hypertrophie der Prostata, chronischer Katarrh der Gebärmutter, chronischer Uterusinfarct; Gicht: Skrophulose, Asthma, wenn es nicht durch organische Veränderungen in der Lunge oder im Herzen bedingt ist; Fettleibigkeit, Unterleibsplethora; Diabetes mellitus (Zuckerharnruhr). Alle jene Krankheiten, welche als Folge von Blutstockungen im Unterleibe auftreten (wenn diese nicht in Aftergebilden, Veränderungen des Gefäss-Apparates u. s. w. begründet sind), eignen sich in hervorragender Weise als Heilobjecte für Karlsbads Thermen, welche die Darmthätigkeit anregen und die Defäcation befördern. Diese Thermen wirken schmerz- und krampfstillend, sie vermehren die Alkalescenz des Blutes und sind daher säuretilgend; sie regen die Secretionen an (besonders die Gallensecretion und Harnausscheidung), sie üben Einfluss auf die Absorption der Fettgebilde.
Karlsbad hat 17 warme Mineralquellen, welche die Ausflüsse einer einzigen grossen Wassermasse sind und auf dem von der[69] Stadt bedeckten Raume entspringen. 1. Der Sprudel, am rechten Ufer der Tepel, mitten in der Stadt, dem Marktplatze gegenüber, ist von allen Quellen die älteste, berühmteste, wirksamste und ergiebigste und zeichnet sich durch seine hohe Temperatur (58·2° R.) aus. »Er steigt in kurzen brausenden Stössen schäumend durch eine zwei Klafter lange und 5 Zoll breite hölzerne Röhre, welche unmittelbar in die Sprudelschale senkrecht eingelegt ist, aus dem in der Tiefe befindlichen grossen Reservoir von Thermalwasser einige Schuh hoch empor und fällt in ein weites Becken herab, von wo aus sein Wasser durch den unteren Sprudelraum theils in die Sprudelsalz-Erzeugungs-Anstalt, theils in die Badehäuser, theils in Rinnen in die Tepl abfliesst. Das abfliessende Sprudelwasser ist noch so heiss, dass Eier in demselben gesotten werden können. 1879 wurde eine neue, prachtvolle, in Eisen construirte Colonnade und Quellenhalle nach Plänen der Wiener Architekten Fellner und Hellmer vom Fürst Salm'schen Eisenwerke in Blansko mit einem Kostenaufwande von 240.000 fl. erbaut. Diese Colonnade repräsentirt einen in seiner Art einzig dastehenden Prachtbau, bei welchem sowohl geniale Construction, wie Anwendung bedeutender architektonischer Decoration bei Eisenbauten auf das Sprechendste zur Geltung kamen.« Diesem Gebäude schliesst sich das Sprudelbadehaus mit 26 Badelogen an. 2. Die Hygieensquelle (58·2° R.), in der Nähe des Sprudels. Im Pavillon dieser Quelle steht die Hygea-Statue, ein Werk des berühmten Bildhauers Fernkorn. 3. Der Sprudelsäuerling (25° R.) in der Nische der Sprudelhalle; die folgenden Quellen befinden sich am linken Teplufer, u. zw. 4. die Kaiser Karls IV. Quelle (34·7° R.); 5. der Marktbrunn, beide am Marktplatze; der Reihe nach stromabwärts folgen: 6. der Mühlbrunn, am Ende der Mühlbadgasse, wurde neu überbaut und mit der im J. 1876 (nach dem Plane von Prof. Zitek aus Prag) vollendeten griechischen Säulenhalle, der sog. neuen Mühlbrunnencolonnade verbunden. Dieselbe ist ein monumentaler Prachtbau, aus Stein gehauen, und kostete 680.000 fl. 7. Der Neubrunn (49·3° R.), 8. Der Bernardsbrunn, 9. die Elisabethquelle (35·5° R.), 10. die Felsenquelle, am Fusse des Bernhardsfelsens (47·6° R.), 11. der Curhausbrunn (52·2° R.), vor dem Curhaus, 12. die Dr. Hochbergerquelle (32·50° R.) im Militärbadehause, 13. der Kaiserbrunn (39·3° R.) im Militärbadehause, 14. die Spitalquelle (28° R.) hinter dem Fremdenspital, 15. der Theresienbrunn (48·3° R.) oberhalb der Colonnade, hat seinen Namen von der grossen Kaiserin Maria Theresia; rechts davon das Körner-Denkmal; 16. der Schlossbrunn (44·6° R.) am Schlossberg, 17. die Quelle zur russischen Krone (28° R.) am Schlossplatz, ist nicht kunstgemäss gefasst.
Sind auch die Heilquellen die Haupteinnahmsquellen der Bewohner Karlsbads, so betreiben letztere auch Industrie, die wegen ihrer Eigenthümlichkeit »Karlsbader Industrie« genannt wird. Zu dieser gehört die Erzeugung mannigfacher Gegenstände aus Stahl in Verbindung mit Sprudelstein, so namentlich: Federmesser, Vorstecknadeln, Portmonnais, Cigarrentaschen, Briefbeschwerer u. s. w.; doch werden die Sprudelsteine auch zu selbstständigen Gegenständen verarbeitet. Weitere Industriezweige sind: die Nadlerei, die Dosenerzeugung aus Papiermaché, die Zinngiesserei, die Galanterietischlerei und neuestens die Fabrication von Blumenbouquets.
Sehenswürdigkeiten. Kirchen und Andachtsstätten: Die St. Magdalenenkirche oder Dechanteikirche (auf dem Kirchenplatz) wurde von dem böhmischen Baumeister Dienzenhofer in den Jahren 1732–1736 auf Kosten des Kreuzherren-Ordens und mittelst einer Schenkung Kaiser Karls VI. von 1000 Ducaten an Stelle der schon seit 1485 bestandenen alten Kirche erbaut. Sie besitzt zwei schöne Altarbilder (Maria Magdalena und Christus am Kreuz) und eine Orgel mit 28 Registern. – Die Kirche zum hl. Andreas (in der Andreasgasse) mit einem werthvollen, dem berühmten Leonardo da Vinci zugeschriebenen Altarbild, darstellend den hl. Andreas. Auf dem bei dieser Kirche befindlichen Gottesacker stehen mehrere denkwürdige Grabsteine, von denen wir das Grabmal des um Karlsbad hochverdienten Dr. David Becher (geb. zu Karlsbad 1705, gest. 1792) und das des Musikers und Componisten Wolfgang Amadeus Mozart (gest. am 30. Juli 1844), des zweiten Sohnes unseres unsterblichen Mozart, hervorheben. – Die Marienkapelle (hinter der alten Wiese am Waldessaum), errichtet 1700 vom Grafen Sternberg. – Die protestantische Kirche und das griechische Bethaus (in der Marienbader Strasse). Die anglikanische Kirche (am Ende der Schlossbergstrasse). Die neue Synagoge (in der Parkstrasse) in schönem maurisch-romanischen Style gebaut. Der Bau derselben begann 1876 und wurde 1878 nach dem vom Baurathe Wolf aus Stuttgart gefertigten Plane vollendet.
Oeffentliche Gebäude: Stadthaus, bis vor kurzem Mühlbadgebäude genannt (in der Mühlbadgasse). Das älteste städtische Gebäude ist wohl der hoch über den Häusern des Marktplatzes emporragende Stadtthurm, welcher um 1608 auf den Trümmern des alten, durch Kaiser Karl IV. erbauten Jagdschlosses errichtet worden ist. Das Bezirksamtsgebäude, das Post- und Telegraphenamt, das Hauptzollamtsgebäude (wurden schon an anderen Stellen erwähnt). Das Theater (an der neuen Wiese). Die Volksschule (in der Schulgasse). Die zweite[71] Volksschule (an der Egerstrasse). Die Bürgerschule (am Schillerplatze). Die Sprudelcolonnade und die Mühlbrunnencolonnade (wurden bereits an anderer Stelle erwähnt). Die Marktbrunnhalle. Die Trinkhalle am Schlossbrunnen. Das grossartige Curhaus mit 75 Badelogen, 8 Moor-, 3 Voll-, 2 russischen Dampf- und 2 Douchebädern. Das 1880 dem Curhause gegenüber erbaute Neubad. Das Militär-Badehaus (am Quai) mit sehenswerther Kapelle und sehenswerthem Speisesaale. Erstere enthält sehr schöne Freskomalereien von dem bekannten Historienmaler Kandler und ein Crucifix mit zwei betenden Engeln aus carrarischem Marmor von dem Bildhauer Wenzel Lewy in Rom; im Speisesaal ziehen das Bildniss Sr. k. k. apostol. Majestät Franz Josef I., ferner ein grosses Oelgemälde von Kandler, die Entdeckung Karlsbads vorstellend, dann schöne, auf Oesterreichs Heer sich beziehende Fresken unsere Aufmerksamkeit auf sich. Das Fremden-Hospital (am Quai).
»Die früheste Geschichte der Stadt Karlsbad liegt grossentheils im Dunkel. Aelter als alle Geschichte überhaupt sind die heissen Quellen selbst. Sie haben vor undenklichen Zeiten durch den Kalksinter, den sie noch jetzt fortwährend absetzen, den Grund und Boden, die sog. Sprudelschale, gebaut, auf welcher nachmals die Stadt gegründet worden ist, und über welche zum Theil die Tepel hinfliesst. Ehe dieses steinerne Gewölbe entstand, vermischte sich das heisse Wasser der Quellen mit den Fluthen der Tepel und theilte dieser, sowie der Eger, in die sie ausfliesst, einen hohen Wärmegrad mit.«
Der uralten Sage nach wurde der Sprudel durch Kaiser Karl IV. auf einer Hirschjagd entdeckt. Die Sage berichtet, dass der Kaiser mit seinem Gefolge einst in den damals dicht bewaldeten Bergen gejagt und einen Hirschen verfolgt habe. Dieser sei von dem später durch den Namen »Hirschensprung oder Hirschenstein« verewigten Felsen in das Thal hinabgesprungen, wohin ihm einer der Jagdhunde folgte, der sich im heissen Quellwasser die Füsse verbrannt, durch sein Geheul die Jäger herbeigelockt und dadurch die Entdeckung des Sprudels veranlasst haben soll. Der Kaiser selbst soll dann das Wasser auf Anordnung seines Leibarztes P. Bayer gegen ein Uebel an seinem Fusse gebraucht und 1364 eine Stadt am Fusse des Berges und ein Schloss am Abhange des Hirschensteines erbaut und dadurch die Entstehung des Ortes Karlsbad herbeigeführt haben. Jedoch sprechen ausser allgemeinen Gründen und Beweisen auch urkundliche und historisch beglaubigte Zeugnisse dafür, dass der Curort im XIII. Jahrhundert schon bestand und wahrscheinlich zu Ende des XII. oder zum Beginn des XIII. Jahrhunderts durch eine Colonie der Bewohner aus der nächsten Umgebung gegründet worden ist. Schon im IX. Jahrhundert war[72] die Umgegend bewohnt, und hatten namentlich die Markgrafen von Vohburg das benachbarte Stein-Elbogen gegründet. Da der Dampf der Quellen, besonders bei kalter Witterung, weithin sichtbar ist, so mussten diese schon damals bekannt gewesen sein. Auf einer zu Anfang des XIII. Jahrhunderts von dem Geschichtsforscher Gelasius Dobner entworfenen Landkarte von Böhmen findet sich genau an der Stelle des heutigen Karlsbad der Ort Wary vor, welche czechische Benennung so viel wie »Warmbad« bedeutet, unter welchem Namen Karlsbad noch im Mittelalter vielfach selbst urkundlich genannt wird.
Den schlagendsten Beweis aber, dass Karlsbad mindestens ein Jahrhundert vor Kaiser Karl IV. in seinen ersten Anfängen schon existiert haben muss, liefert König Johann's Privilegium oder vielmehr Breve testatum vom Jahre 1325, mittelst welchem König Johann, der Vater Karl's IV., Warmbad (Karlsbad) mit dem nahen Dorfe Thiergarten belehnt. Kaiser Karl IV. ist sonach weder der Entdecker noch der Begründer, sondern der Mäcenas von Karlsbad, der daselbst wiederholt sich aufhielt. Er erhob mittelst Privileg vom 14. August 1370 aus Nürnberg Warmbad zur Stadt, verlieh ihr den Namen Karlsbad und dieselben Freiheiten und Rechte wie den Bürgern von Elbogen. Karlsbad nahm durch Karl IV., seinen grössten Wohlthäter, einen höheren Aufschwung als Kurort. 1401 verlieh König Wenzel IV. der Stadt noch das Asylrecht. Im Jahre 1434 wurde durch Kaiser Sigmund die Herrschaft Elbogen nebst dem dazu gehörigen Karlsbad an den Grafen Caspar Schlick und von den Erben des Letzteren das Schloss »Warry« an den Ritter Polacky verpfändet; doch mussten in Folge ausgebrochener Streitigkeiten die Schlicke dem Ritter Polacky sein Pfandrecht auf das Schloss »Warry« wieder ablösen. Als sich Graf Hieronymus Schlick die verpfändeten Güter 1547 an Kaiser Ferdinand I. zurückzugeben genöthigt sah, kam auch Karlsbad wieder an die Krone Böhmens zurück. Später wurde die Stadt wieder verpfändet.
Das erste schriftliche Zeugnis über die grosse Heilkraft dieser Thermen liefert der Dichter Bohuslav von Lobkowitz in seiner schönen lateinischen Ode: In thermas Caroli IV., die er vor dem Jahre 1510 verfasste. Bis zum Jahre 1520 hat man die Karlsbader Quellen nur zu Bädern benützt. Um diese Zeit führte man auf Anrathen des Dr. Payer, der i. J. 1522 die erste medicinische Abhandlung über Karlsbad erscheinen liess, auch die Trink-Kuren ein. Die erste richtige physikalisch-chemische Untersuchung der Karlsbader Mineral-Quellen wurde durch den berühmten Dr. David Becher i. J. 1766 angestellt. Obgleich die Stadt von mancherlei Unglücksfällen betroffen wurde – wir nennen blos die grosse Überschwemmung i. J. 1582 und die schreckliche Feuersbrunst am[73] 13. August 1604, wodurch die Stadt bis auf drei Häuser zerstört wurde – so steigerte sich ihr Wohlstand derartig, dass sie benachbarte Herrschaften kaufen konnte. Im Jahre 1554 wurden die Bewohner von Karlsbad lutherisch und blieben es, bis der letzte Pastor Johann Rebhun am 24. August 1628 mit allen Einwohnern, welche nicht zur katholischen Lehre zurückkehren wollten, die Stadt verlassen musste. Der unheilvolle dreissigjährige Krieg verschonte auch Karlsbad nicht, das viel durch Einquartierungen, Brandschatzungen u. dgl. zu leiden hatte. Erwähnenswerth ist, dass Kaiser Josef I. i. J. 1707 Karlsbad zu einer königlichen freien Stadt erhob, und dass Kaiser Karl VI. bei seinem Aufenthalte in der Stadt 1732 der Bürgerschaft 15.000 fl. Quartiergeld und 1000 Ducaten zum Baue einer neuen Kirche schenkte. Trotz aller Drangsale, die Karlsbad seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts theils durch Ueberschwemmungen (1735, 1784, 1806, 1821, 1867, 1870, 1872 und 1876), theils durch Kriegsereignisse (1741 und 1742, 1757 und 1762, 1809 und 1813, 1866), theils durch Sprudelausbrüche (1713, 1727, 1824, 1832, 1834, 1835, 1838, 1845, 1855, 1856 und 1878), theils durch Brände (1759) betroffen, blühte die Stadt durch immer grössere Frequenz, sowie durch treffliche Einrichtungen und Entdeckungen zu einem weltberühmten Heilbade empor. Karlsbad war noch im Jahre 1650 ein kleines Landstädtchen mit Holzhäusern und Riegelwandgebäuden; erst seit dem Jahre 1827 zeigte sich das Streben, die Stadt zu verschönern. Wahrhaft Grossartiges geschah in dieser Beziehung in den letzten Jahren; denn Karlsbad ist jetzt eine Stadt von Palästen. Es ist, wie Dr. Eduard Hlawaček, der überaus verdienstvolle Schriftsteller über Karlsbad, ganz zutreffend bemerkt, gegenwärtig sowohl in Betreff seiner Trink- und Badeanstalten, als auch der Wohngebäude, öffentlichen Promenaden und Belustigungslocale unstreitig einer der grössten und comfortabelsten Trink- und Badeorte, und sein Ruf als Heilort ist nicht bloss ein europäischer, sondern ein fast über die bekannte Erde verbreiteter. Karlsbad wird daher oft die Königin der Curorte genannt, eine Benennung, die es nicht bloss wegen der Ausdehnung der Stadt, der grossen Frequenz, besonders auch wegen der Schönheit und Mannigfaltigkeit der Umgebungen, vor allem aber wegen der unbestrittenen grossen Heilkraft seiner Quellen und des imposanten Naturschauspieles seines heissen Sprudels wohl mit Recht verdient! – Es ist das »Nobelbad« par excellence; als solches zählte es von jeher unter seinen Curgästen nicht nur gekrönte Häupter, sondern auch Minister und Feldherren, Dichter, Künstler und Gelehrte oder sonst wie hervorragende Persönlichkeiten. Wir nennen nur: Czar Peter den Grossen, Kaiser Karl VI., Kaiser Josef II., Kaiserin Maria Ludovika,[74] Kaiser Franz I. von Oesterreich mit seiner Tochter, Königin Maria Louise von Frankreich, König Friedrich Wilhelm III., König Wilhelm von Preussen, jetzigen Kaiser von Deutschland, das Kaiserpaar von Brasilien; Bohuslaw von Lobkowitz, Ferdinand, Erzherzog von Oesterreich mit seiner Gemahlin, der »schönen Welserin«; Albrecht von Waldstein, Prinz Eugen, Laudon, Fürst Karl Schwarzenberg und Fürst Blücher; Gellert, Herder, Goethe, Schiller, Theodor Körner; Beethoven, den Violinvirtuosen Polledro; Fürst Metternich. – (Aus neuer und neuester Zeit) Laube, Geibel, Auerbach, Ad. Stifter, K. E. Ebert, Fr. Halm, Erzbischof Pyrker, David Strauss; Fürst Bismarck und Moltke. Mit Recht sagt der Schriftsteller Anton August Naaff: »In und um Karlsbad ist fast jedes Fleckchen Erde historisch, und selten hat die politische, die Cultur- und Personalgeschichte an einem anderen Orte so viele und grosse Merkzeichen ihres Waltens eingeschrieben, wie bei Karlsbad. Auf Schritt und Tritt stossen wir auf die Spuren eines grossen Namens der berühmtesten Männer ihrer Zeit.«
Karlsbad ist der Geburtsort folgender hervorragender Männer:
Fabian Summer, Dr. der Medicin. Dr. David Becher, Karlsbader Hippokrates genannt. (Schon erwähnt.) Leopold Stöhr, geb. den 22. Mai 1769, gest. am 26. März 1834 als Dechant zu Karlsbad, verdient mit vollem Rechte den Namen des »Historiographen« von Karlsbad. Franz Pittrof, geb. 1738 und starb als Grossmeister des Kreuzherrenordens zu Prag. Der Thiermaler Peter, geb. 1745, gest. 1829 zu Rom. Der Musikdirector Josef Labitzky. Der Orientalist Dr. August Pfitzmeier, geb. 16. März 1808. Dr. Eduard Hlawaczek (gest. 1880). Dr. Anton Bermann (gest. 1878). Dr. Franz Damm (gest. 1870) u. a. m.
Die Umgebung von Karlsbad, eine wahrhaft romantische, paradiesische Gebirgsgegend, besitzt zahlreiche, vortrefflich angelegte Spaziergänge mit schönen abwechslungsvollen Aussichtspunkten, geschmackvollen Monumenten, Gedächtniss- und Ruheplätzen und gleicht einem prachtvollen, im grossartigen Style angelegten englischen Parke.
1. Die *alte Wiese mit dem Marktplatze. Den Marktplatz zum Ausgangspunkte nehmend, gehen wir auf der alten Wiese entweder im Schatten der Kastanienbäume auf dem schönen, glasbedeckten Steinfusssteige vor den Boutiquen, oder an der Häuserreihe auf ebenfalls sehr gutem Steinfusssteige bis zur Allee hinter dem böhmischen Saale auf und ab. Dieser Spaziergang[75] gewährt unstreitig die meiste, abwechslungsvollste Unterhaltung. Zu beiden Seiten viele Kaufläden mit den verschiedensten Artikeln aus der Heimat und fremden, fernen Ländern; weshalb dieser Stadttheil den vollberechtigten Namen »Bazar von Karlsbad« verdient. Ueberdies versammelt sich hier das Publikum zweimal des Tages (Vormittags nach dem Brunn, Abends zwischen 6 und 9 Uhr) und spielt das Labitzky'sche Musikchor öffentlich in der Woche: Sonntag, Dienstag und Donnerstag Nachmittags von 4 bis 6 Uhr auf dem Platze vor dem Pupp'schen (früher böhmischen Saal genannt) und Mittwoch und Freitag (im Hochsommer) Abends von ½8 bis 9 Uhr auf dem Götheplatze vor dem sächsischen Saale die herrlichsten Weisen. Die Wiese kann also in dieser Beziehung auch »der Salon von Karlsbad« genannt werden.
2. Zum *Posthof (½ St.), Freundschaftssaal (¾ St.) und Kaiserpark. Dies ist der angenehmste, daher auch der besuchteste Spaziergang, weil er ohne Steigung auszuführen ist und prachtvolle Landschaftsbilder bietet. Am Ende der alten Wiese wandelt man, Pupp's grossartiges Etablissement rechts lassend, in die Pupp'sche Allee, der sich der sehr belebte Kiesweg anschliesst. Dieser erstreckt sich bis zur Karlsbrücke und ist rechts von Felswänden, die mit Inschriften bedeckt sind, begrenzt. Ueber einer Felsengrotte erhebt sich der Rasumovska-Sitz, links dicht am jenseitigen Ufer bemerkt man einen Wasserthurm; eine kurze Strecke weiter gelangt man rechts auf einer kleinen Erhöhung zu einem mit einem Eisentisch und Eisenbänken ausgestatteten Plätzchen, dem Fürst Rohan-Sitz. Gleich daneben der Kaiserin-Sitz, dem Andenken der Kaiserin Maria Ludovika (1810) gewidmet. Nicht weit davon gelangt man zur Restauration »Sanssouci«. Wir schreiten weiter und sehen auf einem Felsvorsprunge den Paulinen-Sitz. Von hier Anblick in das enge Teplthal. Die Karlsbrücke links lassend, wandeln wir eine kleine Viertelstunde weit und langen am Posthofe, einer Restauration mit schönen Gartenanlagen an, wo Montag und Freitag Nachmittags von 4–6 Uhr das Labitzky'sche Orchester spielt. Vom Posthofe aus führt etwas bergan eine Obstallee zum Fürst Schwarzenberg-Denkmal, einem, dem berühmten Sieger bei Leipzig errichteten Obelisk. Weiter die Fahrstrasse entlang wandernd, zeigt sich links die sogen. Plobenbrücke, nach dem Plobenberg führend, rechts die Antonsruh und dann der sehr beliebte Freundschaftssaal (Restauration und Café). Davon in geringer Entfernung liegt der Sitz der Freude. Wir gehen über den Steg an das jenseitige Flussufer und gelangen, die Strasse verfolgend, nach ¼ Stunde zu der herrlich gelegenen[76] und elegant eingerichteten Café-Restauration, welche Kaiserpark heisst.
3. Nach dem *Hirschensprung. Vom Markte aus gelangt man einige Schritte hinter dem Schlossbrunn links über einige Stufen in die Hirschensprunggasse. Am Ende der Häuser führt neben dem Hause »Zur Zufriedenheit« der Weg. An der zweiten Krümmung sind drei Wege: rechts der Jubiläumsweg, der zu dem einsamen Plätzchen: »Himmel auf Erden« führt, der mittlere leitet uns zur Gemse, weiter zu Mayers Gloriett; links steigen wir in einigen Windungen auf den Bergrücken des Hirschensprunges, dessen äusserste Spitze mit einem Kreuze geziert ist. Hier wunderschöne Aussicht auf den grössten Theil der Stadt, den Helenenhof, die Prager Kunststrasse, den Dreikreuzberg, sowie auf das Erzgebirge und in's Egerthal. An der Rückseite des Felsens ist eine schwarze Marmorplatte eingemauert, auf welcher mit goldenen Buchstaben die Namen jener Notabilitäten prangen, die Karlsbad besucht haben. Oberhalb der Inschrift Peters des Grossen ist dessen Büste aufgestellt, gemeisselt und der Stadt geschenkt von dem Bildhauer Prof. Seidan aus Prag. Das Plätzchen vor der Marmortafel heisst auch Petershöhe. Etwas tiefer gewahren wir eine Steinpyramide mit einem Plätzchen, der Theresienhöhe.
4. Zum Findlaters- oder Mylords-Tempel. Ausgangspunkt wie in Nr. 3. Von der Hirschensprunggasse aus betreten wir den sog. neuen Weg hinter den Häusern der alten Wiese und kommen zu einem, mit einem Kreuze geschmückten Felsenvorsprung, der einen guten Ueberblick der alten Wiese bietet. Gleich daneben stehen an einer Felswand die Worte: »Plus être que paraître«; das Plätzchen heisst Mariannen-Ruhe. Der breite Fussweg rechts, der Buturlin-Weg genannt, führt uns im Walde bergan zur Hammerkapelle. Hier steht ein Wegweiser zur Orientirung. Wir betreten den nach dem Findlaters-Tempel zeigenden Arm und langen in wenigen Minuten daselbst an, wo wir in das Hammerthal auf die Anlagen des Kaiserparkes blicken. Von dem Tempel führt ein Weg in Windungen bergab unmittelbar zum Freundschaftssaal; wir können aber auch, um zur Stadt zurückzukehren, den geraden Weg fortsetzen und dann den Chotekschen Weg einschlagen.
5. Die Vieruhrpromenade. Am Ende des Kiesweges (siehe 2) wenden wir uns rechts und betreten genannte Promenade. Wir gelangen zu einem Plätzchen, dem Fürstinnenstein, dann nach ¼ Stunde zur sogen. Dichterbank; in nächster Nähe Theilung des Weges. Der rechte Arm leitet nach dem Findlaters-Tempel, der linke bergab zu der schönen,[77] nahe an der Strasse gelegenen Stahls-Buche. Auf der Fahrstrasse zur Stadt zurück.
6. Zur *Freundschafts-Anhöhe und zum Friedrich Wilhelm-Platze. Den Schlossberg hinansteigend, verfolgt man die Hauptstrasse bis zum Jägerhause Kaiser Karl's IV. Vor dem Hause schlagen wir den links bergab leitenden Fussweg ein und kommen zur Findlaters-Pyramide mit schöner Aussicht in's Teplthal und nach dem Erzgebirge. Unterhalb dieser Pyramide ist das Helenen-Plätzchen. Auf dem weiter bergan führenden Weg langen wir in Schlangenwindungen bei der Freundschaftshöhe an, wo wir eine schöne Aussicht auf einen Theil der Stadt, das Egergebiet und das Erzgebirge geniessen. Weiter bergan erreicht man die Vogelhütte. Von der Freundschaftshöhe immer links bergab schreitend, erreichen wir den Friedrich Wilhelm-Platz, wo wir eine der schönsten Hauptansichten von Karlsbad haben. Abstieg in mehreren Wegschlingungen zur Marienkapelle.
7. Zum *Belvedere. Durch das Marien-Gässchen zum Friedrich Wilhelm-Platz steigen wir dann bergan, wenden uns auf dem Wege des Bergrückens rechts, gehen bei der Durchhaubank vorbei, nehmen stets die linke Wegrichtung und gelangen zum Katharinen-Plätzchen. Den Weg fortsetzend, schlagen wir bei der Wegkreuzung den Pfad links ein, der uns in einigen Minuten zum Belvedere führt, wo wir eine schöne Aussicht auf das Teplthal, den Freundschaftssaal und auf die Ruinen von Engelhaus geniessen. Ein schöner Waldweg leitet uns in vielen Krümmungen in ¼ Stunde zurück auf den Faulenzerweg und dieser führt auf die Marienbader Strasse.
8. Zur *Kaiser Franz-Josefs-Höhe. Den Weg der vorhergehenden Promenade einschlagend, gelangen wir zur Marienkapelle; einige Schritte weiter geht rechts bergan ein Weg, der sich theilt; wir wählen den linken Arm und kommen zu einer merkwürdigen, interessanten Vegetationserscheinung, der sog. Buchen- und Tannenehe. (Durch den Stamm einer Tanne ist der Ast einer nahen Buche gewachsen.) Wir kehren zur Marienkapelle zurück, steigen von hier, uns immer links haltend, bergan und sehen die Hammerkapelle, wo wir links einem bequemen Weg folgen, der uns aufwärts auf den höchsten Punkt des Hammerberges führt. Dieser Platz, der zu Ehren des Kaisers von Oesterreich Franz Josefs-Höhe genannt wurde, ist mit einem schönen Gloriett geschmückt und gewährt unstreitig die prachtvollste und mannigfaltigste Aussicht in der ganzen Karlsbader Umgegend; denn man blickt in ein nach Hammer reichendes, mit bewaldeten Bergen begrenztes Thal, geniesst einen Ueberblick über den grössten Theil der[78] Stadt und sieht das ferne Erzgebirge. Abstieg auf der anderen Seite des Hammerberges; wir verfolgen den Pfad zum Findlaters-Tempel, von wo wir bereits bekannte Wege betreten können, oder wenden uns zuerst nach links, dann wieder nach rechts und erreichen den Parnassfels. Von hier gelangen wir rechts zum Sommertheater, zur Wanderersäule und zur Restauration Sanssouci.
9. Zum *Aberg (1½ St.). Beginn der Promenade über den Schlossberg oder durch das Mariengässchen nach dem Friedrich Wilhelm-Platz und dem Katharinen-Plätzchen (siehe 7). Wir schlagen bei der Wegkreuzung den rechts zum Bilde führenden Weg ein, wandeln geradeaus etwa ¼ Stunde weiter und erreichen den Aberg mit einem Thurme, der eine der schönsten Rundansichten bietet (über die Karlsbader Berge, das Erzgebirge mit Sonnenwirbel, Engelhaus, Maria-Kulm und viele Ortschaften der Umgebung). Von hier führt ein Fussweg in ¼ St. zur Ziegelhütte herab. Wir setzen den Weg fort, bemerken eine Kapelle, hinter der sich (etwa 40 Schritte) die Ruinen der Kirche des ehemaligen Dorfes Thiergarten befinden, dessen Bewohner wahrscheinlich die ersten Ansiedler von Karlsbad waren. Wir kommen dann zu einer Fichte (mit »Echo« markirt), wo ein 4- bis 5-silbiges Echo zu vernehmen ist, endlich zum Jägerhaus Kaiser Karls IV.
10. Nach dem Russelsitz. Wir betreten den 9. beschriebenen Rückweg zur Stadt und wandern an der Kegelbahn beim Kaiser Karl's IV. Jägerhaus vorbei in den Wald, oder wir wählen den Weg nach der Restauration »Klein-Versailles«, gehen auf dem linken Fusswege am Waldessaume, betreten dann den links leitenden Waldweg, kommen zu einer Lichtung und erreichen von da links aufwärts in circa 18 Minuten den Russelsitz mit schöner Aussicht auf das Erzgebirge. Von diesem Plätzchen uns links wendend, kommen wir in ¼ Stunde auf den schon bekannten Abergweg.
11. Zum *Maria-Sophienweg, weissen Kreuze und Schützenpark oder zum Kreuz im Walde (Rohankreuz). Ueber den Schlossberg oder durch die Parkstrasse hinter dem Militärbadehause auf den Weg nach: Klein-Versailles. Diese Restauration rechts lassend, schreiten wir links am Waldsaume fort, gehen durch Wiesengründe, betreten den rechts in den Wald biegenden Maria-Sophienweg und kommen in einigen Minuten zum sog. weissen Kreuze, einer Felsengruppe mit einem Kreuze, von wo eine schöne Aussicht sich erschliesst. Den Weg fortsetzend, verfolgen wir eine kurze Strecke einen Waldfahrweg, schlagen hierauf zuerst eine linke, dann eine rechte Richtung ein und bemerken plötzlich eine prachtvolle Scenerie: das[79] schöne, weite Egerthal. Vom Bergrücken absteigend, gelangen wir auf die Bahnhofstrasse und promeniren, diese überschreitend, auf dem Allee-Wege, der zum Schützenparke führt. Durch die Gartenzeile treten wir den Rückweg zur Stadt an. – Lenken wir auf dem »vom weissen Kreuze« betretenen Fahrweg nach rechts ab, so kommen wir, nach kurzer Strecke uns wieder links abwendend, zu dem Kreuz im Walde oder zur Fürst Rohan's Höhe, wo wir eine herrliche Aussicht geniessen. Dieselbe Strecke ist auch rückwärts zurückzulegen.
12. Zur *Stephanshöhe, zum Panorama, zur Villa Lützow, zur Statue Karl's IV. und nach dem Bellevue-Tempel. Vom Kirchenplatze aus durch die Schulgasse erreichen wir nach sanftem Aufstieg bald die Stephanshöhe, so genannt zu Ehren des Erzherzogs Stephan. Schöne Aussicht auf den grössten Theil der Stadt. Auf dem Fusswege links kommen wir zum Panorama, einem sehr besuchten Restaurations- und Belustigungsorte mit prachtvoller Aussicht auf die Stadt. Vor demselben ist die Villa Lützow. Dieser gegenüber erhebt sich im Stadtgarten eine Säule mit der Statue Kaiser Karl's IV., errichtet zur 500jährigen Feier der Gründung von Karlsbad (Sept. 1858). Vom Panorama aus wandern wir eine Strecke auf der Prager Strasse und schlagen dann den Weg rechts ein, der zur Restauration »Waldschloss« führt. Von hier aus gehen wir oberhalb der Strasse im Walde nach dem Bellevue-Tempel, der einen wunderschönen Anblick namentlich beim Sonnenuntergang gewährt.
13. Zur *Camera obscura, zum Dreikreuzberg und zur König Otto's Höhe. Ausgangspuncte: die Schulgasse über das Panorama, oder die Andreasgasse, oder die Eger- und dann Prager Strasse. Der links bergan meist durch Buchenwald leitende Weg bringt uns nach etwa ½ Stunde zur Camera obscura, von wo wir eine herrliche Aussicht auf das Egerthal und die Stadt haben. Weiter hinauf führt der Weg in 5 Minuten zum Dreikreuzberg. Derselbe ist zweifelsohne nebst der Franz Josef's Höhe der herrlichste Aussichtspunct von Karlsbad. Vor uns liegt die Stadt mit ihren Palästen, zur rechten breitet sich das flurenreiche, mit blühenden Ortschaften dicht besäete Egerthal aus, durchzogen von dem Silberbande der Eger; im Hintergründe zeigen sich die Anfänge des Fichtelgebirges und die schlanken Thürme von Maria Kulm; seitwärts ragt der Gebirgswall des waldgekrönten Erzgebirges empor! Fürwahr ein zaubervolles Bild, das sich dem Auge hier entrollt! Durch den Wald weiter bergan erreichen wir die König Otto's-Höhe mit gleichfalls überaus herrlicher Rundaussicht.
14. Zu *dem Dorotheentempel, Böhmischen Sitz, Wiener Sitz, Helenenhof und zur Laurenz-Kapelle. Ausgangspunct: die Marienbader Strasse. Unweit der protestantischen Kirche befindet sich eine steile Felswand mit Inschriften. Wir schreiten etwa 15 Schritte vorwärts, drehen uns um und geniessen den Anblick einer wirklich malerischen Landschaft; wie denn diese Gegend, die Dorotheenau, schöne Landschaftsbilder darbietet. Den von der Karlsbrücke aufwärts führenden Weg wählend, kommen wir zum Dorotheentempel, von da weiter links bergan steigend zum Böhmischen Sitz. Von hier aus steigt der Weg immer höher am Berge hinauf und theilt sich oben; links führt er zur Laurenzkapelle, rechts bis zur Anhöhe hinauf zum Wiener Sitz, wo wir eine wunderschöne Rundansicht in's Teplthal und auf's Erzgebirge geniessen. Von diesem Aussichtspuncte sehen wir einen spitzigen, sesselförmigen Granitblock, Deutschlandsfels genannt. Unterhalb vom Wiener Sitz führt eine Allee zum Helenenhof mit Gartenanlagen. Die Helenenstrasse führt rechts auf die Prager Kunststrasse, links bei der Laurenzkapelle vorbei in die Stadt hinab.
15. Zu *dem Säuerling, dem Schweizerhofe, nach Schönbrunn und dem Schwindelweg. Dieselbe Strecke wie 14. bis zum Dorotheentempel, von hier rechts zu dem Säuerling; vor diesem geht ein Weg bergauf zu der freundlichen Café-Restauration »Schweizerhof«. In linker Richtung vom Säuerling bergab kommen wir zu der stark besuchten Café-Restauration »Park Schönbrunn«. Von da führt am Bergeshange in den Wald ein Weg, Schwindelweg genannt, der treffliche Waldpartien bietet. Rückweg über die Plobenbrücke auf die Marienbader Strasse.
16. Zu *den Friederikenfelsen und zum Bergwirthshaus. Von Schönbrunn (siehe 15.) auf ungebahntem Wege aufwärts kletternd, kommen wir zu Granitfelsen, »Friederikenfelsen« genannt. Bequemer kommen wir zu denselben, wenn wir den nach dem Schweizerhofe leitenden Weg betreten, bis in die Nähe der Stadt Lemberg steigen, wo ein gebahnter Weg zu den Friederikenfelsen führt. Von da wieder nach demselben Weg aufsteigend, gehen wir gerade aus fort bis zur Chaussée, welche bis zum Bergwirthshause führt. Diese Kunststrasse ist ein Meisterstück der Baukunst (der Bau wurde 1809 vollendet) und bietet in Folge der schlangenförmigen Windungen die schönsten, überraschendsten Aussichtspuncte. Mit Recht sagt die Schriftstellerin Schopenhauer: »Wahrlich, es verlohnt sich der Mühe, alle Jahre nach Karlsbad zu reisen, einzig, um darin anzukommen!« Vom Bergwirthshause wählt[81] man die kürzere alte Prager Strasse, welche rechts von der neuen sich am Bergrücken hinzieht. Der höchste Gipfel dieses Bergrückens heisst das ewige Leben und gewährt eine schöne Aussicht.
17. Ueber den Ploben zum Veitsberg. Wir gehen zum »Schwindelweg« (siehe 15.), biegen dann nach der ersten Wegabzweigung links zu einem Waldfahrweg ab, der in 1 Stunde bis zu dem höchsten Puncte des Bergrückens, dem Veitsberg, führt. Derselbe bietet eine herrliche Aussicht auf einen Theil der Stadt, den Hammerberg, Hirschensprung und Dreikreuzberg, auf Engelhaus, sowie in's Erzgebirge. Den Weg auf dem Bergrücken fortsetzend, betreten wir bergab einen Holzfahrweg, der zum Schwindelweg leitet.
Nach Dallwitz (¾ St. n. von Karlsbad). Wir spazieren auf der Egerstrasse nach dem Dorfe Drahwitz, wo wir bei der Ueberfuhr auf einem Kahne die Eger übersetzen, wandeln rechts den durch Wiesen führenden Fussweg fort und langen in einer Viertelstunde beim Dorfe Dallwitz an. – Sehenswürdigkeiten: Schloss, Porzellan- und Steingutfabrik der Riedl v. Riedenstein. Theodor Körner's Eichen (an dem westl. Eingange des Dorfes), deren stärkste 9·4 m. im Umfange hat und von 5 erwachsenen Personen kaum umspannt werden kann. Eine dieser fünf uralten berühmten Eichen ist vor zwei Jahren abgebrannt. Schon im dreissigjährigen Kriege erliess Kaiser Ferdinand III. zur Schonung der ehrwürdigen Bäume einen eigenen Befehl an die Soldaten. – Karl Egon Ebert's Linde.
Nach Zettlitz (¾ St.). Von der Schlackenwerther Strasse führt eine hinter dem Bahnhofe linksab gehende Strasse über die Zettlitzer Anhöhe, von wo sich eine schöne Rundaussicht eröffnet. Empfehlenswerth ist das Gasthaus »zum goldenen Engel«. Zettlitz selbst ist ein Dorf mit circa 40 Häusern und hat eine geräumige Pfarrkirche zur hl. Anna, die eine der ältesten Kirchen in der ganzen Gegend ist, denn sie wurde schon 1293 geweiht. Ehemals war Karlsbad nach Zettlitz eingepfarrt. Auf einem Seitenaltare der Kirche ist ein Gnadenbild, Maria Hilf, sehenswerth. In früheren Zeiten war Zettlitz ein stark besuchter Wallfahrtsort, gegenwärtig finden sich nur am Kirchenfeste (26. Juli) Processionen ein. In der Nähe des Ortes wird Porzellanerde gegraben. Zurück kann man über Fischern und von da an der Eger stromabwärts gehen.
Nach Fischern (¾ St. nordwestl. von Karlsbad). Dieses Dorf liegt am Rohlaubache, der sich hier in die Eger ergiesst und führt dahin ein sehr guter Fussweg über Wiesen hinter der Franz Josefs-Brücke links am Egerufer aufwärts. – Sehenswürdigkeiten: Grosse Porzellanfabrik (Karl Knoll), Kunstmühle und Dampfbrauerei.
Nach *Aich (1½ St. südwestl. von Karlsbad) nebst der Partie zum Hans Heiling-Felsen. Nach Aich verkehrt täglich zweimal ein Omnibus. (1. Abf. v. Angers Hotel auf der Neuen Wiese in Karlsbad 2 Uhr Nachm. Ank. in Aich 2¾ Uhr Nachm. Rückf. 5 Uhr Nachm. Ank. in Karlsbad 5¾ Uhr Nachm. – 2. Abf. v. Karlsbad 3½ Uhr Nachm. Ank. in Aich 4½ Uhr Nachm. Rückf. 7 Uhr Abends.) Dahin führen auch sehr angenehme Fusswege. a) Beim Jägerhause oder bei Klein-Versailles vorüber, schlagen wir den Fussweg rechts in den Wald ein. b) Von der Ziegelhütte aus: Hinter derselben geht der Weg zuerst im Walde, dann zwischen Feldern bergab. c) Hinter dem Mauthschranken auf der Strasse nach Aich biegt links ein gerader Weg ab, der am Waldessaume sich bis nach Aich fortzieht. Dieses Dorf zählt 100 Häuser. Sehenswürdigkeiten: Grossartige Porzellanfabrik des A. C. Anger. Schloss mit Restauration und Parkanlagen, auf einem steilen Felsen am rechten Egerufer sehr anmuthig gelegen, bietet eine hübsche Aussicht und zeigt Spuren von alter Bauart und ehemaliger Befestigung; es soll gleichzeitig mit dem Schlosse in Elbogen erbaut worden sein. – Von Aich eine halbe Stunde entfernt, erhebt sich in romantischer Lage am linken Ufer der Eger eine interessante, groteske Felsengruppe, Hans Heiling-Felsen genannt, in welcher die Phantasie des Volkes die versteinerten Gestalten eines Hochzeitszuges: das Brautpaar, den Mönch, die Gäste und Musikanten erblickt. Die betreffende Sage ist von Dichtern und Schriftstellern mehrfach behandelt worden. Dem Hans Heiling-Fels gegenüber liegt eine Sommer-Restauration.
Nach Pirkenhammer, gewöhnlich auch Hammer genannt. Es verkehren täglich mehrmals Omnibusse dahin. (Abf. vom Theaterplatz in Karlsbad um 1½, 2, 3 und 3½ Uhr Nachm. Abf. von Pirkenhammer von der Kaffee-Restauration des A. Leibold um 5½, 6, 6½ und 7 Uhr Abends.) Pirkenhammer liegt an der Karlsbad-Marienbader Strasse und rechts an der Tepl. Seine Einwohner sind grösstentheils Gewerbsleute; speciell die Kunsttischlerei hat hier einen hohen, vervollkommneten Aufschwung aufzuweisen, und verdient die Werkstatt des Kunsttischlers Günther mit ihren eleganten und soliden Erzeugnissen eine besondere Hervorhebung. Gasthäuser: »Zum Mühlengrunde«[83] (am Beginn des Dorfes) und »Habsburg« (im Dorfe). Eine Viertelstunde weiter ist die bekannte Porzellanfabrik von Fischer & Mieg, in welcher die schönsten Fabrikate zum Kaufe anlocken. Unmittelbar hinter der Fabrik führt ein guter Fussweg zur Meczery-Höhe mit weiter Rundsicht.
Nach *Engelhaus, dem Schloss Giesshübel und dem Schömnitzstein. Auf der schönen Prager Strasse kommt man in zwei Stunden nach den imposanten Ruinen Engelhaus mit dem Marktflecken gleichen Namens. Die Trümmer dieser Burg, die man von den höheren Aussichtspunkten Karlsbads und des Erzgebirges erblickt, thronen auf einem kegelförmigen, aus Klingstein bestehenden 78 Klafter hohen Felsen, der aus dem umliegenden Plateau steil sich emporhebt. Mittelst einer hölzernen Leitertreppe erreichen wir den alten Fahrweg, der rechts zum ersten, noch erhaltenen Burgthore, und von da gerade aus zum zweiten Thore führt. Südlich vom ersten Thor schliessen sich die halbrunde Bastion und starke Ringmauern mit Schiessscharten an. Der ehemalige Zwinger, der sich bis zum zweiten thurmartigen Thore zog, ist jetzt offen und mit Rasen bewachsen. Dieses selbst war ein viereckiges Gebäude, zwei Stockwerke enthaltend, mit regelmässigen Fensteröffnungen und hat dem Zahne der Zeit ziemlich Widerstand geleistet. Der Burghof ist uneben und wird links von einer Ringmauer umgeben, an die sich östlich ein zwei Stockwerke hohes unförmliches Gebäude, die ehemalige Wohnung des Burgherrn, anschliesst. In seinem Innern sieht man noch Reste von Mauern und verfallene Keller. An der Südseite des Berges steht isolirt ein viereckiges, einstöckiges Gebäude mit unregelmässigen Fensterreihen, das vom Grafen Hermann Černin nach der Zertrümmerung der Burg im 17. Jahrhunderte erbaut worden ist. Aus den Fenstern dieses Gebäudes hat man eine weite, wunderschöne Rundsicht. Westlich schweift das spähende Auge in die Gegend von Falkenau, Elbogen, Schlaggenwald bis gegen Graslitz und das Egerland, nördlich auf das erzgebirgische Hochplateau mit seinen dichtbewaldeten Häuptern und wildromantischen Schluchten; durch das Egerthal den Blick gegen Klösterle werfend, sehen wir die Ruine Himmelstein.
Geschichtliches. Die Burg Engelhaus, welche zur Herrschaft Giesshübel gehört, wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts von einem der Herren von Riesenburg erbaut, die ja die Orte Schlaggenwald, Schönfeld und Schlackenwerth gründeten und Petschau, Hartenstein, Buchau, Luditz und Ossegg besassen. Urkundlich erscheint 1326 Boršo von Riesenburg als Herr auf Engelsburg, 1434 verpfändete Kaiser[84] Sigmund das Schloss Engelhaus nebst anderen Besitzungen seinem Kanzler Kaspar Schlick, der es bald den Herren von Plauen verkaufte. Im Jahre 1468 wurde Schloss Engelhaus von König Georg von Poděbrad belagert, erobert und zerstört, doch später durch die Herren von Plauen wieder aufgebaut. Der letzte dieses Geschlechtes war Heinrich von Plauen, nach dessen Tode Engelhaus an den Grafen Christof von Schlick kam. Als dessen Tochter Anna Karoline sich mit dem Freiherrn Kaspar Colonna von Fels vermählte, ging das Schloss 1575 in den Besitz dieses Geschlechtes über. Leonhard Colonna, Freiherr von Fels, betheiligte sich als Protestant an dem böhmischen Aufstand, seine Güter wurden 1621 eingezogen und Engelhaus mit Giesshübel an den Feldmarschall Hermann, Freiherrn (später Grafen) Černin von Chudenitz, verkauft. Im 30jährigen Kriege wurde das Schloss Engelhaus 1635 von den Schweden zerstört. Graf Hermann Černin liess zwar um die Hälfte des 17. Jahrhunderts wieder ein neues Gebäude mit einem Tanzsaale aufführen, doch brannte es im J. 1718 mit dem Marktflecken ab. Nach 1639 wurde als Hauptort der Herrschaft immer nur Giesshübel genannt. Diese kam später (1829) an die Ritter von Neuberg und neuestens an den Grafen Hermann von Černin.
Kurz vor Engelhaus lenkt von der Prager Strasse links ein Fussweg ab, den wir verfolgen; er führt uns zu dem Schömnitzstein, der aber ¼ Stunde jenseits von der Fahrstrasse liegt. Von dieser steilen, aus Porphyrschiefer bestehenden Felswand geniesst man eine wahrhaft entzückende Aussicht in's Egerthal und auf das Erzgebirge.
Zum Curort Giesshübel-Puchstein (Giesshübler Sauerbrunn), König Ottos Quelle genannt. Dahin verkehren täglich Omnibusse (Abf. v. Karlsbad vom Becherplatz 11 Uhr Vorm. und 1½ Uhr Nachm. Rückf. gegen Abend). Die Strasse führt durch die Dörfer: Drahwitz, Satteles, Schömnitz und Eichenhof und bietet schöne Waldpartien. Das Curhaus liegt anmuthig im Egerthale und ist von schönbewaldeten Berghängen eingeschlossen, durch die sich nach den verschiedensten Richtungen Spaziergänge mit herrlichen Aussichtspunkten ziehen. Die »Otto-Quelle«, im Jahre 1862 zu Ehren des Königs Otto von Griechenland so benannt, quillt circa 20 Klafter hoch am Rücken des Berges aus dem Granitfels hervor und ist von Parkanlagen, zwischen denen sich das Badehaus befindet, umgeben. Nach Dr. Eduard Hlawaček besitzt der Sauerbrunn einen sehr angenehmen, prickelnd säuerlichen Geschmack und gehört zu den alkalisch-erdigen Säuerlingen. Er besitzt viel Kohlensäure, übrigens nur wenig mineralische Bestandtheile und dient theils zu diätetischem Zwecke als vortreffliches, erfrischendes[85] Getränk, und zwar mit oder ohne Zusatz von Zucker, etwas Himbeersaft oder von etwas weissem Wein und Zucker, wodurch man ein äusserst angenehmes, moussirendes Getränk erhält; – theils zu medicinischem Zwecke; als reizminderndes, den Aufsaugungsprocess belebendes, die Blutbereitung gelind verbesserndes Mittel, bei chronischen, reizlosen Brustleiden u. dgl. Unter dem Namen »Giesshübler« wird er jährlich in einer Anzahl von über drei Millionen Flaschen in die verschiedensten Länder der Welt versendet.[2]
[2] Siehe die ausgezeichnete medicinische Monographie über den Sauerbrunn von Med. Dr. Freiherr Josef von Löschner (Preis –.50 kr.) und »Album der König Otto-Quelle«.
Sein rasches Aufblühen verdankt der herrlich gelegene Curort seinem gegenwärtigen Besitzer, dem kais. Rath Heinrich Mattoni, der ihn zu einem Bade- und Molkencurort umgestaltet hat. Giesshübl-Puchstein ist mit vollstem Rechte ein sehr beliebter, fesselnder Anziehungspunct für Karlsbader Curgäste und Touristen.
Von genanntem Curorte kann man in sieben Viertelstunden eine genussreiche Fusspartie zur Station Welchau-Wickwitz machen. Der Weg leitet fast immer im Walde der Eger entlang an stattlichen Felsengruppen vorbei und berührt Rodisfort und Welchau.
Von Karlsbad führt die Kaiserstrasse über Fischern, Voigtsgrün, Neudek, Neuhammer, Hirschenstand nach Eibenstock in Sachsen und bildet einen Pass über das Erzgebirge. Wir machen unsere Tour bloss bis Neudek (3½ Stunden). Die weltberühmte Curstadt Karlsbad liegt bald im Rücken, und wir wandern, noch freudig erregt von den erhaltenen Eindrücken, unserem gesetzten Ziele zu. Wir gehen über die gewölbte, steinerne Tepl-Brücke der Bahnhofstrasse entlang zur eisernen Egerbrücke gegen Neufischern zu. Hier befindet sich der grossartige Bahnhof von Karlsbad. Weiter westlich wandernd, kommen wir nach Fischern. (Siehe Karlsbader Ausflüge 20.) Hier zweigt die eine Strasse westlich nach Elbogen-Falkenau-Eger und die andere nördlich nach Neudek ab. Wir wählen letztere und erreichen in ½ Stunde Altrohlau, welches Dorf eine Steingut- und Porzellanfabrik besitzt. In dieser Gegend sehen wir riesige Essen rauchen, denn wir schreiten durch das Gebiet reicher Kohlenlager und der Thonwaarenindustrie. Von Altrohlau nimmt die Gegend allmählig den Gebirgscharakter an; wir gehen auf der Strasse[86] zwischen Feldern und Wiesen durch die Einschichte Taschen oder Taschenhäusel, dann weiter bei Sittmesgrün vorüber, Tüppelsgrün rechts liegen lassend, müssen gegen Voigtsgrün, das wir in 1 Stunde erreichen, allmählig bergan steigen und langen auf der Höhe beim Gasthause dieses Dorfes an, wo sich vor unseren Blicken eine reizende Aussicht eröffnet. Die Ortschaften liegen zu unseren Füssen wie hingesäet. Von da schreiten wir auf ebener Strasse dem rechts an derselben gelegenen Orte Giebacht zu, erblicken links das Rohlauthal mit dem am Bergeshange liegenden Dorfe Thierbach und kurz darauf den im Osten der Stadt Neudek sich erhebenden Kreuzberg.
Gasthöfe: Das Rathhaus. Gasthof zum Herrenhaus. Gasthof zur Post.
Post- u. Telegrafenamt.
Postverbindung | nach | Platten | täglich | 1mal. |
" | Hirschenstand | " | " | |
" | Heinrichsgrün | " | " |
Aemter: Bezirksgericht, Steuer- und Grundbuchsamt, Bürgermeisteramt, Sparkassa, Notariat, Finanzwachekommissariat.
Beschreibung und Geschichte der Stadt.
Neudek liegt an dem Flüsschen Rohla (Rohlau), das hier den Rodisbach, Schmelzbach und Limnitzbach aufnimmt, in einem Thale, welches im Osten von dem Kreuzberge, im Westen vom Hochtannenberge, im Norden vom Paulusberge und den Abhängen des Peintlberges und im Süden von mehreren Höhen begrenzt wird. Die Lage des Städtchens, das mehrere Gassen besitzt, ist sehr schön. Der Marktplatz ist lang und schmal. Der grösste Theil der 367 Häuser liegt am rechten Ufer der Rohlau, nur die Häuser der Karlsbader Gasse, das gräflich Asseburg'sche Schloss mit einigen anderen Gebäuden und noch ein kleiner Stadttheil, den man gewöhnlich »Winkel« nennt, erheben sich am linken Ufer dieses Baches.
Durch die Kaiserstrasse steht Neudek mit Karlsbad und durch Bezirksstrassen auch mit Elbogen und Heinrichsgrün und von Neuhammer aus durch eine solche mit Platten in Verbindung. Nach Karlsbad, Elbogen, Graslitz, Joachimsthal und Schlackenwerth rechnet man 4, nach Heinrichsgrün und Platten zwei Stunden. In neuester Zeit ist man im Baue einer Eisenbahn begriffen, welche Neudek mit der 2 Stunden entfernten Station Chodau, beziehungsweise mit der Buschtěhrader Eisenbahn verbindet.
Das sehr industrielle Neudek zählt ungefähr 4000 Einwohner, die sich hauptsächlich mit Industrie, Handel und Oekonomie beschäftigen. Ausser der Spitzen- und Handschuhfabrication wird hier besonders die Metallindustrie, und zwar die Eisenblechindustrie und die Löffelfabrication betrieben. Die Landwirthschaft erzeugt die gewöhnlichen Feldfrüchte, als Roggen, Hafer, Erdäpfel; an den sonnigen Abhängen auch etwas Weizen. Die Umgegend ist reichlich mit Waldungen versehen, die meist Eigenthum der Gräfin von der Asseburg sind.
Sehenswürdigkeiten: Wollspinnfabrik mit Wollwäscherei des Lahusen (beschäftigt gegen 450 Arbeiter). Spitzenfabrik des Karl Kunzmann (Filiale der Firma Gottschald u. Comp.). Spitzenfabrik des Adolf Ullmann. Stickerei des Franz Reitzner. Löffelschmiederei des J. F. Schneider. Blechlöffelerzeugung des Eduard Erhardt. Löffelschmiede des Karl Neudert.
Das grossartige Blechwalzwerk (oberhalb Neudek an der Aerarialstrasse) mit der etwas entfernten Eisengiesserei, Eisendreherei und Blechverzinnerei beschäftigt gegen 500 Arbeiter. Dieses Etablissement ist Eigenthum der Gräfin Anna von der Asseburg, gegenwärtig an Petzold u. Comp. verpachtet. Holzschleiferei des Ignaz Fuchs (¾ Stunden von Neudek entfernt). Das Volksschulgebäude. Der sogenannte Thurmbergfels. Er besteht aus mehreren über einander liegenden Granitblöcken, von denen die zwei obersten über die unten an der Rohlau dahinführende Strasse hervorragen. Auf diesem Felsen erhebt sich der Glockenthurm; die Mauern desselben bilden ein vierseitiges Prisma, dessen vier Kanten von der Südseite aus zugleich bemerkt werden können, da der Grundriss die Form eines Trapezes hat.
Ueber die Entstehung Neudeks ist nichts Näheres bekannt, da durch den Brand des Rathhauses im Jahre 1731 alle Urkunden ein Raub der Flammen geworden sind. Jedenfalls wurde die Stadt schon im Mittelalter von Bergleuten gegründet, welche sich des Zinnbergbaues und des Zinnseifnens wegen in dieser Gegend zuerst niedergelassen haben. Die alte Zinnschmelzhütte, welche noch vor wenigen Jahren am linken Ufer der Rohlau im »Winkel« stand, aber wegen Baufälligkeit und aus Sanitätsrücksichten demolirt werden musste, soll das erste Gebäude in Neudek gewesen sein. Ueber die Entstehung des Namens Neudek erzählt die Sage Folgendes: Ein Jäger verirrte sich im Walde und kam auf den sog. Hochtannenberg (westl. von Neudek), stieg dort, um sich in der Gegend auszukennen, auf einen hohen Baum, nämlich auf eine hohe Tanne (wovon der Berg den Namen haben soll) und sah östlich im Thale ein Gebäude stehen, welches neu eingedeckt[88] war, ging dann auf dasselbe zu und fand daselbst den noch bestehenden alten Thurm, neben dem ein Häuschen stand, in welchem ein Schmied wohnte, der den Namen Waldesel führte. Dieser Jäger soll nun dem Thurm sammt den anderen Gebäuden den Namen Neudeckt (gegenwärtig Neudek) deshalb gegeben haben, weil er durch die neue Dacheindeckung zur Auffindung dieser Gebäude gelangte.
1. Zum Kreuzberg. Derselbe erhebt sich im Osten der Stadt an dem Ufer der Rohlau. Auf dem Gipfel dieses Berges erhebt sich ein Kirchlein. Der Weg schlingt sich in mehreren Serpentinen um den westlichen und theilweise um den östlichen Abhang herum und ist ein sehr beliebter Spaziergang der Neudeker. Von hier aus erblickt man die in den südöstlich gelegenen Gegenden sich erhebenden Punkte nahe bis an die Gegend von Buchau (z. B. den Engelhäuser Berg). In der Nähe des Hauses Nr. 318 erblickt man in der Tiefe die Stadt Neudek in wunderhübscher Lage.
2. Zum *Peintlberg. Er erhebt sich nördlich von Neudek und ist ungefähr 970m hoch. Bei Besteigung desselben wird gewöhnlich der durch das Dorf Eibenberg (Sitts Gasthaus) führende Weg benützt, der ungefähr 1¼ Stunde beträgt. (Oberhalb der Stadt zweigt von der Strasse zwischen zwei Bierschänken ein Weg nach genanntem Orte ab.) Von diesem Dorfe geht der Weg steil aufwärts bis zu einem Walde, wo er dann in mehr ebener Richtung bis zum Berge hinführt, auf dessen Gipfel sich einige Felsen erheben, um welche grosse Steinmassen gelagert sind. Die Besteigung wird durch die herrlichste Fernsicht belohnt. (Triangulirungspyramide.) Nach Norden und Nordosten haben wir wohl nur geringe Aussicht, dafür ist sie lohnender in östlicher, südlicher und südwestlicher Richtung; denn wir erblicken den Keilberg und Spitzberg bei Gottesgab, viele Teiche in der Nähe von Schlackenwerth, Lichtenstadt und Chodau, die Curstadt Karlsbad, die Ruine Engelhaus, den sagenreichen Crudum, den Kaiserwald, die Städte Schönfeld und Schlaggenwald, den Böhmerwald mit dem Dillenberge, den St. Annaberg bei Eger. In der Nähe des Peintlberges werden wir auch durch ein schönes Echo, entstanden durch einen neuangelegten Holzschlag, überrascht.
3. Zur *Thierbacher Kapelle (½ St.). Gehen wir auf dem Wege gegen Thierbach zu, so gelangen wir eine kurze Strecke westlich von diesem Dorfe zu dieser Kapelle. Obwohl die Aussicht von hier nicht so weit ist als wie die vom Gipfel[89] des Peintlberges, so ist sie doch eine herrliche zu nennen. Wir erblicken die Häuser von Giebacht, Hohenstollen, Allersloh, Eibenberg, zum Theile von Oberau und Hochofen; nach Osten zu sehen wir Fischern und Karlsbad, während in nördlicher Richtung der Peintl seine Kuppe mächtig emporhebt. Wunderschön, wie eine Krippe im grösseren Massstabe, liegen auf den grünen Wiesen und an den Bergabhängen die Häuser der zunächst gelegenen Ortschaften umher.
4. Zu den sogenannten Felshäusern (1½ St.). Wir gehen durch das Limnitzthal nach Ullersloh an Pecher's Restauration vorbei, von wo wir nach ¾stündiger Wanderung zu den sog. Felshäusern gelangen. Die Fernsicht von denselben ist eine lohnende, wenn auch nicht so grossartige, wie vom Peintlberg aus; doch bemerken wir die meisten Puncte, die wir von letztgenanntem Berge aus gewahren können. Die Felshäuser selbst sind gleichsam zwischen Felsgruppen eingebaut; ihr Aeusseres ist recht reinlich und mit Ranken von wildem Wein und anderen Schlingpflanzen geziert. Besonders schön ist von diesen Häusern aus die Aussicht auf die unten liegenden Gelände, welche sich gleichsam stufenartig gegen das Innere zu erniedrigen.
5. Zum *Kammersberg oder Hohenau (1¾ St.). Wir wandern von Neudek aus auf der Aerarialstrasse bis zu jener Stelle, wo sich hinter dem Dorfe Giebacht der Weg nach dem Dorfe Kammersgrün abzweigt. Derselbe führt in mehrfachen Krümmungen bis nahe zu dem letztgenannten Dorfe, das sich am Südabhange des Kammerberges und im Thale ausbreitet. Von diesem Berge gewahren wir bei heiterem Himmel Karlsbad und Elbogen, die Berge in der Umgegend von Buchau, einzelne Höhen um Duppau und die meisten Puncte, die wir vom Gipfel des Peintlberges gesehen. Die Kuppe des Kammerberges ist kahl und mit einer Orientirungshöhe versehen, die der Besitzer dieser Umgegend, Karl Stöhr, errichten liess.
6. Zum *Hochtannenberg oder Steinberg (¾ St. westlich von Neudek) und zum sog. Wächterhau. Zu demselben gelangen wir am bequemsten, wenn wir den nach Ober-Bernau leitenden Weg benutzen. Von der Kuppe dieses Berges erblicken wir nach Südost das Rohlauthal, Fischern und Karlsbad, weiterhin Engelhaus, Giesshübel, die Kirche von Pergles bei Buchau, nach Süden mehrere Dörfer zwischen Karlsbad und Elbogen, die Stadt Elbogen mit dem alten Schlosse, auch einzelne Hopfengärten in der Nähe von Falkenau. – Eine halbe Stunde westlich vom Hochtannenberge ist der sog. Wächterhau, auf welchem sich eine Orientirungshöhe befindet, von welcher wir bis in die Gegend um Duppau, Karlsbad, Elbogen bis Eger sehen können.
Dem reinlichen Städtchen Neudek Ade sagend, wandern wir auf der Reichsstrasse in mässiger Steigung weiter nördlich durch das reizende, sehr anziehende, tiefeingeschnittene Rolauthal. Zu beiden Seiten desselben erheben sich theils anmuthig bewaldete, theils waldlose, der Landwirthschaft zugängig gemachte Hügel- und Bergreihen mit gleichförmig ausgedehnten breiten Rücken und abgerundeten Kuppen. Zu unserer Rechten rauscht die Rohla. Dicht an Neudek erblicken wir rechts das »Schiesshaus«, einen beliebten Sommeraufenthalt für Einheimische und Fremde, links das grosse Eisenwerk (Siehe Sehenswürdigkeiten Neudek's). Nach kurzer Strecke sehen wir rechts ein »Gusseisenwerk« (Hochofen) (Siehe Sehenswürdigkeiten Neudek's), nach einer Biegung links das »Feigl'sche Einkehrhaus«. Gegenüber bemerken wir einzelne »Felsstücke«, die wie eine kleine Festung aus niederem Gebüsch hervorlugen. Beim »gemüthlichen Bergmann« (vulgo »beim Preussen«) zweigt am Fusse des sog. Preussenwaldes der Weg links nach Hochofen und Trinksaifen ab. In der Hauptstrasse weiter wandernd, kommen wir zur »Fuchs'schen Holzschleiferei« (Siehe Sehensw. N.); beim sog. »Hammerl« (Schmiede) überschreiten wir eine Brücke, welche die Grenzscheide zwischen Neudek, Hochofen und Neuhammer bildet. Von da biegt die Rohlau zu unserer Linken ab. An der herrsch. Bret- und Knochenmühle, dem Eiskeller vorbei erreichen wir »Hassmann's Gasthaus zur grünen Wiese«. Von da steigen wir westwärts auf den Fritzenberg, der eine schöne Aussicht über das Weichbild von Neuhammer bietet. Von letztgenanntem Gasthause benützen wir die Bezirksstrasse Neuhammer-Platten, welche sich durch das ganze Thal von Neuhammer, durch den sog. »Grund« zuerst am linken, dann am rechten Ufer des Weissbaches windet.
Das Dorf Neuhammer, 1 Stunde nördl. von Neudek, 1¼ St. südwestl. von Platten und 1 St. westl. von Bärringen, liegt auf mässig ansteigenden, einander gegenüberliegenden Bergen (Fritzenberg, Hofberg oder Eulenhof, Faunzberg, Fladererberg und oberen Neuhammer) und in den dazwischen liegenden Thälern (Rohla- und Weissbachthal) und zählt 210 Häuser mit 2200 Einwohnern, die sich von Spitzenklöppelei, Löffelfabrication, Handschuh-, Tüll- und Mullnähen, Viehzucht ernähren.
Geschichtliches. Wahrscheinlich hat Neuhammer mit der Entstehung des Bergbaues von Neudek und Umgebung gleichen Ursprung. Dass auch in Neuhammer der Bergbau betrieben wurde, beweisen die vielen Zechen- und Seifenhalden.
Weitere schöne Aussichten gewähren: der Hofberg[91] (westl. von der Kirche), der Fladererberg, der Peintlberg (Siehe Ausflüge v. Neudek 2). (Eine Fernsicht in's flache Land ist uns auf der ganzen Partie Neudek-Neuhammer-Platten leider nicht gegönnt.)
Haben wir Altvater Peintl unseren Gruss zugewinkt, und das letzte Häuschen von Neuhammer im Rücken, so winken uns höhere Gebirgskuppen, und ernster Fichtenwald nimmt uns auf. Die Strasse windet sich in vielfach gebogenen Zickzacklinien etwas steiler durch den dunkeln Vierfels (rechts), den hochbewaldeten Kaiserbuchwald (links). Die Berge treten näher und näher heran, das sanfte Rauschen des zur Linken fliessenden, forellenreichen Weissbächleins gewährt eine interessante Unterbrechung der Waldeinsamkeit. Dort, wo sich die Strasse stark nach Rechts wendet, verlässt uns unser traute Begleiter und versteckt sich am Fusse des sich hinter uns erhebenden kahlen Berges »Kohlhau«, wo er sein Quellchen hat. Die Strasse wird etwas steiler, und die Höhe, vom Volksmunde »das Abg'span« genannt, ist erreicht, eine steinerne Säule markirt dieselbe. (Links zweigt ein Fussweg, der sog. Buttersteig, ab und führt nach Breitenbach und Johanngeorgenstadt.) Den Schlusstheil unserer Wanderung bildet das Zurücktreten des Waldes, an dessen Saume wir ein anmuthiges Forsthaus begrüssen; noch ein Viertelstündchen, und wir sind in Platten, dem Ziele unserer Wanderung.
Gasthöfe: Waldhütter's Gasthaus (an der Ecke des Marktplatzes). Rathhaus.
Post- u. Telegrafenamt am Marktplatz.
Postverbindung | nach | Joachimsthal | täglich | 1 | mal. |
" | Neudek | " | 1 | " | |
" | Karlsbad | " | 2 | " | |
" | Johanngeorgenstadt | " | 2 | " |
Aemter: Bezirksgericht. Steueramt. Bürgermeisteramt (im städt. Rathhause).
Beschreibung und Geschichte der Stadt.
Die k. Bergstadt Platten liegt an der Südwestseite des Plattenberges auf dem Kamme des Gebirges, welches dicht nordwestlich an der Stadt allmählig nach der sächsischen Seite, im Süden aber mehr steil nach Böhmen abfällt. Die Stadt ist sehr regelmässig gebaut und zählt 2500 Einwohner, die Viehzucht, Blechlöffel- (aus Eisenblech und aus Stabeisen), Blechspiegel- und Blechfeuerzeuge-Fabrication, Spitzenklöppelei, Handschuhnäherei und Korkschneiderei betreiben. Nicht weniger als eine halbe[92] Million Dutzend Löffel, und zwar beiläufig 30 verschiedene Sorten, werden von Grosshändlern in Platten und Neudek jährlich nach allen Richtungen versendet. Der Gesammtwerth der in Platten erzeugten Blechspiegel wird auf ungefähr 40.000 fl. geschätzt.
Sehenswürdigkeiten: Grosse Löffelfabrik von Kolb und Kerl. Die Stöpselfabrik des Vincenz Gerber. – Zu erwähnen ist der durch die Stadt fliessende sog. Stadtgraben, ein Bach, der nördlich von Gottesgab entspringt und schon in alter Zeit von der Stadtgemeinde durch die Waldungen zum Betrieb der Berg- und Pochwerke, Mühlen und Schmelzhütten hieher geleitet worden ist und noch immer erhalten wird.
Die Gegend um Platten gehörte im Mittelalter zu der damals böhmischen Herrschaft Schwarzenberg, welche aber König Georg von Poděbrad, als seine Tochter sich 1459 mit dem Herzog Albrecht von Sachsen vermählte, diesem als Mitgift gab. Herzog Albrecht verkaufte die Herrschaft an die Herren von Tessau, und von dieser Familie ging sie 1532 kaufweise an den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen über. Ohne Zweifel wurde schon vor genanntem Jahre in dieser Gegend an mehreren Puncten, wie bei den jetzigen Ortschaften Irrgang, Zwittermühl, Breitenbach u. a., Bergbau auf Eisen und Zinn getrieben. Als 1532 auf dem Plattenberge »höfliche« (hoffnungsreiche) Zinngruben aufgefunden wurden, kamen immer mehr Bergleute aus der Umgegend, namentlich von Schneeberg, herbei, liessen sich hier nieder und gründeten Platten. Gleichzeitig fand die Gründung von Gottesgab statt. Der Bergbau machte in Platten bedeutende Fortschritte, viele neue Zechen wurden aufgenommen und auch einige Silbergänge erschürft: deshalb erliess der Kurfürst eine gedruckte Bergordnung und räumte der Bevölkerung die Befugnisse des Backens, Bierbräuens etc. ein. Im Jahre 1544 besass Platten bereits 8 Schmelzhütten und mehrere Eisengruben. Im schmalkaldischen Kriege hatte die churfürstliche Bergstadt, überhaupt die ganze Gegend bis an das Egerthal herab, viele Bedrängnisse zu erdulden. Christof von Gendorf zog im October 1546 mit zwei Fähnlein gegen Platten und erschreckte mit fünf grossen Stückbüchsen die dort befindliche sächsische Mannschaft so, dass sie die Flucht ergriff und die Stadt von kaiserlichen Truppen besetzt wurde. Aber im April 1547 kam die Stadt wieder in den Besitz des Kurfürsten Johann Georg von Sachsen. Derselbe wurde bekanntlich vom Kaiser Karl V. in die Reichsacht erklärt und verlor sein Land, welches sein Vetter Moriz, der sich mit dem Kaiser verbunden hatte, erhielt. Am 14. October 1546 schloss König Ferdinand von Böhmen mit dem Herzog Moriz von Sachsen einen Vertrag ab, kraft dessen die südliche Hälfte der Herrschaft Schwarzenberg mit Platten und Gottesgab sammt den[93] Wäldern an Böhmen mit der Bedingung abgetreten wurde, dass dem Herzog die freie Jagd und der Genuss des Bergwerks-Zehnten blieb. Ein zweiter, im Jahre 1556 zu Schneeberg abgeschlossener Vertrag änderte erwähnten Vorbehalt dahin ab, dass der Zehnte zur Hälfte getheilt, aber auch der Gehalt der Beamten von jedem Theile zur Hälfte gezahlt werden sollte. Im Laufe der Zeit erhielt die Stadt von den Kaisern Ferdinand I., Maximilian II., Rudolf II., Mathias und Ferdinand III. mehrere Privilegien, hauptsächlich zur Förderung des Bergbaues. So verlieh K. Ferdinand I. am 30. Juli 1555 der Stadt neue Bergfreiheiten, gestattete den Einwohnern, aus abgetriebenen Waldstrecken Felder anzulegen, und ein Stadtwappen zu führen, das ausser dem österreichischen Schild und dem halben böhmischen Löwen eine Seifengabel und eine Keilhaue darstellte.
Die bis 1617 gemachten neuen Anstrengungen, den Bergbau zu heben, wurden durch den dreissigjährigen Krieg, der seine blutigen Wellen auch über die Bergrücken des Erzgebirges wälzte, unterbrochen. Und als 1653 diejenigen protestantischen Bewohner Platten's, welche nicht zum katholischen Glauben übertreten wollten, nach Sachsen auswanderten und auf dem Fastenberge die Stadt Johanngeorgenstadt gründeten, ging der Bergbau dem gänzlichen Verfalle entgegen. Nur 1739 trat eine neue günstige Epoche ein. Der Grenzzoll-Einnehmer Hessler machte in diesem Jahre auf der Zinngrube St. Conrad einen überaus glücklichen Anbruch. Sie lieferte 1740 eine Ausbeute im Werthe von 200.000 fl., die sich später auf das Vierfache erhöhte. Ebenso glücklich war Hessler mit zwei Silberzechen, dem Gottholds-Stollen und am Rosenhof. Dieser reiche Bergsegen bildete leider nur eine Ausnahme.
1. Zum *Plattenberg, nach Auerhahnl (Irrgang). Eine gute Strasse führt in nordöstlicher Richtung über den Plattenberg (1038m), von dem man eine schöne Aussicht über Platten und Bärringen hat. Bei der auf der Höhe steigenden Säule zweigt sich links ein Waldweg ab, auf dem man zu einer Triangulirungspyramide kommt, von der man eine reizende Aussicht über einen Theil von Sachsen und Böhmen geniesst.
Zur Säule zurückkehrend, kommen wir auf schöner Strasse in stiller Waldeinsamkeit nach Irrgang, wo dem Spaziergänger das kleine, aber durch seine reinlichen Gastleute bekannte sog. Auerhahnl zu einem frischen Trunk und stärkenden Imbiss einladet. Links von diesem Gasthause sehen wir ein Eisenwerk (Hilfgotteseisenzeche). Rechts unterhalb dieses Eisenwerkes[94] liegt das sog. Schneebergl, ein mit Jungholz bewaldeter Scheitel, wo sich mehrere Verritzungen, von altem Bergbau herrührend, finden, in deren Tiefe immerwährender Schnee sichtbar ist.
2. Zur Wolfs- und Eispinge. Bei der Kolb und Kerl'schen Löffelfabrik theilt sich der Fussweg. In nördlicher Richtung führt er bei dem aus den Zeiten des Bergbaues herrührenden Pulverthurme und der ehemaligen Papiermühle vorbei. In dem niederen Fichtenstande, in den der Weg eintritt, theilt er sich von neuem. Wir halten uns rechts und kommen zu der vom Steige rechts sich befindlichen Wolfspinge. Dieselbe ist ein alter Tagbau, der nun als riesiges Felsennest von der primitiven Abbauung der Erze vor dreihundert Jahren Zeugniss gibt; die Annalen erzählen, dass man darin centnerschwere Zinngraupen gefunden hat. Etwas nördlicher kommen wir, das Augenmerk ängstlich auf unsere Füsse richtend, zur sog. Eispinge. Risse und Spalten in die Erde, die der Fuss zu überschreiten vermag, und die mit Gestrüpp überwachsen sind, verhindern den Zutritt des Sonnenlichtes in die gähnende Schlucht, in welcher ewiges Eis in mächtigen Stalagmiten, die Wände emporstrebend, sich befindet. Bemerkt sei, dass es auf dem Plattenberg ausser den beiden genannten Zeugen alten Bergbaues noch andere offene Stollen und Höhlen gibt (bei Irrgang die Schneepinge).
3. Nach *Ziegenschacht (1 St.). Von der oben genannten Löffelfabrik betreten wir links den Wiesensteig. Zur Rechten und Linken breiten sich im schönsten Farbenschmucke prangende Wiesen aus. Wir gehen gegen Norden und kommen nach kurzer Strecke in eine Fichtenjugend, in welcher zwei Waldwege führen, die sich aber wieder vereinigen. Hat man die abgeholzte Richtung erreicht, so hält man sich links. Der Weg führt wieder in einen Fichtenbestand hinein, aus dem er erst in Ziegenschacht heraustritt. Die schöne Waldeinsamkeit, der duftige Harzgeruch und brennende Meiler machen diesen Spaziergang zu dem angenehmsten in Plattens Umgebung. Gasthaus im Ziegenschacht.
Die vom Bahnhofe aus nach Schlackenwerth führende Aerarialstrasse verfolgend, betreten wir die auf der sog. Weheditzer-Zettlitzer Höhe links sich abzweigende und durch den Ort Ottowitz führende Bezirksstrasse, die sich zwischen gutbebauten und ergiebigen Fluren dahinzieht, deren Inneres auch reiche Kohlenlager birgt. Man geniesst eine hübsche[95] Aussicht nach Zettlitz, Altrohlau. An der sog. Widitzmühle, dem Widitzhofe und einigen Häusern der Gemeinde Halmgrün vorbei leitet die Strasse durch einen grossherzoglich Toskanischen Fichten- und Föhrenwald und bringt uns nach 1¾stündiger Tour in das Dorf Grossenteich (liegt 1 St. sw. von Schlackenwerth) mit dem nördlich am Dorfe gelegenen, einem kleinen See gleichenden Grossteich von 110⅓ J. Area. Hier bietet sich ein schöne Rundsicht; man erblickt westlich die Dörfer Ruppelsgrün und Edersgrün, gegen Norden und Nordwesten das Erzgebirge mit dem Wölfling, gegen Osten und Süden das Duppauer Gebirge. Wir wandern auf der Strasse noch ¼ Stunde weiter und erreichen Lichtenstadt, wo sich uns gleichfalls eine gute Rundsicht erschliesst.
Gasthöfe: Zum Rathhaus. Zur Sonne.
Postamt. Bürgermeisteramt (im städt. Rathhaus).
Sehenswürdigkeiten: Eisengiesserei-Fabrik des Heinrich Reichel (5 Minuten oberhalb der Stadt). Lichtenstadt gehörte i. J. 1217 dem Wladik Hroznada, welcher es dem von ihm gegründeten Stifte Tepl vermachte. Diese Schenkung bestätigte Karl IV. am 3. Mai 1350 und ertheilte zugleich die Erlaubniss, in dem an Lichtenstadt anliegenden Walde oder auf anderen, dem Stifte gehörigen Gütern Mühlen und Eisenbergwerke anzulegen. Die Geistlichen zogen fleissige deutsche Ansiedler in die Gegend, welche in den öden Waldstrecken viele Ortschaften anlegten. Zur Zeit des Husitenkrieges kam das Gut an die königl. Kammer, bis Kaiser Sigmund 1437 es nebst anderen Besitzungen seinem Kanzler Kaspar Schlick zum Geschenk machte. In älterer Zeit wurde hier Bergbau auf Silber und Zinn betrieben, der aber im Husitenkrieg einging. Unter Kaiser Ferdinand I. erblühte der Bergbau von neuem, allein der 30jährige Krieg vernichtete ihn. In den Jahren 1770 und 1785 stellte man neue Bergbauversuche an, erzielte aber keine Erfolge.
Besteigung des *Wölfling. In der unmittelbaren Nähe von der Reichel'schen Fabrik erhebt sich rechts der sog. Hohenberg, an dessen Fusse der israelitische Friedhof gelegen ist; links »der ausgedehnte und hohe Glasberg, welcher mit seinen Abhängen bis an den Fuss des Gebirges (Erzgebirges) abdacht und sich als ausgebreitetes Gebirgsjoch von seiner sich steil erhebenden ansehnlichen Kuppe in nordwestlicher Richtung bis auf den Hauptkamm des Gebirges hinzieht. Der höchste Punct dieses Gebirgsjoches ist der Trausnitzberg, westlich von Salmthal.[96] Durch die südlichen ausgedehnten Gipfel des Glasberges wird diese weiter nordwestlich liegende Kuppe, sowie der höhere Hauptkamm des Gebirges, verdeckt.« Einer der südlichen Gipfel heisst *Wölfling und gewährt wegen seiner frei vorspringenden Lage eine umfassende, prachtvolle Aussicht, wie sie nur wenige Puncte des Erzgebirges gewähren. Fast ausnahmslos in den bezüglichen Reise-Führern ignorirt, lässt sich auf dem Wölfling nur hie und da ein Tourist sehen. Wir können die Besteigung dieses Berges, obgleich die dahin führenden Wege manches zu wünschen übrig lassen, allen Erzgebirgstouristen auf das wärmste empfehlen. Wir besteigen in einer Stunde den Wölfling von Lichtenstadt aus, passiren den sog. »Kirchsteig«, der beim lichtenstädter Schiesshause seinen Anfang nimmt und durch die Waldung oberhalb des Dorfes Edersgrün führt. (Mit Wagen kommt man auf der Bezirksstrasse über Merkelsgrün, Salmthal in 1¼ St. nach Bärringen, von wo südlich der gewöhnliche Weg, das sog. »Bärringer Strass'l« durch die grossherzogliche Waldung in 1 Stunde nach Wölfling führt, oder man fährt auf der vor der Reichel'schen Fabrik abzweigenden, über Edersgrün, Tüppelsgrün bis Neudek leitenden Bezirksstrasse bloss bis Tüppelsgrün, von wo sich in nordwestlicher Richtung ein Waldweg nach Kammersgrün schlängelt; der nicht gar gute Verbindungsweg zieht sich in einer sanften Anhöhe nach Wölfling und kann ebenfalls in 1 Stunde zurückgelegt werden. Ist man am Gipfel des Berges angekommen, so sieht man das Forsthaus und noch ein einzelnes Haus. Beide bilden das »Vorder-Wölfling«. Von da bietet sich dem Beschauer ein wahrhaft entzückender und seltener Anblick von einem bunten Gemische von Waldungen, Feldern, Wiesen und Teichen, Städten und Dörfern, Bergen und Thälern, dass demselben, überwältigt von dem herrlichen, farbenprächtigen Bilde, unwillkürlich ein »Ach« entfällt. Lässt man das Auge gegen den Fuss des Berges schweifen, so erblickt man südlich und südwestlich an dem Abhange kleine Vorberge und Thäler, welche reizend aussehen; namentlich nimmt sich das Dorf Tüppelsgrün, am Tüppelsgrüner Bache gelegen, sehr schön aus. Verfolgt man die Ebene südöstlich, so sieht man viele Ortschaften, darunter Schlackenwerth, die Gegend von Buchau, Giesshübl, die Ruine Engelhaus; südlich die Gebirgskette von Tepl, die Stadt Karlsbad mit ihren Ausflugsorten, z. B. Bahnhof, Waldschloss, Dreikreuzberg, Hirschensprung und Antonienshöhe, ferner Donitz, Fischern, Dallwitz, Aich, Altrohlau, Zettlitz u. a., den Grossteich und mehrere kleinere, zu Tüppelsgrün gehörige Teiche (Wiesenteich, Haideteich); südwestlich Neurohlau mit seinem grossen Teich, Chodau mit mehreren umliegenden Ortschaften, Elbogen, Altsattel, Neusattel, Falkenau und Umgebung, Maria-Kulm,[97] die Gegend von Eger und Franzensbad. Ueberdies wird die lachende, herrliche Landschaft – das Egerthal – von dem Silberbande der Eger durchzogen. Einen unvergleichlich schönen, köstlichen Anblick geniesst man hier kurz vor Sonnenuntergang durch das Blitzen der vielen Teichspiegel, das Brennen der Fabriks-Essen von Dallwitz, Aich, Fischern, Altrohlau und Chodau. Von Wölfling gelangt man in nordwestlicher Richtung zu dem sog. »Hohen Hau« (zu Kammersgrün gehörig), woselbst ein Gloriett errichtet ist zur besseren Aussicht auf das Egerland. – Die Strasse, welche sich nördlich am rechten Ufer des forellenreichen Wistritzbaches zwischen Wiesen im reizend schönen, romantischen Wistritzthale dahinzieht, führt nach ½stündiger Wanderung durch das Dorf Merkelsgrün, welches am Wistritzbache gelegen, rechts von Feldern, links von Wiesen umgeben ist. Beim Wirthshause führt rechts von der Bezirksstrasse eine Strasse zur Porzellanfabrik. Wir schreiten auf der nun am linken Ufer des Wistritzbaches führenden Strasse entlang weiter und gelangen nach dem an Merkelsgrün unmittelbar sich anschliessenden Orte Salmthal, das 1 Stunde nw. von Lichtenstadt an den Thalgehängen des Glasberges und Plessberges liegt. (Holzschleifereien des Wilhelm Schreiter, Heinrich Kluge u. Comp. und Johann Geutner.) (Erwähnenswerth ist, dass hier hinter dem Gasthause »zum grünen Thal« durch ein enges Seitenthal, den sog. Modersgrund, ein guter Waldweg nach Abertham führt.) Weiter thalaufwärts steigend, kommen wir nach ½ Stunde in Bärringen an.
Gasthöfe: Rathhaus und Stadt Leipzig.
Post- u. Telegrafenamt. Bürgermeisteramt.
Die Bergstadt Bärringen mit 2360 Einwohnern liegt hoch im Gebirge an der Schwarzen Wistritz. Die Haupterwerbsquellen sind Rindviehzucht, Stickerei und Spitzenklöppelei. Erwähnenswerth ist wohl hier die Gimpelzucht, die den Züchtern jährlich einige hundert Gulden abwirft. Die jungen Gimpel werden nämlich aus dem Neste genommen, zu Hause erzogen und gelehrt, indem man ihnen das einzuübende Liedchen bloss mit dem Munde rein und immer gleichmässig vorpfeift. In jüngster Zeit wurde hier durch Vermittelung des Herrn Ritters von Dotzauer auch die Harzer Kanarienvogelzucht eingeführt.
Sehenswürdigkeiten: Die grossen Stickerei-Etablissements von A. Meinls Erben, Gebrüder Pfob und J. T. Poppenberger.
Das Städtchen verdankt seinen Ursprung dem Bergbau, welcher hier 1532 begann. Der Sage nach soll ein Bär durch Scharren seines Lagers in der Gegend des sogenannten Schwarzen Teiches das Erz entblösst haben, und so die Lagerstätte von Zinnerz erschürft worden sein; darauf soll auch das Wappen des Städtchens deuten, welches einen Bären vorstellt, der einen Ring in der Pfote hält. In der grössten Blüthe war der Bergbau, der schon längst erloschen ist, unter der Regierung Kaiser Ferdinands I., denn nicht weniger als 72 Pochwerke waren damals hier in Betrieb. Im Jahre 1559 wurde Bärringen zur Stadt erhoben.
Von Karlsbad gelangen wir, wenn wir die Tour auf der schönen Reichsstrasse machen, in 2 Stunden (zu Wagen in 1 Stunde) nach Schlackenwerth, oder wir fahren zu dieser Stadt pr. Buschtěhrader Bahn in ½ Stunde.
Wir wählen die Fusstour. Unterhalb des Karlsbader Bahnhofes, wo sich die nach Schlackenwerth führende Strasse rechts zweigt, erblicken wir sogleich zur Linken das Dorf Zettlitz, zur Rechten Karlsbad, Drahowitz, den Egerfluss, Weheditz. Die Strasse führt durch Felder; wir schreiten bei einer grossartigen Dampfziegelei vorüber und erreichen die sog. Weheditzer-Zettlitzer Höhe, wo wir eine schöne Aussicht geniessen (Siehe Tour Karlsbad-Lichtenstadt). (Auf dieser Höhe zweigt linksab die Strasse nach Lichtenstadt, etwas weiter entfernt rechtsab die Strasse nach Dallwitz.) Die in nordöstlicher Richtung dahinziehende Strasse weiter verfolgend, gelangen wir unterhalb Sodau zu einem Theil dieses Dorfes mit 2 Gasthäusern, nähern uns dann dem rechts liegenden Dorfe Lessau, wandern links an dem Orte Fuchsloch (½ St. sw. von Schlackenwerth) und dem Dorfe Grasengrün (Teiche; der Peinteich zwischen Grasengrün und Hauptstrasse) vorbei und kommen endlich nach Schlackenwerth. Links von der Strasse sehen wir den Friedhof und den grossherzoglich toskanischen Park, rechts das Actienbräuhaus.
Gasthöfe: Zum Renthaus, am Marktplatze, Schwarzer Adler.
Post- und Telegrafenamt im erstgenannten Gebäude.
Postverbindung | nach | dem Bahnhofe »Schlackenwerth«. |
" | " | Joachimsthal täglich 3mal. |
Aemter: Bürgermeisteramt. Spar- und Vorschusskassa.
Beschreibung und Geschichte der Stadt.
Schlackenwerth, der Hauptort der gleichnamigen, dem Grossherzog von Toskana gehörigen Herrschaft, liegt am Fusse des Erzgebirges an der Wistritz und an der Buschtiehrader Bahn in einer schönen und reizenden Ebene, welche nördlich von den gewaltigen, waldbekrönten Bergketten des Erzgebirges, westlich von dessen milderen Ausläufern, südlich von den Karlsbader Hügelketten und östlich von dem kegelartig gestalteten Egergebirge eingeschlossen wird. Dieser sehr fruchtbare, an Aeckern und Wiesen reiche Basalt-Kessel wird vom Wistritz- und Weseritz-Bache durchfurcht. Ersterer nimmt, bevor er Schlackenwerth erreicht, den Weseritzbach auf. Die Stadt zählt 2000 Einwohner, welche sich hauptsächlich mit der Landwirthschaft beschäftigen.
Sehenswürdigkeiten. Das grossherzoglich Toskanische Schloss, in einfachem Renaissancestyl erbaut, ist in jüngster Zeit durch zwei Seitenflügel und einen rückwärtigen Trakt vergrössert worden. Dasselbe besitzt einen grossartigen Rococo-Park mit hundertjährigen Eschen und Linden, stattlichen Erlen, Ahornen, Weiden, Cirpisbäumen und hohen Tannen, sowie mit anmuthig angelegten Spaziergängen. Mitten im Parke, der in den Sommermonaten von Karlsbader Curgästen und Touristen sehr häufig besucht wird, steht das im Rococostyle erbaute herrliche Gartenhaus, ein octogones, barockes Gebäude mit Restauration. (Geschichtliches siehe bei der Geschichte der Stadt.)
Die Pfarrkirche, im gothischen Styl erbaut und neu renovirt, hat ausser dem imposanten Hauptaltar noch 6 Seitenaltäre. Das Altarbild des ersteren stellt die Grabbestattung Jesu vor und ist ein Meisterwerk des berühmten böhmischen Malers Karl Skreta. Das Piaristen-Collegium mit einem durch den letzten Gymnasialdirector P. Ernst Miebes, einen geborenen Schlackenwerther, trefflich angelegten, reichhaltigen Lehrmittel-Cabinet, mit einer werthvollen Bibliothek, im grossen, schönen Archivsaale, an dessen Wänden nebst den Ahnenbildern der Lauenburger auch die Bildnisse der kaiserlichen Hoheiten Leopold II. und Maria Antonia in Lebensgrösse prangen. Für den Archäologen und Bibliographen ein Unicum: Der Manuskript-Pergamentcodex vom Jahre 1353, welcher die Legende der hl. Hedwig, Herzogin von Schlesien, und vier Homilien des hl. Bernhard enthält.
Geschichtliches. Das Piaristen-Collegium wurde von Anna Magdalena Popelia, der Gemahlin des Herzogs Julius Heinrich von Lauenburg, 1666 gestiftet; das Gymnasium, 1780 in eine Normalhauptschule verwandelt, wurde 1804 abermals eröffnet[100] und bestand bis zum Jahre 1820, in welchem die beiden Humanitätsklassen aufgehoben wurden, so dass nur die 4 Grammatikalklassen blieben, die aber 1852 sammt der Hauptschule geschlossen wurden. Durch die wahrhaft fürstliche Munificenz der durchlauchtigsten Frau Grossherzogin Maria Antonia und des edlen Grossherzogs Leopold II. konnte am 1. Okt. 1863 das Piaristen-Untergymnasium wieder eröffnet werden, das aber leider mit dem Schuljahre aufhörte. – In der Piaristenkirche, welche 1674 eingeweiht worden ist, befindet sich auf dem Hochaltare die Muttergottesstatue Maria-Treu, wohin nicht nur Schlackenwerther, sondern auch Katholiken aus der ganzen Umgegend ihre Zuflucht nehmen.
Porzellanfabrik von Pfeiffer und Löwenstein. (Rechts von der Strasse zum Bahnhofe.) – Actienbräuhaus. (Links an der Karlsbader Strasse.)
Die Erbauung Schlackenwerths (zuerst Schlawkes Warthe, später Schlawkes Werth, zuletzt Schlackenwerth) wird dem Slavek von Riesenburg zugeschrieben, welcher die Stadt dem Bürgermeister und Rath überliess, so dass dieselbe von König Johann (1310) bis zu Kaiser Sigmunds Regierung unter dem Stadtrathe verblieb, bis endlich genannter Kaiser dieselbe im J. 1419 an seinen Kanzler Caspar Schlick verpfändete, der, aus einer Egerischen Patricierfamilie stammend, bis zum Reichsgrafen (1437) emporstieg und mit Elbogen, Falkenau und Schlackenwerth belehnt wurde. Graf Caspar Schlick, dreier Kaiser Reichskanzler und »ein Mann von grosser Geistesgewandtheit«, wurde der Begründer dreier berühmten, reichbegüterten Grafenlinien, von denen die Schlackenwerther Schloss, Dominium und Stadt bis zum Jahre 1578 beherrschte. Unter der Regierung des Königs Georg von Poděbrad wurde ein Theil des Schlosses und der Stadt in Asche gelegt, da Graf Schlick mit den Schlackenwerthern an den katholischen Herrenbund gegen den König sich angeschlossen hatte. 1578 kam die Herrschaft Schlackenwerth an die Schönburge, Stadt und Schloss wurden 1621 von den Soldaten Mannfelds geplündert. Die nach der Schlacht am Weissen Berge von dem königlichen Fiscus eingezogene Herrschaft überliess Kaiser Ferdinand II. im J. 1625 käuflich dem Herzog Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg. Derselbe liess 1650 mit Benützung der Grundmauern des Schlick'schen Schlosses ein neues Schloss aufbauen und mit einem Geldaufwande von 60.000 Reichsthalern einen grossartigen Park anlegen, der mit seinen Wasserleitungen und 50 Springbrunnen eine Art Klein-Versailles darstellen sollte und von einem Schriftsteller des 18. Jahrhunderts sogar das achte Wunder der Welt genannt wurde. Dem verstorbenen Herzog Julius Heinrich folgte sein Sohn Julius Franz, dessen Tochter[101] Franziska Sybilla Augusta sich 1690 nach dem Tode ihres Vaters (1689) mit dem Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden vermählte. So gelangte der Besitz an das Haus Baden-Baden, um bei demselben bis 1782 zu verbleiben. Nach dem Tode des Markgrafen August Georg erhielt dessen Nichte, die Prinzessin Elisabeth Augusta von Baden, das Nutzungsrecht der Herrschaft Schlackenwerth von der Kaiserin Maria Theresia lebenslänglich. Von 1799 fiel auch das Nutzungsrecht wieder an die Kammer zurück. Später kam Schlackenwerth an Ferdinand II., Grossherzog von Toskana. Als Grossherzog Leopold II. von Toskana, der edle, so schwer geprüfte Fürstengreis aus Habsburgs Herrscherhause, in dem verhängnissvollen Jahre 1859 mit der grossherzoglichen, hochherzigen Familie hier bleibenden Aufenthalt genommen, begann für Schlackenwerth eine neue segensreiche Periode. In Schlackenwerths Annalen wird für immerwährende Zeiten mit goldenen Lettern der denkwürdige 23. Februar 1861 glänzen, wo Leopold II., Grossherzog von Toskana und Erzherzog von Oesterreich, einstimmig zum Bürgermeister der Stadt Schlackenwerth gewählt wurde. »Leopold II. nahm aber nicht blos die Wahl als Bürgermeister an, sondern unterzog sich auch persönlich allen durch die Communalgesetze gebotenen Pflichten, ein schönes und seltenes Beispiel in der That, welches hier einerseits aus einem Familienzuge der Habsburger, der Achtung vor dem Volke, anderseits aus dem in Italiens Boden tiefgewurzelten Bewusstsein, bei der Gemeindeautonomie mit der Entgegennahme des Rechtes sich auch im strengsten Sinn der Pflicht zu unterziehen, entspringt. Diese enge Beziehung zwischen dem Grossherzog und der Bürgerschaft Schlackenwerths erneuerte sich bei der Wiederwahl (22. August 1864), deren Annahme wieder erfolgte und in der Stadt grosse Freude hervorrief.« Der durchlauchtigste Grossherzog-Bürgermeister leistete für Schlackenwerth wahrhaft Hervorragendes und Unvergängliches! Aber auch dessen durchlauchtigste Gemahlin, die Frau Grossherzogin Maria Antonia bewährte sich stets als eine hohe Gönnerin und fürstliche Wohlthäterin dieser Stadt. »In ganz ähnlicher Weise übertrug sich auch dieses Verhältniss auf den dermaligen Besitzer und seine Gemahlin«, nämlich auf Sr. kais. Hoheit den durchlauchtigsten Herrn Ferdinand IV., Grossherzog von Toskana, und Ihre kais. Hoheit die durchlauchtigste Frau Grossherzogin. Von hohen fürstlichen Besuchen, deren sich Schlackenwerth zu erfreuen hatte, heben wir hervor: Den Besuch Sr. kais. u. kön. Majestät des Kaisers Franz Josef I. am 23. Juni 1864, welchen Tag Grossherzog Leopold II., der damalige Bürgermeister Schlackenwerths, durch eine Gedenktafel aus Marmor am Rathhausgebäude verewigte. In demselben Jahre (am 30. Juni 1864) stattete auch König Otto von Griechenland der grossherzoglichen Familie[102] einen Besuch ab. König Johann von Sachsen, der gekrönte Dante-Uebersetzer, Vater der ersten Gemahlin des Grossherzogs und Grossvater der Erzherzogin Maria Antoinette, der fürstlichen Dichterin, verweilte wiederholt bei der Grossherzog Toskanischen Familie zum Besuche.
Nachdem wir die Sehenswürdigkeiten Schlackenwerths in Augenschein genommen haben, kehren wir der Stadt den Rücken, um unsere Tour fortzusetzen. Ein wahrhaft entzückendes Landschaftsbild entrollt sich vor unseren trunkenen Blicken! Inmitten einer vegetationsreichen Ebene mit wogenden Feldern, beblumten, saftiggrünen Wiesen und ergiebigen Obstbäumen sehen wir aus dreiviertelstündiger Entfernung die waldesdunklen und mannigfaltig geformten Berge des wie eine Mauer steil sich aufthürmenden Erzgebirges, durchbrochen von einem tiefgefurchten, romantischen Querthal, dem unsere Tour gilt. Wir wandern, aufjauchzend vor Lust, auf der schönen, beiderseits mit Obstbäumen bepflanzten Aerarialstrasse in nördlicher Richtung weiter und gelangen in einer halben Stunde nach Unterbrand, wo wir den grossherzoglich Toskanischen Meierhof besichtigen, dessen landwirthschaftliche Maschinen, den neuesten Fortschritten auf diesem Gebiete Rechnung tragend, besonders den Oekonomen interessiren dürften. Von hier erreichen wir nach ¼stündiger Wanderung das freundliche, mit Obstbäumen geschmückte Dorf Oberbrand, dessen Einwohner noch den lohnendsten Feldbau betreiben. Statt der Obstbäume bilden aber bald Vogelbeerbäume mit ihren zinnoberfarbenen Beeren Strassenspalier; wir stehen an der Eingangspforte des engen, prächtigen Weseritzthales. Die Strasse, ein schmaler Wiesensaum und die rauschende Weseritz bilden die Thalsohle, während zur Rechten und Linken die mit Fichten, Tannen und Buchen reich bedeckten Abhänge mit jedem Schritte steiler und majestätischer sich gestalten. Bald wird das immer höher aufsteigende Thal etwas weiter, wir schreiten an mehreren, schon zur Gemeinde Joachimsthal gehörigen Mühlen vorbei, Hansgirgs Verse reproducirend: »Im Erzgebirge, wie klappern die Mühlen so laut; so laut, wie rauschen die Bächlein gar frisch im Kühlen so traut, so traut.« Oberhalb der Herrenmühle (die dritte Mühle oberhalb der Trinksmühle mit Restauration) betreten wir – was den Touristen warm empfohlen werden kann – den links von der Strasse abzweigenden, bequemen Fussweg, der in Serpentinen durch den schattigen Wald aufwärts führt. Nach kurzer Steigung erreichen wir den ebenen Seilerweg, der, an der westlichen Berglehne sich dahinziehend, eine wunderschöne Aussicht gewährt (siehe Joachimsthaler Spaziergänge 3). Verfolgt man dagegen die Strasse, so kommt man zum k. k. Hüttenwerke (siehe Joachimsthaler Spaziergänge 2), das uns daran erinnert,[103] dass wir in der Nähe von Joachimsthal sind, das jedoch – wir meinen die eigentliche obere Stadt – die Krümmung des Thales noch verhüllt, links erblickt man die Barbara-Kapelle. Hier sieht man den untersten Theil der Stadt, nordwestlich aufsteigend, und hoch auf dem Berge nordöstlich die Prokopi-Kapelle. Immer mehr sind die Wälder gelichtet, und was sich die Natur abzwingen liess, ist zu Feldern und Wiesen verwandelt.
Gasthöfe: Hôtel zur Stadt Dresden, im oberen Theile der Stadt am Marktplatze gelegen. – Hôtel zum wilden Mann, das zweite Haus neben genanntem Hôtel.
Photographische Ansichten von Joachimsthal und hervorragenden Gebäuden dieser Stadt bei dem Photographen Anton Kraus (Marktplatz).
Post- und Telegraphenamt auf dem Marktplatze.
Postverbindung | nach | Schlackenwerth | täglich | 3 | mal. |
" | " | Platten | " | 1 | " |
" | " | Weipert | " | 1 | " |
Privatfuhrwerke bei Rudolf Günther, Christof Porkert und Wilhelm Seidl. Auf besonderes Verlangen besorgt auch der Hôtelbesitzer »zur Stadt Dresden« Fahrgelegenheiten.
Aemter. Bezirkshauptmannschaft, Bezirksgericht, Steuer- und Grundbuchsamt, Bürgermeisteramt, städt. Forst- und Rentamt, Sparkassa (sämmtlich im Stadthause), Berg- und Hüttenverwaltung sowie Forstamt (Oberamtsgebäude), Notariat, Finanzwachkommissariat.
Beschreibung und Geschichte der Stadt.
Die k. Bergstadt Joachimsthal, die Metropole des böhmischen Erzgebirges genannt, liegt in einem engen und tiefen, nach Südosten und Süden geöffneten Querthale, das von dem rasch herabstürzenden Weseritzbache durchbraust wird, zwischen hohen Bergen, dem Galgenberge im Osten, dem Pfaffenberge im Süden, dem Schlossberge im Westen, dem Obern und Untern Türkner-Berge im Norden. Sie besteht in ihren eigentlichen Grundlinien im Thalgrunde vorzugsweise nur aus zwei Häuserreihen, an die sich aber beim Bräuhausplatze, wo das Thal sich erweitert, beiderseits terrassenförmig noch je zwei Häuserzeilen, sowie in einem westlichen Seitenthale der Stadttheil Pfaffenberg anreihen. Die seit dem grossen Brande von 1873 grösstentheils neu aufgebaute, sehr freundliche Stadt, die überdies vom hiesigen Anpflanzungsvereine an mehreren Plätzen durch Anlagen verschönert wurde, übt sicherlich auf jeden Besucher einen wahrhaft bezaubernden, nachhaltigen Eindruck aus, so dass man kaum fehlgehen wird, Joachimsthal als die schönste und regelmässigste Stadt im ganzen böhmischen Erzgebirge zu bezeichnen. Sie zählt 612 Häuser und gegen 7000 Einwohner, welche sich durch Bergbau, Cigarren-, Handschuh-[104] und Stöpselfabrication, Spitzenklöppelei, Spitzenhandel, sowie durch das karge Erträgniss der Landwirthschaft ernähren.
Sehenswürdigkeiten: Decanalkirche (auf dem viereckigen, mit einer Anlage geschmückten Kirchenplatze gelegen) wurde von der Stadtgemeinde in den Jahren 1874–1876 in neugothischem Styl vom Baumeister Friedrich Karl Richter aus Breitenbach unter Leitung des Prager Dombaumeisters und Architekten Josef Mocker neu hergestellt. Mit Bezug auf die inneren Räume dieser Kirche hat Hansgirg's Behauptung: dass sie ein gar seltenes, sowohl im Totaleindruck als auch in der liebevollen Durchführung des Details überwältigendes Kunstwerk sei, welchem im westlichen Böhmen kaum noch ein Bau ähnlicher Art ebenbürtig an die Seite gestellt werden kann, seine vollste Berechtigung. Architekt (Mocker), Maler (Gebrüder Jobst aus Wien) und Bildhauer (Leimer aus Wien) haben sich hier ein unvergängliches Monument einheitlichen Strebens gesetzt. Nicht nur die Altäre (3) und die Kanzel, sondern alle übrigen Objecte der inneren Kirche entsprechen dem Geiste der Gothik. Die Gemälde der Altäre sind plastisch. Der Hauptaltar ist ein grossartiger, echt gothischer Bau. »Anmuth ist der Grundtypus dieses herrlichen Werkes, das durch das echte Naive und Herzinnige der Skulpturcompositionen noch potencirt wird, deren Bemalung eine elegante ist, dass bei der Empfindung der Frömmigkeit zugleich die des höchsten Wohlgefallens erweckt wird.« Die Hauptnische dieses Altars enthält die hl. Familie (in der Mitte die hl. Maria, etwas rückwärts zur Seite St. Joachim und St. Anna – die Patrone der Kirche). In den zwei Nebennischen (links) der hl. Prokopius, Schutzpatron der Bergleute, (rechts) der hl. Johannes. Bei sämmtlichen Altären ist Plastik, Ornamentik, Farbe und Goldzier gleich rühmenswerth. Den Kunstfreunden sei von den Seitenaltären besonders der Marien-Altar (links) empfohlen (Hauptfigur: die unbefleckte Maria im Gebet). Der Josefi-Altar (rechts), Hauptfigur: der hl. Josef, den Lilienstengel in der rechten Hand, das Jesukindlein mit der Erdkugel am linken Arm haltend. Die prachtvolle Kanzel mit den Gestalten der Kirchenlehrer; das Baptisterium (Taufkapelle), die Orgel (Kegelladensystem, Steinmeier in Oettingen).
Das Stadthaus (an der Ecke des Kirchenplatzes), ein alterthümliches, ansehnliches Gebäude, das dem letzten gewaltigen Brand Widerstand geleistet, enthält die interessante, sehenswerthe Gemeindebibliothek, welche 1540 begründet worden ist. Sie enthält 190 Werke aus dem XV. und XVI. Jahrhundert (in deutscher, lateinischer, griechischer und[105] hebräischer Sprache) und zwar dem Inhalte nach: Jurisprudenz 17, Theologie 60, Poesie und classische Literatur 51, realistische Fächer 17, hebräische Sprache 7, linguistische 20, Geschichte, Geographie und Statistik 18. – Eine Biblia hebräica, in Frakturlettern auf Pergament sehr schön geschrieben, stammt nach Dr. Oppenheimer's Untersuchung vom Jahre 1384.
Das k. k. Bergoberamtsgebäude (neben dem Stadthause) mit reichhaltiger Mineraliensammlung des montanistischen Vereines. (Daselbst werden auch Mineralien verkauft.) Das Volks- und Bürgerschulgebäude (links von der Kirche), ein wahrer Schulpalast, mit einer reichlich ausgestatteten Lehrmittelsammlung. – (Rechts von der Kirche): Die k. k. priv. Handschuhfabrik von Martin Bencker u. Sohn, die grösste in Oesterreich-Ungarn, und die Stöpselfabrik des Anton Schreiber. Der k. k. Einigkeitsschacht (ober dem Schulgebäude) bietet vielfaches Interesse, und ist dessen Befahren durch Schalenbeförderung leicht, gefahrlos und lohnend. (Wegen Einfahrt wende man sich an den k. k. Bergrath im Oberamtsgebäude.) Schloss Freudenstein, k. k. Cigarrenfabrik und k. k. Hüttenwerk. (Siehe »Kleine Spaziergänge«.)
Die ganze Gegend, wo jetzt Joachimsthal steht, war bis zum Jahre 1516, dem eigentlichen Gründungsjahre dieser Stadt, eine nur mit Wald bedeckte Gebirgslandschaft, welche zur Herrschaft Schlackenwerth gehörte, die nebst Lichtenstadt Kaiser Sigmund 1437 seinem treuen Reichskanzler Kaspar Schlick, Grafen von Passaun (Bassano), geschenkt hatte. Einzelne Bergleute aus Schlackenwerth (»der alte Oeser«) und aus dem Markgrafenthum Meissen (»Kaspar Bach«) betrieben hier ohne Zweifel schon gegen Ende des XV. oder in den ersten Jahren des XVI. Jahrhunderts Bergbau auf Silber, der aber nicht bedeutend gewesen zu sein scheint. Im Jahre 1515 stellte sich Graf Stefan Schlick an die Spitze einer Gewerkschaft, welche die alte Fundgrube am Schottenberg wieder belegte und 1516 die erste Ausbeute vertheilte. Bis zu diesem Jahre sollen etliche verfallene Häuser am untern Türckner, eine Mühle am Brotmarkt – dem heutigen Pfaffenberg – und ein Hammer in dieser Gegend gewesen sein; nach einer Wiese wurde Thal und Weiler Conradsgrün (»Cunradisgrün«) genannt. Aber die Kunde von dem überaus ergiebigen Bergbau drang mit staunenswerther Raschheit durch das ganze Erzgebirge und lockte baulustige deutsche Bergleute und Gewerke in solcher Anzahl in's »Thal«, dass die neue Bergcolonie bis December genannten Jahres bereits 400 Häuser gezählt haben soll. Der Silberreichthum war hier geradezu fabelhaft. Deshalb fand sich Graf Stefan Schlick, der damalige Grundherr, bewogen,[106] den Grund zu einer Bergstadt zu legen, welche bald gedeihlich aufblühte. Da es auf dem jenseitigen meissnischen Gebiete bereits ein Annaberg (1496) und Jöhstadt (Josefsstadt, 1517) gab, wurde, um die Glieder der hl. Familie als Schutzpatrone auf einem verhältnissmässig kleinen Raume zu ergänzen, das Thal und die neu angelegte Stadt nach Christi Grossvater, dem hl. Joachim, St. Joachimsthal (»Jochimsthal«) genannt. Aber gar bald erhoben die Brüder von Haslau, deren Grundeigenthum an das Schlickische grenzte, Ansprüche auf benachbartes Gebiet, bis auf welches sich der Bergbau und die Anlage der Stadt auszudehnen begonnen hatten. Der darüber mit den Grafen Schlick entstandene Streit wurde jedoch durch einen schleunigen Vergleich (1518) beendigt, in Folge dessen die Herren von Haslau eine Entschädigung zugesichert erhielten. Ein in demselben Jahre ausgebrochener Aufstand der Bergleute veranlasste den Grafen Schlick zur Herausgabe der berühmten Bergordnung; er liess ferner eine Münze (an dieser Stelle steht das heutige Oberamtshaus) erbauen, »aus welcher im nächsten Jahre 1519 die ersten Münzen, Guldengroschen, zu 24 weissen Groschen, wie sie in Sachsen geprägt wurden, hervorgingen. Man nannte sie nach dem Orte ihres Ursprungs Thalergroschen, später einfach Thaler, ein Name, welcher allmählig in ganz Deutschland das Bürgerrecht erhalten und selbst in fremden Ländern (als Dollar in England und Amerika, als Talar, Talari in der Levante etc.) Eingang gefunden hat. Sie trugen auf der Vorderseite das Bildniss des hl. Joachim, auf der Rückseite das des Königs Ludwig und des Grafen Schlick, oder auch den böhmischen Löwen und führten daher auch den Namen Schlickenthaler und Löwenthaler. Lateinisch nannte man sie, weil sie zwei Loth oder eine Unze wogen, Unciales, auch Vallenses (Joachimicos) und später, nachdem sie als deutsche Reichsmünze Geltung und Umlauf erlangt hatten, Imperiales (Reichsthaler). – König Ludwig bestätigte nicht nur im Jahre 1519 die Freiheiten, welche Graf Stefan Schlick der Gemeinde und Knappschaft zu Joachimsthal verliehen hatte, sondern erhob auch auf Ansuchen des genannten Grund- und Burgherrn mittelst Majestätsbriefes vom 6. Jänner 1520 Joachimsthal zu einer freien Bergstadt und verlieh ihr alle damit verbundenen Rechte und Freiheiten, sowie die Errichtung eines Schöppenstuhls zur Schlichtung der zwischen dem Bergpersonale entstehenden Rechtsstreitigkeiten. In demselben Jahre bestätigte der König auch das Münzprivilegium des Grafen Schlick.« Trotz zweier neuerlicher Aufstände (1523 und 1525) blühte die Bergstadt unter der vortrefflichen Fürsorge des ritterlichen Grafen Stefan Schlick immer mehr und mehr zu einer hochansehnlichen, reichen, dichtbevölkerten Stadt empor, die mit tüchtiger Gemeideverwaltung und Schule ausgestattet war. Sie[107] zählte zur Zeit ihrer höchsten Blüthe über 1200 Häuser, gegen 12000 Bergleute, 400 Schichtmeister, 800 Steiger und 800 in Betrieb stehende Zechen. Leider fand Graf Stefan Schlick, ein treuer und tapferer Unterthan seines Königs, im 39. Lebensjahre seinen Tod in der unglücklichen Schlacht bei Mohacz (29. August 1526).
Nun folgten dessen jüngere Brüder Graf Hieronymus und Lorenz, die Joachimsthal wechselweise immer zwei Jahre beherrschten; doch kam es zu Erbstreitigkeiten. Diese gaben den ersten Anlass, dass König Ferdinand I. den Grafen Schlick »ihr ohnehin nicht ganz rechtmässiges Münzregal« entzog, das nun an die Regierung kam (1528). Nichtsdestoweniger schenkten die Schlicke in den Jahren 1530–1536 der Stadt von neuem Grund und Boden und begannen 1534 den Bau der Kirche, »welche ohne fremde Hilf erbaut ist« und 1537 zum Gottesdienste benützt wurde. 1545 mussten die Schlicke das Joachimsthaler Bergwerk dem König unter der Bedingung abtreten, »dass sie sich« – wie Mathesius sagt – »ihres Zehendens Erbkux und Hüttenwerks unverhindert von meniglich gebrauchen mögen.« – Als 1518 die Reformation im benachbarten Sachsen feste Wurzeln fasste, fanden Dr. Luthers Lehren auch in Joachimsthal eifrige Anhänger, namentlich in den Grafen Schlick. Lange stritten sich hier die katholische und protestantische Partei um die Herrschaft, bis endlich 1540 der Protestantismus den vollständigen Sieg davontrug. In jener Zeit wirkten zu Joachimsthal: Der hervorragende Gelehrte M. Johannes Mathesius (geb. am 24. Juni 1504 zu Rochlitz in Sachsen, gest. zu Joachimsthal den 8. Okt. 1565) erst als Rector an der berühmten Lateinschule, dann als Pfarrer; (die Bürgerschaft hat ihm am 24. Juni 1874 an dem Stadthause eine Votivtafel eingesetzt), ferner Nikolaus Hermann, der »alte Cantor« genannt, einer der besten Liederdichter des XVI. Jahrhunderts, als Cantor (gest. am 3. Mai 1561 zu Joachimsthal) und endlich Georg Agricola, der Begründer der Mineralogie (geb. am 24. März 1494 zu Glaucha in Sachsen, gest. am 21. Nov. 1555 zu Chemnitz) von 1527–1530 (1533?) als Stadtarzt. Durch den schmalkaldischen Krieg, in welchem die Joachimsthaler sich den aufständischen böhmischen Ständen anschlossen und die Stadt von sächsischen Truppen eingenommen wurde, büsste sie ihre alte Blüthe ein und ging, obgleich Kaiser Ferdinand I. und namentlich Kaiser Rudolf II. verschiedene Mittel zum Aufschwunge des Bergbaues anwandten, immer mehr dem Verfalle entgegen, der mit dem 30jährigen Kriege eintrat. Das protestantische Joachimsthal stellte sich bei dessen Ausbruche auf die Seite der aufrührerischen Stände Böhmens und wurde sammt dem Schlosse Freudenstein von dem utraquistischen Feldherrn Mannsfeld besetzt, der aber 1621 abzog. Nach der Schlacht am Weissen Berge (1620)[108] trat bekanntlich die Gegenreformation ein, und da sich der grösste Theil der Bewohner Joachimsthals zur Annahme der katholischen Lehre nicht bequemen wollte, wanderten Tausende über die Landesgrenze. Die letzten Auswanderungen der Protestanten fanden 1653 statt. (Vergl. Bergstadt Platten.) 1631 besetzten die Sachsen Joachimsthal und die Veste Freudenstein, wohin aber schon 1632 die Kaiserlichen eine Besatzung legten. Dieselbe vertheidigte sich 1634 gegen eine schwedisch-sächsische Heeresabtheilung so tapfer, dass sie erst capitulirte, als die Feinde durch ihre Batterie-Kugeln das Schloss unhaltbar gemacht hatten. Die Schweden plünderten dasselbe, überliessen es den Flammen, wodurch es zur Ruine wurde. Schon vorher hatte sich die arg verwüstete Stadt ergeben müssen.
Am 31. März 1873 wurde Joachimsthal durch einen schrecklichen Brand schwer heimgesucht, so zu sagen vernichtet, denn das wüthende Element verwandelte unaufhaltsam in fliegender Eile 309 Häuser sammt Nebengebäuden in Schutt und Trümmerhaufen. Auch die grossartige Kirche, »ein kunsthistorisches und archäologisches Unicum,« wurde zerstört. Tausende hatten Obdach und Habe verloren! Bei dieser Gelegenheit hat sich der deutsch-böhmische Dichter und Menschenfreund Karl Viktor Ritter von Hansgirg, der damals Bezirkshauptmann war (geb. am 5. August 1823 zu Pilsen, gest. den 12. Jänner 1877 zu Joachimsthal), ein bleibendes Denkmal durch seine aufopferungsvolle, rastlose Thätigkeit zur Milderung der Nothlage gesetzt. Seine an die Mildthätigkeit appellirenden Worte wirkten wie ein zündender Funke, und Dank der Staatssubvention von 500.000 fl., Dank den grossartigsten Hilfsquellen von Seite der vielsprachigen Völker Oesterreichs und der Nachbarländer konnte der Wiederaufbau der Stadt in überraschend kurzer Zeit stattfinden; leider fiel derselbe aber in eine äusserst kostspielige Bauperiode, so dass es niemand Wunder nimmt, wenn der grösste Theil der Häuser noch schwer mit Schulden belastet ist.
Die Umgebung von Joachimsthal bietet eine Menge einladender und lohnender Spaziergänge:
1. Schloss Freudenstein, auf der westlichen Seite der Stadt, liegt auf dem steilen Schlossberg, der nur westwärts in eine Ebene ausläuft. Von der einstigen festen, überaus zweckmässig angelegten Veste sind nur zwei runde Thürme von bedeutendem Umfange und ein Stück Ringmauer übrig geblieben. Von denselben zeichnet sich der vordere, nordöstliche durch seine Höhe aus; er besitzt ein Laternenthürmchen mit einer Glocke[109] und wird von dem Stadtwächter bewohnt, welcher früh Morgens um 3 Uhr, dann um 4 Uhr, Mittags um 11, beziehungsweise 12 Uhr, Abends aber um 7 und 8 Uhr durch Glockengeläute den Bergknappen zum Ein- und Ausfahren das Signal geben, überdies aber bei Tag und Nacht der Stadtuhr nachschlagen muss. Den zweiten, kleineren Thurm benützt das k. k. Bergamt als Pulvermagazin. – Vom Bergabhange geniesst man eine ausgezeichnete Uebersicht der ganzen Stadt. »Wie im Grundrisse sehen wir sie vor uns aufgerollt, und einem spähenden Auge entgeht kein Reisender, der die Strasse einherwandelt; ja, selbst die von anderen Seiten über das Gebirge herführenden Fusssteige können von diesem Punkte aus übersehen und bewacht werden, so dass – wie man sich gewöhnlich ausdrückt – nicht eine Maus in die Stadt gelangen kann, ohne dass sie von dem lauernden Wächter nicht bemerkt worden wäre.«
Geschichtliches. Graf Stefan Schlick legte 1518 den Grundstein zu dem Schlosse Freudenstein, dessen Bau 1520 vollendet ward. Es lag vor dem 30jährigen Kriege in der Mitte der Stadt, dessen oberer Theil im Thale lag, während ein grösserer Theil hinter der Burg auf dem Berge, wo jetzt die Neustadt liegt, stand. Von dem ehemaligen Stadttheil, hinter dem Freudenstein gegen Westen, sind jetzt nur Spuren von Mauern und Kellern vorhanden. Es wurde Anfangs von dem Berghauptmann des Burgherrn bewohnt, 1525 von aufständischen Bergleuten geplündert und theilweise verwüstet, bald aber wieder hergestellt. Seit 1545 diente es dem jeweiligen königl. Berghauptmann zur Wohnung, bis es nebst dem oberen Theil der Stadt 1634 von den Schweden zerstört wurde. (Siehe Näheres Geschichte der Stadt Joachimsthal.)
2. *K. k. Cigarrenfabrik und k. k. Hüttenwerk. Auf der Aerarialstrasse thalabwärts betritt man die links abzweigende Gemeindestrasse, die zur Cigarrenfabrik führt. Kürzer und bei staubiger Strasse empfehlenswerther ist der Weg längs der sogenannten »Ziegengasse«, die von der Hauptstrasse schon beim Kaufmann Siegl abbiegt. Die k. k. Cigarrenfabrik, ein imposantes Gebäude, liegt in einem höchst romantischen Seitenthal und beschäftigt 700 Personen. (Anmeldung behufs innerer Besichtigung hat beim k. k. Fabriksdirektor zu geschehen.) – Auf der Aerarialstrasse etwas weiter abwärts gelangt man zur Barbara-Kapelle und dann zum k. k. Hüttenwerk, leicht erkenntlich durch seine riesenhaften schlanken Essen. Hier werden die berühmten Uranpräparate erzeugt, die nicht nur nach den verschiedenen Ländern von Oesterreich-Ungarn, sondern auch in's Ausland versendet werden. (Man melde sich beim k. k. Hüttenverwalter in dem rechts von der Strasse auf einer Anhöhe liegenden Verwaltungsgebäude an.)
3. Zum Seilerweg. Die früher genannte Aerarialstrasse benützend, lenken wir von dieser beim sogenannten Badhause, jetzt Unger's Färberei, ab und schlagen den Weg rechts zu dem durch den unvergesslichen Erzgebirgsfreund K. V. Ritter von Hansgirg verschönerten Friedhofe und zu der Spital- oder Todtenkirche mit mehreren guten Gemälden aus alter Zeit, ein. Beim Hauptthore des Friedhofes eintretend, die Grabdenktafel des Dechants P. Anton Böhm, des Verfassers einer Joachimsthaler Chronik, (gebor. 29. Juni 1785, gestorben 14. Feb. 1862), nahezu in gleicher Richtung an der gegenüberstehenden Mauer das einfache Grabdenkmal des Dichters Karl Victor R. von Hansgirg, gesetzt von den Bezirksgemeinden. Auf dem ebenen Seilerwege selbst entrollt sich vor unseren Augen ein prachtvolles, malerisch schönes Bild der Stadt. Vor uns liegt der ganze Marktplatz, durch dessen Mitte längs des Weseritzbaches sich eine Allee Kastanienbäumchen windet. Dazu die die Stadt umfriedenden Bergeslehnen mit ihren Wiesen, Feldern und Halden, das herrliche Seitenthal der Cigarrenfabrik mit den prächtigen, dicht bewaldeten Höhenzügen und den darauf idyllisch ruhenden Häuschen – dies alles gewährt wahrlich ein ebenso überwältigendes als seltenes Panorama!
4. Zur Halde bei dem Einigkeitsschacht, oben sehr schöner, ebener Weg mit herrlicher Aussicht auf die Stadt und Gebirgslandschaft.
5. Zum Kaiser Josef-Schacht vom Einigkeitsschachte entlang der sog. »Eisenbahn« dann den Weg links ab. Ist an heissen Sommernachmittagen sehr empfehlenswerth, weil kühl und ebenfalls schöne Aussicht auf die Stadt.
6. Zur Johannis- und Prokopi-Kapelle. Erstere liegt auf einer Anhöhe an der Ostseite der Stadt und führt von ihr ein Weg zu der weiter nordöstlich auf einem hohen Berge stehenden, weithin sichtbaren Prokopi-Kapelle mit lohnendster Aussicht. Diese Kapelle, von Feldern umgeben, ist unausgebaut geblieben und zeigt sich als Ruine.
7 *Zum Graben und auf den Grauenstein. Durch das Oberthal auf der nach Gottesgab führenden Strasse aufwärts, schlagen wir, zur Rechten eine Allee erblickend, den von derselben beschatteten Weg, »Graben« genannt, ein, der uns eine schöne Aussicht auf den gegenüber an der westlichen Berglehne liegenden Einigkeitsschacht und die Halde sowie auf die Stadt und die sie umrahmenden Bergeshöhen gewährt. Er zieht sich um die sogen. »Schwedenschanze« herum. Wir schreiten weiter, gelangen zum städt. Forsthaus »Hut«, wo gute Aussicht[111] auf Theile des Mittelgebirges, betreten links den prächtigen Fichtenwald und kommen zur Reichen-Geschieb-Zeche am Widergebirge. Rechts von der »Hut« über »Rauschererb« auf den sagenreichen »Grauenstein«, wo wir eine herrliche Aussicht auf die umliegende Gebirgslandschaft geniessen (die schön gelegene Einschicht Schönerz, auch Oelbecken genannt, in ihrer Thalschlucht von Wiesen umgeben, die Cigarrenfabrik und Schmelzhütte, die Neustadt, das Spitzbergel bei Pfaffengrün). Rückweg durch das Thal der Cigarrenfabrik. (Vom Grauenstein aus kann man auch weiter den Keilberg besteigen. Man geht bis zur »grünen Kohlstätte«, wo sich rechts der Weg nach Oelbecken, links zum Press zweigt, von wo man auf die sog. Sonnenwirbler Strasse gelangt.)
8. *Mariasorg ¾ St. westsüdwestlich von Joachimsthal. Dorf mit einem Kapuzinerkloster, dessen Kirche mit Gnadenbild ein vielbesuchter Gnadenort ist; ein sehr beliebter Ausflugsort der Joachimsthaler. Wagners Gasthaus. – Von dem Einigkeitsschachte führt eine steile Gemeindestrasse südwestlich zu der Höhe hinan (»Neustadt«), links liegt Freudenstein. Auf dem Wege einen Blick rückwärts werfend, liegt in überraschender Tiefe Joachimsthal, während man ganz auf der Höhe, der sog. Mariasorger-Höhe, eine bezaubernde Fernsicht auf das gesegnete Schlackenwerther-Lichtenstädter Becken, die Ruine Engelhaus, auf das Mittelgebirge vom Königswarter Kaiserwald bis gegen das Duppauer Gebirge, ferner einen Theil des Egergebietes erhält; rechts streckt der Plessberg, links der Koboldstein sein Haupt empor. Ist unstreitig eine der schönsten und lohnendsten Partien im Erzgebirge.
9. Koboldstein. Von der Mariasorger Höhe gelangt man südlich in gerader Richtung zum Koboldstein bei Pfaffengrün. Die Aussicht ist zwar etwas beschränkter, wie auf der Mariasorger Höhe, aber deutlicher. (Zettlitz-Karlsbader Bahnhof.)
10. Ullersgrün 1½ St. (über Mariasorg s. 8). Oberhalb von Wagners Gasthause wandern wir auf dem angenehmen Wege waldeinwärts südlich durch den mit den schönsten Waldungen geschmückten Wolfsberg, die würzigste Luft einathmend, bis zu dem schön zwischen Feldern und Wiesen auf einem Plateau des Hahnberges gelegenen Dörfchen Ullersgrün. Vor unseren Blicken entrollt sich eine wahrhaft köstliche Rundschau. (Von Ullersgrün abwärts kommt man in ½ St. nach Lichtenstadt.)
11. Spitzbergel bei Pfaffengrün (1 St.) Wir gehen zum Friedhofskirchlein (siehe 3), bei dem nahe liegenden Häuschen biegt rechts der Weg ab, von da den steilen Berg hinan, geht man dann – die Hauptrichtung ist südlich – durch den Wald und sieht aus der Ferne das mit einem Kreuze gezierte Spitzbergel, wo sich eine schöne Aussicht bietet. (Schönwald, Permesgrün, Ober- und Unterbrand, Schlackenwerth, Lichtenstadt, Zettlitz.)
12. *Hauenstein (2 St.). a) Gebirgstour. Der Fussweg nach dem »wundersam lieblichen Hauenstein«, einem der lohnendsten Ausflugsorte der Umgebung, führt über den sog. Galgenberg nach Arletzgrün, Honnersgrün, Holzbach über Schönwald nach Hauenstein. b) Ueber Oberbrand, Weidmesgrün, Marletzgrün, sog. untere Holzbacher Mühle, Schönwald, Hauenstein.
Das Schloss gleichen Namens – von den Burgen des Egerthales ganz allein nur bis heute bewohnbar – ruht höchst malerisch auf einem fast senkrecht abfallenden Basaltfelsen, dem Hauensteiner Schlossberg, welcher zwischen zwei Bächen, dem Gerinne und dem Zwiesebache, aus dem Thale sich emporhebt. »Da liegt es«, sagt Theodor Reinwald (Therese v. Hansgirg) so poetischschön, »in's Grün gebettet, auf Skargen und Terrassen aufsteigend, waldumgürtet, buschumweht, aus reicher Blättermasse traut herüberwinkend, ein anspruchloses Schloss im alten Gebirgsstyl, mit Riegelwänden und hohen Giebeln, über denen sich trotzig, mit wahrhaft feudaler Grösse der alte steinerne Rundthurm erhebt, im Volksmund der »Bürgermeister« genannt. Er schaut so kühn herunter, als gehöre er einer mittelalterlichen Veste an. – Die modernen Wirthschaftsgebäude und Beamtenwohnungen ergänzen das Gesammtbild.« Die ganze Umgebung des Schlosses, das in neuester Zeit durch einen Neubau vergrössert wurde, hat die frühere Grundherrin, Gabriele Gräfin von Bouquoi, mit herrlichen, parkartigen Anlagen und bequemen Wegen verschönert und in der That zu »einem Eldorado des Egerthales« umgeschaffen. Auf dem höher gelegenen Berge thront im gothischen Style die Kapelle, die der berühmte Architekt und Professor B. Grueber gebaut und der heimische Bildhauer Max mit künstlicher Steinmetzarbeit ausgestattet hat. Hier entrollt sich dem Naturfreunde ein bezauberndes Landschaftsbild. Zu der »Koppe« des östlich vom Schlossberge aufsteigenden Eichelberges, dessen Waldung über 50 Baumarten enthält, gelangt man auf sehr bequemen, serpentinartig angelegten Pfaden in ½ Stunde. »Es ist geradezu ein Tempel voll gigantischer Säulen, unter dessen hochgewölbtem Dach man hinanstrebt.« Von der »Koppe« erschliesst sich ein[113] überwältigendes, wahrhaft malerisches Panorama. Am Fusse des Berges weithin das lachende, fruchtbare, mit Ortschaften gezierte, von der Eger durchschlängelte Thal, westlich das Fichtelgebirge, östlich Komotau, nördlich Schönwald und der Keilberg, der gigantische König des Erzgebirges; dazu winken vier alte Ritterburgen; links das nahe Hauenstein, nordöstlich auf schroffen, zerklüfteten Felsen Himmelstein, südlich das hochragende, sagenreiche Engelhaus und stromabwärts Schönburg. Rückwärts kehrt man über den »Seeteich« oder die »steile Wand« in das »Fremdenhaus« zurück. Dasselbe ist im Schweizerstyl erbaut, enthält eine Restauration und gewährt vom Balkon des Sommersalons eine herrliche Aussicht. Empfehlenswerth ist die schattige Promenade am »Meierrang«, wohin man auf wohlgepflegten Wegen gelangt. Von Hauenstein aus wird ein Abstecher auf der Strasse in südöstlicher Richtung, dann weiter nordöstlich längs der Bahn in dem herrlichen Egerthale nach dem Orte »*Krondorf« mit dem bekannten Sauerbrunn allen Touristen empfohlen. Die Landschaftsbilder sind hier sehr mannigfaltig und von überraschender Schönheit. Die hier liegende Eisenbahnstation Wickwitz-Welchau, sowie die Station Neudau sind Absteigestationen für den Besuch von Giesshübel-Puchstein. Für Hauenstein selbst ist Absteigestation Hauenstein-Warta, so dass diese Partie in bequemer Weise von Schlackenwerth oder Klösterle mit der Bahn zu machen ist. Dann können wir den Weg in bekannter Weise nach Joachimsthal fortsetzen.
Geschichtliches. Die Burg Hauenstein taucht urkundlich zuerst zu König Johanns Zeiten auf, wo sie der Ritter Nikolaus Winkler lehensweise besass, der sie an das Prämonstratenser-Nonnenkloster zu Doxan verkaufte. Dieses vertauschte 1336 die Burg an König Johann, der sie wieder verpfändete. Hauenstein, das rasch seine Besitzer aus verschiedenen Geschlechtern wechselte, kam endlich 1528 an Heinrich II. Schlick von Holicz, Grafen von Passaun, und blieb bei dessen Nachkommenschaft bis 1664, in welchem Jahre Franz Ernst Schlick das Gut an Heinrich Julius von Sachsen-Lauenburg verkaufte, der dasselbe mit der Herrschaft Schlackenwerth vereinigte. Seitdem erfuhr Hauenstein mit dieser alle Besitzveränderungen. 1811 wurden die Herrschaften von einander getrennt. Hauenstein blieb Eigenthum der k. k. Kammer und wurde nebst Kupferberg 1836 an die kunstsinnige Gräfin Gabriele von Bouquoi, einer Wohlthäterin des Erzgebirges, verkauft, die es ihrem Sohne, dem Grafen Georg von Bouquoi, vererbte.
13. Zum *Keilberg. Indem wir auf die Tour Joachimsthal-Gottesgab verweisen, von wo der Keilberg am bequemsten[114] bestiegen werden kann, halten wir es für unsere Pflicht, die Touristen auf zwei kürzere, freilich etwas steiler führende Waldwege aufmerksam zu machen. 1. Vom Forsthause Hut (Siehe Joachimsthaler Spaziergänge 7) nach der Pfarrwiese unterhalb der Reichen-Geschieb-Zeche, über's Pfarrknöchel zum Press und von da auf die sog. Sonnenwirbeler Strasse. 2. Vom Pfarrknöchel zum ärarischen Wassergraben bis zum Unruhstollen, von da über die Maderwiese zu den Unruhhäusern und weiter zum Keilberg. (Man nehme einen Führer.)
14. Zum Spitzberg. Haben wir denselben erstiegen, so breitet sich ringsum ein reiches Panorama aus. Man hat im Osten vor sich das Riesenhaupt des Keilberges, der, von unserem Standpunkte betrachtet, wegen seiner imposanten, keilförmigen Ausdehnung nach Südost so recht seinen Namen rechtfertigt, weiter links den Fichtelberg in Sachsen und zwischen den beiden Giganten des Erzgebirges ganz im Vordergrunde »auf tiefverlass'ner stiller Bergeshaide« das Städtchen Gottesgab mit seinem Territorium. Nach Norden hin sehen wir ausgedehnte, endlose Waldungen, nach Nordwest die Gegend bei Johanngeorgenstadt, Eibenstock und immer westlicher die deutlichen Conturen des Fichtelgebirges. Die schönste Aussicht aber bietet sich dem Beschauer nach Süden und Südwesten; denn der Spitzberg beherrscht beinahe die Hälfte des Egerer Kreises. Vor uns liegen der kahle Plessberg bei Abertham, die dürre Haide bei Wölfling und andere Punkte der Erzgebirgswelt; das Duppauer- und Tepler-Gebirge, sowie der Kaiserwald bilden den Hintergrund des herrlichen Landschaftsgemäldes, aus dem ein Theil von Schlackenwerth, die nächste Umgebung Lichtenstadt's, der Grossteich, der Karlsbader Bahnhof, die Ruine Engelhaus, Giesshübel, Tüppelsgrün und in blauer Ferne die Gegend bei Maria-Kulm bis in die nächste Umgegend von Eger hervortreten; ausserdem gewahrt man die Umgebung von Einsiedl und Marienbad.
Wir gehen auf derselben Strasse, die wir auf unserer Reise nach Gottesgab benützten (siehe Tour Joachimsthal-Gottesgab), bei der Dekanalkirche durch das Oberthal, wo die Berge ziemlich nahe zusammentreten, stets bergan und treten bald oberhalb des links im Thale einsam stehenden Nadelhäusel's bei den Gneis-Steinbrüchen in den herrlichen Fichtenwald, der zu beiden Seiten der Strasse uns begleitet. Dieselbe macht kurz darauf eine Biegung nach Westen, und wir kommen dann zu jener[115] Stelle, wo bei einer steinernen, die Fahrwege markirenden Säule links von der Reichsstrasse die Strasse nach Abertham abbiegt. Wir betreten letztere, die bei allmählicher Steigung erst eine nordwestliche, nach einer abermaligen Biegung aber eine südwestliche Richtung einschlägt und schreiten nach ¾stündiger Wanderung an dem rechts von der Strasse am Fusse des Werlsberges liegenden, zur Gemeinde Joachimsthal gehörigen Orte Werlsberg vorbei. Schattige Nadelwaldungen erquicken noch immer Auge und Herz. Auf der Höhe angekommen, tritt zur Linken der Wald zurück und öffnet uns die Aussicht auf die angrenzende Wiesenflur und den etwas entfernteren Plessberg, während er zur Rechten längs der immer mehr sich senkenden Strasse uns noch kurze Zeit das Geleite gibt, um uns bei seinem Scheiden den freien Blick auf das grosse, krippenartig zerstreute Dorf Hengstererben, das zur Gemeinde Abertham gehört, zu gewähren. Wir überschreiten unterhalb Abertham's eine über die rothe Wistritz führende Brücke und erblicken links den sog. Modersgrund, ein Seitenthal, das von genanntem Wässerlein durcheilt wird und sich in mehreren Krümmungen südlich gegen Salmthal zieht, wo es in das Wistritzthal mündet. Noch einen steilen Abhang empor, und wir sind nach 1½stündiger Tour in Abertham, das uns schon von der Höhe aus durch seine Lage erfreut hat. (Wir wollen hier besonders bemerken, dass von Joachimsthal nach Abertham ein kürzerer, freilich etwas steiler, sonst aber empfehlenswerther Fussweg führt. Man geht zur Neustadt (siehe Joachimsthaler Ausflüge 8), schlägt daselbst bei der Kapelle den Weg rechts ein, der hinter den Häusern sich in eine Strasse verwandelt, die längs den Schweizerhalden über den Kamm nach der Eliaszeche führt; von dort leitet ein Weg nach Werlsberg, der in die von Joachimsthal nach Abertham führende Strasse mündet.)
Gasthöfe: »Hôtel zur Stadt Wien« und »Gasthaus zur Stadt Berlin«.
Postamt. Bürgermeisteramt.
Abertham liegt an einem kleinen Bache, der Rothen Wistritz unweit am Fusse des waldlosen, gras- und moosbewachsenen Plessberges auf einem rauhen Hochplateau, »auf welchem man an einem Abhange gleich einem Bethlehem des alten Bergstädtchens gewahr wird, dessen nette, aber meist hölzerne Häuser krippenspielartig gelagert sind und mit dem dazu gehörigen Orte Hengstererben sich einigen.« Die Bevölkerung nährt sich[116] durch Viehzucht, Spitzenklöppelei und Handschuhfabrication. Auch hier werden, wie in Bärringen, junge Gimpel aufgezogen und mit ihnen passende Melodien eingeübt, was den Züchtern jährlich ein hübsches Geldsümmchen einbringt.
Sehenswürdigkeiten. Handschuhfabrik des Alois Chiba. Die St. Mauriz-Zinn-Zeche (bei Hengstererben). Abertham, das seine Entstehung dem 1529 hier beginnenden Bergbau verdankte, gehörte zu Joachimsthal und theilte mit dieser Stadt bis in's XVII. Jahrhundert Gutes und Böses. Am ergiebigsten war die Silberausbeute in den Jahren von 1531–1558. Die St. Lorenz-Fundgrube soll bis 1562 allein für 209.992 Goldgulden Ausbeute an Silber geliefert haben.
Besteigung des Plessberges. Dieser Berg, der wegen seiner herrlichen Aussicht des Besuches werth ist, hat eine Höhe von 1025m. Er liegt südöstlich von Abertham und kann von einem rüstigen Fussgänger in ¾ Stunden erreicht werden. Sein Plateau ist ziemlich eben, mit einer Triangulirungspyramide versehen und von drei Seiten zugänglich, und zwar: von Seite des sog. Mühlberges bei Abertham (dies ist der kürzeste Weg, doch verweichlichten Touristen wegen vieler nassen Wiesen nicht zu empfehlen), durch den Modersgrund über Oberkaff (Kaff liegt am Gehänge des Plessberges, gegen das Wistritzthal) (dies ist der beste Weg) und über die sogenannte weite Wiese (diese liegt in joachimsthaler städt. Waldungen und befindet sich unweit Werlsberg ein Hegerhaus.)
Wir erblicken gegen Norden und Nordwesten: Abertham mit Hengstererben, die Kirchthürme und einige höher gelegene Häuser von Bärringen und Platten. (Die Aussicht in weitere Ferne wird durch bewaldete Berge gehemmt); gegen Nordosten und Osten bietet sich dem Auge ein coupirtes, mit Waldungen bedecktes Terrain dar, aus dem einzelne Häuser von Werlsberg, Werlsgrün und Mariasorg wunderschön hervorlugen; der Spitzberg (rechts davon der Kirchthurm von Gottesgab) und der Keilberg schliessen die weitere Aussicht ab. Die reichste und lohnendste Fernsicht ist gegen Südost und Süden, denn in diesen Richtungen erschliesst sich ein prachtvolles Landschaftsbild bis auf 5 Meilen Entfernung. Deutlich sichtbar ist: Kaff, Lindig, Ullersgrün, Pfaffengrün, Schlackenwerth mit den umliegenden Dörfern (Liditzau, Müritschau, Permesgrün, Neudau, Elm, Haid, Langgrün und Gfell), weiterhin Karlsbad mit den Dörfern (Zettlitz, Dallwitz, Hohenhof), dann die reichbewaldete Berglehne zwischen Karlsbad und Puchstein (Giesshübler Sauerbrunn) mit der Ruine Engelhaus. Bei reinem Wetter oder nach einem Gewitterregen kann man mit einem halbwegs bewaffneten Auge die Fenster des Schlosses zu Giesshübel zählen und sieht in weitester Ferne Gabhorn (bei[117] Petschau) und eine Menge umliegender Dörfer, darüber hinaus das Tepler Gebirge mit dem branischauer Berge bei Theusing, dem prohomuter Berge, der wie eine Brille sieht, der Stenzka zwischen Neumarkt und Tepel und dem Podhorn bei Marienbad, ferner viele zerstreut liegende Ortschaften gegen Duppau. Die Fernsicht gegen Prag zu hemmt der Oedschlossberg bei Duppau, die höchste Kuppe des Buchwaldes, und der Gross(Heu)berg bei Jokes. Leider beschränkt der Glasberg mit den wöflinger Waldungen die Aussicht gegen Westen und Südwesten gänzlich, bei hellem Horizonte aber sind bewaldete Kuppen bemerkbar, die wohl höher gelegene Berge bei Königsberg oder auch Theile des Fichtelgebirges sein mögen.
Oberhalb der Stadt Abertham, der sich fast unmittelbar der Ort Ober-Fischbach anreiht, führt die Strasse auf dem öden, rauhen Plateau zwischen Wiesen, Hutweiden und Mooslagern, senkt sich dann, und wir gelangen in ½ Stunde nach Bärringen. (Siehe Tour Karlsbad-Lichtenstadt-Bärringen.)
Von Bärringen nimmt die Strasse bei mässiger Steigung eine nördliche Richtung, wir durchschreiten bald einen Wald, an dessen Saume wir bei der sog. Plattner Säule die Anhöhe erreichen. Von hier erblicken wir die Stadt Platten, die wir bei allmählicher Senkung der Strasse nach ½stündiger Tour betreten. (Denjenigen Touristen, die Bärringen bereits kennen, sei der von Abertham direct nach Platten zwischen Wiesen und Feldern führende Fussweg der Kürze wegen besonders empfohlen; er zweigt in Abertham rechts von der Strasse ab und mündet unterhalb der Plattersäule wieder in die Strasse. Siehe Tour Neudek-Platten.)
Durch die Kaisergasse in Platten geht die Strasse westlich, wendet sich bald mehr nordwestlich und führt in mehreren Windungen durch ein schönes, anmuthendes Waldthal, das der Breitenbach durchfliesst, nach dem Dorfe Breitenbach (¾ St.). Auf dem Wege dahin sehen wir die sog. Heinrichssteinfelsen, 3 Mühlen und 2 Holzschleifereien des Friedrich Karl Richter und Weizmann (Hahns Gasthaus zur Sonne).
Man geht auf der Strasse nach Abertham bis zum Wegweiser, der uns die rechts zum Spitzberge (1½ St.) und von da nach Försterhäuser (¼ St.) und nach Seifen (¼ St.) führende Strasse angibt. Letzterer Ort liegt am Wassergraben (siehe Platten). Nun geht man entweder direct nach Zwittermühl (½ St.),[118] das am Schwarzwasser liegt, oder betritt die über Irrgang (Eisenwerk) dorthin leitende Bezirksstrasse. Von Zwittermühl führt die Strasse durch das *reizende Schwarzwasserthal nach Jungenhengst, Brettmühl und Wittigsthal (Sachsen).
Von Joachimsthal führt über Gottesgab nach Weipert eine gute Strasse. (4 St.) Wir schlagen entweder die rechts bei der Dekanalkirche vorüberleitende Strasse ein, oder gehen an der links davon befindlichen Häuserreihe den Weg durch das Oberthal aufwärts, der sich bei den letzten Häusern mit der Strasse vereinigt. Diese geht nur noch eine kleine Strecke thalauf (der Fussgänger verfolge den Thalweg bis zur Strasse weiter), erklimmt in zwei Windungen die Berglehne und führt durch prächtige Waldungen auf den rauhen, moorreichen Kamm des Gebirges; wir schneiden aber kurz nach Eintritt in den Wald die vielfachen Krümmungen der Strasse ab, indem wir den rechts abzweigenden, stark betretenen, aber etwas steil ansteigenden Fussweg wählen, der auf dem Plateau am Ende des Waldes in die Strasse mündet, die uns endlich nach einstündiger Tour nach Gottesgab bringt.
Gasthöfe: »Zum grünen Haus« und »Zur Stadt Berlin«. (Beide an der Strasse, ersterer zur Linken, letzterer zur Rechten).
Postamt (an der Strasse).
Aemter: Bürgermeisteramt (am Marktplatze). Zollamt.
Beschreibung und Geschichte der Stadt.
Die kön. Bergstadt Gottesgab liegt auf einem überaus stiefmütterlich ausgestatteten, unwirthbaren und frostig-rauhen Moor-Plateau hart an der sächsischen Grenze, 1015 Meter ü. M., und ist die höchstgelegene Stadt der österreichisch-ungarischen Monarchie. Auf dieser baumlosen, öden Hochfläche, auf welcher nur ein dürftiger, doch sicherer Graswuchs fortkommt, wird der Hafer selten reif, und der Kartoffelbau, der in manchen Jahren ganz misslungen ist, lohnt kaum die Saat und Pflege; daher beschränkt sich die Landwirthschaft fast ausnahmslos auf die Viehzucht. Das Städtchen, welches sehr regelmässig angelegt ist und einen grossen, quadratischen Marktplatz besitzt, zählt 1600 Einwohner, die grösstentheils auf Hausindustrie angewiesen sind. Die weibliche Bevölkerung beschäftigt sich hauptsächlich mit Spitzenklöppeln, Weissnäherei u. dgl., auf die männliche[119] aber, von der ein Theil Weissstickerei betreibt, lässt sich Schiller's Wort: »Der Mann muss hinaus in's feindliche Leben« im weitesten Sinne anwenden; sie zieht hinaus in die Welt, um durch Musik und Handel das Brot zu verdienen. »Fahrende« Musikkünstler aus Gottesgab sind in aller Herren Ländern zu finden. Ursprünglich hiess das Städtchen Wintersgrün, erhielt aber seiner reichlichen Silbererze wegen von frommen und dankbaren Bergleuten den bedeutungsvollen Namen Gottes Gabe. Der Sage nach soll dieser Namen von Johann Friedrich, Churfürsten von Sachsen, herrühren, dem man bei einem Besuche einen aus einer Silberstufe ausgehauenen Sessel zum Niedersetzen vorgesetzt habe. Der fromme Churfürst habe aber dieses Anerbieten mit den Worten abgewiesen: »Das sei Gottes Gabe, und so soll die Stadt hinfüro genannt werden.« Sehenswerth sind: »Die Klöppelschule«, gegründet von dem thatkräftigen »Central-Comité zur Beförderung der Erwerbsthätigkeit der böhm. Erz- und Riesengebirgsbewohner«, und zwei Maschinenstickerei-Fabriken des Karl Günther und Günther und Schönfelder. Seine Entstehung verdankt Gottesgab dem Silberbergbau; ein Herr von Tetau soll es im Anfange des XVI. Jahrhunderts angelegt haben. Im Jahre 1532 begann der Bergbau auf Silber. Der Churfürst Johann Friedrich von Sachsen gab der Stadt 1534 eine Bergfreiheit und 1546 das Privilegium als eine freie Bergstadt. Kraft eines im Jahre 1556 mit Moriz von Sachsen abgeschlossenen Vertrages kam Gottesgab an Böhmen.
Wie an vielen anderen Orten des Erzgebirges ist auch hier der ehemals blühende Bergbau ganz eingestellt; nur Halden, Pingen, Stollen zeugen von einstigen unterirdischen Metallschätzen. Die am 4. Mai 1808 ausgebrochene Feuersbrunst legte 142 Häuser sammt dem Rathhause, der Pfarrei und Schule in Asche. Dadurch verarmten viele Bewohner, die überdies durch die grosse Theuerung i. J. 1817 viel Ungemach zu leiden hatten. Nur die wohlthätige Unterstützung Böhmens rettete die Stadt vor Hungersnoth. Bei dieser Gelegenheit erwarb sich der damalige Pfarrer von Gottesgab, Franz Wilhelm Tippmann, später Weihbischof des Prager Domcapitels, bedeutende, unvergessliche Verdienste. Derselbe stiftete auch, durchdrungen von wahrer christlicher Nächstenliebe, ein Spital. – Gottesgab ist die Geburtsstätte mehrerer verdienter Deutschböhmen: Thaddäus Peithner war k. k. Hofrath, Johann Theodor Anton Peithner Ritter von Lichtenfels war Bergrath und Bergwerkshistoriker (gest. 1792) und Josef Köhler starb als General-Grossmeister des Kreuzherrenordens zu Prag.
*Besteigung des Keilberges. (¾ St.) Etwa 300 Schritte oberhalb des Zollschrankens zweigt von der Kaiserstrasse zu unserer[120] Linken eine Strasse über Sächs. Wiesenthal nach Annaberg in Sachsen ab. Auf ersterer in südöstlicher Richtung weiterschreitend (falls man nicht schon früher einen rechts von der Strasse führenden, sehr empfehlenswerten Wiesenweg, der bis zu den Sonnenwirbelhäusern leitet, gewählt hat), erblicken wir geradeaus die drei Sonnenwirbelhäuser, die höchsten Wohnungen des Erzgebirges. Immer bedeutender wird die Steigung der Strasse; nach ¼stündiger Wanderung nähern wir uns dem Sonnenwirbel (so wird gewöhnlich die westliche Kuppe des Keilberges genannt), dessen nördliche Abdachung nur mit spärlichem Fichtenbestand bedeckt ist; nach unten zieht sich der sog. Kaltewintergrund hin, der wohl die traurigste Gegend des Erzgebirges ist; denn auf der Mitternachtseite, wo selten oder nie ein Sonnenstrahl in diese beinahe unheimliche Schlucht dringt, liegt selbst im Juni noch Schnee. Und doch findet sich daselbst eine Ansiedlung, der »Kalte Winter«, im Volksmunde »Böhmisch Sibirien« genannt. Die Bewohner dieser Einschichte können bei schrecklichen Schneestürmen oft acht Tage lang nicht aus dem Hause, und es wäre fürwahr tollkühn, wenn sie sich aufs Geradewohl durch die klafterhohen Schneemassen einen Weg bahnen wollten. Noch eine kurze Strecke aufwärts und es entrollt sich vor unseren Blicken ein überraschendes Panorama. Südlich vor uns breitet sich ein imposantes Seitenthal aus, dessen schützende Lehnen mit stattlichen Wäldern bedeckt sind. Hier in nächster Nähe fristet die verkrümmte Fichte, ja sogar die sonst zähe Eberesche ein kümmerliches Dasein und dort unten im Thale strecken Tannen, Lärchen, Birken und Buchen ihre Häupter stolz empor. Welch ein Contrast! Den Hintergrund der herrlichen Scenerie bildet das grossartige Gebäude der Joachimsthaler k. k. Zigarrenfabrik. Nach einigen Minuten zeigt uns ein Wegweiser mit der Aufschrift »Zum Keilberg« an, dass wir die Strasse verlassen und einen gut erhaltenen Fahrweg betreten müssen, der uns bis auf die höchste Kuppe des Keilberges führt. »Dieser Höhenpunkt, der höchste im Erzgebirge, bildet gewissermassen den Hauptstock des ganzen Gebirges; einen Gebirgsknoten, von welchem dasselbe in nordöstlicher und südwestlicher Richtung verläuft, dessen höchste Punkte sich zunächst um ihn gruppiren, so dass es hier fast das Ansehen eines Hochgebirges erhält.« Diese Bezeichnung kommt vorzugsweise dem steilen südlichen Abfalle oder Joche des Keilberges zu, auf welchem sich mehre Kuppen mit abfallender Höhe, am bedeutendsten der Leerberg, die Kuppen bei Dornberg und bei Marletzgrün, dann die Berge bei Hauenstein (der Hauensteiner Schlossberg, westlich von ihm der Maierrang und östlich der Eichelberg) hervorheben. Der Fuss dieses Gebirgsjoches wird unmittelbar von der Thalebene[121] (Egerthal) begrenzt, aus welcher es plötzlich sehr schroff emporsteigt. Westlich ist es durch das tief eingeschnittene Weseritzthal begrenzt, in welches einige enge, von hohen, steilen Gehängen eingefasste Seitenthäler einmünden. Diese steilen Abhänge und hohen Gehänge der engen Thäler, die Gruppirung ansehnlicher Kuppen, welche in ihrer Zusammensetzung einander überragen, geben ihm hier mehr als an einer anderen Stelle seiner Verbreitung das Ansehen eines »Hochgebirges.« Die bedeutendsten Höhenpunkte, welche sich um den Keilberg gruppiren, sind: (im Norden) der Fichtelberg (jenseits der Landesgrenze), der Gattersberg (zwischen Stolzenhahn und Wiesenthal), der Hofberg, der Riegelberg, der Grosse und Kleine Wolfsberg (nordöstl. von Stolzenhahn) und der Blaselsberg (zwischen Stolzenhahn und Kupferberg); (im Osten) der Wirbelstein (nördlich vom Hauensteiner Forsthause), der Eisenkopf und der Buchberg; (im Süden) die hohe Wiese, weiter abwärts der Schobert- oder Schubertberg und westlich von diesen der Hohe Berg und der sagenreiche Graue Stein, von welchen beiden dann die Gehänge dieser Bergmasse in Absätzen in das Thal abfallen; (im Westen) der Spitzberg (bei Gottesgab), der Steinhübel (bei Irrgang), der Plattenberg (östl. von Platten), der Buchberg (westl. von Platten); (im Nordwesten) der Kaffberg und der Mückenberg (bei Goldenhöhe).
Den höchsten Punkt des Keilberges krönt ein 21 Fuss hohes, einfaches, aber sehr fest und praktisch gebautes Aussichtsobject, das der Erzgebirgsverein in Joachimsthal im Jahre 1880 errichtet hat. Haben wir die zweite Terrasse dieses Objectes bestiegen, so eröffnet sich uns eine umfassende, wahrhaft grossartige, überwältigende Rundsicht, die uns unwillkürlich an die vortrefflichen Worte Karl Egon von Eberts, des hochgefeierten Altmeisters der deutsch-böhmischen Dichter, erinnert:
In nächster Nähe streben dicht an einander gereiht, wie Mastbäume die schlank gewachsenen Fichten und Tannen des prächtigen Schwarzwaldes (die ausgedehnten, herrlichen Waldungen, am Südabhange des Keilberges führen diesen Namen) empor, an den sich weithin nach den verschiedenen Richtungen die gewaltige Waldregion, ein förmliches Forstmeer, der mannigfaltigen Höhenzüge mit ihren Kuppen anreiht; denn der Blick schweift[122] bei heiterem Himmel über das ganze (besonders das böhmische) Erzgebirge vom Böhmerwalde und Fichtelgebirge bis an das Riesengebirge, eine wundervolle Aussicht, wie sie in solchem Masse kein zweiter Punkt im ganzen Erzgebirge bietet. In südöstlicher Richtung sehen wir die Städte: Saaz, Kaaden, Klösterle und viele grössere und kleinere Ortschaften (mit einem guten Fernglase sieht man bei heiterem Himmel sogar den historischen weissen Berg bei Prag); östlich gewahren wir zunächst Kupferberg mit dem kegelförmigen Kupferhügel (letzterer ist gegen unseren Standpunkt verschwindend klein) und in weiterer Entfernung links Dörnsdorf, Reischdorf, die Kirchthurmspitze von Pressnitz. Ganz im Hintergrunde erblicken wir die Kuppen des herrlichen böhmischen Mittelgebirges mit dem Milleschauer. Gegen Norden verdecken die beiden Fichtelberge die Aussicht nach Sachsen, doch ist diese nach Nordost lohnend. (Schmiedeberg, Jöhstadt, Weipert, Annaberg); der Bahnhof von Weipert, die Kirche von Annaberg und die imposante Volksschule in Schmiedeberg sind mit freiem Auge sichtbar. Gegen Süden bemerken wir das Duppauer Gebirge mit der Ruine Engelhaus, den Bahnhof von Karlsbad, ferner Schlackenwerth und das liebliche, reizvolle Egerthal, im Südwesten im Hintergrunde den Dillenberg bei Eger, den Kaiserwald, im Westen das Fichtelgebirge mit dem Hainberge bei Asch. Bei dieser Darlegung wurde nur das Wichtigste hervorgehoben, denn alle einzelnen Punkte dieses farbenprächtigen Panoramas zu schildern, lässt der Raum des Buches nicht zu, zudem wir in anderer Beziehung des Keilberges gedenken mussten. Erhaben und schön ist auf diesem Berge die Beobachtung des Sonnenaufganges. (Der Botaniker findet Moose und Vorboten subalpiner und selbst alpiner Pflanzen).
Um unsere beabsichtigte Tour zu vollenden, kehren wir wieder bis zum bekannten Wegweiser zurück, wo wir die nach Weipert führende Strasse weiter verfolgen; dieselbe zieht sich anfangs einige hundert Schritte auf der Ebene dahin, senkt sich dann allmählig, und wir sehen plötzlich bei einer Biegung ein malerisches Bild. Wie hingegossen liegt das sächsische Städtchen Oberwiesenthal vor uns, das bloss durch die Pöhl von Böhmisch-Wiesenthal getrennt ist. Man wird nicht satt, dieses Bild zu betrachten, immer wieder zieht es das Auge des Touristen auf sich. Wir steigen indess tiefer und gelangen zu den Hofberghäusern mit dem anständigen Gasthof »Hofberg« (Hier biegt, rechts die Strasse nach Kupferberg, links nach Böhmisch-Wiesenthal ab). Nachdem wir durch eine kleine Erfrischung uns erquickt haben, schreiten wir auf der Strasse bei kaum wahrnehmbarer Senkung zur rechten Seite des grossen Dorfes Stolzenhahn hin und erreichen nach einer ½stündigen Wanderung durch[123] eine zu beiden Seiten der Strasse liegende liebliche Waldung Böhmisch-Hammer, wo sich rechts die Strasse nach Schmiedeberg abzweigt. (Gleich oberhalb des Dörfchens ist ein ansehnlicher Viaduct der Buschtěhrader Zweigbahn Komotau-Weipert bemerkenswerth.) An der Strasse selbst liegt der ansehnliche Gasthof »zum Schlössl.« Immer näher zieht sich dieselbe an der Landesgrenze auf der Ebene dahin und wir erblicken bald auf böhmischem, bald auf sächsischem Boden ein Gehöfte, eine Mahl- oder Papiermühle, ein Gasthaus u. dgl., was uns eine annehmbare Abwechslung gewährt. Wir merken kaum, dass wir uns schon Weipert-Neugeschrei, der Vorstadt Weiperts, nähern. Hier liegen die Häuser einzeln gebaut, zu beiden Seiten der Strasse. Von Gottesgab, noch besser von Försterhäuser (siehe oben), können wir, in Försterhäuser unweit des Forsthauses abbiegend, eine prächtige Seitentour ausführen. Wir gehen auf einer guten, durch herrliche Wälder führenden Strasse oder auf einem Fusswege am Goldenhöher Forsthause vorüber in das idyllisch gelegene Dorf *Goldenhöhe, dann nach der sogenannten böhmischen Mühle und von da weiter nach Sachsen. Dieser, zwei Stunden bis zur Grenze in Anspruch nehmende Weg ist herrlich. Die schönen, wohlgepflegten Waldbestände erwecken die Bewunderung jedes Touristen. Es ist eine ächte Gebirgswanderung. Bei der genannten Mühle öffnet sich das Thal, vom reissenden Pöhlbach durchbraust; wir überschreiten die Grenze, durchwandern das industriereiche, an beiden Abhängen des erweiterten Thales romantisch gelegene Dorf Rittersgrün und kommen in ¾ Stunden in *Globenstein an, wo die höchstinteressanten Felsgebilde unsere Aufmerksamkeit erwecken. Fortsetzung der Tour über Crandorf oder Raschau nach *Schwarzenberg. Herrliche Partie!
Gasthöfe: Scherbers Hôtel (Nr. 98 in der Frohngasse).
Hôtel Reiter (Nr. 14, 15, Ringplatz).
Städtisches Schiesshaus inmitten des neuen, sehenswerthen Stadtparkes (nördlich der Stadt) gelegen, sehr beliebter, besonders im Sommer reich besuchter Ausflugsort der Stadtbewohner.
Hôtel Adler Nr. 16 am Marktplatze, Eck der Steingasse.
Gasthof zum grünen Baum in der Bahnhofstrasse.
Städtischer Lagerkeller (Nr. 1 Weinberggasse), schön gelegen, mit einem grossen Garten und herrlichen Blick auf die Stadt und das Gebirge.
Güttler's Restauration (Schäfergasse Nr. 7) schöner Garten mit Gartenhaus und gedeckter Kegelbahn.
Restauration am Bahnhofe.
Weiter sind noch erwähnenswerth: Gasthof zum Bahnhof in der Bahnhofstrasse, »Gasthaus zum Schiefer« in der Prager-Strasse, »Austria« in der Weinberggasse (Lokal des Lesekasinos), Städtische Restauration (genannt »Criminelle«), »Binders Weinhandlung« in der Herrengasse.
Aemter: 1. Die k. k. Bezirkshauptmannschaft; 2. das k. k. Bezirksgericht; 3. das k. k. Revier-Bergamt; 4. das k. k. Steueramt; 5. das k. k. Grenz-Inspektorat mit der k. k. Finanz-Wachkontrolsbezirksleitung und dem k. k. Hauptzollamte; 6. das k. k. Postamt am Schulplatz; 7. das k. k. Telegraphenamt in der k. k. Bezirkshauptmannschaft; 8. das k. k. Aichamt; 9. das k. k. Gendarmeriepostenkommando; 10. die Komotau-Sebastiansberger Bezirksvertretung; 11. das Bürgermeisteramt.
Lehranstalten: 1. das Communal-Obergymnasium; 2. die k. k. Lehrerbildungsanstalt; 3. die mechanisch-technische Lehrwerkstätte des k. k. Handelsministeriums; 4. die Bürgerschule und 5. die Privatvolksschule der Schwestern vom hl. Kreuz mit Pensionat.
Verkehrsanstalten. 1. die k. k. priv. Aussig-Teplitzer Eisenbahn; 2. die ausschl. priv. Buštěhrader Eisenbahn; 3. die k. k. priv. Dux-Bodenbacher Eisenbahn; 4. die Pilsner-Priesner Eisenbahn.
Zwei Lesezimmer a) das der Gesellschaft »Casino« b) das der Ressource. Eingeführte Fremde haben Zutritt. Die Buchhandlung von A. Stumpf am Marktplatz ertheilt allen Touristen über den Gebirgsverein, Führer in's Gebirge u. s. w. Auskünfte; 2. Buchhandlung von Mändl.
Sehenswürdigkeiten. 1. Die Stadtkirche. Der gothische Hauptbau stammt aus dem Jahre 1542; in früheren Jahren, etwa 400 Jahre zuvor, stand an diesem Orte eine kleine Kirche; der jetzige Hauptaltar wurde 1723 erbaut; sehenswerthe, kunstvolle Bilder am Kreuzaltare sind die der hl. Bonaventura und des hl. Franz von Assisi. In der Taufkapelle dieser Kirche erweckt besonders Interesse das merkwürdige, künstlerisch-werthlose Žižka-Bild, welches die Verheerung der Stadt durch die Hussiten darstellt. 2. Die *St. Ignaziuskirche oder Jesuitenkirche genannt an der Südseite des Marktplatzes, die grösste und schönste Kirche Komotaus und im italienischen Baustyl des 17. Jahrh. erbaut; die Kirche und die jetzt als Kaserne dienenden Nebengebäude bildeten einst das Jesuitencollegium, das 1773 aufgehoben wurde. Den Hochaltar dieser Kirche schmückt in seinem oberen Theile ein Kunstgemälde, darstellend Gott-Vater im Kreise seiner Engelschaaren. Lanfranco, ein Schüler der florentinischen Schule, malte es. Das Hauptbild des Hochaltars, gemalt vom Meister Kandler in Prag, stellt den hl. Ignatius vor; unter dem Presbyterium ist die Jesuitengruft. Die zweite Seitenkapelle rechts birgt die irdischen Ueberreste des 1681 verstorbenen Johann Grafen von Hrzan, k. k. Statthalters von Böhmen. Auf dem Seitenaltare des hl. Viktor befinden sich die Reliquien dieses Heiligen, mit welchen und zu deren Verehrung die Jesuiten ehemals jährlich eine Procession durch die ganze Stadt hielten. 3. Das Schloss, jetzt städt. Rathhaus, auf der Westseite des Marktplatzes, einst der[125] Wohnsitz von Komotaus Oberherrn, dürfte in seinem noch bestehenden Bau 1520 errichtet worden sein. Gegenwärtig befindet sich darin das Bürgermeisteramt, die Sparkasse, das städtische Forstamt, ein Turnsaal u. s. w. 4. Die Katharinenkirche, dem Schlosse angebaut, darum auch Schlosskirche genannt, ist das älteste Baudenkmal Komotaus. Schon 1383 wird bei derselben unter anderen einer Frühmessstiftung Erwähnung gethan. Unter Kaiser Josef II. wurde die Kirche Eigenthum der Stadt; jetzt dienen ihre Räumlichkeiten verschiedenen privaten Zwecken. Die Bauart spricht für das 14. Jahrhundert. 5. Die Spittelkirche oder Kirche vom hl. Geist in der Gerstnergasse; sehenswerth ist ein kunstvolles Bild, darstellend den hl. Josef. 6. Gleich darunter steht die in den fünfziger Jahren erbaute protestantische Kirche. Die Juden-Synagoge, erbaut 1876, befindet sich in der Weinberggasse. 7. Das Gymnasium, ein schöner Bau mit einem Thurme (ehem. Sternwarte der Jesuiten), am linken Ufer des Assigbaches gelegen, angrenzend an die Jesuitenkirche. 8. Das Pädagogium, südlich ausserhalb der Stadt gelegen, früher das städtische Spital; die technische Lehrwerkstätte im unteren Ende der langen Gasse; die Eröffnung der Anstalt fällt in das Jahr 1874 und ist in ihrer Art die einzige in ganz Oesterreich und Deutschland. 9. Die Bürgerschule für Knaben und Mädchen unweit der Stadtkirche gelegen mit 19 Classen. 10. Die umfangreichen Gebäude der Schwestern vom hl. Kreuz mit einer 7classigen Privatvolksschule mit Oeffentlichkeitsrecht in der unteren langen Gasse. 11. Der nach englischem Muster angelegte Stadtpark, nördlich der Stadt, gehört zu den beliebtesten Spaziergängen der Komotauer.
Kurze Beschreibung der Stadt. Die königliche (1605) Stadt Komotau zählt über 700 Häuser mit einer Bevölkerung von 10100. Sie liegt am Fusse des Erzgebirges, zu beiden Seiten des Assigbaches, inmitten von Obst- und Gemüsegärten. Die Stadt hat 5 Jahrmärkte und wöchentlich 3 Märkte, betreibt lebhaft Obst- Getreide- und Gemüsehandel; merkwürdig ist das Gedeihen der edlen Kastanien in der Nähe von Komotau. Von Komotau führen mehrere Strassen auswärts: Die Leipziger oder Kaiserstrasse durch die Bahnhofstrasse in nordwestlicher Richtung nach Sachsen; die Prager Strasse durch die lange Gasse in südlicher Richtung über Postelberg, Laun nach Prag. Eine andere Strasse führt durch die Weinberggasse nach Görkau; die Kaadner Strasse durch die Bahnhofstrasse, beim Gasthause zum grünen Baum von der Leipziger Strasse abzweigend, führt beim Bahnhofe vorüber in westlicher Richtung nach Kaaden. Auch führt eine Bezirksstrasse in südlicher Richtung nach Eidlitz, eine in nördlicher Richtung übers Gebirge nach Platten, Kallich gegen die sächsische Grenze.
Geschichtliches. 1252 tritt der Name Comotov in den Urkunden auf; jedenfalls war da Komotau ein Dorf, das sich um eine Veste gruppirte; dieselbe stand an dem Orte, wo jetzt das Rathhaus und das Bräuhaus steht; im selben Jahre wird der deutsche Ritterorden als Herr des Marktes Komotau genannt. Von 1353 an erscheint Komotau als Stadt. Diese litt 1418 durch eine Feuersbrunst grossen Schaden. Ein Schreckenstag für Komotau war der 14. März 1421, an welchem die Stadt durch die Hussiten erstürmt wurde; die gesammte katholische Bevölkerung wurde grässlich hingemordet; nur 30 Einwohner wurden verschont, um ihre todten Mitbürger zu begraben. Kaiser Sigismund belohnte später die Lobkowitze mit Komotau. Bereits im Jahre 1456 wird Johann Czalta von Steinsberg als Herr von Komotau genannt. Durch Erbrecht ging die Stadt in den Besitz der Herren von Weitmühl über, wurde im Jahre 1560 an Erzherzog Ferdinand, Gemahl der Philippine Welser, und von diesem im Jahre 1571 an die Familie der Lobkowitze von Hassenstein verkauft. Zur Zeit der Reformation fand die neue Lehre hier Eingang. Georg Popel von Lobkowitz berief aber die Jesuiten zur Vertreibung des Protestantismus, der auch schliesslich wieder unterging. Derselbe Herr von Komotau trug sich auch mit dem Plane um, in Komotau eine Universität zu errichten; er fiel aber beim Kaiser in Ungnade und endete als Gefangener 1606 durch das Henkerbeil sein Leben in Elbogen. Die Güter Georgs von Lobkowitz gingen nun an den Staat über; dieser verkaufte ein Dritttheil dieser Güter an die Komotauer Bürgerschaft, welche dadurch von aller Oberherrschaft frei wurde. Der dreissigjährige Krieg machte sich in seinen traurigen Folgen auch in Komotau und Umgebung bemerkbar; am ärgsten hausten die Truppen des schwedischen Generals Pfühl in Komotau. Es wird erzählt, dass viele angesehene Komotauer Bürger der Tortour (Schwedentränkel) unterworfen wurden, um Geld von ihnen zu erpressen. Es sollen 160 Wagenladungen geraubter Gegenstände von den Schweden fortgeführt worden sein. Schon 1651 hatte sich der Wohlstand Komotaus so weit gehoben, dass es seinen Grundbesitz vergrössern konnte. Unter den höchsten gekrönten Häuptern, die Komotau im Laufe der Jahre mit einem Besuche beehrten, seien genannt: 1703 der König Karl von Spanien; derselbe übernachtete im Rathhause; 1771 der unvergessliche Josef II.; 1813 begaben sich die drei verbündeten Monarchen über Komotau nach Leipzig, um die Völkerschlacht zu schlagen. In demselben Jahre wurde in Komotau ein Haupt-Lazareth errichtet. In neuerer Zeit hat sich Komotau dadurch, dass es Knotenpunkt von vier Eisenbahnlinien wurde, sehr gehoben. Der vielen Schulanstalten wegen wird Komotau »Schulstadt« Westböhmens genannt. Komotau ist der Geburtsort von bemerkenswerthen Gelehrten und zwar: von[127] Mathäus Goldhahn, einem berühmten Philologen, bekannt unter dem latinisirten Namen Aurogallus, gestorben 1543; von dem Historiker Franz Pubitschka, geboren 1722 und gestorben 1809; von Franz Josef Ritter von Gerstner, geboren 1754 und gestorben 1832 als k. k. Gubernialrath, Wasserbaudirector und Director der technischen Lehranstalt zu Prag, von ganz Europa als einer der ersten Mathematiker anerkannt.
1. Von Komotau auf die *Alaunhütte, auch Schweizerhütte genannt. Wir gehen vom Ringplatze durch die Weinberggasse. Am Ende dieser Gasse erhebt sich eine kleine Anhöhe, »Weinberg« genannt. Links der Strasse zieht sich ein schmaler Fusssteig zum Endziele unseres Spazierganges. Eine Tafel mit der Aufschrift: »Weg zur Alaunhütte« macht den Touristen auf den Weg aufmerksam. In etwa ¼ Stunde sind wir am Ziele. Die Alaunhütte, eine Restauration in romantischer Lage, ist einer der beliebtesten Ausflugsorte für Komotau und Umgebung. Nächst der Alaunhütte befindet sich der Alaunsee. Wer des Ruderns kundig ist, miethet sich einen Kahn und befährt den See. Zur Winterszeit bietet der Alaunsee mit seiner schönen Eisbahn einen mächtigen Anziehungspunkt für Schlittschuhläufer. Ehemals war hier, wo sich jetzt der Alaunsee ausbreitet, ein grosses Alaunbergwerk. Die rothe alaunhältige Erde, welche rings um die Alaunhütte massenhaft zu sehen ist, erinnert an den einstigen Bestand des Bergwerkes. In der Nähe der Alaunhütte gedeihet die edle Kastanie in einer seltenen Grösse und Schönheit der Frucht. Die mächtigen Stämme und Kronen dieses Baumes gewähren einen herrlichen Anblick. Neben den Gastlocalitäten der »Hütte« ist auch eine Badeanstalt mit warmen Bädern. Den Sonntag nach Anton im Juni jedes Jahres begeht die Hüttenrestauration im Blätterschmucke mächtiger Eichen im schönsten Frühlingskleide der Natur ihr Fest mit Concert und Tanz.
2. Nach dem Komotauer *Stadtpark und dem städtischen Schiesshause. Wir gehen vom Marktplatze durch die Schiesshausgasse und kommen in ca. 10 Minuten bei der Komotauer Dampfmühle vorüber in den Park, der nach englischer Art angelegt ist. Naturfreunden bereiten hier die schönen Baumgruppirungen und Blumenpflanzungen einen wahren Genuss. Im Parke befindet sich das im Jahre 1833 erbaute städtische Schiesshaus und in dessen Nähe das aus Holz errichtete Sommertheater.
3. Von Komotau auf den *Hutberg. Durch die Schiesshausgasse[128] gehend, gelangen wir, von den Parkanlagen links ab, in einen Fahrweg, der uns durch schöne Obstgärten in ca. ¾ Stunden auf den Hutberg führt. Die Aussicht von demselben ist bezaubernd schön. Am Fusse des Hutberges liegt in romantischer Lage das Dörfchen Pirken.
4. Von Komotau nach dem *»Ruland«. Die Plattner Strasse führt uns direct auf eine Anhöhe, wo mitten von Obstgärten, Feldern und Wiesen das schöne Wohn- und Wirthschaftsgebäude, genannt »Ruland«, malerisch gelegen ist. Eine schöne Aussicht über Komotau und in's Gebirge lohnt die Mühe des Touristen, welcher von den freundlichen Bewohnern des Gehöftes »Ruland« mit Milch, Obst u. s. w. bewirthet wird. Die Anhöhe »Ruland« wird häufig auch Galgenberg genannt, weil hier ehemals Verbrecher gerichtet wurden.
5. Von Komotau nach Eidlitz. Wir wenden uns durch die Gerstnergasse in die Prager Vorstadt und kommen bald auf die Komotau-Eidlitzer Bezirksstrasse. Der Weg ist ungemein angenehm. In ¾ Stunden sind wir in Eidlitz. Sehenswerth ist das Schloss und eine Zuckerfabrik.
6. Von Komotau nach *Görkau (1 Stunde). a) Auf der Strasse. Von Komotau durch die Weinberggasse führt die Strasse über den Weinberg durch schöne Obstgärten und Felder nach dem Kirchdorfe Udwitz mit seinen Kohlenbrüchen. Von hier kommen wir in ½ Stunde nach Görkau. (Siehe Görkau.) b) Auf dem Fusssteige. Von Komotau gehen wir durch die Weinberggasse nach der Alaunhütte. Von hier führt ein Fusssteig nach den sogenannten Kohlenhäuseln. Wir gelangen auf demselben zur »Tempis-Kapelle«, welche ein Schlosskaplan von Rothenhaus, Hans von Tempis, vor vielen Jahren wegen seiner glücklichen Rettung aus Räubershänden an dieser Stelle erbauen liess. Der Fusssteig führt uns jetzt direct in ca. ¼ Stunde nach Görkau.
7. Von Komotau nach dem Gebirgsdorfe *Platten. Auf der Plattner Strasse, ziemlich steil ansteigend, kommen wir in ca. 1½ Stunde nach Platten mit seiner zu Ende des 14. Jahrhundertes bereits bestehenden Kirche und seinem Schlosse, das als Jagdschloss des Besitzers von Rothenhaus einst bessere Zeiten gesehen hat. Unweit Platten ist der viel besuchte Wallfahrtsort Quinau. Die Aussicht beim Schulhause in's Böhmerland ist prachtvoll! (Siehe Bereisung von Görkau aus.)
1. Von Komotau bis zur *Grundmühle, nach Domina, Troschig und Tschernowitz. Von Komotau gehen wir an dem Assigbache hinauf nach Oberdorf. Oberhalb der[129] Oberdorfer Hammermühle beginnt das überaus freundliche Assigbachthal mit üppigen Wiesen und bewaldeten Thalgehängen. Wir wandern hier ohne alle Anstrengung und erreichen in 1 Stunde die erste Grundmühle, auch »Kleinmühle« genannt. Hier können wir einen kleinen Imbiss nehmen und uns an einem Trunke Bier oder Milch erquicken. Von hier nehmen wir den Weg rechts an der Thalwand hinauf gegen Domina. Der Weg ist ziemlich gut. Der Ort lässt sich von der Grundmühle aus in 1 Stunde bequem erreichen. Doch ist es nicht nöthig, bis in das genannte Dorf zu gehen; wir verlassen deshalb denselben, wenden uns rechts dem Dörnthaler Weg zu. Nördlich von Dörnthal sehen wir schon den Troschiger- oder Klingerberg ansteigen, das vorläufige Ziel unserer Reise. In 1½ Stunde ist die erste Höhe erreicht. Die Aussicht ist hier lohnend; am westlichen Gehänge schlängelt sich die Strasse über Sebastiansberg zur Landesgrenze, dort unten östlich bricht die Bahnlinie aus Felsen hervor. Oestlich und südlich haben wir die Gegenden von Brüx und Saaz und östlich verfolgen wir den Erzgebirgszug bis Eisenberg und noch weiter, und westlich hebt sich Terrasse um Terrasse im schönen Wechsel von Wald und Flur zum Horizonte. Wir steigen den westlichen Abhang hinunter, treffen hier das an der Komotau-Sebastiansberger Strasse liegende Gasthaus »g. Hübel.« In 5 Minuten haben wir auch das südlich gelegene Dörfchen Troschig erreicht. Auf einem kleinen Plateau gebaut, ist es das kleinste unter den 4 Strassendörfern: Schönlind, Domina, Krima und Neudorf. Die Bevölkerung treibt Oekonomie und besorgte früher den Vorspann über die Berge. Weiter südlich wandernd, treffen wir einen schönen Wald; es ist dies das Troschiger Revier, der Komotauer Stadtgemeinde gehörig, die hier einen Förster angestellt hat. Der links des Weges sich erhebende »Tennich« ist der höchste Berg dieser Kette. Er ist prächtig bewaldet und daher als Aussichtspunct weniger zu empfehlen. Wir empfehlen daher den Weg, der von Troschig dem südlich laufenden Gebirgszuge folgt, behalten rechts das Höllenthal und sehen nach einer Stunde gemüthlichen Wanderns, die Buschtěhrader Bahn überschreitend, den kl. Purberg. Weit in's Land vorgeschoben und sich langsam erhebend, ist dies ein mächtiger Stock von Steinmassen, gleichsam ein Knoten, mit dem der Gebirgszug abhebt. Bald haben wir denselben ohne Anstrengung bestiegen. Die Aussicht nach 3 Seiten ist herrlich: Die Gegend von Komotau, theilweise auch die Stadt, speciell der Bahnhof, die Dörfer Tschernowitz, Sporitz, Körbitz, Malkau, Sosau, Grün und das Städtchen Kralupp liegen zu unseren Füssen. Dort westlich, wo die Eger in die Ebene bricht, liegt Kaaden, von Bergen umstellt, östlich sind die Brüxer Berge. Ringsum siehst du Strassenzüge, Eisenbahnen, Felder, Fluren,[130] Teiche und Obstgärten. Der Berg selbst bildet oben ein Plateau, das so wie sein Abhang mit Eichen- und Birkengestrüpp bewachsen ist. Auch erfrischendes Wasser befindet sich oben. Von allen Seiten fallen seine Granitmassen steil ab mit oft wunderlichen Klüften, worin heute noch der immer seltener werdende Dachs zu Hause ist. Von unten gesehen gleicht der Berg einer Ruine, so täuschend thürmen sich hier die Steinmassen. Die Gemeinde Tschernowitz, welcher der Berg mit den Abhängen gehört, nimmt von ihm das Material zu gewöhnlichen Steinmetzarbeiten. Die siebenziger Jahre haben den Berg in Fesseln gelegt, weil seit jener Zeit die Buschtěhrader Gebirgsbahn ihren Weg rings um denselben genommen. Merkwürdig ist der Fall, dass hier Sporitzer Felder 6mal von der Bahn durchschnitten werden. Der Purberg hat seine Geschichte, und das deutsche Volk ringsum bis weit in's Land kennt ihn und umwebt denselben mit dem Gewande der Sage. So erzählt man, dass alte Jungfrauen berufen seien, den Berg abzutragen. Es sollen ferner schlechte Zeiten hereinbrechen, wenn der Berg mit Eisen belegt sein wird. Auf der östlich angrenzenden Tschernowitzer Haide soll einst der Schlussact eines grossen Völkerkampfes stattfinden, worauf erst wieder bessere Zeiten zu erwarten seien u. s. w. Den östlichen Abhang hinab führt ein Fahrweg und dieser bringt uns bald nach dem nahen Tschernowitz. Schon der kurze Weg dahin zeigt Halden, Steinbrüche, gearbeitete und rohe Steine, den Gewerbefleiss der Ortsbevölkerung deutend. Strauss, Dietz und Bertl sind bekannte Steinmetzer und die Güte des hier gefundenen Materials macht ihre Arbeit gesucht. Der Ort selbst mit 54 Häusern und 440 Einwohnern hat vorzügliches Trinkwasser und viel Obstbau. Gasthäuser sind da. Die Strasse führt in ¾ Stunden nach Komotau zurück.
2. *Von Komotau über Domina nach Glieden, *Wisset, Schweiger, Hohentann, *Hassenstein, *Platzer Grund, Zollhaus, Neudorf und retour. Dies ist eine starke Tour und erheischt ein zeitliches Verlassen der Lagerstätte. Unser Weg führt vorerst auf der Kaiserstrasse nach Oberdorf. Hier sehen wir im Vorbeigehen das grosse Bräuhaus von Philipp. Die alterthümliche unvollendete Kirche stammt von dem unglücklichen Labketz, der unter dem Henkerbeile verblutete. Hier haben wir zwei Wege vor uns. Den ersten, die Strasse, vermeiden wir, denn sie führt steil über das Gebirge. Der grosse Kaiser Josef liess sie anlegen und das Volk erzählt sich, dass, als er später die Gegend bereiste, die steile Anlage sah und den Bauleiter zur strengen Rechenschaft zog. Wir wenden uns dem Landwege zu, an dem Oberdorfer Friedhofe vorbei. Bald haben wir die Vorberge erreicht. Diese tragen Obstgärten. In kurzer Zeit haben wir das kleine, mit Erlengebüsch[131] besäumte Hatschkabächlein erreicht, das die Sporitzer Wiesen bewässert und auf den Troschiger und Schönlindner Wiesen entspringt. Dem steigen wir nach und kommen in die sogenannte »Ranz.« Später theilt sich der Weg, der rechts führt nach Schönlind, der links durch das Troschiger Revier nach dem Dörfchen Troschig. Von hier wenden wir uns nach Glieden. Dazu stehen uns zwei Wege offen. Der eine führt über Nokowitz und ist ein Fahrweg, geht anfangs nördlich der Strasse zu, wendet sich alsdann westlich und in ½ Stunde haben wir Nokowitz erreicht, das an der linken Lehne des Höllenthales ½ Stunde südlich von Krima liegt. Der Ort hat nur Getreidebau und Holzhandel, 23 Häuser und 152 Einwohner. Der zweite Weg ist ein Fusssteig und führt von Troschig westlich auf der linken Lehne des Höllenthales hinunter durch einen Eichenbusch. Unten angekommen, finden wir die schönsten Wiesen und ein kleines Bächlein, den Höllenbach, der auf der Krimaer und Wisseter Heide sich sammelt und mit dem Thale einem südöstlichen Laufe folgt, sich später westlich wendet, eingeschlossen und beengt von dichtbewaldeten Thallehnen. Bei Malkau tritt er in die Ebene und bildet mit dem Grüner und Plassdorfer Bächlein den sogenannten Saubach. Der Weg durch's Höllenthal ist oft beschwerlich. Bei einer Einschichte, links vorbei, gelangen wir an der Berglehne hinauf nach Glieden. Die Ortschaft hat 16 Häuser mit 117 Einwohnern, die Oekonomie treiben. Die Lage des Oertchens ist überaus freundlich. Vom Nordsturme durch den Gliednerberg geschützt, ist das Klima schon so mild, dass hier Obst gedeiht. Die nach allen Richtungen hin sehr beschwerliche Communication ist freilich den Einheimischen nicht auffällig. Südlich von Glieden, ½ St., finden wir den *Höllenstein, der eine Wand des Höllenthals bildet. Pittoresk geformt, mit einer schönen Aussicht auf demselben und schauerlicher Tiefe zu den Füssen, ist es für den Touristen lohnend, ihn zu besuchen. Wir gehen von Glieden auf einem Fusssteige nach Wisset. Der Ort hat 29 Häuser mit 232 Einwohnern. Wisset liegt auf der ersten Terrasse des hier aufsteigenden Gebirges, der Wisseter Platte. Die Lage der Ortschaft ist freundlich, die Communication per Wagen überaus beschwerlich. Der nördlich und nordöstlich sich hinziehende Höhenzug hat den Namen »Ziegenrück.« Er ist theilweise urbar, doch reift hier das Getreide 2 bis 3 Wochen später. Wisset selbst hat zwei Wirthshäuser. Jedem Touristen gewährt die Aussicht vom »Obern Berg« aus in's Saazer Land einen grossen Genuss. Wir verfolgen jetzt den Weg nach Hohentann, der westwärts durch die Wisseter Flur führt. Kurz vor dem Walde (ein Kreuz in der Nähe) theilt sich der Weg. Der rechts führt uns zur »Schweiger-Höhe«, der links abbiegende an der südlichen Schweigerlehne durch dichten Nadelwald nach *Hohentann. Wir[132] verfolgen den erstgenannten und haben in ca. ½ Stunde den Höhepunkt »*Schweiger« erreicht. Nördlich und nordöstlich ansteigend und fast bis zu seinem Scheitel urbar, fällt er südlich, westlich und östlich gäh ab, nach allen Seiten hin die schönste Fernsicht bereitend. Das Biela- und Egergebiet, die Höhen des Duppauer Gebirges und fast der ganze Erzgebirgszug repräsentiren sich in ihrer Schönheit. Dort die alte Ruine Hassenstein, die Stadt Sonnenberg zu unseren Füssen, nördlich Sebastiansberg und die vielen Ortschaften bis gegen Eisenberg. Der Name Schweiger soll daher kommen, dass der Sage nach hier einst ein Sprosse der Hassensteine als Einsiedler seine Zelle hatte und schweigend seine Lebtage zubrachte. Südöstlich, den ersten besten Weg abwärts, kommen wir nach Hohentann. Dieses Dorf hat 29 Häuser und 180 Einwohner, die Oekonomie und Holzhandel treiben. Im Winter halten sich Weib und Kinder an die Spitzenklöppelei. Dort bei der kleinen Ortskapelle vorbei führt der Weg westwärts. Nicht weit vom Dorfe theilt er sich. Wir verfolgen den Weg links, lassen die Hohentanner Hügel zwischen Hohentann und Platz ebenfalls links, kommen zu einem Holzkreuze (am Kreuzwege), finden auf einer Wiesentrift den Fusssteig zum Platzer Forsthause und können hier den Fahrweg verfolgen zur Ruine Hassenstein. Der Tourist wendet sich auf dem Rückwege beim Forsthause nordwestlich, behält den mit Kiefern bewachsenen Lerchenberg seitwärts des Forsthauses rechts, die »Kalkofenhöhe« links und sieht bald in das tiefe »Grundthal«. Hier wendet er sich dem Wistritzbach, der dieses Waldthal durchfliesst, entgegen. Dort, wo der Weg die Thalsohle erreicht, liegt rechts das Grundwirthshaus. Hier ist jederzeit frisches Bier und ein Imbiss zu haben. Wir erreichen jetzt das schattige – oft wildromantische Grundmühlthal oder Wistritzbachthal, das sich aufwärts immer mehr verengt und später zur Schlucht wird, kaum einen Fuhrweg lassend. Das Wasser des Baches ist hier spiegelhell; es würde bei normaler Körpertemperatur ein wohlthuendes Bad geben. Jetzt müssen wir darauf verzichten. Von dem Forellenreichthume früherer Zeit ist jetzt bei dem herrschenden Raubsystem wenig zu merken. Nach 1½stündiger Wanderung erweitert sich oben genanntes Thal, wir sehen die Holzmühle an der Komotau-Pressnitzer Strasse, gehen rechts die Strasse hinauf über's Zollhaus zum Bahnhofgebäude Krima-Neudorf. Hier pflegen wir unsere Glieder, stärken uns mit Speise und Trank und erwarten in Geduld den um 9 Uhr Abends nach Komotau abgehenden Zug, der uns um 10 Uhr nach Komotau bringt.
3. *Von Komotau nach Tschernowitz, Malkau, Grün, Plassdorf, *Platz, *Hassenstein und Brunnersdorf. (Bahnstation.) Wir verfolgen die Bahnhofstrasse, lassen den Bahnhof links, treffen hier die sogenannte Kaadner Kapelle[133] (ehemals Wallfahrtsort mit Kreuzweg) und gehen auf der Kaadner Strasse bis unweit Tschernowitz. Hier biegen wir bei einer kleinen Restauration rechts in einen Fusssteig ab, gehen durch die Tschernowitzer Steinbrüche am Fusse des südlichen Abhanges des Purberges. Unser Fussweg führt uns in ca. ½ Stunde nach dem Dörfchen Malkau mit 22 Häusern und 143 Einwohnern. Die Bewohner von Malkau sind durchgehends Oekonomen und verwenden einen regen Fleiss auf die Obstbaumzucht. Das Dörfchen Malkau hatte sich im Anfang der 70er Jahre der Naturforscher Dr. Martius zu seinem Domicil erwählt. In jener Zeit hat es wohl mehr Fremde gesehen, als gegenwärtig. Doch wir verfolgen nach dieser Abschweifung unseren Wegweiser. Dort, wo am nördlichen Ende des Dörfchens die »Höllenmühle« steht, führt der Weg nach dem ¼ Stunde entfernten Nachbardorfe Grün. (27 Häuser mit 168 Einwohnern.) Zwischen Grün und Malkau befindet sich eine kahle Anhöhe der »Lerchenberg«. Der bequeme Aufstieg ist der Fernsicht halber lohnend. Der Fusssteig nach Grün ist, um Irrungen zu vermeiden, wohl zu beachten. Wir betreten bei der kleinen Ortskapelle das freundliche Dörfchen. Grün ist unter den »Birndörfern« (von den nahen Gebirgsbewohnern der reichen Obstkultur halber so genannt) das grösste. In Grün befinden sich 2 Einkehrhäuser. Am Fusse des aufsteigenden Gebirges führt uns der Fusssteig westwärts in ½ Stunde nach Plassdorf (25 Häuser, 134 Einw.), welches an der Südlehne des Schweigers wie angeklebt ist. Die Bewohner von Plassdorf sind grosse Freunde des Obstbaues, vorzüglich aber verwenden sie auf die Cultur der Kirschen grosse Mühe. Das einzige Wirthshaus schliesst das Dorf südlich ab. Weiter südlich erhebt sich eine Anhöhe, genannt »Kralupper Berg«, mit Eichen und Birken besetzt. Von Plassdorf führt uns der Weg ½ Stunde durch eine Thalschlucht aufwärts an den Südabhang des Salberges dem Städtchen Platz (mit 400 Einw.) zu. Dieses Städtchen verdankt seine Entstehung den Burgherren des nahen Hassenstein. Die Einwohner beschäftigen sich theilweise mit Oekonomie, theilweise sind es Handwerker, vornehmlich Maurer. Die Spitzenklöppelei wird von dem weiblichen Theil der Bevölkerung ziemlich stark betrieben. Zwei Gasthäuser bieten dem Touristen die nöthige Unterkunft und Erfrischung. Zur Zeit des Zunftwesens war Platz das »Mekka« der Handwerker von den nahen Dörfern, selbst vom Flachlande; hier wurde der Lehrling zum Gesellen, der Gesell zum Meister befördert. Das Städtchen Platz bietet vom Kirchenplatze aus eine prächtige Fernsicht in die Saazer Gegend. Die meiste Anziehungskraft für die Touristen aber hat die ca. 10 Minuten westlich von Platz gelegene Ruine Hassenstein, welche noch heute in ihren Trümmern auf ihre vormalige Grossartigkeit schliessen lässt. Die Stätte selbst ist, wie die Nachgrabungen zu[134] Anfang der dreissiger Jahre vermuthen lassen, schon in heidnischer Vorzeit bewohnt gewesen und zu gottesdienstlichen Zwecken oder als Begräbniss- auch Opfer-Platz benutzt worden. Man hat nämlich mehrmals Asche, Kohlen, Knochen und Urnenreste gefunden. Wann und von wem die Burg Hassenstein erbaut wurde, ist unbekannt. Zu Ende des 13. Jahrhunderts erscheinen die Brüder Friedrich und Theodor von Schönburg als Herren von Hassenstein, das damals ein Kronlehen war. Im Jahre 1418 war der damalige Besitzer in eine Verschwörung gegen König Wenzel IV. verwickelt, und der Monarch übertrug die Bestrafung dem Oberst-Landschreiber Niklas von Lobkowitz, welcher das Schloss Hassenstein eroberte und dasselbe als Eigenthum erhielt. Diese Schenkung wurde ihm 1421 von Sigmund und seinem Sohne Niklas von Lobkowitz 1457 vom König Ladislaw auf immerwährende Zeiten bestätigt. In Bohuslav Lobkowitz von Hassenstein feiert das Haus seinen glänzendsten Namen, die klassisch-humanistische Bildung des 16. Jahrhunderts eine ihrer ersten Grössen. Unter ihm glich die Burg Hassenstein einem kleinen Musenhof. Er war durch Gelehrsamkeit, Dichtergenie und Erhabenheit des Charakters ausgezeichnet. Zwei andere Lobkowitze auf Hassenstein, die Herren Sebastian und Bohuslav Felix, erwarben sich grosse Verdienste um den erzgebirgischen Bergbau damaliger Zeit. Gegen das Ende des 16. Jahrh. kam Popel von Lobkowitz in den Besitz von Hassenstein. Der letzte Lobkowitz auf Hassenstein war Christof. Im Jahre 1606 ging die Burg Hassenstein in den Besitz des Herrn Leonhard von Stampach über. Unter demselben, der seine lutherische Gesinnung mit 2 Dritttheilen seines Vermögens büssen musste, ging Hassenstein seinem Verfalle entgegen. Herr Jaroslav Bořita von Martinitz erwarb die halbverfallene Burg sodann für ein Billiges. Später bekam die Ruine mit dem dazu gehörigen Grundbesitz die Nebenlinie Martinitz-Hagensdorf. Durch die erbliche Nachfolge dieser Linie kam Hassenstein in den Besitz der Grafen Wolkenstein-Trostburg. 1880 verkaufte Engelhardt von Wolkenstein sein Erbe und mit ihm Hassenstein an den Grossindustriellen Preidl.
Nur noch Einiges über den jetzigen Zustand der Burgruine im Allgemeinen. Der Schlossberg mit der alten Ruine Hassenstein fällt nach 3 Seiten, besonders gegen den Brunnersdorfer Bach zu, steil ab. Die Wallgräben sind grösstentheils verfallen, die 4 Burghöfe kaum mehr erkennbar. Stolz aber schaut noch in's Thal der mächtige Wartthurm mit seinen massiven Mauern. Viele Gewölbe sind noch ziemlich gut erhalten und Alterthumsfreunde, wie Dr. Martius, meldeten öfters von interessanten Funden. Dass auch Schatzgräber, mit geweihter Kreide und Schildwachbüchlein ausgerüstet, hier ihre Rechnung zu finden vermeinten,[135] darüber kann man in Platz und Umgebung manche tragi-komische Geschichte erfahren.
Wir steigen den steilen und fast ungangbaren Fusssteig durch Hochwald hinab und kommen an den Brunnersdorfer Bach. Hier finden wir am Ufer dieses Baches einen Eisenhammer und weiter unten am Ausgange des Thales den Anfang des lang gestreckten, zu beiden Seiten des Baches liegenden Dorfes Brunnersdorf, das hier in seinem oberen Theile den Namen »Rossstall« führt. (165 Häuser, 1295 Einwohner.) Die Bewohner von Brunnersdorf treiben Oekonomie und haben grossen Obstbau. Zu den Sehenswürdigkeiten zähle ich im unteren Theile das Schloss und die Zuckerfabrik an der Kaadner Strasse. Das Gasthaus im oberen Theile des Dorfes (Rossstall) und Fischers Gasthaus am Schulplatz sind Touristen zu empfehlen. Der Tourist, der wieder zurück nach Komotau oder weiter westwärts nach Kaaden will, kann dies einerseits durch die Bahn, andererseits durch Kaadner Omnibusse bewerkstelligen.
4. Von *Komotau nach Deutsch-Kralupp-»*Keller«, Neudörfel, durch das *Grundbachthal über Zieberle nach Sonnenberg. Wir beeilen uns zum 1. Karlsbader Zug und lösen eine Fahrkarte bis Deutsch-Kralupp. Das Städtchen liegt 10 Minuten von der Station. Die Kirche, welche schon im J. 1360 als Pfarrkirche vorhanden war, besteht in ihrer jetzigen Gestalt erst seit 1796, wo sie nach dem Brande neu gebaut worden ist. Sie hat ein gutes Hochaltarblatt von Kindermann in Wien, den hl. Jakob darstellend. Auch enthält sie die Familiengruft der Grafen von Martinitz. Die Stadt wird durch den Saubach, welcher im Höllthale entspringt und durch die Dörfer Malkau, Sosau und Hagensdorf fliesst, in zwei ungleiche, durch eine steinerne Brücke verbundene Theile gesondert, von welchen der am südlichen Ufer liegende, kleinere, wo die Kirche steht, die Kunewitz heisst. Wir wenden uns nördlich von der Station Deutsch-Kralupp dem ¼ Stunde entfernten Dörfchen Hagensdorf zu. Die Einwohner treiben Oekonomie und Obstbau. Sehenswerth ist das im Rococostyl erbaute herrschaftliche Schloss Hagensdorf mit einer ansehnlichen Baum- und Blumengärtnerei. Dieses Schloss war in den Robotzeiten in der Hagensdorfer Umgebung bis in's nahe Gebirge hinauf nichts weniger als beliebt, denn hier hauste der gestrenge Herr Amtmann mit seinem Beamtenstabe. Durch den Schlosshof führt ein ganz angenehmer Weg durch eine Baum-Allee nach der nahe gelegenen Restauration »Am Keller«. Hier bieten sich im Sommer unter schönen Linden und mächtigen Eichen bei einem frischen Trunke vorzüglichen Brunnersdorfer Biers stille und angenehme Ruheplätzchen. Für Kralupp und die weitere Umgebung ist der »Keller« der besuchteste Ausflugsort[136] und er wäre es sicherlich in noch ausgedehnterem Masse, wenn der Besitzer für eine comfortablere Einrichtung der Restauration, sowie für bessere Instandhaltung und Erweiterung der Anlagen Sorge trüge. An der Stelle des Kellerwirthshauses soll in alter Zeit ein Kloster gestanden sein; wenigstens wird die dortige Feldflur noch heute von den älteren Bewohnern das »wüste Kloster« genannt, und von den alten Kellerruinen, auf denen das Wirthshaus erbaut wurde, erhielt dasselbe den Namen. Gegen Kralupp zu finden wir mehrere grosse Fischteiche, der Gutsherrschaft gehörig. – Wir wenden uns nun westwärts dem Dörfchen Neudörfel am Abhange des Kralupper Berges zu. Auf unserem Wege dahin rechts und links treffen wir kleine Teiche, sie sind die Ueberbleibsel eines vormals sich hier ausbreitenden grossen Sees, der im J. 1829 das letztemal gefischt, im nächstfolgenden Jahre entwässert wurde und an den noch jetzt das sogenannte »Seehäusel« (gegenwärtig ein herrschaftliches Hegerhaus) erinnert. In den Robotzeiten hatten die Einwohner von Platz und Neudörfel die Fischerei als Robotarbeit zu besorgen. Dafür bekam der Mann per Tag einen Fisch. Neudörfel bietet für den Touristen ausser seinen Kirschenpflanzungen nichts Sehenswerthes, dagegen wird es sich für denjenigen empfehlen, der es nicht scheut, den nördlich gelegenen Saustein zu besteigen. An schönen Tagen lohnt ein Einblick in die Saazer und Kaadner Gegend vollkommen die Mühe der Besteigung. Von hier steigen wir in westlicher Richtung das Berggelände hinab in das Thal des Brunnersdorfer Baches. Wir gehen durch dieses, sich immer wildromantischer gestaltende Thal den Brunnersdorfer Bach aufwärts, haben rechts die Schnabelmühl-Lehne, links den Gigerich-Berg und sehen, wie die Trümmer der Burg Hassenstein melancholisch in's Thal schauen. Unser Weg durch das Thal, genannt Brunnersdorfer Grund, wendet sich am Fusse des Schlossberges plötzlich westlich. Die Brunnersdorfer Gutsverwaltung hält hier eine Holzschwemme in Stand. In neuerer Zeit wurde auch die Communication durch Anlegung eines strassenähnlichen Weges bedeutend verbessert. Mächtige Felswände heben sich zu beiden Seiten des Thales. Das Gehänge von der Burg Hassenstein herab führt den Namen Kalkofenlehne und soll früher ein Thiergarten gewesen sein, von dessen Umfangsmauern noch Ueberreste zu sehen sind. Die linke Berglehne (rechtes Bachufer), die sogenannte Gigerich-Lehne, zeigt pittoreske Felsengruppen, würdige Seitenstücke zu den in fast gleicher Höhe gegenüberliegenden Burgtrümmern von Hassenstein. Von nun an verengt sich das Thal zusehends, statt durch Laubholz schlängelt sich der Thalweg knapp am linken Bachufer durch finstere Fichten, so recht an Tiek'sche »Waldeinsamkeit« erinnernd. Am rechten Bachufer erhebt sich der Hutberg, und die durch ein kleines Querthal davon getrennte Hundskoppe.[137] Hier, wo sich das Thal nördlich wendet, liegt so recht einsam die »Hasenmühle«, eine Einschicht, von dem weiter westwärts gelegenen Gebirgsdorfe Wohlau. Der freundliche Müller bietet dem müden Wanderer Brod, Bier und Milch zur Labe.
Werfen wir einen Blick auf unsere bisherige Wanderung im Thale des Brunnersdorfer Baches (unrichtig Brandbach, welchen Namen nur das durch Sonnenberg geleitete Bächlein führt) zurück, so finden wir, dass dieses Thal an Naturschönheiten mit den schönsten Gebirgspartien Oesterreichs wetteifert. Man glaubt sich in ein herrliches Hochgebirgsthal versetzt. Es ist zu wundern, dass Touristen, wenigstens der nahen Städte, dies nicht schon längst gefunden und touristisch ausgebeutet haben. Nach der Ansicht eines unserer besten Geologen wäre dieses Thal in alten Zeiten die einzige Communication aus dem Saazer Lande über das Gebirge »in's Reich« gewesen. Dies wird auch die ersten Dynastien auf Hassenstein zur Gründung dieser Burg in herrschender Stellung dieses Verbindungsweges bewogen haben. Vielleicht genügt eine Hindeutung auf das Gesagte, um die Jetztzeit zur Anlage einer Strasse in diesem Thale zu bewegen. – Von der Hasenmühle aus wandern wir am rechten Bachufer über das Gelände nach Zieberle. Der Fusssteig durch ein Gewirr von Wald- und Feldwegen, ¼ Stunde lang, dürfte für das erstemal einen Führer nothwendig machen, wozu der »Hasenmüller« gerne jemanden zur Verfügung stellt. Das Oertchen Zieberle hat 11 Häuser mit 81 Einwohnern. Es liegt am Abhange der »Zieberle Kappe«, von welcher man eine lohnende Aussicht hat. Nördlich von Zieberle, in 15 Minuten erreichbar, liegt auf dem Sonnenberge die königliche Bergstadt Sonnenberg. Gneis und Urthonschiefer bilden seine Unterlage. Die Stadt mit 2600 Einwohnern zählt 212 Häuser. Die Einwohner beschäftigen sich vorzüglich mit Spitzenklöppelei; Jung und Alt sind Alliirte des Klöppelsackes. Ausserdem wird hier Handweberei betrieben. Das Centralcomité zur Hebung der Erwerbsthätigkeit im Erz- und Riesengebirge besitzt hier eine Sammtfabrik im eigenen Gebäude und überdies ist die Anfertigung von Schuh- und Handschuhwaaren nicht unbedeutend. Dass die edle Musikkunst sich hier einer besonderen Pflege erfreut, bezeugen ungefähr 200 Sonnenberger, welche »mit Musik« alljährlich und in fast alle Länder Europas bis nach Asien reisen und Tüchtiges leisten. Der Hausierhandel mit Manufactur- und Galanteriewaaren hat in Sonnenberg viele Vertreter.
Die Stadt zeichnet sich vor vielen anderen Landstädten durch ihre regelmässige Anlage und Bauart aus. Von dem ein Viereck bildenden Ringe laufen die Gassen in schnurgerader Richtung aus, so dass man hier nach allen vier Seiten in's Freie hinausblicken kann.
Gast- und Einkehrhäuser sind: Gasthaus zur »Sonne« am Ringplatze, an der Strasse gelegen; Franz Reichmann's Gasthaus bei der Kirche; Leopold Hütters Einkehrhaus in der Kirchengasse; Gasthaus zum Kronprinzen Rudolf an der Pressnitzer Strasse am Ringplatze u. s. w. Lohnfuhren und Fiakergeschäfte übernimmt Herrmann Stocklöw und Josef Puschack.
K. k. Postamt.
Sehenswerth ist die im J. 1857 vollendete Pfarrkirche. Das Kirchenschiff hat eine Länge von 35m und eine Breite von 20m. Das Presbyterium ist 10m lang und eben so breit. Im Schiffe stehen 36 in 6 Abtheilungen aufgestellte Betstühle, fünf Altäre mit sehenswerthen Altarbildern von Lhota (St. Wenzel Hauptaltar), Weidlich (St. Josef und Maria Heimsuchung), Josef Hellich (St. Michael und Maria Empfängniss). Die Kirche besitzt auch kostbare Kirchenornate und Paramente; die achtzehnstimmige, mit 2 Koppeln ausgestattete Orgel, Predigers Meisterwerk, wurde von Prediger aus Lichtenberg bei Hohenstadt um den Preis von 4230 fl. gebaut. Die Glocken, von denen die grösste 29 Ctr., die zweite 14 Ctr. und die dritte 7 Ctr. wiegt, goss der Prager Hofglockengiesser Karl Bellmann. Sehenswerth ist auch die hübsche Johannisstatue am Ringplatze und das von dem gelehrten Pfarrer Schwarz in Sonnenberg im J. 1750 angelegte Kirchengedenkbuch, welches interessante und wichtige Aufzeichnungen enthält. Die weit in's Land schauende Kirche und die sehr hübsche Lage des Städtchens führt jährlich viele hunderte von Touristen hieher um – wie die Sachsen sagen – »das schöne Böhmen« zu sehen. Ganz in der Nähe des Städtchens finden sich recht schöne Aussichtspunkte, wie der Galgenberg, die Zieberle Kappe bei Zieberle, der Hutberg, der Hassberg u. s. w. Der zur Sonnenberger Bahnstation täglich viermal verkehrende Postwagen führt den Touristen wieder zurück in seine Heimath.
5. *Von Komotau durch das *Assigbachthal nach Sebastiansberg. Wir gehen von Komotau über Oberdorf den Assigbach aufwärts. Nach ungefähr einer einstündigen Wanderung durch ein schönes *Wiesenthal, dessen Gehänge mit Nadel- und Laubholz bewaldet, kommen wir zur ersten Grundmühle, genannt auch »Kleinmühle.« Erfrischungen hält der betreffende Müller stets bereit. Von hier führt ein Weg rechts nach Petsch und links nach Domina. Im Thale weiter aufwärts treffen wir die zweite Grundmühle, nach ihrem Besitzer (Zein) »Zeinmühle« genannt. Diese Mühle ist so ziemlich die ansehnlichste der »Grundmühlen«. Von hier kann man rechts, das kleine Querthal verfolgend, das ca. ½ Stunde entfernte Dorf Dörnthal mit 17 Häusern und 107 Einwohnern erreichen. Sehenswerth ist hier der das Querthal überbrückende Bahndamm. Rechts von der Zeinmühle führt eine sogenannte Halbstrasse nach Petsch, einem freundlich gelegenen Oertchen, zum Pfarrdorfe Platten gehörig.[139] Von der »Zeinmühle« nicht weit thalaufwärts entfernt, liegt die Dörnthal- oder Dreiwassermühle. Hier vereinigt sich mit dem Assigbache der mit dem Märzdorfer Bache bereits vereinigte Tschoschelmühlbach und der Rothenhäuser Flössbach. Wir verfolgen durch das mittlere Thal, Assigbachthal, unsere Tour weiter. Der bereits isolirt liegende, mit schönen Buchenstämmen bewachsene Berg ist der Ahrenberg, das Kleinod unter den Komotauer Wäldern. Circa ½ Stunde von der Dreiwässermühle in einer Thalenge befindet sich das sogenannte »böse Loch«, eine wildromantische Thalschlucht. Weiter den Lauf des Assigbaches aufwärts verfolgend, kommen wir zu den Felsen: Ringelstein und Otterstein. Links aufsteigend erreichen wir nach ziemlich anstrengendem Marsche die Bergstadt Sebastiansberg mit 2200 Einwohnern und ungefähr 200 Häusern. Die Partie ist sehr interessant und lohnt die Anstrengung in hohem Grade. Sebastiansberg soll seinen Namen von seinem Gründer Sebastian von Weitmühl erhalten haben. Man betrieb hier früher Bergbau auf Kupfer und Silber. Kaiser Rudolf II. erhob den Ort zu einer freien Bergstadt. Jetzt ist von dem früheren Bergbau keine Spur mehr. Die Bewohner beschäftigen sich mit Gänse- und Schweinehandel und Spitzenklöppelei.
Gasthäuser: »Strubels Gasthof« am Ring, »Heineich's Gasthaus« in der Schmiedgasse, »Lang's Gasthof« am Ring, Gasthof »zum schwarzen Adler« am Ring.
Die königliche Bergstadt Sebastiansberg hat ein k. k. Bezirksgericht, Notariatsamt, ein k. k. Postamt, ein Lese-, Gesang-, land- und forstwirthschaftliches Casino. Eingeführte Gäste haben Zutritt. Sehenswerth ist die im J. 1877 erbaute Stadtkirche und das im J. 1879 errichtete Kriegerdenkmal am Marktplätze.
Ein schöner Spaziergang in nordwestlicher Richtung auf der Kaiserstrasse ist der nach *Reitzenhain (Eisenbahnstation) dem beliebtesten Ausflugsorte der Sebastiansberger. Der Weg führt durch ausgedehnte, herrliche Waldungen. Der Ort selbst liegt inmitten derselben und bietet im Sommer einen sehr angenehmen Aufenthalt. Gesunde finden hier nach angestrengter Arbeit Erholung und Kränkliche Kräftigung. Hier athmet es sich leicht und wohl. Ueberall, wohin man blickt, ist das dem Auge wohlthuende Grün, von allen Seiten kommt uns der Wohlgeruch von duftenden Kräutern und Blumen, von harztriefenden Fichten und Tannen entgegen, was zur Erfrischung des Blutes nicht wenig beiträgt; darum mehrt sich die Zahl der Fremden, welche in dem Gasthause »zum Malzhaus« eine ausgezeichnete Verpflegung und Unterkunft finden, in auffallender Weise. Böhmisch-Reitzenhain ist ein beliebter und gesuchter klimatischer Curort. Die Umgebung des Ortes ist herrlich, die Waldpartie nach *Marienberg in Sachsen, (2 Stunden), nach *Ulmbach, *Kienhaide und *Natschung-Kallich auf guten Wegen sind von seltener Schönheit.
6. Von Sebastiansberg nach Komotau zurück. Der müde Tourist kann dies erstens mit der Bahn thun und zwar von der Station Krima-Neudorf aus, wohin er mittelst Postwagen in ca. ½ Stunde gelangt. Sollte er aber in Sebastiansberg übernachtet haben, so ist ihm mehr zur Fusspartie nach Komotau zu rathen; man rechnet auf diese Fusstour 3 Stunden. Immer auf der Strasse abwärts schreitend, berühren wir in ca. 20 Min. Neudorf. In weiteren 20 Min. führt die Strasse beim Bahnhofe Krima-Neudorf, dem grössten zwischen Komotau und Weipert, vorüber. Hier zweigt auch die Bahnlinie »Krima-Reitzenhain« ab. Gleich unterhalb des Bahnhofes treffen wir, wo sich von der Kaiserstrasse eine Bezirksstrasse über Sonnenberg nach Pressnitz abzweigt, das Gasthaus zur »Spitz«. Wir lassen es rechts und gelangen nach abermals einer viertelstündigen Wanderung in das alte Pfarrdorf »Krima«, welches 460 Einwohner in 63 Häusern zählt und zu welchem 9 Ortschaften eingepfarrt sind. Zur Zeit, als noch der Waarentransport per Achse besorgt wurde, herrschte hier reges Leben. Die zwei grossen Gasthäuser mit geeigneten Stallungen und grossen Hofräumlichkeiten sahen wohl damals bessere Tage. Dem Touristen können sie aber auch jetzt noch empfohlen werden, und zwar Bernhard Pilz's Gasthaus, beim Eintritte in's Dorf gelegen, bietet vorzügliche Speisen und Getränke und bequemes Nachtquartier. Dasselbe kann man auch vom zweiten Gasthause in Krima, an der Strasse gelegen, sagen. Krima hat ein k. k. Postamt und mehrere Vereine. Die Erwerbsquelle der Einwohner ist Oekonomie. In ca. ¼ Stunde in südwestlicher Richtung führt uns die Strasse am Gasthofe zum »Hübel« und am Fusse des links sich erhebenden Klingerberges vorüber; von hier an bekommt die Strasse ein immer grösseres terrassenförmiges Gefälle, führt durch die Dörfer Domina und Schönlind und endigt nach einem sehr starken Abfalle unterhalb Schönlind, von hier aus *prächtige Ausblicke in's Land gewährend – durch Oberdorf nach Komotau.
7. Von Komotau nach *Kaaden. Die Tour wird mit der Buschtěhrader Eisenbahn in 28 Minuten zurückgelegt und bietet der Blick auf das Erzgebirge während der Fahrt sehr viel Angenehmes. Absteigestation ist Kaaden-Brunnersdorf, wo Omnibusse der Reisenden harren und dieselben in einer halben Stunde in die Stadt befördern.
Die Stadt zählt 5052 Einwohner und liegt an der Eger.
Gasthöfe: »Zur Sonne« am Marktplatz; »zum grünen Baum«; »zum goldenen Hirschen«.
Aemter: K. k. Bezirkshauptmannschaft; k. k. Bezirksgericht; k. k. Post- und Telegraphenamt.
Verkehrsanstalten: Buschtěhrader Eisenbahn westwärts gegen Karlsbad-Eger und ostwärts gegen Komotau und von da einerseits nach Aussig-Bodenbach, andererseits nach Prag.
Schulanstalten: Ober-Gymnasium, Ackerbauschule, Bürgerschule.
Sehenswürdigkeiten: Die Dreifaltigkeitssäule auf dem Ring; dieselbe wurde im J. 1761 errichtet. Das Rathhaus; es bestand schon zu Anfang des 15. Jahrh. und ist nach dem Brande 1811 neu wieder hergestellt worden. An der Vorderseite des Gebäudes sieht man die Wappen des Hauses Oesterreich, der Königreiche Ungarn und Böhmen und der Stadt Kaaden. Das Kloster der Elisabethinerinnen in der unteren Vorstadt am Einflusse des Brunnersdorfer Baches in die Eger, gestiftet im J. 1748. Die Kirche zu Mariä-Verkündigung nebst der darin befindlichen Kapelle zu den heil. 14 Nothhelfern und einem Franziskanerkloster ausserhalb der Stadt, ¼ St. nordwestlich am linken Ufer der Eger. Die Kapelle bestand als Wallfahrtsort schon im 14. und 15. Jahrh. und 1473 stiftete auf Anregung des Herrn Niklas von Lobkowitz die Stadtgemeinde das Kloster, dessen, sowie der Kirche vollständiger Ausbau aber erst 1662 zu Stande kam.
Geschichtliches. Der Name der Stadt rührt von einer Burg her, welche der böhmische Feldherr Kadan angeblich auf dem Felsen, wo jetzt die Kaserne steht, schon im J. 821 errichtete und nach sich benannte. Unter seinem Schutze entstanden allmählig Ansiedelungen und eine Stadt, welche im J. 1128 durch Herzog Sobieslaw mit Mauern umgeben wurde. Sonach zählt der Ort zu den ältesten Städten des Egerthales. König Přemysl Ottokar II. erhob sie zu einer königlichen Stadt. Kaiser Karl IV. verlieh ihr verschiedene Privilegien. Im J. 1421 wurde sie von den Taboriten überfallen und furchtbar verheert. Weil die Stadt im Schmalkaldischen Kriege 1547 an der Widersetzlichkeit gegen Ferdinand mit theilgenommen, wurden ihr alle Privilegien und Freiheiten bestätigt, welche ihr früher verliehen worden. Während des 30jährigen Krieges wurde Kaaden zweimal von den Schweden und zwar 1642 unter General Torstensohn und 1648 unter General Königsmark eingenommen. Grosses Unglück traf sie am 1. October 1811, an welchem Tage sie von einem furchtbaren Brande heimgesucht wurde. Das Rathhaus, die Dechantei, die Schulgebäude und 243 Häuser sammt Nebengebäuden wurden von dem entfesselten Elemente eingeäschert.
Die Umgebung der Stadt ist reizend und besuchenswerth. Die Abhänge des Egerthales sind von Warta aus bis Klösterle, ja selbst bis Kaaden grösstentheils felsig, und oft fallen die Felsmassen bis in das Flussbett steil ab und erfreuen den Touristen durch ihre mannigfaltige Gestaltung und dadurch bedingten häufigen, sehr angenehmen Wechsel der Landschaftsbilder.
Wir können uns hier nur auf die in's Erzgebirge beschränken und weisen auf eine grosse, interessante Tour in's Duppauer Gebirge bloss hin. Es ist: Kaaden-Radonitz-Duppau-Rodisfurt mit dem Abstecher zum Giesshübler Sauerbrunn und von da über Welchau in die Bahnstation Wickwitz-Welchau und retour mit der Buschtiehrader Bahn nach Kaaden über Hauenstein-Warta-Klösterle (sehr interessante Fahrt). Von Kaaden südlich nach Fünfhunden, von da südwestlich nach Radonitz und in derselben Richtung nach Duppau. Die Oberfläche bei Radonitz und Duppau ist gebirgig. An der südwestlichen Seite erstreckt sich ein Bergrücken, aus welchem sich die Bergspitze Burgstadel 925m erhebt, welche einst eine Burgruine unbekannten Ursprunges trug und von welcher nur noch ein zugeschütteter Brunnen übrig ist. Von der Spitze des Berges sieht man deutlich nicht nur das ganze Erzgebirge, sondern auch bei reinem Horizonte den Milleschauer Berg und andere Kuppen des böhmischen Mittelgebirges, den Georgsberg bei Raudnitz, den Bösig zwischen Weisswasser und Hirschberg, den Frauenberg und mehrere Punkte des Fichtelgebirges. Vor mehreren Jahren stand hier eine hölzerne Pyramide, welche leider in Trümmer ging und gegenwärtig durch eine Stange mit zwei Tafeln ersetzt ist. Etwas niedriger ist der *Oedschlossberg 917m, südwestlich von Duppau, an dessen westlichem Abhange sich in der Basaltmasse mehrere natürliche Löcher von der Grösse eines menschlichen Kopfes befinden, welche vom Volke die Zwerglöcher genannt werden, weil der Sage nach in uralter Zeit Zwerge darin gewohnt haben sollen.
Die Stadt Duppau hat ein Schloss, welches schon im J. 1119 von Doupowetz errichtet worden sein soll, im J. 1500 von Anna Maria Margaretha Daupowetz erneuert und im J. 1723 vom Grafen Gottfried von Lützow überbaut wurde. Die Pfarrkirche zu Mariä Himmelfahrt wurde von demselben Grafen im J. 1745 vollständig renovirt. Die Elisabeth-Kirche wurde nebst dem dazu gehörigen Klostergebäude für die Jesuiten gegründet und denselben im J. 1770 übergeben. Nach Aufhebung dieses Ordens im J. 1773 erhielten die Piaristen das Collegium sammt dem Gymnasium, welches gegenwärtig geschlossen ist. Die Kirche gehört durch ihre Grösse, geschmackvolle Bauart und innere Ausschmückung unter die bemerkenswerthesten Landkirchen Böhmens.
Von Duppau in westlicher Richtung nach Rodisfort (Rodisfurt), rechts an der Eger, über welche eine Brücke führt, und an der Landstrasse nach Schlackenwerth, und dann ½ Stunde südlich zum Sauerbrunn.
Giesshübler Sauerbrunn (siehe Bereisung von Karlsbad aus). Von da in nördlicher Richtung nach Welchau am rechten Ufer der Eger in einem von mehreren Bergen eingeschlossenen herrlichen Thale. Eigenthümer des Gutes Welchau ist gegenwärtig Herr Hofrath Dr. von Löschner, welcher in diesem schönen Thale seinen Ruhesitz nach vieljähriger ausgezeichneter Wirksamkeit als Professor und Arzt aufgeschlagen und sehr viel für die Verschönerung der Gegend gethan hat. Die auf einem Hügel ausserhalb des Dorfes liegende Kirche hatte schon 1384 einen eigenen Pfarrer. Im Pfarrhause befindet sich das Bildnis des Pfarrers Anton Hasch zu Lioch (? in dioecesi Liochensi), welcher 125 Jahre alt geworden und 100 Jahre sein Amt als Pfarrer verwaltet hat. Das Schloss ist im 16. Jahrh. vom Grafen Schlick gebaut, und, nachdem es 1621 am 21. April mit dem ganzen Orte abgebrannt war, vom Freiherrn von Hessler wieder hergestellt und später wieder erneuert worden. Von der Station »Wickwitz-Welchau« wieder retour nach Kaaden.
2. Kaaden-*Leskau-*Schönburg. In westlicher Richtung gehen wir von Kaaden aus über Roschwitz zu dem nordwestlich von dem Dorfe Leskau sich erhebenden Leskauer Schlossberg mit der malerischen Ruine der Burg Egerberg, auch Egerwerk und Egerburg genannt, über deren Erbauer und früheren Besitzer nichts bekannt ist. Von da wandern wir in westlicher Richtung gegen Kettwa fort, wo sich eine Ueberfuhr befindet, und setzen auf das jenseitige Egerufer über, um in nördlicher Richtung dem, aus dem Egerthale steil aufsteigenden Berge Schönburg zuzueilen. Auf dem Gipfel des mit Wald bedeckten Berges sind die ansehnlichen Ruinen des Schlosses Alt-Schönburg. Wir geniessen von hier aus eine herrliche Aussicht in die Saazer Ebene und das ferne Mittelgebirge. Die Burg soll von den Eigenthümern ihrer Baufälligkeit wegen (sie ist von Basaltblöcken erbaut) verlassen worden sein; sie erbauten am Fusse des Berges ein neues Schloss und benannten sich auch nach diesem, Herren auf Neuschönburg; von diesem sind sehr wenige Spuren noch vorhanden. Retour nach Kaaden.
3. Kaaden-Klösterle-Kupferberg- (*Sphinx und *Kupferhügel) Schmiedeberg-Weipert-Pressnitz. (Herrliche Partie für drei Tage.) Wir treten unseren Weg an und kommen in westlicher Richtung nach dem 1¾ St. entfernten Klösterle. Wir haben eine Gebirgslandschaft vor uns, welche durch das Thal der Eger in zwei Theile getrennt ist. An der linken Seite ist es die steile Abdachung des Erzgebirges, welche das Thalgehänge bildet, an der rechten Seite das Duppauer-Gebirge, hier das Liesengebirge genannt, welches sich hier aus dem Thale erhebt. Das Thal selbst ist fast durchaus enge, die Abhänge am Fusse fast überall[144] felsig; sie lassen nur stellenweise eine schmale Thalsohle übrig und häufig steigen sie fast unmittelbar bald an der rechten, bald an der linken, bald auch an beiden Seiten in schroffen Felswänden aus dem Flusse auf. Ueber diesen Felsgehängen dachen sich die Gebirgsabhänge bald mit grösserer, bald mit geringerer Steilheit ab.
Klösterle, Stadt, auf einer geneigten Anhöhe am linken Ufer der Eger.
Gasthäuser: Rathhaus am Markte, Restauration zum Bräuhaus, herrliche Aussicht.
Eisenbahnverbindung einerseits gegen Eger, andererseits gegen Komotau-Prag-Aussig-Bodenbach.
Post- und Telegrafenamt.
Sehenswürdigkeiten: Die Dreifaltigkeitskirche, ein schönes, geräumiges Gebäude in neu-italienischem Styl im J. 1670 vom Grafen Michel Oswald von Thun erbaut. Das schöne, herrschaftliche Schloss, auf einem Felsen am Ufer der Eger, welche hier durch einen weiten Busen das Ansehen eines beträchtlichen Stromes zeigt. Der Schlossgarten zeigt herrliche Baumgruppen. (Von Klösterle aus kann man auch Leskau und Schönburg besuchen, siehe Kaaden.)
Jetzt treten wir eine echte Gebirgspartie an. Wir kommen der höchsten Masse des Erzgebirges immer näher. Von Klösterle gehen wir in westlicher und nordwestlicher Richtung nach dem ¾ St. entfernten, an einem Berge gelegenen Haadorf und erreichen in einer halben Stunde Steingrün, ein Dorf an der Hauptstrasse, grösstentheils aber zerstreut an den Abhängen eines inneren Thales, in welchem ein kleiner Bach nach Pürstein fliesst, gelegen. Von hier aus erreichen wir, nördlich wandernd, wieder in einer halben Stunde *Kupferberg. Diese Partie lässt sich noch über Wenkau, ein Dorf am südlichen Gebirgsabhange in einem Thale zwischen Waldungen, zurücklegen. Beide Partien zeichnen sich durch grossartigen Gebirgscharakter aus. Ausdauernden Touristen empfehlen wir die Fusstour von Klösterle aus durch das wiederholt berührte, herrliche Egerthal auf der Kaiserstrasse nach Pürstein über Aubach nach Wotsch, von da nach Warta und endlich nordwestlich abbiegend, nach Hauenstein (siehe Bereisung von Johannisthal aus). – Retour nach Pürstein (zu Fuss und per Bahn), das am Zusammenflusse von drei Bächen, im Ausgange eines engen Thales, am Fusse des Erzgebirges in malerischer Gebirgsgegend gelegen ist. Wir gehen nun nördlich und kommen zu dem Schlossberge mit einigen Ueberresten der Burg Pürstenstein, auch Finkelstein, und setzen unseren Weg steil aufwärts nach Kleinthal, dann nach Steingrün fort und erreichen endlich Kupferberg. Dieser Aufstieg wird den[145] Touristen wegen der reichen Abwechslung der wildromantischen Gegend besonders empfohlen. Zuvor statten wir der, an der Strasse gelegenen herrlichen Felspartie einen Besuch ab und erfreuen uns über den prachtvollen Einblick in das Egerthal. Der berühmte Landschaftsmaler Slowikowski, der gegenwärtig mit der Aufnahme von Bildern im Erzgebirge beschäftigt ist, entdeckte hier im J. 1880 eine schöne Sphinx und entwarf eine correcte Zeichnung davon, deren Abdruck sammt dem von ihm verfassten Gedichte nächstens in der Erzgebirgszeitung erscheinen wird.
Kupferberg, eine Bergstadt, auf dem Rücken des Erzgebirges 834m über dem Meere gelegen. Die Kirche wurde in den Jahren 1803 bis 1814 neuerbaut und die alte, ganz baufällige abgetragen; sie hat einen Thurm mit einem harmonischen Geläute von 5 Glocken, welche noch von der alten Kirche herrühren. Das Städtchen ist regelmässig angelegt, die Häuser fassen einen grossen, quadratischen Platz ein.
Gasthäuser: Rathhaus, Deutsches Haus, Post.
Eisenbahnstation (20 Minuten von der Stadt, Verbindung mit Komotau-Weipert).
Postamt.
Der an der Nordseite der Stadt sich erhebende *Kupferhügel (in 12 Min. ohne Anstrengung zu erreichen) ist vom Bergbau ganz unterwühlt, eine Menge Halden an seinem Abhange und in seiner Umgebung sind die Reste der seit vielen Jahren erloschenen unterirdischen Thätigkeit. Auf dem Gipfel steht eine Kapelle, welche von Einheimischen und Fremden häufig der Andacht und auch der herrlichen Aussicht wegen besucht wird. Diese ist eine der merkwürdigsten und schönsten in Böhmen; gegen Nordwest, Nord und Nordost ist sie zwar durch die höheren bewaldeten Rücken und Kuppen des Gebirges beschränkt, aber in anderen Richtungen erstreckt sie sich in unbegrenzte Ferne, besonders gegen Süd und Südosten. Wir sehen bis in die Gegend von Prag, wo dann die Hochebene des mittleren Böhmen den Horizont bildet, und dann weit in die Gegend von Elbogen und Pilsen. Unterhalb der Kapelle befindet sich das bekannte »Gasthaus am Kupferhügel.« (Erscheinungen siehe Klima.)
Von Kupferberg aus gehen wir (auf dem Plateau wird doch niemand die Bahn benützen wollen) in der herrlichen Waldluft auf der Strasse in westlicher Richtung nach Oberhals (¾ St.), einem zerstreut am südlichen schroffen Rande des Gebirgsrückens in ebener Gegend liegenden Dorfe, biegen hinter demselben rechts ab und kommen in dem langgestreckten Orte Schmiedeberg an. Das Dorf hat eine Eisenbahnstation der Buschtiehrader Eisenbahn von Komotau nach Weipert her und ist Absteigestation[146] für die herrlichen Aussichtspunkte: Keilberg, Fichtelberg, Spitzberg bei Gottesgab, Halsberg bei Pressnitz, Kupferhügel und Bärenstein bei Weipert (siehe oben Bereis. des Erzgebirges von Joachimsthal und Kaaden aus!). Hervorragende Gebäude sind die Kirche und das Schulhaus.
Gasthöfe: Schneeberg, Ross.
Von Schmiedeberg gelangen wir in je 1¼ St. in nordöstlicher Richtung nach Pressnitz, in südöstlicher nach Kupferberg, in nordwestlicher nach Weipert und in südwestlicher nach Böhmisch-Wiesenthal (siehe Bereisung von Joachimsthal aus!). Nach Pressnitz führt von Schmiedeberg die Pressnitz-Schmiedeberger Bezirksstrasse. Der Weg ist sehr angenehm.
Pressnitz, Bergstadt, mit 3000 Einwohnern, auf der nördlichen sanften Abdachung.
Gasthäuser: »Herrenhaus«, »Rössel«.
Aemter: K. k. Bezirksgericht, Post- und Telegrafenamt.
Eisenbahnstation der Buschtiehrader Bahn einerseits gegen Weipert, andererseits gegen Komotau.
Geschichtliches: Die Stadt verdankt ihre Entstehung dem Silberbergbau. Hier ist bereits zur Zeit der Regierung des Königs Georg von Poděbrad Silber gegraben und dem Herrn Niklas von Lobkowitz auf Hassenstein eine unbeschränkte Bergfreiheit zum Abbau aller Metalle drei Meilen rings um sein Stammschloss Hassenstein verliehen worden. Diese wurde vom Könige Wladislaw den Gliedern dieses Adelsstammes im J. 1473, 1490, 1500 und 1514 fortwährend weiter zugestanden. Unter König Mathias wurde, um den Bergbau zu heben, ein Vertrag geschlossen, der aber leider kein Heil mehr brachte, weil gleich darnach der 30jährige Krieg ausbrach. Er wurde zwar auch von allen späteren Monarchen gleich den anderen Privilegien bestätigt, ohne aber den erwarteten Erfolg zu haben.
Seit dem grossen Brande am 1. August 1811 sind die Pressnitzer mehr in der Welt bekannt geworden. Seitdem gehen junge Mädchen, mit der Harfe die entferntesten Gegenden besuchend, zum Theile von den Vätern, welche die Geige oder Flöte spielen, begleitet, einem oft nicht unbeträchtlichen Erwerbe nach, mit dem sie zur Unterstützung ihrer Eltern und Geschwister zeitweilig nach Hause kehren. Von Pressnitz aus gelangen wir auf einer guten Strasse durch das weitläufige Dorf Reischdorf über den Reischberg 457m nach Sonnenberg (1¾ St. – siehe Bereisung von Komotau aus).
Görkau, eine Stadt mit mehr als 4000 Einwohnern, 15 Minuten südlich vom Fusse des Erzgebirges gelegen, von der Biela und dem Aubach durchflossen. Die Umgebung der Stadt bilden zahlreiche geschlossene Obstgärten, worin Birnen, Aepfel, Nüsse, Kirschen und Zwetschken gezogen werden. Die Stadt hat schöne Waldungen (über 2000 Joch), welche hoch im Gebirge zwischen den Waldungen der Herrschaft Rothenhaus, den fürstlich Lobkowitz'schen von Eisenberg-Neudorf und den Katharinaberger liegen. In jüngster Zeit hat die Stadtgemeinde auch die schöne Graf Wolkenstein'sche Waldherrschaft Göttersdorf angekauft.
Gasthöfe: Hôtel »Schorsch« – Garten, eigene Gelegenheit zur Bahn und zu anderweitigen Fahrten, zu Gebirgstouren;
»Weisses Ross« – Garten und Gelegenheit mit der Post zur Bahn; beide in der Kaiserstrasse gelegen;
»Zum rothen Hirschen« und »Zum Stern« am Ring gelegen; dann »Zum Nussbaum« ausserhalb der Bahnhofstrasse; grosse Gartenrestaurants: »Am Büschel« mit grossem Saale und Veranda – nebenan die Schiessstätte; »Zur Hütte« mit Billard; »Zum goldenen Kreuz« und »Am Rothenhäuser Keller«; ferner ein Mineralbad mit Restauration. Führer zu Gebirgstouren und Auskünfte in den 2 erstgenannten Gasthäusern.
Eisenbahn-Stationen: »Udwitz-Görkau« der Aussig-Teplitzer Bahn; »Görkau« der Dux-Bodenbacher Bahn; diese 10 Minuten, jene 25 Minuten vom der Stadt entfernt; zu jedem Zuge Gelegenheiten nach Udwitz.
In die Stadt führende Strassen:
Gebäude und Institute: 2 katholische Kirchen mit Dechantei, 1 protestantische Kirche mit Pfarrei, 1 jüdischer Tempel, 1 fünfklassige Volksschule für Knaben und Mädchen mit 10 Lehrsälen, 1 Kindergarten, 1 städtisches Krankenhaus, 1 städtische Sparkasse, 1 Bürgerversorgungshaus, 1 Apotheke. – (3 Doktoren der Medizin, 2 Thierärzte.)
Aemter und Behörden: ein k. k. Notariat, ein Stadthaus mit den Gemeindeämtern, ein k. k. Bezirksgericht, ein k. k. Steuer- und Grundbuchsamt, ein k. k. Post- u. Telegraphenamt, ein Gendarmerie-Posten-Commando, eine Finanzwache-Abtheilung.
Industrielle Etablissements in der Stadt und deren nächster Nähe: 7 Baumwollspinnereien und Zwirnfabriken, 1 Papierfabrik, 4 Dampfmühlen, 9 Getreide- und Brettmühlen mit Wasserbetrieb, 2 Bierbrauereien, 2 Eisenhämmer, 1 Metallfabrik mit Dampf, 1 Holzdreherei mit Wasserkraft, 3 Färbereien, 1 photographisches Atelier, 1 Wechselstube, viele solide Handlungen.
Eine grosse Merkwürdigkeit Görkaus ist ein in weichen Sandstein gehauener Keller, der sich weit unter der Stadt hinzieht und ursprünglich 150 Abtheilungen hatte, wovon jetzt noch ca. 100 erhalten sind, da eine Anzahl durch Bauten kassiert worden ist und mehrere verfielen. Diese Kellerabtheilungen gehören zu den brauberechtigten Bürgerhäusern, wurden zur Zeit, als noch die Reihenbrauerei ausgeübt wurde, als Gährkeller benützt und danken diesem Umstande ihre Entstehung.
Geschichtliches. Die Dekanalkirche war schon 1384 als Pfarrkirche vorhanden. Ueber ihr Schicksal fehlt es an Nachrichten. Sie enthält das Grabmal des am 5. Jänner 1578 verstorbenen Besitzers von Rothenhaus, Christof von Karlowitz. Auf dem Rathhause bewahrt man mehrere Privilegien von den Monarchen Ladislaus, Ferdinand III., Maximilian II. und Rudolf II., welch letzterer der Stadt ein Wappen im Jahre 1588 verlieh, bestehend aus einem in zwei Hälften quer getheilten Schild. Die untere Hälfte zeigt eine Stadtmauer mit halboffenem Thore und Fallgatter, die obere drei rothe Herzen im goldenen Felde. Ueber dem Schilde ist ein Stechhelm und ein silberner Flügel mit drei Kleeblättern.
1. Zum »*Buschel«, Restauration mit Saal und Veranda; der Anstieg auf der mit Obstbäumen bepflanzten Strasse ist kaum merkbar; ¼ Stunde. 2. Zum Weingarten in nordwestlicher Richtung, 25 Minuten; sanfter Anstieg zwischen Obstbaumpflanzungen; Gasthaus des Anton Proksch. 3. Die innerhalb 1 Stunde und ohne grosse Mühe zu erreichenden Berge: Ziegenberg bei Görkau, Breitenstein, Galgenberg, Wachhübel, Spitzberg bei Hannersdorf, Georgshöhe, Hänselberg, Katzenhübel, *Hutberg bei Pirken. Diese Berge bieten insgesammt eine schöne Aussicht auf die mit Städten und Dörfern übersäete Fläche von Komotau bis in die Gegend von Bilin mit den als südöstliche Begrenzung aufsteigenden Kegeln des Mittelgebirges. 4. *Das gräflich Bouquoi'sche Schloss Rothenhaus, 25 Minuten, auf einer mit Kastanienbäumen bepflanzten Strasse in nördlicher Richtung erreichbar. Rothenhaus liegt am Vorgebirge mit gegen Süden und Westen gewendeter offener Front; das grossartige Schloss steht mitten im Parke, umgeben von prächtigen Gartenanlagen, Glashäusern mit den seltensten einheimischen und exotischen Gewächsen. Es gehört unter die schönsten Gebäude dieser Art in ganz Böhmen und gewährt bei seiner hohen und freien Lage eine reizende Aussicht auf das innere Land und das Mittelgebirge. Im oberen eingefriedeten[149] Parke Hirsch- und Rehstand, im unteren Parke ein Pferdegestüt edler Racen; auch Fluss-, Teich- und Forellenfischerei. Der Park ist dem Publikum an Sonn- und Feiertagen, sonst aber nach erbetener Erlaubniss, zugänglich.
Lohnende Ausflüge von grösserer Entfernung: 1. Ueber Pirken, Schergau nach dem Pfarrorte *Platten, auf guter Strasse in zwei Stunden, mit einem überraschend schönen Ueberblicke der Komotauer und Saazer Gegend, des Mittelgebirges bis weit in das Innere unseres Heimathslandes, der Gebirgsbahnen nach Weipert und Reizenhain. Von Platten 15 Minuten entfernt der Wallfahrtsort Quinau mit schöner Wallfahrtskirche. Von Platten führt eine Strasse über Rodenau, Gersdorf nach Bernau und zum Gaisberg, auf welchem die Biela entspringt – nicht weit davon der Beerhübel 889m über der Ostsee; auf der Strasse weiter zu dem Pfarrorte Kallich mit einem Post- und Grenz-Zollamte, einem Eisenguss- und Walzwerke und gutem Gasthofe. Bei Kallich finden wir Lager von Urkalkstein, während die Felsarten in diesem Reisebezirke im Erzgebirge fast durchgängig Gneisabänderungen sind. Bei Rudelsdorf und Kleinhan finden sich Granitkuppen und bei Brandau einige Basaltkuppen. Hier wird Anthracitkohle gewonnen. Am Fusse des Erzgebirges kommen hie und da die sandigen und thonigen Gesteine der Braunkohlenformation zum Vorscheine. Von Görkau bis dahin 3 Stunden. Das ist eine echte Gebirgspartie theilweise durch schöne ausgedehnte Wälder.
2. Nach der Ruine *Neustein, fortwährend auf schattiger Strasse durch das herrliche Teltschthal, der Biela entgegen, an Fabriken, Mühlen, Eisenhämmern und einer Holzdreherei vorüber, bis zum Fusse des Berges, auf dessen Gipfel die von Bäumen umsäumte Ruine; 1½ Stunde; einige Minuten davon eine Rothenhäuser Försterei.
3. Durch das Teltschthal, Uhrissen, Gersdorf nach *Bernau, immer an der Biela, bis Uhrissen gute Strasse, dann Feldweg; 2 Stunden; von der Schule in Gersdorf eine wundervolle Aussicht in das Innere Böhmens.
4. Durch das schattige Tiefenthal nach Hannersdorf, stark steigender Weg; 1 Stunde.
5. *Durch den Ort Rothenhaus, Göttersdorf mit Pfarrei und guten Restaurationen, Forst, Ochsenstall nach Kallich, fortwährend Strasse durch Hochwald, 3 Stunden, prächtige Waldpartie; schöne Rückblicke, namentlich bei Göttersdorf in das Innere Böhmens.
6. Ueber Göttersdorf, Neuhaus mit dem Görkauer Forstamt, nach Ladung mit einer Eisenberger Försterei, 2½ St., von[150] letzterer eine lohnende Fernsicht; unweit der Berg Hübladung 796m; bis Neuhaus Strasse, dann Waldweg.
7. *Ueber Göttersdorf, Kallich, Gabrielahütte durch ein zwei Stunden langes, bewässertes, tiefgrünes Thal mit dichtgereihten Hammer- und Blechwalzwerken, Mühlen und anderen Industrien nach *Brandau und *Grünthal, immer Strasse, 5½ St.; hier die nahen Berge: Töltschberg, Katzenrücken und Zechenberg. Diese Partie gehört zu den schönsten im Erzgebirge und kann sich in Bezug auf Grossartigkeit und Pracht, sowie Mannigfaltigkeit der Scenerie mit den herrlichsten Alpenlandschaften messen. Der schönste Theil derselben ist von Kallich auf guter Strasse durch ausgedehnte Buchen- und Nadelwälder über Gabrielahütten durch das Teltschthal (zu unterscheiden von dem bei Görkau) nach Brandau und Grünthal. Der Ort Gabrielahütten wurde im Jahre 1778, gleichzeitig mit dem Eisenwerke, vom Grafen Heinrich von Rothenhan errichtet und seiner Tochter, der edlen Gabriela Maria, verehelichten Gräfin von Bouquoi, Sternkreuzordensdame und Dame du Palais, welche die Herrschaft nach dem im Jahre 1809 erfolgten Tode ihres Vaters als Erbschaft erhalten hat, zu Ehren benannt. Der Ort hat eine Schule und eine im schweizer Styl erbaute Restauration. Das Thal wird von dem Teltschbach, der sich in den schäumenden Natschungbach ergiesst, durchbraust. Das Thal ist einsam und voll würziger, erfrischender Waldluft. Es verengt sich oft, die hohen Thalwände werden wiederholt von schroffen Felswänden unterbrochen, und die vielfachen Windungen verändern von Strecke zu Strecke das Bild und bewirken eine reiche Scenerie der Landschaft. Nach 3½stündiger Wanderung kommen wir in eine von herrlichen Waldungen umrahmte Landschaft, in deren Mitte sich das Dorf Brandau befindet und treffen nach einer halben Stunde in *Grünthal ein, unserer Endstation, einem reizend, unmittelbar an der Grenze gelegenen Orte mit grossartigem Hôtel. Fortsetzung der Tour längs der Flöha nach Olbernhau in Sachsen.
8. Ueber Rothenhaus, Göttersdorf, Neuhaus, Kleinhan mit Pfarre nach Katharinaberg, immer Strasse, 4 St.
9. Ueber Rothenhaus beim Gestüte vorbei nach der Aubachmühle, ferner auf stark steigendem Wege über Stolzenhan nach Ladung, 2½ St.
10. Durch den unteren Rothenhäuser Park und über Türmaul zum Silberstollen, durch ein schönes saftig grünes Thal, 1 Stunde lang, immer fahrbar; das Silberwerk ist gegenwärtig ausser Betrieb.
11. Auf der Strasse zum Forsthause in Hohenofen, dann im [151]Walde auf den *Tannichberg 847m hoch, mit prachtvoller Rundschau, zum Forsthause »Rothe Grube«, 3¼ St.; von hier in 15 Minuten auf den *Bernstein mit einem von Oesterreich und Sachsen gemeinschaftlich erbauten Aussichtsthurme, 917m hoch, unstreitig einer der schönsten Fernsichtspunkte im ganzen Erzgebirge. Man übersieht von demselben einen grossen Theil von Sachsen bis Augustusburg, von Böhmen gegen die Elbe und Eger, nach Prag, Teplitz, Brüx, Saaz und das Erz- und vorliegende Mittelgebirge.
12. Zum Forsthause Hohenofen, auf der Waldstrasse zum *Theresiensitz mit einem Tempel und schöner Fernsicht, auf den *Seeberg mit einem Felsenlabyrinthe und dem Johannisfeuerberg; beide durch eine tiefe Schlucht von einander getrennt, mit der gleichen Höhe von 631m, bieten sie eine ausgedehnte Fernsicht bis Prag, auf das Mittelgebirge und in's Land; 3 St. Vom Theresiensitz in ¾ St. zum Forsthause »Rothe Grube« und in abermals ¾ St. zum Hegerhaus im Flachsgrund. Hier ist ein Local, dessen sämmtliche Möbel kunstvoll aus Hirschgeweihen zusammengesetzt sind, sehenswerth.
13. Durch den unteren Rothenhäuser Park, Türmaul, Forsthaus Hohenofen, durch den Thiergarten nach *Eisenberg, 1½ St., schattige Strasse. Schloss Eisenberg, dem Fürsten Lobkowitz, Herzog zu Raudnitz gehörig, ist ein im jüngsten Renaissancestyl erbauter herrlicher Edelsitz, historisch berühmt als einstiger Aufenthalt des Prinzenräubers Kunz von Kaufungen, auf einem Bergvorsprunge im Süden des Erzgebirges, mit einem wundervollen Panorama. Gegen Nordosten die Abhänge des Erzgebirges, gegen Osten und Südosten das böhmische Mittelgebirge, Hügel an Hügel, Kuppe an Kuppe, welche der zerrissene, pittoresk gestaltete Bořen bei Bilin mächtig überragt. Gegen Süden breitet sich die Saazer Ebene, »der Garten Böhmens«, aus, welche mit Weilern, Dörfern und Städten wie besäet ist und einen grossartigen Eindruck macht. Nach Südwesten ist der Horizont durch das Karlsbader und Duppauer Gebirge abgegrenzt. Die Park- und Garten-Anlagen, sowie die Glashäuser des Schlosses sind grossartig. In einer prunklosen, zur Andacht stimmenden Waldkapelle befindet sich ein Kreuz von grosser Dimension am Altare, das in einem Stücke aus einem Eichbaume geschnitten ist, bei dessen Fällung ein Graf Lobkowitz vor 156 Jahren den Tod fand. Er hatte die Warnung der Holzschläger, sich zu entfernen, nicht beachtet, der Baum fiel auf ihn und erschlug ihn. In der Schlosskapelle ferner ist ein Dorn unter Glas und Rahmen aufbewahrt, welchen die Kreuzritter aus Palästina mitgebracht und welcher aus der Dornenkrone des Heilandes entnommen ist. Diese Reliquie wird jedes Jahr vor Ostern eine Woche in der Kirche zu Neundorf und einen Tag in Seestadtl zur Verehrung ausgesetzt und[152] zieht viele Wallfahrer an. Die Herren von Lobkowitz legen dem »heiligen Dorn« einen hohen Werth bei und soll einmal ein fürstliches Familienglied bei der Erbtheilung denselben einer Herrschaft vorgezogen haben.
14. Mit der Eisenbahn nach Eisenberg, dann auf der Gebirgsstrasse nach Nikelsdorf, Böhmisch-Einsiedel, Deutsch-Einsiedel und Bad *Einsiedel, einem reizend gelegenen, von sächsischer Seite mit Vorliebe besuchten Luft-Curort mit Naturbädern; 4 St.
15. Mit der Eisenbahn nach Obergeorgenthal, über Marienthal (mit einer Baumwollspinnerei) auf der Gebirgsstrasse nach Nikelsdorf und Einsiedel; 3½ St. (Siehe Oberleutensdorf.)
16. Mit der Eisenbahn nach Johnsdorf; daselbst an der Strasse das *Hôtel Weber, das durch sein luxuriöses Ameublement und seine kunst- und geschmackvollen Malereien an den Wänden und Decken die Beschauer zur Bewunderung hinreisst. Von da erreicht man durch Obstgärten in 15 Minuten den Ort *Hammer mit schöner Fernsicht und vielbesuchter Restauration »*Zur deutschen Bruderhalle«; weiter auf stark steigender Gebirgsstrasse nach Kreuzweg, in der Nähe der Kampelberg, und nach Einsiedel, unweit der Göhrenberg. (S. Oberleutensdorf.)
Die Stadt *Katharinaberg erreichen wir von Görkau über Göttersdorf, Neuhaus, Kleinhan und den Grund auf guten Wegen durch ausgedehnte, herrliche Wälder – eine echte Gebirgspartie, oder wir fahren mit der Dux-Bodenbacher Bahn nach Obergeorgenthal und gehen von da über Marienthal und Nikelsdorf nach Katharinaberg, ebenfalls eine herrliche Gebirgspartie. Katharinaberg, eine Bergstadt mit über 2200 Einwohnern, liegt, von Görkau ca. 4 St. entfernt, auf einem schmalen, mässig hohen, aber steil abfallenden Bergrücken. Dazu gehört das Pachendörfel, eine südöstlich gelegene Gruppe von Häusern, und der Grund, eine in dem vom Zobelbach durchflossenen Thale gelegene doppelte Häuserreihe.
Gasthöfe: »Kaiser von Oesterreich«; »Kronprinz Rudolf«; beide am Marktplatz gelegen; »Zur Herrenschänke«, hart an der Grenze im »Grund« gelegen.
In die Stadt führende Strassen:
1. Von Brüx über Nieder- und Obergeorgenthal, Marienthal, Nikelsdorf.
2. Von Oberleutensdorf über Johnsdorf, Obergeorgenthal, Marienthal, Nikelsdorf.
3. Von Görkau über Rothenhaus, Göttersdorf, Neuhaus, Kleinhan.
4. Von Kallich über Gabrielahütten, Brandau.
5. Von Olbernhau über Grünthal, Brandau.
Gebäude und Institute: Eine katholische Kirche mit Pfarre, eine vierklassige Volksschule, eine Apotheke – (2 Medizin-Doktoren).
Aemter und Behörden: Stadthaus mit dem Gemeindeamt, ein k. k. Bezirksgericht mit Dependenzen, ein Postamt, ein Gendarmerie-Posten-Commando, eine Finanzwache-Abtheilung.
Industrielle Etablissements: Wirkwaaren-Industrie, Holzdrehereien mit Wasserbetrieb, Brettmühlen, Spielwaarenerzeugung, eine städtische Brauerei.
Die Entstehung der Stadt fällt wahrscheinlich mit dem Ursprunge des Bergbaues zusammen. Geschichtliches ist nichts davon bekannt, als die Begnadigungen, welche der Ort seit dem 16. Jahrhundert, wo er bereits zu Rothenhaus gehörte, erhalten hat. Im Jahre 1528 erhielt die Stadt von Ferdinand I. das Wappen und die Befugniss, mit grünem Wachs zu siegeln. Seit dem dreissigjährigen Kriege kam der Silberbergbau immer mehr in Verfall. In diesem Kriege wurde die Stadt von den Schweden und Sachsen durch Brand und Plünderung hart mitgenommen. Es gingen damals alle Urkunden und andere schriftliche Nachrichten über den früheren Bergbau aus der Zeit vor 1528 zu Grunde. Auch im siebenjährigen Kriege litt die Stadt durch Brandschatzung und Plünderung und verlor namentlich die Bergkassa der bürgerlichen Gewerkschaft.
Kleiner Spaziergang. Zum Gasthaus »zum grünen Baum«, ¼ St., Fahrweg dahin; zwischen Gebirgs-Neudorf und Katharinaberg gelegen.
1. Im herrlichen Flöhathale der sächsischen Grenze entlang nach *Brandau und *Grünthal; gute, zum Theil durch Hochwald führende Strasse, 1¼ Stunden. In dem hart an der sächsischen Grenze, am Zusammenflusse der drei Grenzgewässer Natschung, Schweinitz und Flöha gelegenen Orte Grünthal, das wegen seiner guten Küche und feiner Weine und Biere von Touristen vielfach besuchte Griessl'sche Gasthaus; in dem nur durch den Natschungbach getrennten sächsischen Grünthal sind Schwefelbäder und ein in seiner Art grossartig angelegtes »Kupfer-Hammerwerk«, welches die verschiedenartigsten Erzeugnisse aus Kupfer fast in alle Welttheile versendet. (Siehe Seite 150.)
2. Ueber Brandau auf schöner Strasse nach *Gabrielahütten in dem prächtigen, 2 Stunden langen, den Thälern der Schweiz vergleichbaren Teltschthal, wo der Natschungbach zahlreiche Hammer- und Blechwalzwerke, Holzdrehereien, Brettmühlen und andere Industriewerke in Betrieb setzt. 2½ St. – (siehe von Görkau aus.) Das der Herrschaft Rothenhaus gehörige Gasthaus »zur böhmischen Schweiz« mit Garten bietet den Touristen willkommene Gelegenheit zur Erfrischung; unweit Gabrielahütten auf sächsischer Seite der an der Südseite steil abfallende[154] Habichts- oder Stösserfelsen mit herrlicher Aussicht. – (Siehe oben Seite 150.)
3. Im Flöhathale der sächsischen Grenze entlang über Ober- und Niederlochmühle durch ein herrliches Thal auf schöner Strasse nach Seifen und von da nach Bad *Einsiedel (sächsisch), das nicht allein durch seine Schwefelbäder, sondern auch durch seine romantische Lage den hier weilenden Curgästen Erquickung und Heilung gewährt. Restauration mit Garten und herrlichen Spaziergängen. 2½ Stunden. (Siehe Görkau Seite 152.)
4. Ueber Deutsch-Neudorf, Brüderwiese nach Bad Einsiedel. Bis »zum grünen Baum« Fahrweg, dann schöne, von Waldungen beschattete Strasse; 2 Stunden. In 25 Minuten von da nach Einsiedel (böhmisch) schöne Strasse.
5. Ueber Gebirgs-Neudorf, oder auf sächsischer Seite über Deutsch-Neudorf, Brüderwiese nach Einsiedel (der Haselstein mit schöner Fernsicht bis in die Aussiger, Schlaner und Komotauer Gegend, und der Käsherdberg), Göhren (der Farbenhügel, der Göhrenberg, der Krummschuss), Zettel (der Falkenberg und der Nitschenberg) durch *Rauschengrund nach *Oberleutensdorf. In Rauschengrund zwei Fabriken der Herren Marbach und Riecken, Baumwollgarn- und Kattunerzeugung; Brettsägen und Mühlen. Grösstentheils Waldweg, 4 Stunden. Prächtige Gebirgspartie!
6. Ueber Gebirgs-Neudorf. Einsiedel, Kreuzweg (der Flösselberg, der Hellwikstein, der Kampfberg und der Pflasterberg) durch den herrlichen *Hammergrund nach *Johnsdorf; von Einsiedel bis Johnsdorf schöne Strasse; 2½ St.
7. Ueber Nikelsdorf (Wachhübel mit schöner Fernsicht) durch ein herrliches Thal nach Marienthal mit einer Baumwollspinnfabrik (der Weinberg mit einem prächtigen Ueberblick der ganzen Kesselgegend gegen Osten, Süden und Westen) und Obergeorgenthal (Dux-Bodenbacher Bahnstation); schöne grossentheils schattige Strasse, 2½ Stunden.
8. Ueber Kleinhan, Neuhaus, Göttersdorf, Rothenhaus nach Görkau; immer schöne Strasse, 4 Stunden. Vor Göttersdorf öffnet sich der Ausblick auf die Komotauer und Brüxer Gegend.
Bergbesteigungen. 1. *Steinl mit herrlicher Aussicht bis zum Sonnenwirbel bei Gottesgab und in das Flöha- oder Fleythal bis nach Augustusburg in Sachsen; an der Herrnschänke vorbei, ein Waldweg, 1 Stunde, oder besser über Kleinhan, 1½ St.
2. *Hübladung bei Kleinhan, schöne Strasse, 1 St.; herrliche[155] Aussicht in das Flöhathal, in die Gegend von Saida und bis nach Augustusburg.
3. Bärenstein oder Bernstein, entweder direct auf einem Waldwege dahin, ¾ Stund.; oder aber besser zum Forsthaus »Rothe Grube« und von da der Aufstieg, 1½ St. Prachtvolle Aussicht auf einen grossen Theil von Sachsen bis Augustusburg, gegen die Elbe und Eger, nach Prag, Teplitz, Brüx, Saaz, das Erz- und vorliegende Mittelgebirge. (Siehe von Görkau aus!)
(Von Eger-Karlsbad und von Aussig mit der Bahn leicht zu erreichen.)
Gasthöfe. Hôtel »zur Krone«, »Herrschaftlicher Gasthof«, Gasthof »zum weissen Ross«, »Zum Tobisch«.
Post- und Telegrafenamt.
Bahnhof der Aussig-Teplitzer und der Dux-Bodenbacher Bahn.
Dux, Stadt 213m (4000 E.) mit mehrfachen gewerblichen Anlagen: Zuckerfabrik, Glasfabrik, Syderolithwaarenfabrik, Kohlenwerke u. s. w.
Sehenswürdigkeiten: Neben der Kirche (kostbares Tabernakel und Altarbild) das Schloss, dem Grafen Waldstein, Nachkommen eines Nebenzweiges der Familie des berühmten Friedländers, gehörig; es enthält 4 Säle, 60 Zimmer und besitzt einen berühmten Garten. Im Schlosse ist besonders sehenswerth: 1. Der grosse Familiensaal mit Bildnissen aus der Familie Waldstein und dem höchst imposanten Deckengemälde von Reiner, welches die Scene darstellt, wie Heinrich Waldstein 1254 dem Könige Ottokar seine 24 Söhne nebst 24 Knappen, sämmtlich zu Ross, vorführt. 2. Die Bildergallerie, in 8 Zimmern, wo sich auch das Portrait des Herzogs von Friedland von van Deyk befindet. 3. Der Waffensaal, der unter den verschiedensten Armaturen auch Waffenstücke des grossen Friedländers aufzuweisen hat. 4. Das Porzellan-Cabinet mit seinen japanesischen und chinesischen Vasen, Pyramiden und Figuren. 5. Das Kunst- und Antiken-Cabinet mit Antiquitäten aus Herkulanum und Pompeji, Fayence-Malereien, Mosaiktafeln, Bronce-Gruppen, Modellen u. s. w. 6. Die Bibliothek mit ca. 12.000 Bänden, darunter viele alte Manuscripte, Prachtwerke, Kupferstichsammlungen u. s. w. 7. Das Naturaliencabinet enthält eine reiche Sammlung von Mineralien, Seegewächsen, Conchilien, Fischen und Vögeln.
Im Schloss-Vorhofe ein Wasserbehälter aus Geschützen verfertigt, die der Friedländer erobert hatte.
Geschichtliches. Stadt und Herrschaft gehörte zu Anfang des 16. Jahrhunderts Joh. Kapiřz von Sulewitz, welcher sie 1530 an Dippold v. Lobkowitz verkaufte. Bei dieser Familie verblieb sie bis 1618. Bald darauf aber gelangte sie durch Kauf an den Grafen von Waldstein; Johann Friedrich Graf von Waldstein, Erzbischof zu Prag, erhob 1680 Dux und Oberleutensdorf zu einem Fideicommiss und vererbte sie 1694 an Johann Grafen von Waldstein-Wartenberg, nachmaligen Landesmarschall von Böhmen.
Zur Riesenquelle, auch Grünze genannt, 20 Minuten an der Strasse nach Teplitz mit Fremdenzimmern, Gartenanlagen; enthält zugleich Gesundheitsbäder durch die in der Nähe befindliche Quelle.
Nach Ossegg ¾ Stunden. Der Weg führt unterhalb der Kirche an der Schlossgartenmauer, dann längs des Baches sehr angenehm.
*Ossegg, 1100 E., Marktflecken am Fusse des Erzgebirges.
Gasthöfe: Hôtel »zum Kaiser von Oesterreich« mit Garten-Restauration; Gasthof »zur Weilburg«.
Bahnhof der Dux-Bodenbacher und der Dux-Prager Bahn.
Ossegg kommt als Sommeraufenthaltsort immer mehr in Aufnahme.
Sehenswürdigkeiten: Die *Stiftskirche des Cistercienserstiftes.
Die Errichtung dieses Stiftes reicht in das Jahr 1196 zurück, in welchem Slavko von Riesenberg (od. eigentlich Riesenburg), der damalige Besitzer der hiesigen Gegend, die schon im Jahre 1193 durch Johann Milgost aus Waldsassen in Baiern nach dessen Besitzung Maschau bei Kaaden berufenen Geistlichen des Cistercienser-Ordens, welche daselbst durch häufige Ueberfälle von Räubern sehr beunruhigt und zur Verlegung ihres Sitzes gezwungen wurden, bei sich aufnahm, ihnen die bereits früher hier bestandene Marienkirche abtrat und die neue Niederlassung durch mehrere Dörfer und andere Geschenke so reich dotirte, dass sie dadurch für den Verlust ihrer früheren Besitzungen zu Maschau, welche ihnen Milgost, aus Verdruss darüber, dass sie ohne sein Vorwissen ihren Sitz verändert hatten, wieder entzog, schadlos gehalten wurden. König Přemysl Ottokar I. bestätigte[157] 1203 die neue Stiftung, nahm sie in seinen königl. Schutz und beschenkte sie mit neuen Gütern und Vorrechten. Aber schon 1249 überfiel Přemysl Ottokar, Markgraf von Mähren, das Kloster, welches sich auf die Seite seines Vaters Wenzel I. von Böhmen geschlagen hatte, jagte sämmtliche Geistliche weg und gab das Kloster den Soldaten preis. Zwar entschädigte er, nachdem er selbst König von Böhmen geworden, dasselbe in reichem Masse für die erlittenen Verluste, aber nach seinem Tode (1278) wurde es neuerdings durch die Truppen Rudolfs von Habsburg zerstört und ausgeplündert. Kaum wieder hergestellt, gerieth es 1341 neuerdings in Brand, bis es 1421 von den Pragern und 1429 von den Taboriten dergestalt zerstört und verwüstet wurde, dass es lange Zeit ganz verödet blieb. Erst vom Jahre 1626 an begann es wieder aufzuleben; es wurden jetzt Kloster und Kirche in ihrer gegenwärtigen Pracht erbaut.
*Zur Salesiushöhe ¼ St.; auf der Strasse nach Langewiese, von der Säule links in den Wald 10 Min. Schönes Panorama über das Bielathal. Ihre Entstehung verdankt sie der Verehrung der Stiftsbrüder zu ihrem Prälaten Salesius Krügner. Von der Salesiushöhe zurück bis zur Strasse; jenseits derselben Fussweg 5 Min. zum Kroatenloch; alter Bergwerksstollen. Fussweg fortsetzen nach Riesenberg.
1. *Riesenburg ½ Stunde, dem Domainenbesitzer von Dux gehörig, eine der ältesten Burgen Böhmens, im 9. Jahrhunderte von dem böhmischen Ritter Slawko erbaut, gerieth ebenfalls durch die Husiten in Trümmer. Vom Wartthurme aus herrliche Aussicht.
2. Nach Klostergrab 1 St., Bergstadt, 1500 Einw.
Gasthof: »Zum Rathhaus«.
Endstation der Prag-Duxer Bahn; nord-nordöstlich von Ossegg gelegen.
Der Silberbergbau war einst in grösster Blüthe; denn schon im Jahre 1082 standen 600 Bergleute in Arbeit, die in einem Vierteljahre 13 Ctr. (728 Kgr.) geschmolzenes Silber producirten. Diese Bergleute sind durch ihre Ansiedelungen in der Nähe der Gruben als die Gründer des Ortes zu betrachten.
Klostergrab ist nebst Braunau der geschichtlich merkwürdige Ort, wo die ersten Funken der Religionsunruhen hervorbrachen,[158] indem die daselbst befindliche protestantische Kirche 1616 auf Befehl des Kaisers Mathias zerstört wurde.
Das Schützencorps besitzt einen aus Klostergraber Silber gearbeiteten Schmuck für den jeweiligen Schützenkönig.
Oberhalb Klostergrab der *Königshügel; bietet eine herrliche Fernsicht über das Teplitzer Thal und die ganze Umgegend. Im Sommer auch Restauration.
3. Von Ossegg über die Riesenburg nach Langewiese (1 St), schöne Aussicht, und nach der Porphyrkuppe des *Wieselstein's (1 St.) 944m hoch. Von hier übersieht man das Bielathal, das Mittelgebirge, die Gegend bei Saaz und Kaaden.
Weiter nach dem gräfl. Waldstein'schen Jagdschlosse Lichtenwald; bietet nichts Bemerkenswerthes, wurde im Jahre 1760 erbaut. Dann nach Georgshöhe, einem einsam gelegenen Forsthause, und dem Höllengrund in das schöne Rauschengrunder Thal nach Oberleutensdorf (siehe Katharinaberg).
4. Von Ossegg über Ladung nach Oberleutensdorf 1¼ St. Zuerst auf der Strasse gegen Langewiese – schöner Rückblick –; wo die Strasse eine scharfe Biegung nach rechts macht, auf den Fussweg links in den Wald. Beim Heraustreten aus demselben prachtvolles Bild. Durch Ladung bei der Brettsäge rechts Fahrweg – nicht zu fehlen.
Gasthöfe: »Drei Linden«, »Weisses Ross«, »Rathhaus«, »Kaiser von Oesterreich«.
Post- und Telegraphenamt.
Bahnhof der Dux-Bodenbacher, Prag-Duxer und 1 Stunde entfernt: Aussig-Teplitzer Bahn.
Oberleutensdorf, Stadt, 3300 E., 320m; Mittelpunkt der Spielwaarenindustrie, hat ferner eine Filztuch-, Garn- und Möbelfabrik, ein dem Grafen Waldstein gehöriges Schloss, ein stark eisenhaltiges Bad.
Geschichtliches. Oberleutensdorf war vor dem Jahre 1715 ein unbedeutendes Dörfchen und wurde in diesem Jahre von Karl VI.[159] zu einem »Stadtl« erhoben; der Ort wuchs, besonders seit der 1715 in's Leben getretenen Tuchfabrication durch die aus Nah und Fern herbeiströmenden Arbeiter. Nach Beendigung des siebenjährigen Krieges schuf die eingeführte Strumpfwirkerei, noch mehr aber die seit 1822 für Oberleutensdorf so wichtige Erzeugung von Spielwaaren einen neuen Erwerbszweig. (Siehe: Geschichtliches über Dux.)
Sehenswürdigkeiten: 1. Das vom Grafen Johann Josef von Waldstein im J. 1732 erbaute Schloss mit dem neu angelegten schönen Park;
2. die Pfarrkirche mit einem schönen Altarblatt von Skreta;
3. auf dem Friedhofe die gräfliche Todtenkapelle mit der Todtengruft, worin der am 23. Mai 1823 verstorbene Franz Adam Graf von Waldstein-Wartenberg begraben liegt. Die Kapelle enthält ein meisterhaftes Denkmal des Verstorbenen;
4. das prächtige Bürgerschulgebäude, in herrlicher Lage auf einer kleinen Anhöhe.
1. Zum *Schiesshaus; prächtige Lage am Saume des Waldes mit schöner Aussicht auf das ganze Mittelgebirge.
2. Nach *Rauschengrund ½ St. Vor dem Eingange in das Thal links von der Strasse neue, schön gelegene Restauration; weiter die Villa des Fabriksbesitzers Hrn. Riecken, dann die Baumwollspinnerei desselben. Einkehrhaus des Prokop Loos (siehe Katharinaberg).
3. Nach Sandel ½ St. durch den Wald sanft ansteigend mit schöner Aussicht; Gasthaus.
4. Nach *Hammer-Johnsdorf ¾ St., schön zwischen Obstgärten gelegen, als Sommeraufenthaltsort ziemlich besucht, reine, gesunde Waldluft, gegen Ost- und Nordstürme ganz geschützt. Weber's Hôtel zunächst der Haltestation der Dux-Bodenbacher Bahn, elegante Einrichtung, aufmerksame Bedienung. – Mildner's Gasthaus »zur deutschen Bruderhalle« mit einer prachtvollen Aussicht. Oberhalb der Bruderhalle am Saume des Waldes das im eleganten Schweizerstyl neuerbaute Curhaus des Med. Dr. Tschuschner mit entzückender Aussicht über das böhmische Erz- und Mittelgebirge. Griessel's Gasthaus. Hammergrundthal (siehe Bereisung von Katharinaberg).
5. Nach dem Gebirgsdorfe Schönbach ¾ St.; Gasthaus Fritsch, einfach, aber gut.
1. Nach dem Wieselstein über Schönbach 3 St., nur mit Führer (im Gasthause zu drei Linden beigestellt); von hier entweder über Langewiese, Riesenberg nach Ossegg (Siehe dieses), oder nach Lichtenwald in's Rauschengrunder Thal.
2. Nach Oberdorf ½ St., Göhren 1 St., böhm. Einsiedl ¾ St., Bad Einsiedl (sächsisch) 20 Min. (Siehe Seite 154).
3. Nach Eisenberg mit der Dux-Bodenbacher Bahn ½ St., prächtiges Schloss, grossartige Gartenanlagen.
4. Nach Obergeorgenthal, Nickelsdorf, von da auf den Bernstein – einem der höchsten und schönsten Aussichtspunkte der hiesigen Gegend –; von dort über Ladung nach Katharinaberg. (2, 3, 4 siehe Bereisung von Katharinaberg aus.)
Gasthöfe: »Hotel Ross«, »Zum Löwen«, »Zum schwarzen Adler«, »Zum Hirschen«, alle am 1. Platz; »Zum blauen Stern« am 3. oder Gymnasium-Platz, Siegl's Gasthof am Bahnhof.
Restaurationen: »Zum Suk«, »Bielarestauration«, »Schiesshaus«, »Saras«.
Caféhaus Bahnhofstrasse.
Post- u. Telegrafenamt Wassergasse in der Nähe des 1. oder Marktplatzes.
Postfahrten nach Hawran, Nieder- und Ober-Georgenthal.
Eisenbahnen: Aussig-Teplitzer gegen Komotau-Karlsbad-Eger und Teplitz-Aussig-Bodenbach; Prag-Duxer gegen Ossegg-Klostergrab, gegen Obernitz-Prag, Obernitz-Sauerbrunn, Bilin; Pilsen-Priesener gegen Pilsen-Eisenstein.
Omnibusse (3) zu jedem Zuge; Droschken, Zweispänner nach allen Richtungen.
Zeitungslese-Cabinet im Casino. Einführung von Gästen durch Mitglieder gestattet.
Photographische Ansichten von Brüx und Umgebung in den Buchhandlungen von Hanns Eichler und Sommer, beide am Marktplatz.
Aemter: K. k. Bezirkshauptmannschaft, k. k. Kreisgericht, beide am Marktplatz; k. k. Bezirksgericht an der Biela; Bürgermeisteramt im Gemeindehause, Fleischbankgasse.
Bank- und Wechselgeschäft, Wassergasse.
Zwei Dienstmänner-Institute (roth und grün).
Unter den Städten des gesegneten nördlichen Böhmen ist wahrlich nicht die geringste die kön. Stadt Brüx; ihr Name hat einen guten Klang durch ihr Alter, ihre ruhmvolle Vergangenheit, und die Gegenwart kennt sie als eine wohlhabende, freundliche Stadt, deren Handel und Verkehr stetig zunimmt.
Die Chronisten setzen sie unter die ältesten Städte Böhmens. Die ersten Erbauer von Brüx sind unbekannt, und ihr (der Stadt) Ursprung ist sehr alt. Sie bediente sich des deutschen Rechtes und von den Aussprüchen ihrer Gerichte ging der weitere Zug an den Magdeburger Schöppenstuhl. Im J. 1004 geschieht ihrer das erstemal Erwähnung, da sie sich im Kriege Kaiser Heinrich II. gegen Boleslav III. freiwillig an jenen ergab. – Als im Jahre 1040 Helikard, Herzog von Sachsen, in Böhmen einfiel und bei Gnevin (so hiess damals Brüx) das Lager aufschlug, liess ihm Herzog Břetislav bedeuten, wofern er binnen 3 Tagen das Land nicht verlasse, werde er ihm den Kopf vor die Füsse legen. Eingeschüchtert durch diese Drohung verliess Helikard Böhmen, und Břetislav begann noch in demselben Jahre auf dem Berge, an dessen Fusse Brüx liegt, zur Sicherung der Grenze die feste Landeswarta zu bauen. Ihre Schicksale sind bis zu ihrer Zerstörung innig verbunden mit denen der Stadt. Im Jahre 1045 erhielt sie ob der vielen Brücken, die über die zahlreichen Gewässer führten, den Namen, den sie bislang führt: Brüx, Most, Pontum oder Pons. – Um 1200 gehörte Brüx dem Oberkämmerer Grabisa, der den 10. Theil von dessen Wochenmarkt-Einkommen und den Weinzehent dem Stift Ossegg schenkte. Hier sei gleich bemerkt, dass der Weinbau hierorts ein bedeutender gewesen sein muss. Gojata, des obgenannten Grabisa Sohn, vermachte Brüx testamentarisch der Kirche von Zderas in Prag, doch so, dass seine Gemahlin bei ihren Lebzeiten den Nutzgenuss haben sollte. Gojata starb 1238 und bald vielleicht auch seine Gattin, denn König Wenzel I., der grosse Vorliebe für Brüx hatte, zog die Stadt an sich und versprach, die Zderaser Kanoniker anderweitig und entsprechend zu entschädigen. Diese Entschädigung scheint jedoch nicht gleich erfolgt zu sein, da auch sein Sohn und Nachfolger Přemysl Ottokar II. auf Andringen des päpstlichen Stuhles solche neuerdings zu leisten gelobte. – Im Kriege Wenzel's I. mit seinem Sohne ward letzterer, da er Stadt und Schloss Brüx belagerte, von Boreš, dem obersten königlichen Marschall und Brüxer Schlosshauptmann des Nachts überfallen, geschlagen, (1. November 1248) und war in Folge dessen gezwungen, mit dem Vater sich auszusöhnen.
Das erste grosse Privileg, das des Meilenrechtes, erhielt die Stadt unter'm 26. März 1273 von Přemysl Ottokar. In dieser Privilegienurkunde wird Brüx auch das erstemal Stadt »civitas nostra« genannt. – Im Jahre 1282 hatte Otto, Markgraf von Brandenburg, für die Vormundschaft über König Wenzel II. ausser 15.000 Mark Silber noch Stadt und Schloss Brüx, Aussig und etliche Dörfer verpfändet erhalten; aber schon das Jahr darauf ward er durch den Reichstag zu Freiburg verhalten, die[162] genannten Orte wieder herauszugeben. (23. August.) Wenzel II. schenkte Brüx sogleich einem seiner Getreuen Johann von Michelsberg, der es noch im selben Monate (28. August) seinem Könige wieder abtrat. Seit diesem Tage ist Brüx ununterbrochen königliche Stadt geblieben, wenn es auch in der Folgezeit öfter, besonders an Meissen, verpfändet war. Alle folgenden Könige statteten sie, stets in Ansehung »des getreuen Nutzens und der unverdrossenen Dienste« entweder mit neuen Privilegien aus, oder bestätigten ihre alten Freiheiten und Rechte.
Die ruhmvollste Periode ihrer Geschichte aber ist die der Hussitenkriege. Die umliegenden Städte hatten sich den Taboriten entweder ergeben und mit ihnen gemeinsame Sache gemacht, wie Saaz und Laun, oder sie waren, wie Komotau und Bilin, gefallen. Um ihre Stadt nun vor ähnlichen Geschicken zu bewahren, war bereits im Frühjahre 1421 an König Sigmund eine Gesandtschaft abgegangen, die das Gelöbniss unverbrüchlicher Treue erneuern, aber auch um Hilfe für die bedrohte Stadt bitten sollte.
Sigmund, ausser Stande, ihrer Bitte willfahren zu können, empfiehlt sie an den Markgrafen Friedrich von Meissen. Dieser hatte die Besatzung der Stadt und des Schlosses verstärkt, und so erwarteten denn die Brüxer muthig und vertrauensvoll den Feind, der auch am 24. Juli 1421 vor Brüx erschien, und nach wiederholter vergeblicher Aufforderung zur Uebergabe am folgenden Tage die Belagerung der Stadt und des Schlosses begann. Tapfer wehrten sich die Belagerten, der fortlebenden Tradition zufolge, besonders angefeuert von ihren Frauen und Jungfrauen. Aber Tag um Tag schwindet und bald auch die Hoffnung auf Entsatz. Der 5. August bricht an, das Fest Mariaschnee. Die Bürger strömen zur Kirche, vertrauensvoll die Mutter Gottes um Hilfe anflehend. Ein festlicher Gottesdienst wird gefeiert, die ehernen Zungen, die seit Beginn der Belagerung geschwiegen, hallen hinaus über die Stadt in's feindliche Lager, wo man der Thörichten spottet; beseelt von neuem Muthe, gerüstet mit frischer Kraft, eilen die Bedrängten dann an die Mauern, mannhaft abzuwehren der Feinde Horden. Da siehe! vom Erzgebirge herab leuchten schon die weissen Rüstungen der Entsatztruppen. Otto Pflug ist's, des Markgrafen Friedrich getreuer Vasall an der Spitze des Meissnischen Heeres, verstärkt durch Zuzug der böhmischen Herren Sigmund von Wartenberg, Hlavač von Duba und Niklas von Lobkowitz. Die Schlacht beginnt. Total war die Niederlage der Hussiten. 3000 Feinde bedeckten das Schlachtfeld, das Lager mit seinen geraubten Schätzen ward eine Beute des Siegers. Die Freude über diesen glänzenden Sieg bewog die Brüxer Bürger, die im frommen Glauben der Hilfe Mariens ihre[163] Rettung zuschrieben, zu dem Gelöbnisse, alljährlich mit grösster Feierlichkeit das Fest Mariaschnee zu begehen, und die Nachkommen sind beflissen, getreulich zu halten, was die Väter gelobt. Das Mariaschnee-Fest mit seiner prunkvollen, grossartigen Feierlichkeit gibt ihnen Gelegenheit, den biederen, frommen Sinn zu erneuern, das patriotische Gefühl zu stärken.
Von jetzt an kamen auf langehin für die Brüxer trübe Tage. Einigemale noch waren sie bedroht von den Kelchnern, mehrere furchtbare Feuersbrünste, Orkane, andere Elementarereignisse, und endlich die Pest (1582 und 1680) verwüsteten die arme Stadt. Dazu kam noch, dass die Stadt von Georg von Poděbrad nach einem verheerenden Brande (1455) eingenommen und besetzt ward, während die Burg sächsische Besatzung hatte, und die fortwährenden Friedensbrüche immer nur der Stadt Schaden brachten. – 1595 kauften die Brüxer von Rudolf II. die Burg sammt den zugehörenden Gütern um 81.060 fl. rhein., und übernahmen damit die Verpflichtung, die Besatzung des Schlosses zu erhalten. Allein die Ehre, Burgherren zu sein, kam den Bürgern theuer zu stehen. Die Burg zog stets jeden Feind an, und die Stadt hatte mit zu leiden unter den Belagerungen. Dreimal ward die Burg von den Schweden belagert, und zwar 1639, 1645 und 1646. Das letztemal mussten die Brüxer wegen Wassernoth, wegen der geringen Zahl der Vertheidiger, 200 Bürger gegenüber einem Heere von 30.000 Schweden unter General Wrangel, und wegen des schlechten Zustandes der Befestigungswerke das Schloss nach dreitägiger Belagerung am 16. Jänner übergeben. Solch' schwere Wunden hatte der dreissigjährige Krieg der Stadt geschlagen, dass sie, als die schwedische Besatzung zu Ende des Krieges 1648 abzog, keinen einzigen ansässigen Bürger mehr hatte. So ward es erklärlich, dass Ferdinand III., den inständigen Bitten der Bewohner nachgebend, 1651 die Demolirung der Burg bewilligte. Wenige in der letzten Zeit blossgelegte Mauerreste sind noch die Ueberbleibsel dieser Landesgrenzveste.
Nunmehr genoss die Stadt, abgerechnet einige Ueberfälle seitens der Sachsen und Preussen, die wenig Nachtheil brachten, ziemliche Ruhe; ihr Wohlstand hob sich, besonders da sie zu Beginn des 18. Jahrhundertes viele Güter durch günstige Käufe von den umliegenden Adeligen an sich brachte. So ist sie heute unter den reichsten Städten Böhmens in erste Reihe mit zu setzen.
Im Jahre 1813 beherbergte Brüx, das eine Zeit der Mittelpunkt des Lagers war, die drei alliirten Monarchen. Wenige Jahre darauf sollte Brüx fast ganz untergehen. Am 21. April 1820 verzehrte eine Feuersbrunst alle öffentlichen Gebäude bis auf die Stadtkirche und das Stadthaus. Der Schaden belief sich nach damaligen Werthverhältnissen auf 700.000 fl. W. W. Der[164] abgebrannten Stadt ward durch ein staatliches Anlehen und die Unterstützung der Umwohner Hilfe. Die Folge der vielen Brände und besonders dieses ist, dass die Stadt, regelmässig gebaut, ein freundliches Aussehen hat, und mit wenigen Ausnahmen keine alten Gebäude besitzt.
Zu diesen gehören Rathhaus und Stadtkirche, beide noch bemerkenswerth auch durch ihre Bauart. Das Jahr der Entstehung des ersteren Gebäudes ist nicht bekannt; es gehört überdies in seiner heutigen Gestalt mehreren Perioden an. Der Thurm ist jedenfalls ein Baudenkmal des 14. Jahrhundertes, und nicht viel jünger ist der an selben anstossende Vorbau, während das übrige Gebäude das Gepräge des 16. Jahrhundertes trägt. Es war jedenfalls früher zweistöckig, und ist nach dem Brande von 1515, der auch das Rathhaus schwer schädigte, unausgebaut geblieben. Die Stylrichtung ist die nachgothische. Die Vorderfront wird durch mächtige Wölbungen und vorstehende Pfeiler, 7 an der Zahl, getragen. Der mittlere trägt den kaiserl. Adler, je zwei zu beiden Seiten tragen vier, die Elemente symbolisirende Statuen, die beiden äussersten aber Wappenträger mit dem böhmischen Löwen und dem Stadtwappen. Die Felder zwischen den Fenstern, wie auch die Brustwände unter den Fenstern sind bemalt mit allegorischen Figuren, das Gesimse mit Schlachtendarstellungen. Dem projectirten Bau eines Kreisgerichtsgebäudes wird das Rathhaus zum Opfer fallen. Höchstens der Thurm dürfte erhalten bleiben.
Der Bau der Dekanalkirche wurde 1517, nachdem im Jahre 1515 die alte Pfarrkirche mit einem grossen Theile der Stadt in Flammen aufgegangen war, begonnen, und war in wenigen Jahren vollendet. Feierlich eingeweiht wurde sie aber erst am 22. Mai 1594 durch den Prager Erzbischof Zbyněk von Duba und Lipa, nachdem sie bereits durch den Brand von 1578 grossen Schaden im Innern und auch am äusseren Bau erlitten. Der Erbauer der Kirche ist Beneš von Laun, Hofbaumeister des Königs Wladislav. Die Brüxer Stadtkirche ist sein letztes und Meister-Werk. Der Baustyl ist die spätere, sogenannte Wladislav'sche Gothik, wie sie bereits in den romanischen Styl überzugehen beginnt. Die innere Länge beträgt 73, die Breite 37 und die Höhe 24m. Sie bildet ein langes Viereck, nur das Presbyterium endet in ein Sechseck. Das Aeussere ist mächtig und imposant durch seine ungeheure Breite, zu der die zwei Anbauten, die auf beiden Seiten eine Art Kreuzschiff oder Kreuzkuppel bilden, und im Innern oben Gallerien, unten Kapellen fassen, viel beitragen. Eine Beeinträchtigung erleidet der imposante Bau nur durch das unverhältnissmässige, niedere Kirchendach. Das 1578 abgebrannte, kupfergedeckte Dach hatte sicher[165] diesen Mangel nicht. Das Innere der Kirche weist ein Gewölbe mit drei gothischen Kuppeln auf, eine Eigenthümlichkeit des Meisters Beneš. Die Gürtel und Rippen derselben laufen aus schwachen, schlanken Säulen, 16 an der Zahl, aus, und haben eine künstlerische Verwebung. Merkwürdig sind auch die Stützen der Kirche, welche kuppelähnliche Räume bilden, in denen Kapellräume sich befinden. – Der Hochaltar, im Style der Renaissance, also durchaus der Bauart des Hauses nicht entsprechend, wurde erst 1773 aufgestellt. Der Altartisch sammt dem auf ihm ruhenden Säulenbau ist von natürlichem Marmor, die freistehende Rückwand eine Imitation. Rings an den Brüstungen der Gallerie befinden sich in Stein gehauene biblische Darstellungen, im Geiste des 13. Jahrhundertes gehalten. Gleich hier müssen wir der einfachen und der Doppelwendeltreppe erwähnen, die zu den Emporien führend, und ohne alle Stütze gebaut, von jedem Sachverständigen als Meisterwerke der Baukunst gerühmt werden.
Von Gemälden nennen wir vor allem die in einer Seitenkapelle nahe dem Hochaltar befindlichen, auf Holz gemalten Bilder der hl. Katharina und Barbara. Es sind dies zwei Flügel eines leider verloren gegangenen Bilderschreines, die unbeachtet im Depositorium der Kirche lagen, bis Gubernialrath Janko auf sie aufmerksam machte. Kandler verfertigte 1837 die erste Zeichnung. Sct. Barbara ist von geringerer Schönheit, aber eigenthümlich in der Auffassung und grossartiger im Faltenwurf, der an die schönsten Gewandmotive Dürers erinnert; Sct. Katharina zeigt die altdeutsche Auffassung jungfräulicher Schönheit, wie sie der Kölner Schule eigen ist und in Holbein's hl. Frauen den eigentlichen Typus gefunden. Beide Flügel sind Werke deutscher Kunst aus dem 16. Jahrhunderte. – Ausserdem sind noch in den Seitenkapellen eine ziemliche Anzahl von Ueberresten solcher Bilderschreine angebracht, die nicht ohne Werth sind. Von Altarbildern sind als Meisterwerke bekannt: Der hl. Josef, Anbetung der drei Weisen, Tod des hl. Franziskus. Von Schnitzwerk bewundern wir die beiden Altäre der Kreuzigung und der Auferstehung; erstere besonders entzückt bei eingehender Betrachtung durch Plastik und Figurenreichthum. In diesen beiden Kapellen erregen noch unsere Aufmerksamkeit die kunstvoll geschnitzten, alterthümlichen Bänke. – Der Thurm soll nach Meinung aller Sachverständigen älter als die Kirche sein. Von seiner Gallerie aus geniesst man eine schöne Aussicht weit hinaus über die Stadt und ihr Weichbild in's Erzgebirge.
Unweit der Kirche befindet sich der Glockenthurm für die beiden grossen Glocken, welche ein harmonisches, wundervolles Geläute geben.
Sonstige Denkwürdigkeiten finden wir noch in der Piaristenkirche,[166] jetzt der Stadt gehörig. Der Hochaltar enthält ein herrliches Altarbild von Raab: eine freie Nachbildung der in der Dresdner Gallerie befindlichen hl. Nacht von Corregio. Auch die Bilder der beiden vorderen Seitenaltäre, der hl. Johann von Nepomuk, von Amalia Gräfin von Waldstein, und der hl. Josef von Calasanz von Vogel sind werthvoll. Sehenswerth sind noch: das Gymnasial- und Bürgerschulgebäude, beide mit reichhaltigen Lehrmittelsammlungen ausgestattet, ersteres am 3. Platz, letzteres in der Schulgasse.
Gestatten wir uns noch eine kleine Ausschau in die allernächste Umgegend der Stadt, so werden wir auf das südlich etwa 15 Minuten entfernte Saras und das dahinter gelegene Resselgebirge aufmerksam gemacht. Das Wort »*Saras« leitet der Chronist aus dem Böhmischen ab und bezeichnet damit einen Ort hinter dem Damme (za hrázem), indem nach Balbinus Saras gegen den unweit (jedenfalls östlich) befindlichen Teich durch einen Damm geschützt gewesen sei. Die Gründung von Saras vollzog sich bereits vor nahezu 600 Jahren, als König Wenzel II. unter'm 21. November 1283 das Kloster Saras stiftete und dasselbe reich dotirt den Jungfrauen vom Orden der hl. Maria Magdalena verlieh. Wenn auch die Ordensfrauen der strengen Disciplin anhingen, so kamen sie doch genügsam in Verkehr mit den Stadtbewohnern und wurden hoch in Ehren gehalten, denn »die Bürger gaben ihre Töchter dahin, damit sie in jungfräulicher Arbeit, Gottesfurcht und guten Sitten unterwiesen würden.« 1421 wurde das Kloster von den Husiten niedergebrannt, die zurückgebliebenen sieben Nonnen vor dem Altare der Klosterkirche niedergemacht. Zwar erstand das Kloster wieder, aber die bewegten Zeitläufte und besonders die Bitten der Bürger bewogen die Ordensfrauen zur Uebersiedelung in die Stadt im Jahre 1515. Die Saraser Kirche selbst blieb geöffnet, da sie lange schon den Ruf einer berühmten Wallfahrtskirche genoss. 1782 wurde das Kloster von Kaiser Josef II. aufgehoben, 1786 auch die Saraser Kirche geschlossen. Kirche und Kloster in der Stadt wurden den Vätern der frommen Schulen eingeräumt, die den Ordensfrauen gehörigen Höfe Saras, Oberpriesen und Seidowitz kaufte drei Jahre später die Stadt von der königlichen Kammer. – Die dort eingerichtete Restauration mit grossem Garten, die annehmliche Lage, gesunde, frische Luft, und der gut gehaltene Promenadenweg machen Saras zu einem beliebten Ausflugsorte der Brüxer.
Gleiche Anziehungskraft übt im Sommer »*der Ressel« auf[167] Vereine und Gesellschaften aus. Seine zwei Thäler, Fuchsgrund und Schiefergrund, sind durch ihre einfache Naturschönheit wie geschaffen als Ruhepunkte bei kleineren Excursionen. Eine angenehme Fernsicht, besonders nach Osten und Süden in's Flachland, und auf die Erzgebirgskette im Norden, bietet das Plateau hinter dem Schlosshofe, letzterer so genannt, weil er einst zum Schlosse gehörte.
Dem oberwähnten *Schlossberge müssen wir noch an dieser Stelle mehr Aufmerksamkeit widmen. Derselbe liegt im Westen der Stadt und kann auf zahlreichen, gut erhaltenen Wegen erstiegen werden. Wir empfehlen allen Touristen den über Saras und bemerken, dass von da aus die Spitze des Berges in 20 Min. ohne Anstrengung erreicht werden kann. Schon während der Besteigung geniessen wir herrliche Blicke in das Mittelgebirge und in die von dem Erzgebirge umrahmte Saazer Ebene. Die überall angelegten Pflanzungen interessiren uns in hohem Grade, da wir uns über das Gedeihen und die von Jahr zu Jahr wachsende Ausdehnung derselben ungemein freuen. Den unermüdlichen Bemühungen des Stadtrathes und Kaufmannes in Brüx, Herrn A. Zein und dem Eingreifen der Stadtgemeinde haben wir es zu danken, dass sich auf der Spitze des Berges ein Schweizerhaus mit einer gut bestellten Restauration und ein Thurm mit einer camera obscura befindet. Der Schlossberg ist ein Aussichtspunkt 1. Ranges, was malerische Schönheit des Panoramas anbetrifft. Im Norden und Westen dehnen sich die Abhänge des herrlichen Erzgebirges hin und längs derselben breitet sich die Saazer Ebene »der Garten Böhmens« aus, welche mit Weilern, Dörfern und Städten wie besäet ist und einen grossartigen Eindruck macht. Gegen Süden und Osten lassen wir unsere Blicke über das merkwürdige böhmische Mittelgebirge schweifen und sehen Hügel an Hügel, Kuppe an Kuppe, welche der zerrissene Bořen bei Bilin und der König der Berge, der Milleschauer unweit von Teplitz, überragen.
Der Schlossberg besteht aus Klingstein; an seinem nördlichen und nordöstlichen Fusse finden sich die thonigen Gebilde der Braunkohlenformation; sonst ist letztere in der Umgebung der Stadt von aufgeschwemmtem Lande bedeckt. Die ganze Stadt, sowie die Umgebung ruht auf einem einzigen grossen Braunkohlen-Fletz, welches sich in der Richtung von Südwesten nach Nordosten bis gegen Aussig erstreckt.
In Brüx und Umgebung wird sehr viel Landwirthschaft betrieben. Sowohl das Klima als auch der Boden sind derselben in hohem Grade günstig. Das Klima ist in Folge der durch das Gebirge gegen die herrschenden Winde geschützten Lage wärmer, als man der geografischen Breite der Stadt zufolge erwarten[168] sollte. Der Boden gehört zu dem fruchtbarsten im weiten Umkreise; einzelne Strecken sind ungemein humusreich. Die Wiesen längs der Biela und des Weissbachs sind mit den herrlichsten natürlichen Futterkräutern bewachsen. Obst wird in Menge gewonnen, und ist von ausgezeichneter Güte. Der Weinbau erfreut sich in jüngster Zeit grösserer Aufmerksamkeit und Pflege. Man will den alten Ruf wieder herstellen. In früherer Zeit gab es in der Umgebung der Stadt über 500 Weiner (Winzer). Sie bildeten eine eigene Zunft, von welcher noch eine Fahne und ein Weinerbuch vorhanden ist.
Brüx-Brüxer Sprudel-Ober-Georgenthal. (Von da über Niklasdorf nach Katharinaberg-Brandau-Grünthal-Teltschthal-Kallich-Göttersdorf-Rothenhaus-Görkau, also in umgekehrter Richtung – siehe Bereisung von Görkau aus.) Wir gehen auf der Kaiserstrasse in westlicher Richtung, biegen vor dem Orte Kommern rechts ab und langen nun auf einem Sandwege bei dem neuentdeckten Sprudel an, dessen mächtiger Wasserstrahl die Verwunderung jedes Touristen erwecken muss. Von da setzen wir unseren Weg in nördlicher Richtung fort, wandern durch üppige Wiesen und fruchtbare Felder, das herrliche Erzgebirge mit dem malerisch gelegenen Schlosse Eisenberg und dem sich in der Ferne prächtig erhebenden Rothenhaus vor sich, über Nieder-Georgenthal (vulgo Gärten) und Vierzehnhöfen auf einer guten Bezirksstrasse nach dem romantisch gelegenen, freundlichen Ober-Georgenthal, welchen Weg man in 2 Stunden bequem zurücklegt. Hier ist eine grosse Spinnfabrik, Marienthal genannt, herrlich im Walde an der Strasse gelegen und der Firma Gustav Tetzner in Görkau gehörig; eine Spielwaarenfabrik der Firma Kaaden und Weigel und eine Vereins-Parquetfabrik. Die Kirche, in der Nähe der Bahn gelegen, ist ein schönes, majestätisches Gebäude. In den Gasthöfen zum »schwarzen Adler« und zur »frohen Aussicht« findet man gute Unterkunft und hier, sowie noch in 8 Restaurationen bekommt man vorzügliche Biere und nach vorheriger Bestellung gute Speisen. Nach Ober-Georgenthal kommt von Niklasdorf ein Bach, der bis zur Grundmühle »Grundbach«, von da bis zum Ende des Dorfes »Dorfbach« und dann »Ruttenbach« heisst.
Von Ober-Georgenthal wird Eisenberg in 25 Minuten und Hammer-Johnsdorf in 30 Minuten erreicht – zu beiden Orten führen prachtvolle Waldwege (siehe für Eisenberg Bereisung von Görkau und für Hammer von Oberleutensdorf aus).
Brüx-Kopitz-*Rosenthal-Lindau-Oberleutensdorf. (1¾ St.) Diese Tour hat das Angenehme, dass wir das herrliche Erzgebirge fortwährend vor uns liegen haben, durch zahlreiche Ortschaften und fast ohne Unterbrechung durch schöne Obstbaumanlagen wandern. Wir erreichen in nördlicher Richtung auf guter Strasse zuerst das Dorf Kopitz, dann Rosenthal, welches wie Kopitz am Goldflusse oder Weissbache gelegen ist. Aus einer benachbarten Quelle wird durch hölzerne Röhren auf einer Strecke von 5251m das Wasser nach Brüx in den grossen Behälter auf dem Hauptplatze geleitet. Nach kurzer Wanderung erreichen wir, den Goldbach aufwärts, die schön gelegenen Orte Lindau und Niederleutensdorf, überschreiten die Geleise der Dux-Bodenbacher Bahn und kommen endlich in dem industriereichen, herrlich gelegenen, sich von dem reich bewaldeten Erzgebirge malerisch abhebenden Oberleutensdorf an (siehe Besuch von Dux-Oberleutensdorf aus).
Brüx-*Püllna in südlicher Richtung auf der prächtigen Saazer Strasse; in einer halben Stunde erreichen wir eine kleine Anhöhe, von welcher wir einen köstlichen Rückblick auf Brüx und einen grossen Theil des Erzgebirges geniessen. Der Besuch des freundlichen Ortes Püllna empfiehlt sich wegen Besichtigung der Quellen, welche das berühmte Püllnaer Bitterwasser liefern. Sie befinden sich auf einer etwa 20 Acker betragenden Flur, die eine ebene Wiesentrift bildet und von Fruchtfeldern umgeben ist. Aus diesem Wasser wurden von der Gemeinde schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts Massen von Bittersalz gewonnen, ohne derselben als Besitzerin der Quellen einen grossen Gewinn abzuwerfen. Da lenkte mit dem Beginn unseres Jahrhunderts der Brüxer Bürger und Kaufmann Adalbert Ulbrich die Aufmerksamkeit von Männern der Wissenschaft auf diese der leidenden Menschheit zum Heile dienenden Wässer. Er übernahm den Verschleiss derselben und es gelang seinem rastlosen Eifer, dass im J. 1801 von dem Professor der Chemie Dr. Gottfried Mikan die erste Untersuchung vorgenommen wurde; dieser folgte im J. 1819 eine zweite durch Professor J. B. Tromsdorff in Erfurt und Professor J. Steinmann in Prag, worauf die nöthigen Wirthschaftsgebäude nebst einem stattlichen Wohnhause errichtet wurden. Mit der Anerkennung des Püllnaer Bitterwassers durch medicinische Autoritäten vermehrte sich dessen Verbreitung. Adalbert Ulbrich ruhte nicht; er liess als Pächter der Quellen das Wasser neuerdings chemisch untersuchen und zwar im Jahre 1821 von Professor Pleischl, im Jahre 1826 von Struve in Dresden, im Jahre 1829 von dem Chemiker Barruel in Paris und im J. 1837 von Ficinus in Dresden, was zur Verbreitung des Wassers nicht nur in ganz Europa, sondern auch jenseits des Oceans wesentlich beitrug. Durch seinen rastlosen Fleiss erwarb er sich Vermögen,[170] vergass aber der Gemeinde nicht, in welcher er eine so erspriessliche Thätigkeit entwickeln konnte. Er vermachte derselben testamentarisch ein Legat von 20.000 fl. C.-M. zum Baue einer Kapelle und einer Schule. Nach seinem Tode übernahm dessen ältester Sohn Adalbert die Versendung auf eigene Rechnung und seit 1863 als Brunnendirector und wirkt in bester Weise für die Verbreitung des Wassers, unterstützt von seinem trefflichen, mehrere Sprachen sprechenden Sohne Konstantin, in erfolgreicher Weise fort.
Der Boden des Bitterwassergrundes und die angrenzenden Felder zeigen mächtige Lager von vulkanisch-ausgebranntem Thon bis hin zum Serpina-Thale und den Nachbarbitterwässern von Sedlitz und Saidschütz (östlich von Püllna). Die ganze Gegend ringsherum bis an die Eger ist braunkohlenhältig. In geringer Tiefe unterhalb der Bodenfläche ist ein reichhaltiges Lager von tertiärem Mergel, der zahlreiche Krystalle von schwefligen Gebilden und schwefelsauren Salzen, sowie von Basalt enthält. Diese Bildungen sind die Werkstätte des Bitterwassers; aus ihnen wird es durch den Zutritt des Wassers von der Oberfläche (des atmosphärischen Wassers) erzeugt. Es sind daher die Bitterwässer Seihewässer, kommen nicht aus grosser Tiefe, sondern von den Seiten bis zu einer gewissen Abtiefung und sind durch das genannte Mergellager bedingt. Deshalb dürfen die Brunnen nur bis zu einem gewissen bestimmten Masse abgeteuft werden. In Püllna beträgt es 1·8 bis 2·8m. Das Püllnaer Bitterwasser ist ein helles, klares Wasser von etwas gelbgrünlicher Farbe, das überhaupt geruchlos ist, jedoch in den Frühstunden im Brunnengebäude einen angenehmen, veilchenartigen Geruch wahrnehmen lässt, der wohl von einem besonderen Naphtha-Oele herrühren mag. Der Geschmack dieses Wassers ist salzig und bitter, ohne dabei die Zunge und den Gaumen unangenehm zu berühren. Es ist ein gelinder Weise, doch kräftig auflösendes und abführendes Mineralwasser, das, abgesehen von den bewirkten Entleerungen, Secretionen, namentlich der Verdauungsorgane bethätigt, den Stoffwechsel beschleunigt, die organische Säftemasse verdünnt und den gesammten Digestionsprocess anregt.
Brüx-Kollosoruk-Kosel (2 Stunden). Durch das Biela- und Serpina-Thal kommen wir auf der Launer Strasse nach Kollosoruk mit einem prächtigen Schlosse, umgeben von schönen Anlagen und dem Herrn Richter in Prag eigenthümlich, erblicken links das sich auf einer Anhöhe malerisch abhebende Luschitz und schliessen unsere Tour mit Kosel ab, wo sich der Hořenzer Berg mit den hier vorfindlichen Aragoniten erhebt. (Retour nach Brüx von Obernitz mit der Bahn.)
Brüx-*Sauerbrunn-Bilin (2 Stunden zu Fuss oder mit[171] der Aussig-Teplitzer Bahn nach Preschen und von da nach Bilin und Sauerbrunn oder mit der Prag-Duxer Bahn über Obernitz nach Sauerbrunn-Bilin). Wir gehen in südöstlicher Richtung durch das Bielathal, berühren Rudelsdorf und Kahn und wenden uns hier mit der Biela nach Nordosten, kommen nach Obernitz, Böhmisch-Zlatnik, betrachten hier die rechts stehenden, äusserst interessanten Kuppeln des Böhmisch-Zlatniker 517m und Sellnitzer Berges, gehen an dem Dorfe Sellnitz vorbei, berühren weiter in dem immer schöner und interessanter werdenden Thale Liebschitz, sehen nun den imposanten, durch seine zerrissene Gestalt eigenthümlichen und 535m hohen Bořen vor uns, und gelangen nach kurzer Wanderung zu unserem Ziele, dem jüngsten Badeorte des nordwestlichen Böhmen, zum Sauerbrunn.
Dieser aufstrebende Curort (Station der Prag-Duxer Bahn, daher von Dux, Teplitz und Brüx leicht erreichbar), hat jetzt ein grossartiges Curhaus, welches glänzend eingerichtet ist und allen Comfort bietet. Seine Lage ist eine herrliche. Von der Terrasse des Curhauses sehen wir den merkwürdig gestalteten Bořen vor uns und lassen unsere Blicke über einen grossen Theil des böhmischen Mittelgebirges schweifen. Im Souterrain des Curhauses befinden sich allen Anforderungen entsprechende gewöhnliche und Dampfbäder, und der im Parterre hergestellte geräumige Lese- und Conversationssaal befriedigt alle Ansprüche, selbst der verwöhnten Besucher der nordwestböhmischen Bäder. Die das Curhaus umgebenden Anlagen sind herrlich und verleihen dem Curorte, der sich von Jahr zu Jahr hebt, einen besonderen Reiz. Der Aufenthalt daselbst ist nicht kostspielig. Das schönste, mit aller Bequemlichkeit ausgestattete Zimmer kostet nur zwölf Gulden in der Woche, ein kleineres und ganz entsprechend eingerichtetes 6 bis 8 fl. Eben so mässig sind die Preise der Speisen in der eigenen Restauration, welche vom 1. Jänner dieses Jahres von einem tüchtigen Wirthe in Pacht genommen wurde. Der Brunnen liefert aus 4 Quellen ein kohlensaures Wasser. Sie liegen am nordöstlichen Abhange des Ganghofer Berges. Es ist nicht bekannt, zu welcher Zeit sie entdeckt worden sind. Ein bleibendes Augenmerk erhielten sie erst zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts, wo die Fürstin Eleonore von Lobkowitz Besitzerin der Herrschaft wurde. Die Josefs- und Caroline-Quellen sind so ergiebig, dass sie allein den ganzen Bedarf decken. Das Wasser wird theils an Ort und Stelle, besonders von Touristen, Curgästen aus Teplitz und Besuchern aus der nächsten reichen Umgebung, unter deren angenehmste Ausflüge eine Fahrt oder ein Spaziergang nach dem »Biliner Sauerbrunn« gehört, getrunken, theils und zwar grösstentheils so bedeutend versendet, dass heute über eine Million Glasflaschen in die Welt geht. Das Wasser ist ein hervorragender Repräsentant der alkalischen Säuerlinge,[172] zeichnet sich in der Wirkung als säurebindendes, die Alkalessenz des Blutes erhöhendes Mittel vor allen anderen aus, leistet daher bei Sodbrennen, Magenkrampf, chron. Magenkatarrh, bei sogenannter Harnsäure, Nierensteinen, Gicht, chron. Rheumatismus, chron. Blasen- und Lungenkatarrh, bei Gallensteinbildung, Fettleber und Scrophulose die erspriesslichsten Dienste. Auch bietet der Biliner Sauerbrunn ein vortreffliches, dietätisches – mit Wein- oder Citronensaft und pulverisirtem Zucker versetzt – vermöge seines grossen Kohlensäuregehaltes, hochschäumendes, erfrischendes Getränk und ist dann, insbesondere während der heissen Sommermonate zu empfehlen. Ueberdies gewinnt man durch Abdampfen des Wassers in einem eigenen Laboratorium kohlensaures Natron (Biliner Pastillen).
Grosses Interesse wendet der Tourist dem Bořen, auch Biliner Stein genannt, zu. Er ist ein Klingsteinfelsen und wird von den Botanikern wegen seines Reichthums an seltenen Pflanzen viel besucht. Aus der Ferne betrachtet, präsentirt sich der steile und schroffe Fels, dessen Basis von Feldern und Obstgärten umgeben ist, als eine riesige, compacte Masse, weist aber in der Nähe eine Menge von Rissen und Zerklüftungen auf, so dass er durch sein abenteuerliches Zickzack das Staunen des Besuchers erregt und durch diese seine pittoreske Gestalt an den Säntis bei St. Gallen in der Schweiz, von Lindau oder Bregenz aus betrachtet, erinnert. Der Anstieg ist höchst schwierig und nur auf der westlichen Seite möglich. Ein Führer ist nicht nöthig, da der Weg durch weisse Striche an Steinen und Bäumen bezeichnet ist. Vom »Sauerbrunn« erreichen wir die Spitze in einer Stunde. Wir überschreiten bei der Station die Bahn, gehen auf dem Wege einige hundert Schritte fort, lenken in den nach links sich abzweigenden Weg ein und folgen nun den oberwähnten Strichen. Da das Steingeröll leicht nachgibt, so ist beim Anstieg alle Vorsicht zu gebrauchen. Unter den Höhlungen ist die Michelshöhle die hervorragendste. An ihrem Eingänge ist die gewaltige Basaltsäule beachtenswerth. Diese Felsart finden wir längs der östlichen und südlichen Seite des Bořen. Dieser Berg ist überhaupt eine der ersten Zierden des an malerischen Schönheiten und geognostischen Merkwürdigkeiten so überaus reichen Mittelgebirges, er ist der Stolz der Gegend.
Die Aussicht vom Bořen ist überraschend schön; wir übersehen die westliche Seite des Teplitzer Thales mit den prächtig bewaldeten, schluchtenreichen Abhängen des Erzgebirges. Im Norden sehen wir zu unseren Füssen das freundliche Städtchen Bilin und den reizend gelegenen »Sauerbrunn«, weiter links Dux mit seinem stattlichen Kirchthurme, dem gräflich Waldstein'schen Schlosse sammt Park, dann weiter am Fusse des Erzgebirges[173] das romantisch gelegene Stift Ossegg. Aus der Teplitzer Ebene ragt der Schlossberg empor und erweckt unsere Aufmerksamkeit, rechts davon sehen wir die Ruine Kostenblatt, noch weiter rechts, gerade in östlicher Richtung die Klotzberge, den Radelstein, der Milleschauer ist verdeckt. Im Süden erblicken wir den Millayer Berg 504m, weiter den Hoblik von derselben Höhe und schliesslich die Launer Berge, im Westen den Böhmisch-Zlatniker Berg, Brüx mit dem prächtigen Schlossberge, im Nordwesten hebt sich Eisenberg aus dem Grün der Tannen und Buchen hervor, und weiterhin verfolgt das Auge den Rücken des Erzgebirges.
Eine eben so schöne Aussicht bietet der Ganghofer Berg, dessen Gesteine deutlich die Verwandtschaft des Klingsteins mit gewissen Prophyr-Abänderungen zeigen. Er erhebt sich westlich über dem »Sauerbrunn«, ist leicht zu besteigen, da nahezu bis zum Gipfel schön angelegte Promenadenwege führen.
Ein bequemer Fahrweg führt in 20 Minuten langsamen Gehens zu dem niedlichen Städtchen Bilin.
Gasthöfe: »Hohes Haus,« »Weisser Löwe«, beide am Marktplatz.
Post- und Telegrafenamt (ersteres Lange Gasse, letzteres Wenzelsplatz). Aussig-Teplitzer Bahn mit dem Bahnhof Preschen, 10 Minuten entfernt; Prag-Duxer Bahn mit den Stationen Sauerbrunn und Bilin. Bielathalbahn, Verbindung mit Aussig.
Fahrgelegenheiten: Postomnibus zum Bahnhof in Preschen.
Die Stadt zählt beiläufig 5000 Einwohner, liegt an der Biela, welche die Stadt selbst von der Brüxer Vorstadt trennt und hier den von Südosten kommenden Zischken-Bach aufnimmt. Im Süden erhebt sich der Bořen, im Westen der Ganghofer Berg, im Norden, hinter der Teplitzer Vorstadt, der grosse Chlum, im Osten der Schlossberg, dessen Fortsetzung der Hradischt heisst.
Geschichtliches. Die Erzählungen von der »Fürstin Bila«, die schon 744 hier ein Schloss erbaut und dem Orte, sowie dem Flusse den Namen gegeben haben soll, dann von den »Bilinen«, einem čechoslavischen Stamme, der sich zu Ende des 5. Jahrhunderts hier an den Gestaden der sanft dahingleitenden Biela ansiedelte, dürften in das Bereich der Sagen gehören. Indessen sind echte geschichtliche Ueberlieferungen von der ehemaligen »Provinz Bilin« vorhanden, welche schon vor dem 11. Jahrhunderte im Auftrage der böhmischen Herzoge von eigenen Grafen verwaltet wurde. Unter König Wenzel II., der von 1223 bis 1253 regierte, erhielt Hogerius, der Truchsess dieses Königs, die Burg und die Stadt Bilin für sich und seine Erben als Geschenk. Im J. 1342 wird in den Urkunden einer Schule erwähnt. Albrecht von Berka verlieh der Stadt im J. 1365 gewisse Privilegien und wurde 1381 vom Kaiser Karl IV. mit[174] Bilin belehnt. Im Husitenkriege, wo sie dem Albert von Kolditz gehörte, wurde sie 1421 erobert und verwüstet. Im J. 1426 bemächtigte sich der Stadt Jakubko von Wřeschowitz, der sich von ihr den Namen Bilinský beilegte. Nach seinem Tode fiel sie wieder an die Herren von Kolditz und gelangte dann 1464 an die Herren Popel von Lobkowitz. Von dieser Zeit verblieb sie bei dieser Linie, welche mit dem Grafen Leopold von Lobkowitz im Jahre 1707 männlicherseits erlosch. Die Tochter Eleonora Carolina vermählte sich mit Philipp Fürsten von Lobkowitz, Herzog zu Sagan und vermachte ihm die Herrschaft Bilin. Ihm folgte 1748 sein Sohn Ferdinand Fürst von Lobkowitz, Herzog zu Sagan, diesem 1796 sein Sohn Franz Josef, Fürst von Lobkowitz, Herzog zu Raudnitz, und diesem Moritz Fürst von Lobkowitz, Herzog von Raudnitz, der gegenwärtige Besitzer.
Sehenswürdigkeiten: Das stattliche Fürst Lobkowitz'sche Schloss mit seinem schönen Parke. Dasselbe überragt die Stadt, und wurde um das J. 1680 von Christof Freiherrn von Lobkowitz erbaut. Es enthält eine Menge unterirdischer Gänge, worin man alte Pfeile und andere Gegenstände gefunden; die schöne Pfarrkirche ist auch zu beachten. Sie wurde schon 1061 gegründet, besteht aber in ihrer jetzigen Gestalt erst seit 1573. Bemerkenswert sind noch die neugebaute Schule und das Gerichtsgebäude.
Radek-Werschetiner Berg-Suttomer Berg-Skalken-Kostial-Lobositz oder umgekehrt. (Wir wählen zum Standorte Bilin oder von der entgegengesetzten Seite, je nachdem der Tourist kommt, Lobositz.)
Bilin-*Radelstein. Zum Radelstein entweder über Kutschlin und Rasitz (mit Führer) oder über Radowesitz und Stepanow. Dieser Berg liegt inmitten des Mittelgebirges und bietet uns von seinem Rücken ein interessantes Bild. Er ist nicht, wie die anderen Berge des Mittelgebirges, spitzig, sondern zeigt einen breiten, waldigen Rücken, dessen höchste Erhebung ein ebenes, rundes, frischgrünes Plateau bildet. Dieses ist ringsum von mächtigen Steinwällen eingefasst, hinter welchen sich dunkles Nadelholz erhebt; nur ein kleiner Lärchenwald macht sich bemerkbar und kennzeichnet den Radelstein schon von der Ferne. Die Steinwälle stammen offenbar aus altheidnischer Zeit her. Hier bestand gewiss eine heidnische Cultusstätte, wie auf dem Deblik bei Leitmeritz, dem Hradek bei Gross-Czernosek, wo sich derartige Steinwälle gleichfalls vorfinden. Ueberreste von Burgen sind es,[175] wie die Sage berichtet, nicht, da Mauerreste nicht zu entdecken sind, und eine gänzliche Beseitigung derselben von so hochgelegenen Punkten nicht möglich ist.
In dem hier befindlichen Forsthause wird uns eine Erfrischung verabreicht. Die schönste Aussicht geniessen wir von der Hütte auf der Südseite des Plateaus. Im Süden erblicken wir zwischen den Launer Bergen die Stadt Laun, rechts davon den Hoblik und den Millayer Berg; im Südosten präsentirt sich uns die Hasenburg, rechts davon die ausgedehnte, fruchtbare, von der Eger durchschnittene Ebene. Links von der Hasenburg sehen wir im Hintergründe den prächtigen Georgsberg (Říp) bei Raudnitz, im Vordergrunde den Kostial mit seiner Ruine, an seinem Fusse links den hohen Thurm von Skalken. Weiter links erblicken wir die Elbe mit der Brücke bei Leitmeritz, das sich hinter dem Lobosch verbirgt, und weiter links am Horizont den Wilschberg und Geltsch, zwischen denselben den Ronberg und in weiter Ferne hinter diesem den Jeschken. Auch der Milleschauer und die Berge bei Aussig sind sichtbar. Im Norden ist der Horizont durch das Erzgebirge, aus dem das Mückenthürmchen und der Schneeberg hervorragen, begrenzt und im Westen erscheint der Böhmisch-Zlatniker, der Ganghofer Berg und im Vordergrunde die dunkle Masse des Bořen. Die Aussicht ist grossartig und es steht zu erwarten, dass die Touristen diesem Punkte künftighin eine solche Aufmerksamkeit schenken werden, wie er es verdient.
Östlich vom Radelstein liegen der Suttomer Berg und Skalken, südlich von diesen der Werschetiner Berg – auf derselben Strasse wie zum Radelstein von Bilin in 2 bis 3 Stunden zu erreichen. Suttom und Skalken liegen ¼ Stunde auseinander. Der Suttomer Berg ist leicht zu ersteigen und bietet eine schöne Aussicht. Das Dorf hat eine schon im J. 1388 bestandene, in ihrer jetzigen Gestalt aber erst 1716–1724 durch Anna Sigismunda Gräfin von Hřzan, damalige Besitzerin des Gutes Skalken, erbaute Pfarrkirche. Südöstlich davon liegt das Dorf Wlatislav im Thale des Modelbaches. Es sollte eigentlich Wlatislav heissen, da es ehedem eine wohlbefestigte, von dem Saazer Herzog Wlastislav erbaute Stadt gewesen, aber schon im J. 936 vom Prager Herzog Boleslaw I. zerstört worden sein soll. Die Spuren einer dreifachen Schanze auf einer Anhöhe nördlich vom Dorfe hält man für Ueberreste der ehemaligen Burg. Am südlichen Flügel des Schlosses im Dorfe Skalken erhebt sich auf einem schroffen Felsen ein alterthümlicher, 18·9m hoher ovaler Thurm, mit 3·7m dicken, sehr festen Mauern, welche aus weissen Bausteinen bestehen; in das Innere konnte man früher nur von [176]der steilsten Seite des Felsens mittelst einer 3·7m über dem Boden in der Mauer befindlichen viereckigen Oeffnung gelangen. Höchst wahrscheinlich ist es ein sogenanntes Burgverliess gewesen. Die Aussicht ist ungemein lieblich, da den Felsen ein herrlicher Kranz von vulcanischen Bergen umgibt. Auf der Strasse südlich von Watislav kommen wir in einer halben Stunde nach Woborzitz, in dessen Nähe sich der Woborzitzer Berg, der Werschetin, 426·6m hoch, befindet und dann nach dem Dorfe Podseditz mit den Granatengruben und einer Granatenfabrik.
Südöstlich von Skalken (etwa ¾ St.) liegt der *Kostial, ein schön geformter Basaltfels, der auf seinem Scheitel die malerischen Trümmer einer Burg trägt. Dieser Punkt, sowie die Hasenburg sind von Lobositz besser und angenehmer zu erreichen, und es empfiehlt sich die Theilung der Tour von Bilin nach Lobositz in die Touren: Bilin-Radelstein und Lobositz-Hasenburg-Kostial bis einschliesslich Suttomer Berg. Auf den Kostial gehen wir von Lobositz südwestlich auf der Strasse über Sullowitz (½ St.), Jentschitz (¾ St.) und wenden uns hier rechts nach dem ¾ St. südöstlich von Skalken gelegenen Dorfe Kostial, am östlichen Abhange des Kostialer Berges. Von da gehen wir in westlicher Richtung auf den Berg und erreichen ihn in einer halben Stunde (für den ganzen Weg von Lobositz 2 St.) Die Aussicht ist sehr lohnend. Südlich begegnen unsere Blicke der herrlichen Hasenburg, im Hintergrunde der Stadt Budin, südwestlich und westlich in der Ferne dem Hoblik und Millayer Berge und in der Nähe dem Werschetiner Berge, dem Radek, weiter nach Nordwesten dem Radelstein, den Klotzbergen und im Norden dem Milleschauer, im Hintergrunde dem Erzgebirge mit dem Schneeberg, rechts vom Milleschauer dem Kletschen, östlich der Elbe mit den Städten Lobositz und Leitmeritz, dem Radobyl und dem hohen Geltsch und südöstlich dem Georgsberg mit der Stadt Raudnitz am Fusse desselben und weit im Hintergrunde der Stadt Melnik.
Der Abstieg erfolgt nach der Stadt Trebnitz, südlich am Fusse des Kostialer Berges und am Modelbache, sowie an der Lobositzer Strasse gelegen. In der Pfarrkirche, welche schon seit dem J. 1384 besteht, sind 2 kunstreiche Alabasterbilder. Auch befindet sich hier ein in den Jahren 1573 bis 1575 geschriebenes Cancionale in böhmischer Sprache aus 470 kalbledernen Blättern bestehend und nach damaliger Weise mit schönen Malereien, Goldbuchstaben, Initialen u. s. w. verziert. Von da gehen wir auf der Strasse südlich nach Chodolitz und biegen vor dem Orte Klapay links auf die *Hasenburg ab (2¼ St.). Das ist ein steiler, 413m hoher und aus Basalt bestehender Berg, welcher durch seine schönen, zu Tage entblössten Säulengruppirungen dem wissenschaftlichen Forscher sowohl als dem[177] Naturfreunde überhaupt ein hohes Interesse bietet. Auf der Hasenburg liegen die Ruinen der alten Burg Klapay, welche aus zwei hohen, weit in die Ebene sichtbaren Thürmen besteht. Der eine dieser Thürme ist viereckig und wird gewöhnlich der weisse, der andere runde aber der schwarze Thurm genannt. Diese Burg soll schon im J. 874 erbaut worden sein; im J. 1336 ist sie an die Familie der Hasenburge gekommen und wird auch seit dieser Zeit Hasenburg genannt. Im J. 1431 wurde sie von den Taboriten erobert und von ihnen gänzlich zerstört; seitdem ist sie nicht mehr bewohnt worden.
Die Aussicht ist prachtvoll. Im Norden das Erzgebirge, in derselben Richtung, sowie im Nord-Westen, Westen die wiederholt oben (siehe Kostial) angegebenen herrlichen Punkte unseres höchstinteressanten Mittelgebirges, im Osten der Georgsberg, südöstlich die Stadt Libochowitz mit Schloss und Kirche und nach diesen beiden Richtungen hin, die herrlichen, fruchtbaren Thäler der Eger und Elbe mit zahlreichen Städten, Dörfern und Weilern.
*Der Milleschauer. Derselbe ist 834m hoch und besteht aus Klingstein. Unter den einzelnen Bergen des Mittelgebirges nimmt er den ersten Platz ein. Die weite und reizende Aussicht, welche man von hier über einen sehr beträchtlichen Theil unseres schönen Heimatslandes, namentlich auf das Erzgebirge, das Teplitzer- und Bielathal, weit über das rechte Elbufer, wo das Iser- und Riesengebirge den Horizont begrenzen, ferner nach Südosten und Süden über Rakonitz bis in die Umgebungen Prags und selbst noch jenseits der Hauptstadt über das rechte Moldauufer hinaus geniesst, machen diesen Berg zu einem der herrlichsten Standpunkte für den Bewunderer mannigfaltiger Naturschönheiten und eines mit den Gaben der Ceres überschütteten, durch Gewerbefleiss blühenden, nach allen Richtungen hin mit Städten, Flecken und Dörfern bedeckten Landes. Die Zahl der Besucher dieses herrlichen, bis zur Spitze reich bewaldeten und höchst interessanten Berges ist sehr gross und steigert sich von Jahr zu Jahr. Die oben befindliche Restauration entspricht in Bezug auf Qualität der Speisen und Getränke und Unterbringung der Gäste in den geräumigen, mit allem Comfort ausgestatteten Mooshütten allen Anforderungen. Die Wege nach dem Milleschauer sind recht bequem.
Teplitz-Borislau-Pilkau (4 St. zu Fuss – bis Pilkau ein guter Fahrweg – in Pilkau gibt es Esel und Tragsessel für diejenigen, welche nicht steigen können oder wollen). Wir gehen auf der Strasse nach Lobositz in südöstlicher Richtung nach[178] Auperschin (1 St.), Schallan (¾ St.), am Abhange des Mittelgebirges endlich nach Borislau (½ St.), bereits hoch im Mittelgebirge; dieses Dorf hat eine im J. 1717 neuerbaute und 1820 auf Kosten des Fürsten Johann von Clary restaurirte Kirche mit einem Gemälde von einem unbekannten Meister, den Märtyrertod der hl. Katharina darstellend; dasselbe wird von Kennern sehr gelobt. Nach einer halben Stunde erreichen wir, rechts von der Strasse abbiegend, das am Fusse des Milleschauer liegende Dorf Pilkau, von wo aus wir die Spitze des Berges in einer Stunde auf einem gut erhaltenen, steilen Wege erreichen.
Aussig-Türmitz-Kosten-Staditz-Tschochau-Borislau-Pilkau (5 St.). In einer halben Stunde erreichen wir von unserem Standquartiere Aussig den Ort Türmitz, an beiden Ufern der Biela gelegen, setzen unseren Weg im Bielathal fort und kommen nach Kosten und Staditz; in letztem Orte, dem Geburtsorte Přemysl's, dem Gemahl Libuša's, verweilen wir einige Zeit, lassen uns die Haselstaude, in welche sich die von Přemysl in die Erde gesteckte Ruthe verwandelt haben soll, zeigen und besichtigen noch das sogenannte Königsfeld, d. i. das Feld, wo Přemysl pflügte, als ihn die Gesandten der Libuša fanden. Nach Passirung der Orte Tschochau und Borislau erreichen wir auf der schon berührten Tour über Pilkau unser Ziel. (Für diese Tour können wir auch die Bielathalbahn bis zur Station Tschochau-Hlinai benützen; siehe überdies Bereisung von Teplitz über Tschochau.)
Lobositz-Billinka-Wellemin-Milleschau-Milleschauer.
Lobositz liegt an der Mündung des Modelbaches in die Elbe, Stadt mit etwa 4000 Einwohnern.
Gasthäuser: »Hôtel Post« am Bahnhof, »schwarzes Ross«, »goldener Löwe«; »Dampfschiffrestauration an der Elbe« mit prächtiger Aussicht, schöner Garten. – »Hôtel zur Eisenbahn«.
Post- und Telegrafenamt. – Eisenbahn- und Dampfschifffahrts-Station.
Fahrgelegenheiten. – Schwimmanstalt.
Bei Lobositz verlässt die Elbe die westliche Richtung, schlägt die nördliche ein und strömt mit derselben mit einigen kleinen Abweichungen bis Zirkwitz. Die mit zahlreichen Ortschaften, Wein- und Obstgärten bedeckten Ufer- und Bergabhänge zu beiden Seiten des Stromes gehören unter die reizendsten Gegenden nicht bloss von Böhmen, sondern von ganz Oesterreich-Ungarn.
In Lobositz sind viele Fabriken und Industriewerke im Betrieb, darunter bedeutende Zuckerfabriken, eine Dampfmühle, und die grossartige Cichorienfabrik von Tschinkel.[179] Die Pfarrkirche ist ein in den Jahren 1733 bis 1743 von Grund aus neu errichtetes schönes Gebäude, welches im Presbyterium den aus der vorigen alten Kirche aufbewahrten Marmorgrabstein der am 7. März 1702 verstorbenen Markgräfin Maria Franziska von Baden und Hochberg, geb. Landgräfin von Fürstenberg, enthält. Von den Glocken trägt eine die Jahreszahl 1532, die andere 1691.
In dem herrschaftlichen Schlosse befinden sich die fürstlich Schwarzenberg'schen Wirthschaftsämter und ein Saal für chemische Untersuchungen. Bei der Erhebung des Ortes Lobositz zum Range einer Stadt unter Kaiser Rudolf II. im J. 1600 (zu deren Erinnerung im J. 1776 auf Kosten des damaligen Primators Johann Georg Tscherney die St. Procopius-Säule auf dem Marktplatze errichtet wurde) erhielt Lobositz das Recht, ein eigenes Wappen zu führen und an jedem Freitage einen Wochenmarkt zu halten. Das Wappen enthält zwei Thürme im blauen Feld und ein offenes Thor mit einem Schutzgitter und einem Löwen darunter. Die Stadt ist reich an geschichtlichen Momenten. In den Jahren 1315, 1648, 1680 und 1742 richteten die Pest und andere Seuchen in der Stadt und Umgebung grosse Verheerungen an, woran noch die Namen der »Pestkirchhöfe« und einige Merkzeichen in der Gegend erinnern. Während der Husitenkriege wurde Lobositz besonders in den J. 1420 und 1426 sehr hart mitgenommen. Im 30jährigen Kriege hatte es in den J. 1634, 1635 und 1639 von den Schweden grosse Drangsale zu erdulden. Am 1. October 1756 fand hier am Fusse des Lobosch-Berges die erste Schlacht im 7jährigen Kriege statt. Nach der Schlacht bei Kolin, dann in den J. 1759 und 1773 hatte es abermals viel zu leiden. Wiederholte Feuersbrünste verursachten auch vielfachen Schaden. Am 13. Februar 1809 wurde die Stadt sammt dem Schlosse ganz eingeäschert. Kaum hatte sie sich von diesem Unglücke erholt, als 1813 der verhängnissvolle Krieg zwischen Frankreich und den verbündeten Mächten ausbrach und die Stadt die Nähe des Kriegsschauplatzes mehrere Monate hindurch schmerzlich empfinden liess.
Von Lobositz gehen wir auf der Strasse in nordwestlicher Richtung nach Billinka (¾ St.) auf einer sanften Anhöhe. Bevor wir die Tour auf den Milleschauer fortsetzen, statten wir von hier aus dem rechts (östlich) von der Strasse gelegenen *Lobosch 568m einen Besuch ab. Derselbe ist nach Süden und Osten durch keine Vorberge gedeckt und gestattet deshalb eine herrliche Uebersicht von einem grossen Theile des ehemaligen Leitmeritzer und Rakonitzer Kreises. (Der Besuch dieses Berges empfiehlt sich mehr von Lobositz über Welhota.) Von Billinka wandern wir auf der Strasse über Wellemin nach[180] Milleschau, einem Dorfe am südöstlichen Abhange des »Milleschauer«. Hier befindet sich ein grosses und sehr schönes von Kaspar Zdenko von Kapliř im J. 1682 auf einem hohen Felsen erbautes Schloss und ein grosser Obst-, Gemüse- und Ziergarten. Von Milleschau aus erreichen wir auf einem guten, stellenweise sehr steilen Wege die Spitze des Berges.
Bilin-Kostenblatt-Tschentschitz-Milleschauer. Von Bilin nach Kostenblatt 1 Meile, und von da, am besten mit Führer, in östlicher Richtung meist durch Wald nach Tschentschitz (¾ St.), hoch im Gebirge, am Abhange des »Milleschauer«. Hier kann der Führer entlassen werden.
(221 m. Seehöhe).
Gasthöfe: »König von Preussen« (Stephansplatz); »Hôtel Post«, »Stadt London« (beide Lange Gasse); »Altes Rathhaus« (Marktplatz); zur »Riesenburg« (Graupnergasse); »Kronprinz Rudolf«, »blauer Stern« (beide Bahnhofstrasse); »Neptun« (Mühlstrasse); »Schwarzes Ross« (Kirchengasse); »Preussischer Hof« und »Wigand's Hôtel« (Kurpark).
In Schönau: »Haus Oesterreich« (Neubadallee), »Hermannsburg« (Badegasse von Schönau). Zimmer von ½ bis 3 fl. täglich, Bedienung 30 kr., Licht 30 kr., Suppe 12 kr., Braten 40–80 kr., Kaffee 20–24 kr. Gutes Brod, vorzügliche Biere und Weine.
Weinstuben: »Fleck« (Lange Gasse), »Rüdesheim« (Lindenstrasse), »3 Aepfel« (Badeplatz). Restaurants ausser den oben genannten Gasthöfen: »Leitmeritzer Bierhalle« (Schulplatz), »zum Erzherzog Stephan« (Königstrasse), »Günther's Bierhalle« (Alleegasse), »Kursalon«.
Gartensalon im Schlossgarten, Askonas, isr. Restauration, Edmundsstrasse zu drei Rosen, zum Felsenkeller, zum hohen Haus (Mühlstrasse), Germania (Steinbadgasse), Glaser, Weilburg (Lindenstrasse).
Die Reihenfolge ist durchaus nicht mit Rücksicht auf verschiedene Güte zusammengestellt.
Stadt Schönau:
Merkur, Stadt Warschau, Rosenlaube, Ordensband.
Das Couvert zumeist à la carte von 1–2 fl. Table d'hôte weniger üblich.
Kaffeehäuser: Kursalon, Theater, Stadt Dresden. Mehrere vorzügliche Konditoreien.
Ausserdem befinden sich auf bedeutenderen Ausflugsorten zumeist vortrefflich eingerichtete Sommerrestaurationen, wo neben allerlei Erfrischungen, Mineralwässern, auch kalte und warme Speisen für civile Preise dargeboten werden.
Kurgäste finden in etwa 230 Häusern in Teplitz und mehr als 80 in Schönau Logis. Da dieselben auch in anderen Häusern in der Stadt Unterkunft finden, so können zu einer Zeit wohl[181] gegen 3000 derselben ihre Kur geniessen. Bei der Ankunft in Teplitz ist es nicht rathsam, sich am Bahnhofe von Agenten, Gepäcksträgern und Droschkenkutschern, die sich in eigennütziger Weise an den Fremden herandrängen, eine Wohnung anempfehlen zu lassen. Man kann da leicht in schlechte oder von den Bädern sehr weit entfernte Wohnungen geschickt werden, die dann wiederum aufgegeben werden müssen. Man lasse sich durch die gewöhnlichen Versicherungen dieser Agenten, es sei alles überfüllt etc., ja nicht ängstlich machen. Wer nicht schon vorher eine Wohnung bestellt hat oder von verlässlicher Seite in ein gutes Haus empfohlen ist, der thut am besten, zunächst in ein Hôtel zu fahren, dann einen Arzt bezüglich der Wahl des Bades zu consultiren und dann eine Wohnung in der Nähe des verordneten Bades zu suchen. Die Täfelchen »Logis« zeigen derlei Häuser an; ein weisser Streifen darüber gibt an, dass das Haus momentan keine Wohnung abgeben kann. Die Miethpreise, die sich per Woche verstehen, sind je nach der Saison verschieden und variiren im Sommer von 5–25 fl., im Winter von 3–12 fl. Das Frühstück wird meist im Logis genommen, im Gegensatze zu anderen Kurorten. Doch kann bei der grossen Zahl Kurhäuser nie Wohnungsnoth eintreten. Dem stets wachsenden Zudrang des Kurpublikums entsprechen grosse und zweckmässige Neubauten der letzten Jahre.
Auskünfte über Wohnungen, sowie Kurangelegenheiten jeder Art ertheilen die Bürgermeisterämter von Teplitz und Schönau, der städtische Badeinspector in Teplitz und in den meisten Fällen auch die Badeärzte.
Lesekabinet im Kursalon. Es liegen auf: die Kur- und Fremdenlisten der besuchtesten Badeorte, ferner eine bedeutende Anzahl Zeitungen politischen und belletristischen Inhaltes in 9 europäischen Sprachen. Kurgäste haben freien Zutritt. Im Damensalon ein Klavier zu freier Benützung. Billardsaal.
Der Kurort Schönau hat ebenfalls ein reich eingerichtetes Lesekabinet.
Buchhandlungen: Ernst Pörzler (Seumestrasse) und H. Dominicus (Königsstrasse). Beide haben Leihbibliotheken, reichlich ausgestattet mit den neuesten Erscheinungen der Literatur, auch in fremden Sprachen.
K. k. Postämter: Teplitz, Schlossplatz, Schönau, Badeg. 85.
K. k. Telegrafenamt: Waisenhausgasse (7 Uhr Früh bis 9 Uhr Abends).
K. k. Hauptzollamt: Schlossplatz 14.
K. k. Bezirkshauptmannschaft: Marktplatz 26.
Die Communalbehörden sind: In Teplitz der Magistrat, Marktplatz, in Schönau das Bürgermeisteramt, Neubadallee.
In der Königsstrasse und in der Langen Gasse befinden sich Banken und Wechselstuben.
Eisenbahnen: Aussig-Teplitzer Bahn (Linie: Komotau-Aussig). Dux-Bodenbacher (Linie: Komotau-Bodenbach). Der Bahnhof der letzteren ist etwa 15 Minuten von der Stadt entfernt, doch fahren zu allen Zügen Omnibusse.
Ein- und zweispännige Wägen mit festgesetztem Tarif nach allen Richtungen. Rollwagenführer im Dienstmanninstitut (Graupnergasse). An den Bahnhöfen eigene Gepäckträger. Omnibusse nach Eichwald und Probstau.
Stadttheater im Kurpark, das ganze Jahr hindurch Vorstellungen; es werden Operetten, Schau- und Lustspiele gegeben. Im Sommer gastiren daselbst oft Künstler der bedeutendsten Bühnen. Anfang 7 Uhr.
Kurmusik: Teplitz. Die Kurkapelle spielt täglich Morgens im Kurgarten, Mittags 11–1 Uhr im Schlossgarten; Montag und Freitag Nachm. 5–7 im Kurgarten.
Tanzreunionen finden gewöhnlich Samstag Abends im Gartensalon statt.
Schönau. Militärkapelle jeden Mittwoch und Samstag Nachm. 5–7 Uhr; Donnerstag u. Sonntag Vorm. 9–10½ Uhr im Schönauer Musikpavillon.
Zeitungsagentur: Erwähnenswerth ist die Zeitungsagentur (Königsstrasse), welche alle Zeitschriften zu Originalpreisen anbietet.
Die Kurtaxe zahlt jeder Fremde, der sich länger als 8 Tage aufhält, nach vier Ständeklassen. Gewisse Stände sind davon befreit, doch zahlen sie wie alle Fremden, die sich länger als drei, aber weniger als 8 Tage aufhalten, die Musiktaxe (50 kr.).
Kuranstalten: Bäder sind in Teplitz: das Stadt-, Kaiser-, Stein- und Stefansbad (Eigenthum der Stadt Teplitz), Fürsten- und Herrenhausbad (Eigenthum des Fürsten Clary), Sophienbad, (Eigenthum der israel. Kultusgemeinde).
In Schönau: Das Schlangenbad (dem Kurort Schönau gehörig), das Neubad (fürstlich).
Alle in- und ausländischen Mineralwässer sind in der städt. Mineralwasserniederlage (Badeplatz) und im Schlangenbad (Schönau) zu haben. Das Wasser der Stadtbadquelle, welches bei gewissen Krankheiten ärztlich verwendet wird, ist im Kurgarten und im Stadtbad unentgeltlich zu haben. Hier sei auch das 54m lange und 15m breite Schwimmbassin, mit klarem Gebirgswasser gefüllt, erwähnt. Dasselbe befindet sich im westlichen Theile des Turnerparkes, etwa 15–20 Min. vom Centrum der Stadt entfernt. Der Bau ist in mancher Beziehung sehenswerth.
Die Balneologen rechnen die Teplitzer Thermen zu den chemisch indifferenten, d. h. solchen, die wenig fixe oder gasförmige Bestandtheile enthalten. Indessen ist das Teplitzer Thermalwasser reicher an fixen Bestandtheilen, als andere indifferente Thermen und unterscheidet sich besonders dadurch, dass das kohlensaure Natron prävalirt. Ueber ihre oft wunderbare heilende Wirkung zu sprechen, dürfte nicht hier der Platz sein. Auch ist sie weithin bekannt. Die ebenfalls bekannte Katastrophe, die die Urquelle am 13. Feber 1879 traf, kann, ihr eigentlicher Abschluss mag sein, wie er will, nur die Folge haben, dass das Wasser, welches früher selbst herausfloss, jetzt aus der Tiefe künstlich hervorgeholt wird.
Diese Hauptquelle speist das Stadt-, Sophien-, Fürsten-, Herrenhaus- und Kaiserbad. Ueberhaupt haben alle Quellen in Bezug auf ihren stofflichen Gehalt nur wenig Differenzen; sie unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre Temperatur; so hat die Neubadquelle und die Hauptquelle 35° R., die Schlangenbadquelle 31° R., die Stein- und die Stefansbadquelle etwa 30° R., die Wiesenquelle (im Stefansbad) und die Sandbadquelle (im Steinbad) haben 26° R.
In einigen Bädern wird eine hinreichende Menge gereinigten Moores mit Thermalwasser zu einem mehr oder minder konsistenten Brei gekocht, und es werden diese Moorbäder auf verschiedene Weise verwendet. Der Moor, welcher in der Umgebung von Teplitz (Dreihunken und im Seegrund) gestochen wird, besteht aus einem Gemenge einer eigenthümlichen humusartigen Säure und in Zersetzung begriffener Pflanzenreste.
Die Benützung der warmen Quellen muss in eine sehr alte Zeit zurückgehen. Vielleicht haben schon römische Mercatores da ihre Heilung gefunden und haben aus Dankbarkeit der Quell-Nymphe jene Silbermünzen dargebracht, die man 1879 daselbst gefunden hat. Nach der Christianisirung des Landes verlegt die Sage die Auffindung der Quellen auf den 29. August 762 unter der Regierung des Herzogs Nezamysl. Die zwei Spitzthürme in der Kirchengasse beim Eingang in den Schlossgarten gelten für die ältesten Gebäude von Teplitz. Die Sage der Quellenauffindung erzählt eine lateinische Inschrift auf einem in der Nähe der Hauptquelle befindlichen Steine; sie ist bekannt: weidende Schweine sollen die Quelle aufgewühlt haben.
Im Jahre 1153 erbaute Judith, Gemahlin des Herzogs Vladislav, hier ein Benediktiner-Nonnenkloster, welches aber in den Hussitenkriegen spurlos unterging. Nach 1544 wurden die ersten zweckentsprechenden Bäder erbaut, das Schloss auf dem Schlossberg restaurirt und die Schlosskirche gegründet. 1585 nimmt Janusch von Schönberg den Bürgern die Bräugerechtigkeit, die bis auf heute Eigenthum der Besitzer geblieben ist.
Seit 1653 ist Teplitz im Besitze der Clary-Aldringen. 1848 hörte für die Stadt das Unterthänigkeitsverhältniss auf und der Kurort wurde zur selbstständigen Stadt.
Der Besuch von Kurgästen und Passanten ist während der Sommersaison (1. Mai bis Ende September) ein sehr starker und nimmt stetig zu. (Im Jahre 1879 über 32.000.)
Es dürfte aber auch kaum einen zweiten Kurort geben, der eine so mannigfaltige, an Naturschönheiten überreiche Umgebung aufzuweisen hätte und in dieser herrlichen Umgebung soviel interessante Punkte bieten könnte, wie Teplitz-Schönau. Es hat in den letzten zwei Decennien sich ungemein ausgedehnt; der Handel und die Industrie haben einen grossen Aufschwung genommen, so dass ein grosser Theil der Stadt dem Badeleben fast ganz entzogen ist. Die zur Aufnahme der Kurgäste bestimmten Häuser liegen in der Nähe der Bäder und sind zum grössten Theil bequem und elegant eingerichtet. Das gesunde Klima und die schöne Umgebung hat viele Fremde, besonders Pensionisten und Rentiers zur dauernden Niederlassung in Teplitz bewogen. Die breiten,[184] gut gebahnten Wege, die herrlichen wohlgepflegten Anlagen, die Alleen dicht belaubter Bäume, dann die Gelegenheit häufiger Vergnügungen und die Möglichkeit, alle Wünsche in Bezug auf Liebhabereien und Luxusartikel hier befriedigen zu können, machen den Aufenthalt in Teplitz angenehm, so dass der Andrang der Passanten und Touristen, wie schon bemerkt, jedes Jahr grössere Dimensionen annimmt. Besonders sehenswerth ist der Kurpark. In seinem nördl. Theile steht das Theater, ein grosser Renaissancebau. Es kann etwa 1000 Personen fassen. Unweit ist eine Säule, welche eine Uhr, ein Thermo-, Hygro- und Barometer, die Quellenanalyse und die täglichen Daten der metereologischen Station enthält. Der Säule gegenüber ist die städtische Trinkanstalt. Einige Schritte davon steht ein allegorisches Standbild, im J. 1862 zur Feier des 1100jährigen Jubiläums der Quellenauffindung errichtet. Am südlichen Theile steht das Herrenhaus und daran anschliessend ein grossartiger Neubau, das Gartengebäude. Im Osten befindet sich das Kaiserbad, ein prachtvolles, im altfranzösischen Mansardenstyl aufgeführtes Gebäude. Anstossend daran der Kursalon mit dem Lesekabinet. Unweit davon ist der Musikpavillon, auch wird in der Nähe das Wasser der Urquelle zum Trinken verabreicht.
Durch die Graupnergasse, den Marktplatz und die lange Gasse, die durch eine grosse Zahl eleganter Läden sich auszeichnet, gelangt man auf den Schlossplatz mit dem fürstl. Claryschen Schlosse (1751 erbaut), der Schlosskirche (1568), der Dekanalkirche (um 1700) mit einigen künstlerisch werthvollen Altarbildern. Durch das Schloss kommt man in den fürstlichen *Schlossgarten, ein bescheidener Name für einen herrlichen Park, wie ihn nur wenige Städte aufweisen können. Die Baumriesen zeigen, dass er schon vor Jahrhunderten angelegt ist. Die schönen, breiten, dicht beschatteten Alleen, die reizenden Wiesen mit herrlichen Durchsichten und grossartigen Baumgruppen, zwei grosse Wasserbassins, die Bemühungen der modernen Gartenkunst, sowie die mit den seltensten exotischen Pflanzen gefüllten Treibhäuser, zahlreiche Ruhebänke machen ihn zum beliebtesten Aufenthalt. Während der Mittags abgehaltenen Concerte ist er der Sammelpunkt von allem, was der Kurort an Geschmack, Schönheit und Eleganz aufweisen kann.
Mit dem Kurpark hängt der Seumepark zusammen, ein umgewandelter alter Friedhof, mit dem Grabe Seume's (gest. 16. Juni 1810), das wohl bald ein würdiges Denkmal haben wird. Daran schliessen sich die neuerrichteten Payeranlagen, überragt von dem Mont de Ligné, (Restauration und reizender Aussichtspunkt). (Pavillon 1831 erbaut; im Volksmunde von der Aehnlichkeit »Pfefferbüchse« genannt.) Durch die Lindenstrasse,[185] die diese Anlagen begrenzt und in welcher sich eine Reihe Badespitäler, darunter das sächsische und preussische befinden, gelangt man in den Kaiserpark, eine ebenfalls reizende Anlage der Neuzeit mit schöner Rundsicht. Man erblickt hier die neue, im streng gothischen Style erbaute kath. Kirche von Schönau, das Stefans- und Steinbad, das grossartige k. k. Militärspital und davor den Musikpavillon. Anschliessend befinden sich wieder Parkanlagen, und zwar die Neubad-Allee, die Humbolds-Anlagen und die mit schönen Villen geschmückte Giselastrasse, welche zum Teplitzer Bahnhof führt, einem grossartigen Gebäude mit einem pompösen Wartesaal. Vor demselben befinden sich auch Gartenanlagen.
Von Gebäuden wären noch zu erwähnen: Die evangelische Kirche (Elisabethgasse), eine stylvolle Basilika (1861 gebaut). Auf der Freitreppe eine der *schönsten Aussichten. In derselben Gasse wird sich auch der israel. Tempel befinden, der auch ein Monumentalbau werden dürfte. In der Jägerzeile steht die Loretto-Kapelle mit der fürstl. Claryschen Familiengruft.
1. Die *Königshöhe (3 Wege hinauf). Bei dem Monument des langjährigen königlichen Freundes von Teplitz, Friedrich Wilhelm III. schöne Aussicht.
Sehenswerth ist die Schlackenburg (Restauration und camera obscura), ein eigenthümlicher Bau mit vielen kleinen Zimmern, aufgeführt von einem einzigen Mann in mehr als 20 Jahren aus Ziegelschlacken und Feldsteinen.
Von der Plattform eine der reizendsten Rundsichten über das Thal zwischen dem Erz- und Mittelgebirge. Ebenso bieten die Restaurants *Bella vista und *Belvedère prächtige Fernsichten. Hier ist auch das Schiesshaus der über 300 Jahre alten Schützengesellschaft mit einer interessanten Autographensammlung und dem Memorialbuch. An dem Vogel- und Scheibenschiessen können sich auch Fremde betheiligen. Nahe an demselben wird in dem Kesselhause der Dampf erzeugt, der die im Schachte der Urquelle eingebauten Maschinen treibt.
2. Die *Stefanshöhe in Schönau mit einer lohnenden Aussicht über die Stadt.
3. Der Turnerpark bei dem mit Teplitz zusammenhängenden grossen und wohlgebauten Dorfe Turn, ¼ St. nordwestl. von Teplitz auch zugleich an Schönau anstossend. Er hat mächtige Buchen und Eichen und bietet daher angenehmen Schatten, ist sehr anmuthig und im englischen Geschmack angelegt. Hinter[186] der auf einer Anhöhe stehenden Restauration ist eine sehenswerthe Porphyrgruppirung, anschliessend beginnt die Kalkformation.
4. Von da, an der Schwimmschule vorüber und durch den Ort Turn kommt man zu einem Promenadenweg, der nach *Probstau (¾ St. nördlich von Teplitz) führt. Er ist reich an landschaftlichen Reizen, besonders in der Nähe des Angerteiches. Probstau ist wegen seines grossen, schattigen Waldparkes und der guten Restauration (Café) immer sehr besucht.
5. Vom Schlossplatz, durch die Jägerzeile, beim Mauthhaus links und den Berg hinan führt der Weg auf die *Bergschenke (½ St.), Restauration mit sehr lohnender Aussicht über das Teplitzer Thal. Die zahlreich erwähnten Aussichten unterscheiden sich sehr von einander durch die Abwechslung, die sie stets bieten. An die Bergschenke stösst der wenig gepflegte Galgenbusch. Verfolgt man den Katharinasteg und einen durch zahlreich auf einander folgende rothe Punkte, die an Bäumen und Steinen angebracht sind, bezeichneten Waldung, so erreicht man die *Helm's Ruhe (nach dem Teplitzer Bürger Anton Helm benannt). Man wird hier durch ein herrliches Panorama, das von den früheren Aussichten wesentlich verschieden ist, angenehm überrascht sein. Der etwa 1000 Schritte von der Restauration (Bergschenke oder Bergschlösschen) entfernte 379m hohe *Wachholder-Berg bietet eine grossartige Rundschau. Eine Menge Ortschaften werden durch die Höhen des Mittelgebirges und den weiten Bogen des Erzgebirges begrenzt.
Eine wiederum schöne Rundsicht bietet *der Schlossberg (½ St.). Man erreicht ihn, wenn man durch Schönau, am Neubad vorbei, eine breite Strasse geht, die bis an seinen Fuss führt. Man kann entweder auf schönen Promenadenwegen oder der neugebauten, an Serpentinen reichen Strasse hinauf gelangen.
Auch kann man die bei dem verfallenen Thore am Fusse befindlichen Esel benutzen. Der Berg selbst, eine auf Basalt und Porphyr gelagerte Phonolythmasse, wird von einer Burg gekrönt. Ihre Gründungszeit ist unbekannt, doch ist wahrscheinlich, dass dieser sowohl zur Vertheidigung als zur Beherrschung eines grossen Gebietes eminent günstige Ort schon in uralter Zeit befestigt gewesen sei. Am Fusse desselben stand das ehemalige Kirchdorf Daubrawitz, jetzt nur ein Meierhof, von dem die Burg auch in früherer Zeit den Namen hatte. Im Jahre 1585 kam sie in den Besitz der Kinsky, welche sie durch holländische Baumeister restauriren und einen Thiergarten anlegen liessen, von welchem noch die Thormauer am Fusse erhalten ist. 1615 erbte sie Wilhelm Kinsky, ein Vetter und Schwager Wallenstein's, der in Eger am 22. Febr. 1634 ermordet wurde. Kaiser Ferdinand II. verlieh sie mit den Herrschaften[187] Teplitz und Pinsdorf an den General Grafen Aldringen, nach dessen Ende (bei Landshut im Gefechte am 20. Juli 1634) ging sie an seine Schwester Anna über, vermählte Clary; die Clary's hatten mit kaiserl. Rescript vom 24. Mai 1653 Namen und Wappen der Aldringen zu führen. Während des dreissigjährigen Krieges war die Burg mehrmals im Besitze der Schweden gewesen. Im Jahre 1655 liess sie der kaiserliche Hof mit Rücksicht darauf, dass sich leicht Raubschaaren dort festsetzen könnten, schleifen und seit dieser Zeit liegt sie in Trümmern. Die Restauration, die theils kasemattenartig in die Mauern eingebaut ist, theils einen modernen Holzbau bildet, ist als sehr gut zu bezeichnen. Die Rundsicht ist prachtvoll. Man sieht einen grossen Theil des Mittelgebirges, das den Milleschauer überragt, den Biliner Felsen, die Gegend bei Brüx, den ganzen Zug des Erzgebirges mit seinen zahlreichen Städten, Flecken und Dörfern, das Kulmer Schlachtfeld und die Höhen bei Aussig. Geht man auf der Prager Strasse durch Schönau, an der Gasanstalt vorbei bis zu einer Gerberei, biegt rechts um, so gelangt man auf einem Pfade in einer halben Stunde südöstlich von Teplitz zur Fasanerie (zum Dorfe Zwettnitz gehörig), einem waldartigen Park mit hübschen Spaziergängen. In der Försterswohnung eine kleine Restauration. Die Aussicht erwähnenswerth.
Als besonders bemerkenswerthe Touren empfehlen sich von Teplitz aus in der Richtung gegen das anmuthige Bielathal folgende: 1. Man geht entweder auf der Strasse über Auperschin (Bielathalbahn) nach Welboth (durch die Prager Strasse in Schönau), oder man biegt bei der Ueberbrückung des Saubaches durch die Strasse links ab, geht auf einem Fahrwege nach Wisterschan, dann an der Schule vorbei und gelangt, indem man fort dem Bache nahe zu bleiben trachtet, über Neuhof in ein hübsches Thal, an dessen Ende das Dörfchen Kozlike sich befindet; von hier geht der Weg nach Welboth. Verfolgt man nun die Strasse nach Hertine, so bietet dieses Dorf, unweit der Bielabrücke von Welboth, ein reizendes Bildchen. Der es überragende Berg heisst nach einem kleinen Dörfchen der Frauschieter Berg. Von Hertine (Bahnstation) geht man längs der Geleise der Bielathalbahn nach Prosanken. Ein sehr hübscher Wiesenweg führt uns nach Tschochau (Station), einem grossen Dorfe mit einem Bräuhaus und einigen ziemlich guten Wirthshäusern (besonders böhmische Krone; bisher etwa 3 Stunden). In kürzerer Zeit erreicht man Tschochau auf dem ebenfalls nicht uninteressanten Wege über Drakowa auf der am Fusse des Schlossberges vorbeiführenden Strasse, dann über Quikau, Suchey,[188] an dem über 360m hohen Jedowinberg vorbei über Habrzie und Hlinai.
Von Tschochau aus lassen sich mehrere hübsche Partien machen, und zwar zunächst nach Staditz; schon nach einer kleinen halben Stunde kommt man zu dem sogenannten Königsfelde, das noch vor dem Dorfe einem Försterhause, zugleich Restauration, gegenüber liegt. Es ist dies wohl die älteste Stätte Böhmens, die die Sage nennt. Hier soll das weisse Pferd, das Libuša, die Tochter des ersten Tschechenherzogs Krok, zum Aufsuchen des Bräutigams ausschickte, den vom Pflügen ausruhenden Wladyken Přemysl gefunden und durch Stehenbleiben und freudiges Wiehern als den erwähnten Bräutigam bezeichnet haben. Er wurde Stammvater des Jahrhunderte lange herrschenden Přemyslidengeschlechtes.
Eine andere Version der Sage erzählt, dass Libuša unter der Führung des weissen Pferdes Leute ausgeschickt habe, die den als Bräutigam auf den Wyschehrad führen sollten, der auf einem eisernen Tische essen würde. Und Přemysl ass sein Brod auf der Pflugschar des umgekehrten Pfluges. Die Sage hat manchen verwandten Zug mit den Stammsagen der indoeuropäischen Völker. Auf dem Königsfelde, das bis jetzt in dieses Jahrhundert steuerfrei gewesen ist (?) und von dessen Haselstaude, die aus der von Přemysl gesteckten Ruthe abstammen soll, die Früchte zur königlichen Tafel nach Prag geliefert wurden, hat Graf Erwin Nostitz, der Besitzer von Türmitz, 1841 ein Denkmal errichten lassen. (Siehe Seite 178.)
Es ist das ein, auf zwei Terrassen ruhender grosser Steinwürfel mit zwei Reliefdarstellungen, von denen die eine das Zusammentreffen der Gesandtschaft, die zweite den Einzug Přemysl's in die Burg Wyschehrad darstellt. Sie sind ein Werk von Max. Das Ganze krönt ein eiserner Pflug von bedeutender Dimension. Von da führt ein Weg durch das malerische Bielathal über das Dörfchen Kosten nach Türmitz (Station der Aussig-Teplitzer Bahn), einem recht aufstrebenden Orte mit einer grossen Zuckerfabrik. Die ganze Partie beansprucht etwa 5 Stunden.
Eine andere Partie von Tschochau aus ist folgende: Auf der Strasse nach Nabrowan bis Razeine, von da links ab nach Dubitz und dann bis zu dem vom Orte etwa 10 Minuten entfernten Kirchlein. Hier geniesst man einen Einblick von seltener Schönheit in das prachtvolle Elbthal. Gegenüber hat man die pittoreske Gestalt des Deblikberges, an dessen Fusse das Dorf Tirkowitz liegt.
Geht man nun von dem Kirchlein, das Gesicht zur Elbe gewendet, rechts ab, so gelangt man auf einem mehrfache hübsche[189] Aussichten bietenden Wege zur Eisenbahn- (Staatsbahn) und Dampfschifffahrtsstation Praskowitz. (Der ganze Weg von Tschochau etwas über 3 Stunden.) Freunden romantischer Aussichten, auf allerdings etwas beschwerlichen Wegen, seien die Touren empfohlen von Tschochau über Suchey nach Höben und von da entweder über Qualen nach Salesl (Station d. Staatsb. und des Dampfschiffes) oder auf das gegenüberliegende Ufer, eine kleine ¼ Stunde elbeabwärts nach Sebusein (Station der Nordwestb. und des Dampfschiffes). (Der ganze Weg bequem 3 Stunden.) Auch führt von Stöben ein Weg, der landschaftliche Schönheiten bietet, über den Rücken des Glaberberges und dann in einer Thalsenkung über die kleinen Ortschaften Elbogen und Augiesel oder auf der Strasse durch den Wald nach Türmitz (2 gute Wegstunden). Der erwähnte Glaberberg bildet jene steilen, von den Fahrgästen des Dampfschiffes oft bewunderten Wände des Elbthales, die bei dem kleinen Oertchen Wannow, dem letzten am linken Elbufer vor Aussig, eine besonders interessante Form annehmen, ein Werk der sich mühsam durchbrechenden Wässer. Sie sind unter dem Namen Wannower Wände oder Felsen bekannt. Den Endpunkt dieses mächtigen Bergrückens bildet die Ferdinandshöhe 205m hoch bei Aussig, ¼ St. entfernt, eine der prachtvollsten Aussichten weit über das Elbthal bietend; die geringe Mühe des Aufstieges ist durch dieses liebliche Panorama wohl belohnt. (Siehe Aussig!) Endlich sei noch einer an landschaftlichen Reizen reichen Tour gedacht: von Tschochau über Nabrowan nach Razeine. Hierauf verfolge man einen in oos. Richtung gehenden Pfad, der bei dem letzten Wirthshause rechts von der Strasse ablenkt. Man gelangt nach einigem Steigen zu einer coulissenartigen Digression des Bergzuges, welche ebenfalls einen herrlichen Ausblick über ein anderes Stück des Elbthales bietet, gegen Lobositz, Theresienstadt und den lang gedehnten Rücken des Radobil am anderen Ufer.
Wer Zeit hat, mache den sehr lohnenden Umweg über das Dörfchen Padloschin. Er wird, von hier nach Norden auf dem Fahrwege abbiegend, eine lohnende Augenweide finden – einen Blick in das tiefliegende Elbthal. Dann geht es ohne besondere Schwierigkeiten nach Praskowitz herab. Bemerkt sei noch, dass es von hier einen an hübschen Perspectiven reichen Weg nach Leitmeritz (2½ St.) gibt und zwar über das Praskowitz gegenüber liegende Libochowan und Kamaik.
2. Von Teplitz nach Kostenblatt. Es sind dahin 2 Wege. Auf dem einen gelangt man, wenn man an dem Kesselhause der Stadtbadquelle, zwischen der Königshöhe und dem Schlossgarten durchgeht, den Weg bis an das Eck des letzten verfolgt und, dann links abbiegend, durch den sogenannten Lipnaibusch, wo sich eine[190] Einsiedelei befand, jetzt alles verwildert, fortgeht, eine Gruppe alter Eichen bleibt links – bis in das Dörfchen Pittling. Darauf steigt man nach Welbine herab, und der Weg geht über die nahe an einander liegenden Orte Liessnitz, Ratsch, Webeschan und Welhenitz nach Kostenblatt. Hier beim Düwock ein Gasthaus. Das Schloss, dem Grafen Czernin gehörig, ist ein Neubau aus dem Jahre 1864. ¼ St. vom Dorfe liegt die hochinteressante Ruine Kostenblatt, 570m hoch, wohl eine mit von den schönsten des Landes. Aus ihrer reichen Geschichte sei erwähnt, dass sie von einem sagenhaften Kostomlat gegründet, im Jahre 1350 einem Ritter Žerotin gehörte, dessen Nachkommen noch in Mähren leben. Von 1422 an war die Burg Eigenthum des deutschen Ordens, dessen letzter böhmisch-mährischer Landcomthur Albrecht von Duba sich hierher zurückzog (1422–30). Der hussitischen Berennung widerstand die Burg mit Erfolg. Doch eroberte sie 1434 Jakoubek von Wřesowitz und zerstörte grösstentheils die Befestigungen. Georg von Podiebrad, dessen Familie – früher von Kunstadt, später von Podiebrad genannt – sie nachher gehörte, verbrachte hier einen Theil seiner Jugend. Nach der Schlacht am weissen Berge wurde sie dem letzten Besitzer Ulrich Kostomlacky von Wřesowitz confiscirt und gelangte schliesslich in den Besitz der gräfl. Familie Ledebour, der sie bis jetzt angehört. Die Aussicht vom Wartthurm, auf den eine bequeme Wendeltreppe hinaufführt, ist überaus lohnend. Man übersieht den weiten Bogen des Erzgebirges und die dazwischen liegende Ebene; die dichtbewaldeten Kuppen des Mittelgebirges in wechselnder Form heben sich kräftig von dem in nebelhafter Ferne verschwindenden Hintergrunde ab. Nicht vergessen sei die kleine Restauration daselbst. 3. Ein anderer Weg nach Kostenblatt (etwa 2½ St. lang, reicher an Abwechslung, geht von Teplitz auf der Bilinerstrasse bis Kradrob. Fussgänger können hier bei der Schmiede links einbiegen und gelangen auf einem Wege nach Křemusch (1 St. von Teplitz). Hier ist ein schönes, dem Grafen Ledebour gehöriges Schloss mit einem prächtigen Parke. Ein angenehmer Fahrweg führt aus dem Parke zur Teufelsmauer, einer wildromantischen Partie des Bielathales. Es ist das ein steiler, durch Basaltlava gebildeter Abhang. Von hier eine schöne Aussicht über das Bielathal.
Von Křemusch hat man nach Kostenblatt zwei Wege, einen näheren über Dollanken, Wohontsch (Station der Bielathalbahn, eine kleine halbe Stunde von Křemusch), Niemetschen, Poratsch und Aupoř, reich an herrlichen Ausblicken über ein stets wechselndes Panorama nach Kostenblatt (etwas über 1 Stunde). Der weitere Weg führt von Křemusch über Hostomitz nach Schwatz (½ St.) (Station Schwatz-Kuttowitz), dem Mensalgute des Prager Erzbisthums. Der einst berühmte Schlossgarten ist[191] sehenswerth. Die ganze Gegend wird Geologen und Mineralogen viel Interessantes bieten. Eine grossartige Rundschau bietet der Basaltkegel hinter dem Dorfe, der sogenannte Paraplüberg. Von Schwatz geht der Fahrweg in 1 St. nach Kostenblatt. Von da aus kann man noch folgende interessante Touren machen. 1. Durch anmuthige Wälder über Milleschau am Fusse des davon benannten Milleschauer nach Wellemin (2 St.) zu dem reizenden Wopparna-Thale. Bei Kleintschernosek kommt man heraus und vergesse nicht hier in der ureigentlichen Heimat des berühmten Weines eine diesbezügliche Quellenstudie zu machen. Indess hat es in der neuesten Zeit damit einige Schwierigkeiten, aber damit soll ja jedes Quellenstudium verbunden sein. 2. Nach Radowesitz (¾ St.), dann weiter auf der über Trebnitz (am Fusse des Kostial) nach Lobositz führenden Strasse bis zu einem rechts befindlichen Hegerhause (keine Restauration) (etwa 1½ St.). Von hier geht durch eine Rodung ein in seinem letzten Drittel etwas steiler Weg auf den altehrwürdigen Radelstein. Ich sage altehrwürdig, denn es bestand hier eine uralte Culturstätte. (Siehe von Bilin aus! Retour nach Bilin und von da mit der Bahn nach Teplitz.)
Hier sei von der im Süden des Erzgebirges gelegenen Ebene nur jener Theil in Betracht gezogen, der von Teplitz nördlich liegt. Etwa von Kulm schrumpft sie in ein mehr oder minder schmales Thal zusammen, in welchem sich bis Bodenbach das Geleise der Dux-Bodenbacher Bahn befindet und soweit erstreckt sich auch dieses Thal. In der Ebene ist die Braunkohlenformation vorherrschend, fast ausschliesslich in ihrem westlichen Theile. Im östlichen Theile treten allmählich und mit dem ansteigenden Terrain desto mehr zusammenhängend Basalt, basaltische Tüffe und Conglomerate, Phonolithe und Trachit, aus welchen das zwischen dieser Ebene und dem Elbthale sich erhebende Gebirge besteht, welches daher auch im Allgemeinen den Charakter des Mittelgebirges trägt.
In der Ebene erblickt man daher zahlreiche Kohlenwerke und infolge des Reichthums an Kohle sind hier zahlreiche Industrie-Etablissements entstanden, so dass diese Gegend zu den bevölkertsten und productivsten Gebieten unseres Vaterlandes gehört.
Doch hat sie auch noch ein anderes Interesse. Sie ist »ein Tanzplatz des blutigen Ares.« Es sind seit den ältesten Zeiten hier viele blutige Schlachten geliefert worden. Schon 1040 besiegte hier der Herzog Břetislav die von Meissen kommenden[192] Truppen des deutschen Kaisers Heinrich II. Im J. 1126 umzingelte Herzog Soběslav die vereinigten Heere des Königs Lothar und des Markgrafen Otto von Meissen. Diese erlitten hier eine schwere Niederlage. Nach deutschen Quellen fielen hier über 270 Grafen und Edle. Der Grossmuth Soběslav's verdankte Lothar den freien Abzug. Das Treffen fand am Sernitzbache statt, der, im Erzgebirge entquellend, bei Kulm und Karbitz vorbeifliesst und unweit von Aussig in die Biela mündet. Viel blutiger aber war die Schlacht am 16. Juni 1426. Die Hussiten hatten unter Prokop auf dem niedrigen, zwischen Karbitz und Türmitz sich hinziehenden Bergrücken, der Bihana, ihre Wagenburg errichtet. Das Kreuzheer der Deutschen rückte durch die Pässe des Erzgebirges herein und griff die Hussiten an. Die wehrten den Angriff ab und gingen nun selbst vor. Es entstand nun ein furchtbares Gemetzel. Die Hussiten wüthend darüber, dass man auf ihr Ansuchen, am Sonntag die Waffen ruhen zu lassen, nicht eingegangen war, gaben keinen Pardon. Die Biela soll, wie eine Chronik meldet, an diesem Tage roth zur Elbe geflossen sein. 15.000 Theilnehmer des Kreuzzuges deckten die Walstatt. Bei einem Baume auf der Bihana zeigt man das sogenannte Blutloch, wo 14 sächsische Heerführer den Tod fanden. Aussig wurde vernichtet und lag 3 Jahre öde. Eine grosse Zahl von Burgen und Schlössern, viele Klöster sanken in Ruinen. Und noch einmal sollte dieser Boden mit Blut gedüngt werden. Am 27. Aug. 1813 hatte Napoleon die Verbündeten bei Dresden geschlagen und diese zogen sich zum Theil in die Pässe des Erzgebirges zurück und zwar Fürst Schwarzenberg über Dippoldiswalde und Altenburg, Ostermann und Barcley auf der über Peterswalde nach Teplitz führenden Strasse. Vandamme sollte sie mit 30.000 Mann verfolgen und die Niederlage vollständig machen. Am Tage der Dresdner Schlacht war er von Pirna aufgebrochen und drängte den russischen General Ostermann-Tolstoi über die Nollendorfer Höhe in die Ebene herab. Ostermann, die grosse Gefahr der Verbündeten sehend, suchte mit seinem Häuflein Russen, etwa 8000 Mann, die Franzosen so lange aufzuhalten, bis sich die Preussen und Oesterreicher genähert hatten. Am 29. August hielt er, trotzdem ihm eine Kanonenkugel den linken Arm zerschmettert hatte, Stand, bis endlich Abends 6 Uhr Schwarzenberg ihm Hilfe schickte. Vandamme besetzte Kulm und erwartete Hilfe von Napoleon. Der aber theils im Glauben, dass Vandamme stark genug sei, theils mit dem neuen Plane umgehend, die Nordarmee unter Bernadotte anzugreifen, schickte sie nicht. Am 30. August stand daher die Sache für die Franzosen ungünstig. Die beiden Divisionen des Generals Colloredo hatten sich mit den Russen vereinigt und längs der ganzen Strasse von Pristen an bis Arbesau wogte die Schlacht. Die russische Angrifflinie[193] ging vom Fusse des Gebirges über die Kulmerstrasse von Pristen bis gegen Karbitz, die österreichische von da bis gegen Deutsch-Neudörfel, Graf Colloredo hatte die Franzosen umgangen und durch einen brillanten Angriff von der Střisowitzer Höhe herabgedrängt. Die Preussen standen bei Arbesau. Mit welcher Heftigkeit gekämpft wurde, konnte man an einem mässig starken Baume bei Kulm sehen; er war von 60 Kugeln durchlöchert. Um 11 Uhr erschienen die Preussen unter Kleist, besetzten die Peterwalderstrasse und griffen die Franzosen an. Alle ihre Versuche, die Nollendorfer Höhe zu stürmen, scheiterten. Die Reiterei unter Corbineau entkam allein. Nachdem sie mit ausgezeichnetem Muthe gefochten, Vandamme war selbst verwundet, mussten sich 10.000 Mann ergeben; 5000 lagen todt oder verwundet auf dem Kampfplatze. Die Vernichtung eines ganzen französischen Corps, die Gefangennahme eines erfahrenen und tapferen Generals (Vandamme, einer der fähigsten und energischesten Generale Napoleons, geb. 5. Nov. 1771 in Kassel, war 1799 bereits Divisionsgeneral, wurde nach seiner Gefangennahme nach Sibirien verbannt, kehrte 1815 zurück und starb, ohne mehr eine Anstellung zu bekleiden, den 15. Juli 1830 in Kassel), erfüllte die Verbündeten mit neuen Hoffnungen. Für Napoleon war diese Niederlage, sowie fast gleichzeitig verlorene Schlacht an der Katzbach der Anfang in der verhängnissvollen Wendung seines Schicksals. Der Sieg wurde in Teplitz, von wo am 31. Aug. der Bericht in den Zeitungen veröffentlicht wurde, am 1. und 2. Sept. gefeiert. Doch war noch nicht hier alle Gefahr beseitigt. Denn auf den Höhen des Erzgebirges kam es zu neuen Gefechten. Napoleon zog einen grossen Theil der Truppen zusammen und suchte über Nollendorf in Böhmen einzufallen. Der wichtigste Tag war der 17. Sept. Die Franzosen waren bis Arbesau vorgedrungen, Napoleon war in Nollendorf auf dem Kirchthurme; später wurde ein Pferd unter ihm verwundet. Doch wurden seine Truppen verdrängt und in grösster Unordnung zurückgeworfen, General Kreutzer mit 2000 Mann gefangen. Hiebei zeichneten sich besonders Oesterreicher unter Feldzeugmeister Grf. Colloredo-Mansfeld aus. Teplitz war während dieser ganzen Zeit das Quartier der alliirten Monarchen. Kaiser Franz wohnte im Schlosse, Kaiser Alexander im »goldenen Kreuz«, König Friedrich Wilhelm im »Herrenhaus«. General Ostermann, der zuerst am Schlachtfeld, ungefähr an der Stelle, wo jetzt das russische Monument steht, amputirt wurde, lag im Hause Nr. 181 »Zur goldenen Brücke«, wo er nochmals operirt und glücklich hergestellt wurde. Im Teplitzer Thale hatte sich nun das ganze Hauptheer der Verbündeten an 200.000 Mann gesammelt, um Anfangs October gegen Leipzig aufzubrechen. Es sei aus dieser Zeit noch zweier Tage erwähnt. Am 9. Sept. 1813 wurden im Teplitzer Schlosse die Freundschafts- und Allianz-Tractate[194] zwischen Oesterreich, England, Russland und Preussen unterzeichnet und ratificirt. Am 27. Sept. wurde der Jahrestag der Thronbesteigung Kaiser Alexanders gefeiert. Die russische Garde hatte in Turn im Hause Nr. 37 einen Saal für 300 Personen errichtet; an dem Festmahle nahmen die drei Monarchen, sowie die Spitzen der Diplomatie und der Heere Theil.
Mehr wie ein halbes Jahrhundert hat die Spuren des Krieges verwischt, aber jeder wird der gefallenen Helden gedenken, wenn seine Blicke den Denksäulen begegnen, die in dankbarer Verehrung den Kämpfern jener Tage errichtet wurden. Sie stehen alle an der Strasse, die von Teplitz über Kulm nach Peterswalde führt. Das nächste, etwa 1½ St. von Teplitz entfernte ist das russische, unweit von Pristen, welches auch in künstlerischer Beziehung das hervorragendste ist. Auf einem Granitsockel erhebt sich das Fussgestell, welches die 9 Fuss hohe Nachbildung der in Brescia aufgefundenen geflügelten Siegesgöttin Victoria trägt. Die Vorderseite hat eine lat. Inschrift, welche das Factum vom 28. Sept. 1813 berichtet, die der Rückseite gibt den Tag der Grundsteinlegung (am 29. Sept. 1835) und die Namen der Monarchen, welche Zeugen dieser Feierlichkeit waren, die zweite und vierte Seite enthalten ebenfalls lat. Widmungsinschriften, ohne, wie mehrfach in Führern zu lesen ist, die Namen russischer Krieger aufzuführen. Um das Monument ist ein kleiner Garten; der in dem dabei befindlichen Häuschen wohnende Veteran ist der Custos.
Gleich hinter diesem Monument sieht man ein von der Strasse in einer ¼ St. erreichbares Wäldchen. Das ist eine sehr denkwürdige Stelle. Denn selbst eine geraume Zeit nach der Schlacht stellte es sich heraus, dass im Waldgebirge, auf allen Feldern, in Schluchten und Abgründen eine Menge Schädel und Gebeine der Gebliebenen fast zu Tage lagen. Da liess Josef Graf Westfalen durch hunderte von Arbeitern alle diese menschlichen Ueberreste sammeln und in einem grossen gemeinsamen Grabe feierlich beerdigen. Es steht dort über Felsenstücken ein Steinkreuz und an seinem Fusse liest man die Worte:
Hier ruhen die in den nahen Wäldern in neuerer Zeit noch aufgefundenen Schädel und Gebeine von den an den Schlachttagen 1813 Gebliebenen.
Sie ruhen im Frieden. 1835.
Die feierliche Einweihung geschah erst am 26. Aug. 1836.
Von hier erreicht man bald Kulm[3] selbst. Hier ist ein Schloss der Grafen Westfalen. Das Dorf hat etwa 120 Häuser und gegen[195] 700 Einwohner. Als Gasthäuser sind die Morgenröthe und Gürtlers Gastwirthschaft zu empfehlen. Nachdem in den Schlachttagen der ganze Ort fast in Flammen aufgegangen war – es blieben nur die Kirche, das Pfarrgebäude und wenige Häuser verschont – ist er in seiner jetzigen Gestalt grösstentheils neu erbaut. Sonntag am 29. Aug. 1813 ging es hier gar fröhlich zu. Vandamme hielt offene Tafel, der hier vorgefundene Wein floss in Strömen. »Jeudi, messieurs nous dinerons à Prague«, rief er seinen Offizieren zu. Es erfüllte sich die Prophezeiung, er kam bald nach Prag, aber als Gefangener. Der Hügel nördlich von Kulm bietet eine hübsche Aussicht, aber nicht nach allen Seiten, und trägt die im J. 1691 errichtete Dreifaltigkeitskapelle.
[3] Station der Dux-Bodenbacher Bahn, etwas über 20 Min. vom Bahnhof entfernt, vom Karbitzer Bahnhof 1 Stunde.
Auf derselben Strasse den Weg fortsetzend, gelangt man nach etwa einer halben Stunde zu dem links von der Strasse stehenden preussischen Monumente. Es ist einfach und anspruchslos, auf einem Piedestal erhebt sich eine Spitzsäule,[4] die von einem eisernen Kreuze gekrönt wird. Die kurze Inschrift lautet: Die gefallenen Helden ehret dankbar König und Vaterland. Sie ruhen im Frieden. Kulm, 30. Aug. 1813. Es wurde vom preussischen Könige Friedrich Wilhelm III. errichtet und am 30. Aug. 1817 feierlich enthüllt. Es ist daher das erste Monument. Rechts von der Strasse liegt der Ort Arbesau mit etwa 400 Einwohnern in gegen 70 grösstentheils neu gebauten Häusern. Einige Schritte auf der Chaussee weiter, an dem Invalidenhäuschen und dem Wirthshause zur Post vorüber, erblickt man rechts an der Strasse das österreichische Monument. Es ist 54 Fuss hoch und stellt eine auf gemauertem Piedestal stehende vierseitige Pyramide vor, deren Spitze der österreichische Doppelaar, einen Lorbeerkranz haltend, schmückt.
[4] Im Jahre 1857 wurde das Monument erhöht und man sieht nun das Brustbild Friedrich Wilhelms III. und den preussischen Adler.
Am Fusse der Pyramide liegt der böhmische Löwe. Der unterste Würfel trägt folgende Inschriften:
Vorn:
Rechts: Das österreichische Heer einem seiner Führer auf dem Felde des Ruhmes.
Hinten: Arbesau, am 17. Sept. 1813.
Links: Dem Vaterlande und seinen Freunden zu früh entrissen.
Weiter befinden sich am untern Theile der Pyramide folgende Basreliefs und Inschriften:
Vorn: Das Bildniss des Verewigten mit der Umschrift:
Hieronymus Graf Colloredo-Mannsfeld,
k. k. General-Feldzeugmeister.
Rechts: Geboren den 30. März 1775.
Hinten: das gräfliche Wappen.
Links: Gestorben den 23. Juli 1822.
Eine Balustrade umgibt das Piedestal.[5]
[5] Es sei noch erwähnt, dass Graf Colloredo unweit des Denkmals ein Pferd unter dem Leibe verlor.
Es ist das Denkmal vom österr. Heere errichtet und am 17. Sept., dem Tage der Schlacht von Arbesau – nicht zu verwechseln mit der Schlacht bei Kulm – im Jahre 1825 eingeweiht worden.
In einer kleinen Entfernung davon befindet sich noch ein Denkmal, und zwar am Bache auf dem freien Felde. Ein grosser unbehauener Felsblock trägt ein 5 Fuss hohes eisernes Kreuz. Es ist das ein Andenken an den am 30. Aug. 1813 gefallenen preussischen Major von Röder. Das Gitter am Eingang trägt das Wappen des Verstorbenen.
Das wären alle Denkwürdigkeiten der Ebene. Die am Fusse des Erzgebirges liegenden Orte sind bei diesem erwähnt.
Diese beiden Gebirgssysteme sind geologisch wesentlich verschieden und bieten daher landschaftlich ganz andere Bilder. Als Grenze zwischen beiden kann man die von Königswalde über Tyssa nach Raitza führende Strasse im allgemeinen gelten lassen.
Das Erzgebirge hat hier keine Vorberge gegen die Ebene mehr. Die Längenthäler hören ganz auf, die Querthäler werden oft schluchten- oder passartig und führen auf das Plateau hinauf. In Beziehung auf die Höhe, die am östlichsten Ende des Erzgebirges bei Nollendorf und Peterswald bis zu 630 m. herabsinkt, sowie auf die Mannigfaltigkeit der Gliederung steht dieser östliche Theil dem westlichen weit nach und je weiter man ostwärts schreitet, desto grösser wird die Einförmigkeit, sowohl in geologischer als orographischer Beziehung.
Es zerfällt dieser Theil des Erzgebirges in zwei Gebiete. Das des Porphyrs (desselben wie in Teplitz) von der Niklasberger bis etwa zur Mückenberger Strasse, und das des Gneises, von hier bis zum Quadergebirge. Doch findet sich Granit vor im[197] Norden von Ebersdorf und bei Sellnitz, der Spitzberg nördlich von Schönwald ist merkwürdigerweise ein Basaltkegel.
In touristischer Beziehung gehört dieser Theil zu den dankbarsten Gebirgen. Man findet da herrliche Thäler mit schönen Wiesen und bewaldeten Abhängen, schattige Wälder, reizend gelegene Ortschaften; besonders anziehend sind die häufigen stets wechselnden grossartigen Aussichten auf die Ebene mit ihren vielen Städten und Dörfern, Feldern und Eichen und immer ist dieses Bild durch den Hintergrund des gipfelreichen Mittelgebirges abgeschlossen. Die Wanderung ist eine leichte, eine grosse Zahl guter Strassen und Wege bietet sich dar. Auch für Unterkunft ist gesorgt, man findet in den weit sich hinziehenden Wäldern bald Forsthäuser, die allerlei Erfrischungen im Vorrath haben, bald erreicht man grosse Dörfer mit verschiedenartigen Industrien. Diese haben Gasthäuser, in denen man das Nothwendige für Ruhe und Erquickung vorfindet. Eine besondere Annehmlichkeit bietet die längs des ganzen Gebirges sich am südlichen Abhange dahin windende Dux-Bodenbacher Eisenbahn, man hat eine leichte Verbindung mit den grösseren Städten (Teplitz, Brüx, Aussig, Bodenbach). Aber auch das Plateau hat seine Reize, hier seien vorläufig nur erwähnt die weiten Ausblicke in das Sachsenland. Und schliesslich hat noch das Erzgebirge auch in diesem Theil etwas vor den anderen Gebirgen Deutschlands voraus: ein fleissiges Volk wohnt da, jedes Dörfchen, jedes Städtchen ist die Stätte ununterbrochenen Gewerbfleisses.
Von Teplitz aus dürften sich folgende Touren am besten empfehlen:
Kosten erreicht man am bequemsten, wenn man von Teplitz per Bahn (Dux-Bodenbacher Bahnhof eine ¼ St. von der Stadt auf der Eichwalder Strasse) dahin fährt, da die hinführenden Wege nur wenig Interessantes haben. Die Station Kosten beim Orte selbst. Man gehe durch den Ort zu der schon von weitem sichtbaren neuen Kirche zu, der Weg bietet eine hübsche Aussicht auf das Gebirge und die Ebene. Unweit der Kirche ist der Eintritt in den Park; die gerade ausführende Strasse führt über Doppelburg nach Eichwald (1 St.), ein sehr zu empfehlender Weg, der eine Fülle von schönen Waldpartien, Durchsichten, Wiesen bietet, und speciell sei hier einer altehrwürdigen Eiche mit gewaltigen weithin ragenden Aesten gedacht. Das Jagdschloss, dem Fürsten Lobkowitz gehörig, hat eine sehr anmuthige Lage. Die an der Wegtheilung links abgehende Strasse führt nach Niklasberg (1½ St.). Um nun zu dem prachtvollen, aber wenig[198] bekannten Aussichtspunkte Wolfstein zu kommen, verfolge man diese Strasse von Kosten aus fort immer gerade aus. Nach einer ½ St. erreicht man das in Waldeseinsamkeit versteckte Forsthaus Fuchshütte oder Fuchswarte, wo Erfrischungen zu haben sind. Bisher können Wägen fahren. Wenn man auf einem ziemlich steilen Wege etwa 20–30 Min. aufwärts gestiegen ist, achte man auf einen links abgehenden schmalen, aber ausgetretenen Pfad. Schon nach wenigen Minuten hat man die merkwürdige Porphyrformation des Wolfssteines vor sich.
Eine kleine Holzhütte bietet Ruhe und Erholung.
Die Aussicht von hier wird von Vielen jener vom Mückenthürmchen gleichgestellt. Man überblickt ein weites wechselvolles Panorama. Im Norden und Osten ein herrlicher Wald, der sich stundenweit an den Abhängen des Erzgebirges hinzieht, und den kein anderer Aussichtspunkt in solcher Masse überblicken lässt. Gegen Süden und Westen die Ebene mit allen ihren oft schon erwähnten Schönheiten, die den Blick auf sie immer neu und immer reizend machen.
Darauf geht es zurück auf jenen Weg, der dann nach etwa ¼ Stunde auf eine Strasse trifft. Geht man nun nach links, erreicht man in einer halben Stunde Niklasberg, nach rechts führt die Waldstrasse in etwa 1 Stunde nach Eichwald.
Niklasberg ist eine auf einem Abhange gebaute Bergstadt, die ehemals, als noch der Silberbergbau sich lohnte, sehr wohlhabend war. Heute leben die Einwohner (etwa 600) zumeist von der Oekonomie. Das vorzüglichste Gasthaus ist das zum Rathhaus mit guter Unterkunft. Empfehlenswerthe weitere Touren von hier sind:
1. Nach Zaunhaus und Rehefeld (königl. sächsisches Jagdschloss). Der Weg, reich an landschaftlichen Schönheiten, geht rechts von der aus Niklasberg nach Neustadt über die Grenze – nächster grösserer Ort in Sachsen ist Frauenstein (3 St.) – führenden Strasse. Man steigt unweit der Stadt (keine Viertelstunde) rechts auf den Hügel an der Strasse. Die Partie über Rehefeld nach Altenberg oder Geising (beides sächsische Städte mit guter Unterkunft) beträgt etwa 3 St.
2. Zum Jagdschloss nach *Eichwald (2 St.). Der Weg dahin ist eine etwa 20 Min. steil aufsteigende, zerfahrene Waldstrasse. Später bietet sie eine grossartige Aussicht über den waldigen Abhang in die Ebene.
3. Nach Klostergrab und Kosten durch den sogenannten Hüttengrund. Es ist das ein sehr anmuthiger, von einem starken Bache durchrauschter Thalweg.
An seinem Ende eine gute Restauration. Von Niklasberg nach Kosten etwa 1½ St., so dass die ganze Tour über den Wolfsstein sich bequem in 4 Stunden machen lässt.
Von Teplitz führt nach Eichwald eine gute Strasse in 1 Stunde an Zuckmantel vorbei, dessen Bessemerstahlwerk besichtigenswerth. Auch zahlreiche Omnibusse stellen die Verbindung her mit diesem aufstrebenden klimatischen Kurorte. Ein anderer, etwas längerer Weg, der mehr Abwechslung bietet, führt durch die Orte Weisskirchlitz (auch über Turn) und Wistritz an mehreren grossen Industrie-Etablissements vorbei.
Eichwald – der lohnendste und beliebteste Ausflugsort von Teplitz aus – erstreckt sich mit seinem oberen Theile tief in das Erzgebirge hinein. Einen besonderen Reiz gewähren die zahlreichen Aussichtspunkte, die immer wechselnde Bilder zeigen, sowie die sich weit hinziehenden wenig oder nur sanft ansteigenden Spaziergänge durch die schattigen und duftenden Waldungen, wo man eine würzige und kräftigende Luft athmet.
Die Zahl der zur Aufnahme von Kurgästen vollkommen eingerichteten Kurhäuser und der geschmackvollen Villen im steten Zunehmen begriffen.
Kuranstalten sind die von Dr. Brecher vorzüglich geleitete Kaltwasserheilanstalt und das im Jahre 1879 erbaute grossartige, musterhaft eingerichtete Theresienbad. Beide bieten verschiedenartige Bäder nach medicinischen Vorschriften.
Restaurationen und Gasthöfe: Das Waldschlösschen, Waldesruhe, Dankbarkeit und Theresienbad. Besonders kann das letzte eine grosse Zahl Fremder aufnehmen. Die Preise sind im Ganzen dieselben, wie in Teplitz. Die Kurtaxe beträgt 2 fl. per Person.
Ein Post- und Telegraphenamt ist ebenfalls im Orte.
Besuch von Kurgästen (bis über 600 oft aus weiter Ferne) sowie der Touristenverkehr sind im steten Aufsteigen begriffen.
Um die Hebung des Ortes hat sich besonders verdient gemacht der bekannte Industrielle Anton Tschinkel aus Lobositz, der auch im unteren Theile des Ortes eine grosse Siderolithwaarenfabrik besitzt.
Partien von Eichwald aus.
In der unmittelbaren Umgebung, östlich von der Hauptstrasse:
1. Der Mühlberg mit einem »Tempel«, der eine grossartige Fernsicht bietet.
2. Der Vogelherd (auch Schlichtelberg), dessen Aussicht deswegen interessant ist, weil man keine Häuser, sondern nur weite Bergrücken mit prachtvollen Waldungen überblickt.
3. Der Parapluieberg (nur ein kleiner Hügel), ein angenehmer Ruhepunkt.
Westlich von der Strasse auf den Rehberg.
4. Die Manfredterrasse, von der man das ganze Eichwalder Thal mit seinen Villen und Wohnhäusern übersieht.
5. Die Franz Josef-Terrasse (Restauration) mit einem weiten Ausblick in die Ebene.
Weitere Touren sind:
a) *Doppelburg (½ St.), ein 1703 im chinesischem Geschmacke erbautes Jagdschloss in der Form eines achteckigen Sternes, dessen Spitzen ebensoviel in den Wald gehauenen Alleen entsprechen. Die Restauration unter hohen Bäumen vor einer Wiese. In ihrer Nähe immer einige Hirsche, die durch Gewohnheit so zahm geworden sind, dass sie sich dargereichtes Brod aus der Hand holen.
b) *Schweissjäger (20 Min.), ein mitten im Walde gelegenes Försterhaus mit prachtvoller Fernsicht (Restauration).
c) Das fürstliche Lobkowitz'sche Jagdschloss, auch Jagdhaus genannt (1½ St.). Man geht auf der Strasse von Eichwald gegen Zinnwald bis zu der Lobkowitz'schen Brettmühle, von hier geht links eine Strasse ab, die hinauf führt. Das Forsthaus liegt sehr hübsch, die Aussicht lohnend. Der eigentliche Aussichtspunkt liegt etwa ¼ St. weiter, dürfte aber gegenwärtig verwachsen sein.
d) Der *Seegrund, eine angenehme Waldpartie, die für den Geologen, Naturforscher und Forsttechniker manches Interessante haben wird. Man geht auf der Zinnwalderstrasse bis zur Försterei Seegrund (auch eine Mühle und Restauration) (von Eichwald 1½ St.) hier links ab durch einen Durchschlag bis zu dem Moorgrund (gegen 2 St. Umfang), wo die Mooskiefer in dem Torf- und Moosboden gedeihlich wächst.
Dass solche Moore kolossale Wasserreservoire sind, sei als bekannt hier nur erwähnt.
e) Zinnwald, ein ausgedehntes Dorf, das in Böhmisch- und Sächsisch-Zinnwald zerfällt. Von Eichwald etwa 2 St. entfernt. Fussgänger mögen vor der Seegrundmühle oder gleich nach ihr die Strasse rechtsab verlassen, um die letzte Serpentine zu vermeiden.
Es liegt auf dem Kamme des Erzgebirges und hat den grössten Theil des Jahres ein sehr rauhes Klima, das meist nur die Kartoffel aufkommen lässt. Das Getreide wird selten reif, es muss oft noch unter Schneewehen gemäht und kann dann nur als Viehfutter verwendet werden. Wer da hinaufkommt, staunt über den klimatischen Contrast, den schon eine Entfernung von 2 Stunden bewirkt. Wenn unten im Flachlande drückende Hitze herrscht, ist hier oben eine kühlende Frische. In den Sommermonaten ist daher ein Spaziergang hinauf sehr angenehm.
Von Gasthäusern für längeren Aufenthalt und Nachtherberge[201] sind empfehlenswerth: »Zur Saxonia«, »Biliner Bierhalle« und »Der sächsische Reiter.«
Sehenswerth sind folgende Punkte:
Auf der Strasse unweit vom österr. Zollamt bei einer alten Eiche ist eine hübsche Aussicht auf den Schneeberg, den König- und Lilienstein;
dann beim sogenannten »alten Forsthause« oder bei dem »Schupfenhau«; und südlicher, mehr landeinwärts bei den »Brücken oder bei dem Lugstein«, hier »Lochstein« genannt. Es ist hier der höchste Punkt von Zinnwald.
Ein weiterer herrlicher Aussichtspunkt ist der *Geisinger Berg bei der Stadt Altenberg und Geising (ersteres ¾ St., letzteres ½ St. von Zinnwald) gegen Norden. Er soll einst ein Vulcan gewesen sein. Auf der Spitze, zu der ein schöner Fussweg führt, steht ein Ahornbaum, der durch eine Wendeltreppe erstiegen werden kann. Die Aussicht wird jeder Besucher zu den schönsten zählen.
In Altenberg sind die Pochwerke und Zinnschmelzereien, sowie die »grosse Pinge«, eine Erdsenkung, sehenswerth.
Von Zinnwald kann man in 1½ St. gegen Westen das Dorf Zaunhaus (schon erwähnt) auf einem sehr hübschen Fahrwege durch den Wald erreichen, daselbst das Jagdschloss des sächs. Königs »Rehefeld«.
Nordwestlich von Zinnwald liegt mitten im Walde der *Kahlenberg, dessen Thurm eine weite Fernsicht bietet. Der Schlüssel ist in dem eine ¼ St. entfernten Gasthause »Zum Paradies« auf der Zaunhaus-Altenberger Strasse zu bekommen.
Der Kahlenberg ist von Hinterzinnwald in 1 St., von Altenberg in ½ St. zu erreichen.
Weitere Ausflüge sind nach den sächsischen Städten Bärenstein und Lauenstein.
Zu erwähnen ist noch, dass die Gegend bei Zinnwald für Naturforscher, besonders Mineralogen, Geologen und Botaniker sehr interessant ist. Die Zinnbergwerke sind wegen des billigen Zinnes nicht mehr im Betrieb. Die Bewohner leben meist von Bast-, Holz- und Strohflechtereien, sowie von Waldarbeiten.
f) Siebengiebel und Vorderzinnwald. Von Eichwald auf der vom Fürsten Clary gebauten Strasse – an der Claryschen Sägemühle vorbei – in 1½ St. erreichbar; der Weg führt durch schönen Wald, die Neigung gering. Wo der Wald an der Südseite der Strasse aufhört, fängt eine weite Aussicht über das Teplitzer Thal an; der Bergrücken, von dem aus man sie geniesst, heisst der »Eisknochen«. Siebengiebel ist ein anmuthig gelegenes Försterhaus, Erfrischungen sind daselbst zu haben.
Vorderzinnwald ist von hier kaum eine Viertelstunde, (Hinter-) Zinnwald eine halbe Stunde entfernt.
Graupen ist zu erreichen von Teplitz aus entweder auf der Strasse über Turn (bei der Mauth links ab), Soborten an der Prokopikirche, auch Bettelmannskirche genannt, weil der Sage nach von einem Bettelmann aus Almosengeldern erbaut, stand schon im 12. Jahrh., vorbei (hier bei der Restauration links ab) rechts geht es nach Mariaschein, in etwa 1½ St.
Angenehmer und kürzer ist folgender Weg; man geht durch den Park von Probstau, an der Strasse in nordwestlicher Richtung einige Schritte fort bis dorthin, wo sich die Strasse nach Norden (zu dem Orte Judendorf) dreht, hier verlässt man sie, um an einem Kreuze über einen Bach zu schreiten. Der weitere Weg ist nicht zu verfehlen, da man Graupen vor sich sieht.
Man passirt die Bahnstrecke (Dux-Bodenbacher, Station Rosenthal), daher auch mit der Bahn zu erreichen.
Setzt man nun den Weg gleich hinter der Station gegen das Gebirge fort, so gelangt man an die Eichwald-Graupner Strasse, diese passirt man schräg rechts und findet sofort wieder einen Pfad, der dann sowohl auf die Rosenburg, als auf die Wilhelmshöhe und in den Ort Graupen führt. Von Eichwald führt die erwähnte Strasse in 1 Stunde über Pihanken, Dreihunken, Judendorf hin. Auf ihr schöne Aussicht auf das Thal.
Graupen, Bergstadt, an 3000 Einw. zählend, die sich von Kohlen-Zinnbergbau, der Fabrication von Wirkwaaren, Dachpappe und Korbflechtereien nähren, ist ein Specificum in seiner Erscheinung. Es ist sehr lang in das mitunter ziemlich steilsteigende schmale Thal hineingebaut. Die Bauart oft alterthümlich. (Gasth. Stadt Dresden.) In der Kirche ist eine Darstellung des Fegefeuers sehenswerth. Zu erwähnen ist die heilige Stiege, die man kniend zu erklimmen pflegt.
Aussichtspunkte sind: a) die *Wilhelmshöhe, nach König Friedrich Wilhelm III. von Preussen benannt, dessen Lieblingsplatz das hier war. Die Aussicht prachtvoll, die Restauration sehr gut.
Etwas höher ist b) die *Rosenburg, die Aussicht daher auch weitgreifender, ohne bedeutenden Unterschied. Es ist hier eine Ruine, die nach den erhaltenen Resten zu schliessen, eine der schönsten und grössten in Böhmen sein musste. Sie wurde um 1330 von Timo von Kolditz erbaut, von den Taboriten auf ihrem Zuge gegen Sachsen 1429 erstürmt, wurde jedoch bald darauf wieder hergestellt, 1584 kam sie in kaiserlichen Besitz, 1619 kaufte sie die Stadt. Mit dem traurigen Verfall der ehemals[203] wohlhabenden Stadt Graupen verfiel sie auch selbst. Der mittlere Theil der Ruine ist in einen Rosengarten verwandelt und bietet einen herrlichen Anblick. Die Fernsicht von dem Pavillon ist eine der reizendsten. (Restauration.)
Eine etwas weitere Partie, aber jedenfalls die lohnendste ist der Mückenberg mit dem Aussichtspunkte *Mückenthürmchen, das zugleich Restauration ist und selbst für die Nacht gute Unterkunft bietet
Es führt eine Chaussée hinauf, die Hauptstrasse aber in Graupen, die sich dann nach Sachsen fortsetzt, in das Müglitzthal nach Lauenstein und Bärenstein, in etwas mehr als 1½ St. Der Wanderer zu Fuss kann oberhalb Graupen, bei einer grossen Biegung der Strasse nach links, rechts auf einem etwas steileren, aber kürzeren Weg über die Ortschaft Obergraupen entweder wieder die Strasse erreichen, dann beim Mauthaus rechts, an der 1700 erbauten Sct. Wolfgangskapelle vorbei, oder direct auf leicht auffindbaren Pfaden zu der Restauration gelangen.
Das Mückenthürmchen nimmt eine derartige isolirte Stellung ein, dass die Aussicht nach allen Seiten ungehemmt ist. Am grossartigsten ist der Blick nach Böhmen. Als Grenzpunkte der Aussicht seien erwähnt: nach Süden über den gar merkwürdig klein erscheinenden Schlossberg weg sind es die Höhen des Mittelgebirges; im Südosten der Geltsch, der Říp bei Raudnitz, die Bösige und der Jeschken bei Reichenberg. Im Osten in weiter Ferne der Höhenzug des Riesengebirges, die Lausitzer Berge und der Iserkamm. Nach Norden hin ist die Aussicht weniger bedeutend, gar auffällig ist der Gegensatz der rauhen, ziemlich unfruchtbaren, an Abwechslung armen Gegenden gegen die fruchtbare Ebene im Süden. Man sieht die Elbhöhen bei Dresden und bei sehr klarem Wetter durch ein gutes Fernglas hat Schreiber dieses die Thürme der kath. Kirche in Dresden gesehen. Nach Westen sieht man die Fortsetzung des Erzgebirges; über Ossegg, an seinen rothen Thürmen leicht kenntlich, ragt der schon erwähnte Wieselstein, in weiter grauer Ferne der Fichtelberg bei Joachimsthal und noch das Fichtelgebirge (Ochsenkopf?) hervor. Die Rundschau umfasst einen Kreis von 350km Durchmesser. Die Aussicht wird von vielen mit der vom Brocken und der von der Schneekoppe verglichen.
Erwähnt sei noch die uralte Glocke im Thurme, die einst den Bergleuten zum »Einfahren« in die Zinnwerke geläutet haben soll, dann weiter der grosse Erdsturz unmittelbar bei dem Gebäude.
Von hier gehen Wege ab: über Siebenhügel nach Zinnwald 1½ St. und Eichwald (2½ St.), über Voitsdorf in das Müglitzthal (1 St.), über Ebersdorf, Streckenwald nach Schönwald (Spitzberg) (2½ St.) oder von Streckenwalde zur Nollendorfer Höhe[204] (2½ St.), endlich noch über Ebersdorf nach Adolfsgrün und Hintertellnitz, dann durch das Tellnitzer Thal zur Station Tellnitz über 3 St.
*Mariaschein (Station der Aussig-Teplitzer E. etwa 20 Min. entfernt) ist von Teplitz eine Stunde, von Graupen einige Minuten entfernt. Es ist als wunderthätiger Wallfahrtsort weithin bekannt, von Pfingsten bis Ende December kommen zahlreiche Processionen von Nah und Fern allwöchentlich hier an. Die Kirche, reich ausgestattet – das Gnadenbild in goldener Kapsel am Hochaltar – ist von einem Kreuzgange umgeben, in welchem sich zahlreiche Kapellen der Clary-Waldstein, Lobkowitz und mehrerer Städte befinden. Die vielfach beschädigten Wandgemälde haben Bezug entweder auf die Gründung des Klosters oder auf stattgefundene Wunder.
Ueber die Entstehung des Gnadenortes erzählt die Sage Folgendes: Nach der Zerstörung des Nonnenklosters in Schwaz durch die Hussiten verbargen die fliehenden Nonnen die Holzfigur »Maria mit dem entseelten Körper ihres Sohnes im Schoosse« in das Laubwerk einer Linde. Als nun eine Magd in der Nähe dieses Baumes von einer Schlange angegriffen wurde, rettete sie ein flehender Blick zu dem plötzlich offen erscheinenden Gnadenbilde. Das nun dadurch bald berühmt gewordene Bild wurde nach Graupen feierlich abgeholt, verschwand aber mehreremal auf den früheren Ort. 1442 wurde daselbst von Albert von Kolowrat eine Kapelle erbaut, und der Ruf des Gnadenbildes ging damals schon weit. 1507 wurde eine Kirche, 1584 von Popel von Lobkowitz ein Kreuzgang mit mehreren Kapellen erbaut, seit 1591 hatten Jesuiten hier die Aufsicht. 1602 kam das Gut Geiersburg, zu welchem ausser Sobochleben das Graupner Vorwerk »die Scheune« (eben der Gnadenort) gehörte, um diese Zeit schon ein förmliches Dörfchen, an den Protestanten Kekule von Stradonitz; die Kirche war aber von diesem Besitze ausgeschlossen. Am 5. Juni 1618 flohen die Jesuiten mit dem Gnadenbilde nach Dux. In der Kirche predigten Protestanten. Aber nach der Schlacht am Weissen Berge trat ein Umschwung ein; Kekule starb am Schlagfluss, als ihm die Confiscirung seiner Güter gemeldet wurde. Der kais. Oberstwachmeister Alex. Regnier, Ritter von Bleileben wurde der Besitzer. Da sein Sohn, der hierorts berüchtigte Hans von Bleileben, von schwedischen Officieren aus unbekannten Gründen nach einem Male getödtet wurde – er liegt in der Graupner Kirche begraben – vermachte seine Mutter, geb. von Pichelberg, 1662 das Gut Sobochleben an die Jesuiten. Der Ort führte von da an den Namen Mariaschein statt wie bisher Mariascheune. 1679 Gründung der Lateinschule. 1773 wurde bei der Auflösung des Ordens die Herrschaft Sobochleben eingezogen, aber 1806 an die hier seit 1779 (eigentlich erst 1798)[205] bestehende Probstei zurückgegeben. Seit 5. Dec. 1852 besteht die Verfügung, dass der Ordinarius (Bischof) von Leitmeritz unumschränkter Verwalter des Kirchengutes sei. Bald darauf zogen die Jesuiten wieder ein. Heute haben sie in dem südlich von der Kirche befindlichen Gebäude ein Obergymnasium mit einer Pensionsanstalt. Vom 11. bis 28. Sept. 1813 war das Kloster und der Kirchgang von Preussen befestigt worden.
Der Besucher vergesse nicht auf den Wunderbrunnen mit erfrischendem klaren Wasser im Vorhofe und auf den Fressbrunnen ausserhalb des Klosters, eine eisenhaltige kalte Quelle; ihr Genuss soll Appetit erregen.
Station der Dux-Bodenbacher B. Hohenstein. Von Mariaschein und Graupen ist das Thal, in dessen Tiefe sich auf einem Berggipfel diese Ruine befindet, auf einem hübschen schattigen Wege, ganz am Abhange der Berge zu erreichen. Man geht in diesem Thale an einer Restauration fort, sich rechts haltend, bis zu einer Wegtheilung, dann wieder rechts und erreicht in ½ St. diese romantisch gelegene Burgruine, in deren Inneres einzudringen etwas Uebung im Klettern erfordert. Man thut es nur selten, da es wenig Interessantes bietet. Der hohe Thurm und die klafterdicken Mauern sprechen für eine grosse Festigkeit dieser Burg. Sie wurde als Landesfestung gegen Meissen bereits unter dem Namen Chlumec von den böhmischen Herzögen errichtet. Es wurde hier der Zoll und die Wegmauth gezahlt für die Saumthiere – damals die gewöhnliche Verkehrsart. Im 12. Jahrhundert gehörte sie den Herren von Riesenburg und erhielt ihren jetzigen Namen. Interessant ist, dass der letzte ohne Nachkommen war und seine Herrschaften unter seine Edel-Knechte vertheilte. Sie fiel einem gewissen Blasius zu. Seit 1329 war sie Eigenthum des Bischofs von Prag (daher mons episcopalis), deren einer, Erzbischof Johann von Genczstein, hier vor dem Zorne König Wenzels IV. seine Zuflucht fand (1393; der Name Johann von Nepomuk spielte dabei eine Rolle). Ihre Besitzer wechselten dann, ihr letzter ist Wolfgang von Salhausen, der im J. 1526 hier ein Fest feierte. Da gab Glatz von Altenhof, ein Gast, unvorsichtig einen Büchsenschuss ab, dieser entzündete das Strohdach und die Burg brannte nieder und liegt seither in Trümmern. Der Herrschaftssitz wurde nach Sobochleben verlegt, mit welchem die Ruine gemeinsame Schicksale hat. Die Aussicht von der Ruine auf das Tiefland und das jenseitige Mittelgebirge ist über alle Beschreibung entzückend.
Es knüpfen sich viele alte Volksmärchen an dieses Bergschloss, die zum Theile Spiess in dem Ritterroman »Hans[206] von Bleileben« oder »der irrende Geist bei Teplitz« der Lesewelt seinerzeit zum Besten gegeben hat.
Man fährt bis Tellnitz (Station der Dux-Bodenbacher E.), geht einen sehr hübschen Thalweg (Strasse) bis Hintertellnitz bei den letzten Häusern auf einem Fusspfade rechts von der Strasse ab, dann wieder auf ihr fort – der Spaziergang ist in der frischen Waldluft sehr angenehm – und erreicht dann bald das Dörfchen Adolfsgrün (1¼ St.). Hier auf der Höhe ein weiter Blick über das Plateau bis zum Mückenberg und zum Geisinger Berg. Von hier nach Streckenwalde und Schönwald (¾ St.). Von Schönwald, einem grossen langausgedehnten Gebirgsdorfe mit einigen guten Gasthäusern, erreicht man in ¼ St. den Sattel oder *Spitzberg, einen Basaltkegel mitten aus dem Gneis hervorragend, der wegen seiner weit ausgedehnten Aussicht über das Plateau und seinen allmähligen Abfall nach Sachsen die leichte Besteigung überaus lohnt und dennoch unter den Touristen im Ganzen wenig bekannt ist. Von Schönwald ist das industriereiche (Sammet und Knöpfe), über eine Stunde sich ausdehnende Peterswald (2600 E., Gasthaus zur Post) in ½ St. zu erreichen. Dieses wurde 1813 durch fortwährende Durchmärsche hart mitgenommen. Napoleon übernachtete hier 16.–17. Sept. Das Haus, jetzt eine Finanzwachkaserne, trägt die Inschrift: »Haec domus auxilio patris aeterni exstructa«. Am 17. Sept., während der Schlacht bei Arbesau hatte Napoleon den Kirchthurm von Nollendorf bestiegen. Von beiden erreicht man in etwa 1 Stunde Nollendorf, mit seiner berühmten, weit sichtbaren und daher auch eine weite Aussicht bietenden Kirche – bekannt als Nollendorfer Kapelle. Schöner ist noch die Aussicht von der Nollendorfer Höhe bei Jungferndorf, zwischen Peterswald und Nollendorf (von ersterem fast 2, von letzterem ½ St. entfernt). Man erblickt von hier die Spitzen des Elbesandsteingebirges, des Lausitzer und Isergebirges. Von Nollendorf auf der sanft abfallenden Strasse – die ganze Partie ist der berühmte Nollendorfer Pass – gelangt man wieder nach Tellnitz. Doch versäume man nicht, das einige Minuten rechts von der Strasse gelegene, neuerbaute gothische Kirchlein zu besuchen. Es ist wegen seiner idyllischen Lage einer kleinen Abbiegung höchst werth.
Diese ganze Tour dürfte ein mässig rasch gehender Fussgänger in einem Tage, zum Abendzug der D.-B.-B. nach Teplitz leicht zurücklegen.
Seine östliche Begrenzung ist bereits angegeben worden. Sein Charakter sind abgeplattete, in ziemlich gleichem Niveau liegende Gipfel, enge Spaltenthäler mit steilen, oft senkrechten Wänden, hohe, aus Quadern aufgethürmte Felsmauern, einzelne thurmähnliche, mitunter grotesk gestaltete Gesteinsmassen, tiefe Spalten und bizarre Höhlungen.
In touristischer Beziehung sind drei Partien bemerkenswerth ausser mehreren, an sich interessanten Spaziergängen. Es sind die Tyssaer Wände, der Schneeberg und die Partien um Bodenbach.
Zu erreichen: von Peterswalde (unweit der Kirche nach Osten) in ¾ St. Von Teplitz auf der Dux-Bodenbacher Bahn Station Königswald, 1 St. von Tyssa. Von Bodenbach dieselbe Bahn und Station.
In Tyssa ist sehr viel Industrie, besonders werden Knöpfe aus verschiedenem Material verfertigt.
Gasthaus »Beim Jäger« (Eigenname), »zum Grafen Thun« (nahe am Eingange in die Wände). Rest. »beim Sturm«.
Der Weg zu den Felswänden ist wohl nicht zu verfehlen, doch ist nöthig, sich den Eingang zeigen zu lassen. Nun hat man zwei Wege vor sich: rechts nach oben und schräg rechts im Thale, beide sind zu empfehlen, bieten aber verschiedenes.
Der obere führt über das Plateau oder besser den horizontalen Kamm dieser Sandsteinwände, die steil, mauerartig, mit tiefen Klüften und Spalten, 57 bis 62 m. hoch, emporragen. Die bizarren Formationen erinnern an Weckelsdorf und Adersbach oder an die Partien um die Louisenburg im Fichtelgebirge und dürften einen Vergleich mit ihnen wohl aushalten.
Manche kann man mit wenig Phantasie zu verschiedenen Gestalten leicht ergänzen, ein Führer wird daher Namen wie Medusenhaupt, Löwenkopf, Bürgermeister, Doctor anführen. Man hat auch eine schöne Aussicht auf die tief unten liegende anmuthige Landschaft. Die Lage mancher Steinkolosse ist so grotesk, dass man hier Naturscherze und Spielereien dahinter vermuthen möchte. Beim Ausgange kommt man auf die Strasse, die zu dem Orte Schneeberg führt.
Der innere Weg zeigt die mannigfaltigen, oft untereinander verbundenen Höhlungen und Grotten, wie das Schneiderloch, die Raschhöhle u. s. w. Auch der malerische Hintergrund, wo ein[208] ganzes Feld kleinerer und grösserer Steinmassen sich befindet, wird den Blick des Beschauers fesseln.
Jeder Besucher wird sich durch diese hoch interessanten Felsenformationen befriedigt fühlen, und es ist wohl nicht Recht, dass sich die Touristenliteratur mit ihnen nur wenig beschäftigt oder sie gar nicht erwähnt.
Der Schneeberg (auch hoher Schneeberg genannt) ist die höchste Erhebung des Elbesandsteingebirges, 725m, er überragt alle Höhen der sogenannten sächsischen Schweiz. Es ist das ein etwa 1 Stunde langer und ¼ breiter Bergrücken, der steil nach Süden abfällt. Es dehnen sich die Wälder hier nach Norden und Westen viele Stunden weit aus. Unweit der guten Restauration hat der Tetschner Graf Thun 1864 einen 104 Fuss hohen festen Aussichtsthurm erbauen lassen, der sich bequem ersteigen lässt. Die Aussicht von hier ist eine solche, dass sie sich den grossartigsten an die Seite stellen kann. Man übersieht im Süden und theilweise im Osten die bedeutendsten Höhen des ganzen Mittelgebirges – die Hasenburg, den zweispitzigen Lobosch, den Milleschauer, den Kletschen (kleinen Milleschauer), den Biliner Stein, den kleinsten unter dieser Gesellschaft – Schlossberg, dann näher die Berge jenseits des Eulauthales, den Hut-, Hopfen- (auch Koppen-) und Pfaffenberg. Gegen Nordost tritt scharf hervor der Rosenberg, ferner überblickt man die Berge bei Kamnitz – den Tannen- und Kaltenberg, dahinter die Tafelfichte bei Friedland. Bei klarer Aussicht in grauer Ferne den Jeschken und die Schneekoppe. Gegen Norden alle Höhen der sächsischen Schweiz und zwar rechts vom Königstein in folgender Ordnung: den Pfaffenstein, den Lilienstein, Gorisch, Papststein, die Kuppelberge und endlich den grossen und kleinen Winterberg. Ausserdem die Nollendorfer Höhe, den Sattel- oder Spitzberg und den Geisinger Berg. Nicht zu vergessen sind die Thürme von Dresden, die sich deutlich erkennen lassen. Man übersieht hier ein an sich schon bunt und wundersam gestaltetes Stück Erde, wie es sich in diesem weiten Umfange nur selten dem Beschauer darbietet. Die Ersteigung ist viel leichter, als man erwarten sollte. Man kann ihn von Tyssa (Ort) in 2½ St. auf der Strasse über den Ort Schneeberg am besten beim Wirthshause zur Vintzin (Bänke vor dem Hause), den man in nordöstlicher Richtung, in den Wald hinein, quer passirt – der eigentliche Ort liegt südlicher – dann auf dem mit Ruhe- und Aussichtsbänken versehenen Promenadenwege erreichen.
Von Bodenbach aus geht man entweder über Peiperz (nördlich von der Tetschner Brücke einige Schritte, dann über die Bahn bei dem Badehôtel hinauf) und Kalmswiese (eine Wirthschaft an der Strasse), dann geradeaus fort, dann bei der Wegtheilung[209] im Walde links ab gegen Alt-Biela, aber vor dem Friedhofe wieder links ab, so dass das Dorf rechts bleibt, dann passirt man das Dörfchen Tscheche, auf einer steilen Berghöhe, links unten sieht man Neudorf und die Dux-Bodenbacher Bahnlinien. Nach einigen Minuten betritt man den Hochwald und nun heisst es auf die Kalkstriche achten, die an Bäumen und Steinen zahlreich angebracht sind und bis hinauf führen.
Ein zweiter Weg führt von Bodenbach aus auf der Teplitzer Strasse, rechts geht dann eine Strasse ab vor den ersten Häusern von Niederulgersdorf nach Biela (gegenüber einem Speicher), aber er wendet sich schon bei den letzten Häusern hier links ab und geht bergauf, um durch Tscheche wieder zu den Kalkstrichen in den Wald zu kommen.
Beide Wege führen in 2½ St. hinauf.
Von Eulau (Station der Dux-Bodenbacher B.) führt ebenfalls ein Weg hinauf in 1 St. über den Ort Schneeberg auf einer Fahrstrasse, von hier sind dann etwa ¾ St. zum Thurme.
Von der Schweizermühle in Sachsen führt auch ein Weg in 2 St. hinauf. Und zwar über Rosenthal zur Grenze am Zollhause vorbei geradeaus – die links abgehende Waldstrasse führt in 3 St. über Kalmswiese und Peiperz nach Bodenbach – bis zum Gasthaus »zur Vintzin« – so der Localname –; an demselben geht dann ein Fusssteig links ab hinauf.
Alle diese Wege können selbstverständlich als Rückwege benützt werden.
In einem Tage kann man von Teplitz aus die Tyssaer Wände und den Schneeberg so besuchen, dass man Früh nach Königswalde fährt – von Eulau Abends Rückfahrt. Von Bodenbach zeitlich aufbrechend, kann man mit Musse den Abendzug von Königswald zur Rückfahrt benutzen.
Wer Zeit hat, kann den sehr empfehlenswerthen Abstecher nach Eiland machen, dieses Dörfchen liegt in einem Kessel, der rings um – nur nach Norden offen – von steilen Sandsteinwänden umgeben ist. Man geht dort, wo nach Passirung der Tyssaer Wände der Weg in die Strasse einmündet, links ab und gelangt in ¾ St. in dieses interessant gelegene Dörfchen. Es befindet sich am nordwestlichen Abhange des Schneeberges an der sächsischen Grenze.
Bodenbach. Von Teplitz auf der Dux-Bodenbacher Bahn in nicht ganz 2 Stunden zu erreichen. Die ganze Fahrt ist landschaftlich sehr interessant. Der Bahnhof 20 Min. ausser der Stadt. Die Stationen sind schon fast alle als Ausgangspunkte[210] interessanter Partien genannt worden. Man setze sich womöglich rechts. Zwischen Kulm und Tellnitz sieht man das österr. und preussische Monument, früher schon hinter Hohenstein das russische. Von Kleinkahn suche man die rechte Seite zu gewinnen. Hier ein Ausblick auf Nollendorf. Hier hört die Steigung der Bahn auf, und es geht abwärts, so dass man keinen Dampf mehr nöthig hat, denn die Seehöhe von Kleinkahn beträgt 431m, die im Bodenbacher Bahnhofe 132m.
In Königswald, sowie in Eulau viel Industrie, im letzteren eine Spinnfabrik und Verfertigung von Mühlsteinen. Die letzte Station ist Bünaburg (früher nach einem alten Adelsgeschlechte Bünauburg), ebenfalls reich an verschiedenen Industrien. Der hohe Berg rechts ist der Hutberg, und der letzte rechts, schon gegen das Elbthal abfallend, ist der Pfaffenberg. Beide bestehen wesentlich aus Basalt. Hinter ihnen ist gegen Süden der Koppenberg (auch Hopfenberg) genannt. In geologischer Beziehung ist interessant, dass über dem Alluvium des Elbethales sich eine Strecke Braunkohlenformation befindet, über dieser ist ein Gürtel Kreide und die Kuppe (des Pfaffenberges) ist Basalt. Also vier verschiedene Gebiete auf einer Strecke von wenig mehr als ¼ St. Länge.
Die Fahrt von Eulau bis Bodenbach ist durch den Blick auf das schöne, grüne, steil umrahmte Eulauthal besonders angenehm.
In Bodenbach achte man darauf, nicht auf dem Dux-Bodenbacher Bahnhof auszusteigen. Der Zug fährt eben in den Staatsbahnhof, man ist dann gleich mitten in dem Industrieorte. Ebenso beim Einsteigen. Man bekommt die Karte am südlichen Ende des Staatsbahnhofes, der Zug steht auf dem letzten Schienenstrange gegen die an die Häuser von Bodenbach angrenzende Mauer. Ausserdem ist Bodenbach von Teplitz zu erreichen auf der Aussig-Teplitzer Bahn. Zu achten, dass man in Aussig-Neustadt bei der chemischen Fabrik nicht aussteigt, denn von hier fährt über die Brücke der Omnibuszug zum Bahnhof der Nordwestbahn nach Schreckenstein (früher Aussig – rechtes Ufer).
Diese Bahn fährt durch das Braunkohlengebiet, daher viele Schächte und Fabriken – bei Mariaschein eine grosse Cementfabrik. Von Mariaschein bis Karbitz nördlich das Kulmer Schlachtfeld, von hier bis Schönfeld die Bihana, das Locale der Husitenschlacht (16. Juni 1426). Die alterthümliche Laurentiuskapelle nördlich von Nerbitz soll eine Erinnerung an die Schlacht sein. Von hier bis Aussig im Norden der Střisowitzer Berg (340m hoch). In Türmitz Obstbau, grosse Zuckerfabrik, Schloss des Grafen Nostitz mit einem Park. Die Bielathalbahn – derselben Actiengesellschaft wie die Aussig-Teplitzer gehörig, zumeist Kohlenverkehr – zweigt sich hier ab. Hübscher Ausblick in das Bielathal.
Von Aussig empfiehlt es sich, das Dampfschiff zu benützen. (Die Karten sind in Teplitz, Bahnhof, Tabak-Trafik zu bekommen.) Die Fahrt ist eine der schönsten, die überhaupt die Flüsse Europas aufweisen können. Die Fahrt von Leitmeritz über Aussig, Tetschen, Herrenskretschen bis über Pirna zu bis Dresden ist so reich an landschaftlicher Schönheit, dass sie mit den schönsten Rheinpartien verglichen, ja selbst von Kennern ihnen vorgezogen wird. (Siehe Tetschen!)
Bodenbach hat eine prachtvolle Lage und einen hohen Aufschwung genommen, wovon die zahlreichen Villen im Elbthale ein beredtes Zeugniss abgeben, ebenso wie die vielen Industrie-Etablissements: Cichorien- und Chocoladenfabrik, Siderolithwaaren-Fabrik.
Bodenbach – von Eulau- oder Bodenbache so benannt, früher ein einsamer Meierhof zur Herrschaft Tetschen gehörig – hat folgende Gasthöfe: das Posthôtel (beim Bahnhof), Stadt Hamburg, Hôtel Frieser, zum Stern, Krone, Engel, Stadt Prag, in Obergrund – nördlich von der Kettenbrücke am linken Elbeufer, hier zahlreiche und geschmackvolle Villen – ist noch das Bade-Hôtel zu erwähnen. Restauration Lerchenfeld. Der Ort ist von Sommerfrischlern und Kurgästen (Josefsbad) sehr besucht.
An Spaziergängen und Ausflügen ist diese Gegend sehr reich. Um nicht den Rahmen des Buches zu überschreiten, seien sie nur kurz erwähnt. Schöne, mannigfach wechselnde Aussichten und angenehme Spaziergänge in den waldigen Höhen sind ihr Hauptreiz.
1. Die Brücke selbst (2 Kr. Brückengeld).
2. Die Bohemia hinter dem Tetschner Schützenhaus und der Nordwestbahn (¼ St.) einst hier der Galgenberg.
3. Der Quaderberg auf der hier befindlichen Höhle eine fliegende Restauration, rechts von der Bohemia nach dem Promenadenwege bis zur Tafel (½ St.), dieser Weg geht nach Laube und in die Schlucht nach Loosdorf.
4. Die Leopoldshöhe 10 Min. weiter, fort links durch den Wald.
5. Die Laubenschlucht, ein tief eingeschnittenes Felsenthal. Auf der Höhe am Rande, von der Leopoldshöhe fort bis zur Tafel, die nach Nr. 3 weist, dann links auf Serpentinen in's Thal bis zu einem Weg, auf diesem dann rechts. Dann am Ende Sandsteintreppen, ein Waldweg, der Ort Loosdorf (Gasthaus Blumentritt's). Auch auf der Allee von Tetschen in 1 St. bergauf zu erreichen.
6. Die Rosenwände (2 St.) oder Rosenkämme. Bei dem Wirthshause in Laube fuhrt der Weg hinauf.
7. Die Schäferwand (½ St.) unmittelbar über Bodenbach, über dem Tunnel der sächsischen Bahn. Zu ersteigen durch das[212] Thor bei der Kettenbrücke oder auf den Stufen beim Posthotel in der Nähe eines Muttergottesbildes in der Mauer. Zickzackwege.
8. Das Spitzhütel (1½ St.) Entweder nach 7 oder am Badehotel vorbei, dann bei einer Mühle rechts in den Wald, oder von Starks Villa auf einem Serpentinweg. Es ist ein Felsenvorsprung, vielleicht die lohnendste Aussicht unter diesen Punkten.
9. Im Pulnitz- oder Polzenthale: Liebwerd ½ St., Bensen 2 Stund. (Nordbahnstation), ½ Stunde weiter die schöne Ruine Scharfenstein.
10. Herrenskretschen (siehe Tetschen).
11. Der Sperlingstein, auch Heidenschloss. Dampfschiff bis Topkowitz, besser Tichlowitz, oder Eisenbahn bis Tichlowitz, dann über Nieder-Welhotten und Scheras ½ St. Zu Fuss über Krischwitz, Veschwitz (auch Bahnstation) Scheras in 3 St.
12. Der Zinkenstein. Am besten über Rongstock, über die Elbe nach Pschira, Wittine und (Alt) Hummel zu erreichen. Die Aussicht grossartig, in den Basaltspalten eine Eishöhle, Eis nur an heissen Sommertagen.
13. Der hohe Schneeberg.
14. Die Tyssaer Wände.
Zu erwähnen noch die Johanniskapelle, bei dem Dux-Bodenbacher Bahnhof (20 Min.). Die Familiengruft der gräfl. Thun'schen Familie, die hier weithin die meisten Besitzungen hat.
Gasthöfe: Hôtel »Krebs« am Stadtplatz, Gasthof »zum Hirschen«, Lange Gasse, Gasthof »zum schwarzen Adler« am Stadtplatz, Brosche's Gasthaus, Lange Gasse, »Cocanda« Eck der Ferdinandsstrasse und des Rossmarktes, Gasthof »zum Kaiser von Oesterreich«, Ferdinandsstrasse.
Von Restaurationen wären zu erwähnen: Elbschlossbräuhaus an der Tschalolitzer Strasse, Elberestauration am Dampfschifflandungsplatze, Restauration zum »Rudolfsgarten« mit Sommertheater in der Rudolfsgasse, Schützeninselrestauration, Bahnhofrestauration der Nordwestbahn, Eisendörfel am linken Elbeufer an der Theresienstädter Strasse; Café: Schubert am Stadtplatz, oberhalb des »Hôtel Krebs«, zum schwarzen Adler, in Verbindung mit dem Gasthause gleichen Namens am Stadtplatz; Conditorei und Café Bärwinkel am Stadtplatz, Schustermannel in der Nähe der bischöfl. Residenz, beste Weinstube.
Post- und Telegraphenamt, Jesuitengasse im alten Gymnasium, ebenerdig.
Post- und Eisenbahnverbindungen: k. k. priv. österr. Nordwestbahn. Von Leitmeritz in der Richtung nach Tetschen. In der Richtung nach Lissa-Wien.
K. k. priv. österr. Staatsbahn; Station Theresienstadt (Bauschowitz): In der Richtung Aussig-Bodenbach und in der Richtung Prag-Wien.
Postverbindung nach Auscha.
Omnibusfahrten von den Gasthöfen »Krebs« und »zum Hirschen« zu den Bahnen.
Das Dampfschiff verkehrt von Leitmeritz um halb 9 Uhr Vormittags bis Dresden und um 2 Uhr Nachmittags bis Tetschen.
Fahrgelegenheiten sind zu haben im »Hôtel Krebs« (Ferd. Krombholz), im Gasthof »zum Hirschen«, sowie Einspänner bei dem Lohnfuhrwerker Kühnel in der Langen Gasse.
Die Stadt Leitmeritz, ehemals königliche Stadt, liegt am rechten Ufer der Elbe, dort, wo dieser Strom in das deutsche Sprachgebiet tritt und sich seinen Lauf durch das böhmische Mittelgebirge zu bahnen sucht.
Leitmeritz zählte am 31. December 1880 in über 900 Häusern ca. 10.900 anwesende Personen, welche Bevölkerungszahl sich mit den Studenten auf rund 12.000 erhöht. 1869 betrug die Einwohnerzahl in 800 Häusern 10.023. Die geographische Lage ist 50° 31´ 38´´ nördl. Br. und 31° 47´ 50´´ östl. Länge. Sich ansehnlich über das Niveau des Flusses erhebend, bietet die Stadt von der Elbe, sowie von der Theresienstädter Strasse aus einen ungemein malerischen Anblick. Im Vordergrunde sind die hervorragendsten Gebäude der Stadt, nämlich die Elbschlossbräuerei, die bischöfliche Residenz, die Villa Georg, das bischöfliche Seminar mit der Jesuitenkirche, die Klosterschule u. s. w., dann lehnt sich unmittelbar hinter der Stadt gegen Norden eine Hügelkette, die Maschkahora (auch mastna hora, eigentlich mostská hora) an, die dann an die waldbedeckten Höhen des Mittelgebirges, an den »Kreuzberg« mit dem »langen Berge«, den Hradischken und im Westen an die Radebeule (fälschlich Radobyl genannt) anschliessen. Die Berge ringsumher gehören der Basaltformation an, während im Thale Plänerkalk mit Sandstein und dem reinen Angeschwemmten der Elbe wechseln. Nach Süden öffnet sich die weite Ebene ins Innere Böhmens, welche bloss den »Říp« (Georgsberg) bei Raudnitz als bedeutendere Bodenerhebung aufzuweisen hat.
Leitmeritz, bis vor wenigen Jahren die bedeutendste Stadt des nach ihr benannten Kreises, hat sich weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus einen bedeutenden Ruf als Schulstadt erworben; die Mittelschulen erfreuen sich eines sehr zahlreichen Besuches.
Das k. k. Obergymnasium ist seit 1879 in einem palastartigen neuen Gebäude untergebracht.
Die Communal-Oberrealschule wurde in ihrer heutigen Gestalt 1864 eröffnet und befindet sich seit 1865 in einem neuen prachtvollen Gebäude.
Die k. k. Lehrerbildungsanstalt ist leider nur nothdürftig untergebracht.
Die theologische Lehranstalt, in Verbindung mit einem bischöflichen Priesterseminar, befindet sich in den Räumen des ehemaligen Jesuitencollegiums.
Das Taubstummen-Institut wurde 1858 gegründet und wird vornehmlich vom Lande unterstützt.
Ausser der städtischen Knabenvolks- und der städtischen Mädchenvolks- und Bürgerschule besteht in Leitmeritz auch noch eine fünfklassige Mädchenschule der Schulschwestern vom heil. Karl Boromäus mit Pensionat.
Von industriellen Unternehmungen sind anzuführen:
1. Die Actienbrauerei zum »Elbschloss«.
2. Die bürgerliche (städtische) Brauerei.
3. Die Dampf- und Kunstmühle.
4. Die Malzfabrik der Firma Bergwein im ehemaligen Schanzenbräuhause.
5. Die Actiengesellschaft für Kalk- und Ziegelbrennerei.
6. Die Spinnfadenfabrik.
Ferner bestehen von Gewerbsunternehmen die Brettsägen von Frz. Gudera, sowie Ed. Salomon, die Essigfabrik von Herrnheiser, die Metall- und Glockengiesserei von F. Herold, die Eisengiesserei von Mandler, die Maschinenschlosserei von Josef Fiedler, die Lederfabrik von Joachim Taussig's Söhnen u. s. w.
Von Geldinstituten wären zu nennen: 1. Die Communalsparkasse, 2. der Spar- und Vorschussverein für Leitmeritz und Umgebung, sowie 3. die Filiale der böhmischen Eskomptebank.
Geschichte:
Wie bei so vielen andern Orten verliert sich auch die Gründung der Stadt Leitmeritz in das Dunkel der Geschichte Böhmens. Abgesehen von zahlreichen Gräberfunden, welche erst vor 2 Jahren wieder auf den Lehmfeldern der Lopata'schen Ziegelei erfolgten, die beweisen, dass das fruchtbare Elbethal schon in der vorgeschichtlichen Zeit stark bewohnt war, wissen wir, dass nach der Einwanderung der Slaven sich ein Stamm derselben, die Luthomirici, hier niederliess. Als Mittelpunkt des Stammes galt eine Burg, die denselben Namen wie der Stamm, nämlich Luthomirici, führte und am jetzigen Domhügel lag. Gegenwärtig sind keine Spuren davon mehr wahrnehmbar. Um die Burg herum lagen schon in uralter Zeit zahlreiche Dörfchen, die ihren Namen noch bis heute erhalten haben. Die Verwaltung der Burg und des dazugehörigen Landstriches leiteten Gaugrafen. Schon um das Jahr 1057 wurde auf der Leitmeritzer Burg eine Kirche gegründet und dem heil. Stefan geweiht; sie stand an der Stelle der jetzigen Domkirche.
In der Nähe der Burg und ihrer Kirche siedelten sich allmählig unter den letzten Regenten aus dem Hause der Pržemysliden zahlreiche, aus Deutschland hereingekommene Familien an; sie legten so den Grund zu der eigentlichen Stadt Leitmeritz, die schon vom König Wenzel I. mehrfache Freiheiten und Rechte erhielt, welche seine Nachfolger nicht nur bestätigten, sondern auch vermehrten. So wurde das Magdeburger Stadtrecht in Leitmeritz eingeführt und zur Handhabung desselben ein eigener Gerichtshof daselbst eingesetzt. Neben dem Ackerbau bildeten Handel und Gewerbe die vorzüglichste Nahrungsquelle der Bevölkerung; besonders blühte der Handel; niemand durfte stromauf- oder abwärts Waaren verfrachten, ohne sie vorher in Leitmeritz ausgeladen und zum Verkaufe ausgestellt zu haben. Zum Zeichen des letzteren Rechtes, des Stapelrechtes, wurde eine aus Stein gehauene Figur in der Nähe des Stromes aufgestellt, der sogenannte »Roland«, der gegenwärtig an der nördlichen Ecke des alten Rathhauses, in dem sich jetzt das k. k. Kreisgericht befindet, auf einem Pfeiler steht.
Einer besonderen Begünstigung erfreute sich Leitmeritz, wie alle Städte Böhmens, unter der Regierung des städte- und bürgerfreundlichen Karls IV., welcher der Stadt grosse Strecken Wald, Ackerland und Weinberge schenkte, die Neuanlage von Weinbergen begünstigte, wodurch er den Weinbau im Elbethal ungemein förderte. Zu jener Zeit erfreute sich Leitmeritz bereits einer hohen Blüte, und Wohlstand, ja selbst Reichthum waren in der trefflich gelegenen Stadt keine Seltenheit.
Aber bald sollte die Stadt von Zeiten des Schreckens heimgesucht werden; es kamen die verheerenden Husitenkriege. Am 29. Mai 1421 fiel nach langem, energischen Widerstand die Stadt in die Hände der Husiten. Die vertriebenen Bürger und Priester zogen theils in die noch deutschen Städte des Bielathales, theils nach Meissen. Jahrelang tobte der Kampf der Parteien um die Mauern der Stadt. Auch als Leitmeritz unter die Botmässigkeit König Sigismunds (1436) zurückgekehrt war, blieb die Stadt tschechisch, und die Deutschen, die sich des Handels und der Gewerbe wegen in der Stadt eingefunden hatten, waren nach wie vor von Aemtern und Würden ausgeschlossen.
Auch die folgende Zeit des Streites zwischen den Städten und dem Adel in Böhmen war für die Stadt nicht günstig. Sie konnte in dem Streite umsoweniger verschont werden, da rings umher eine gute Anzahl adeliger Burgen und Schlösser lag. Diese Streitigkeiten verzehrten bedeutende Summen. Zwar wurden die alten Handelsrechte der Stadt, auf die in den bewegten Zeiten so oft vergessen worden war, wieder hergestellt, aber bald darauf der Handel mit dem Auslande untersagt, wodurch eine wichtige Einnahmequelle versiegte. Ueber Leitmeritz erging wegen seines[216] Widerstandes gegen Ferdinand I. das Strafgericht, indem das alte Magdeburger Stadtrecht abgeschafft und königliche Richter eingesetzt, sowie die Güter der Stadt eingezogen wurden. Leitmeritz war tiefer gedemüthigt als je. Als kümmerlichen Ersatz erhielt Leitmeritz das Collegium im Jahre 1549, aus dem sich das heutige k. k. Obergymnasium entwickelte.
Nach einigen Jahrzehnten der Erholung brach der dreissigjährige Krieg herein. Der Friede von 1648 brachte auch Leitmeritz Ruhe und Frieden. Ausser der Kriegsfurie wüthete 1649 auch noch eine furchtbare Pest und im Jahre 1655 eine grosse Ueberschwemmung.
Erwähnt sei die Errichtung des Leitmeritzer Bisthums im Jahre 1655. Der erste Bischof war Maximilian Rudolf Freiherr von Schleinitz. Er baute die jetzige Domkirche, deren Thurm erst jetzt vollendet werden soll.
Kurz nach dem dreissigjährigen Kriege wurde Leitmeritz wieder eine deutsche Stadt.
Auch die Kriege unter Maria Theresia gingen an Leitmeritz nicht spurlos vorüber. Im Jahre 1741 hausten polnische und sächsische, 1742 französische Truppen in der Stadt, und im Jahre 1757 nach der Schlacht bei Kolin wohnte Friedrich II. selbst durch eine Woche in der bischöflichen Residenz. Am 1. Oktober 1756 tobte der Kampf in der unmittelbaren Nähe der Stadt, indem an diesem Tage die Schlacht bei Lobositz geschlagen wurde.
Im Jahre 1780 wurde unter Kaiser Josef II., der siebenmal Leitmeritz besuchte, die Festung Theresienstadt gegründet. Die Napoleonischen Kriege berührten die Stadt nicht unmittelbar, und so konnte sich im letzten Jahrhundert die Stadt ruhig entwickeln.
Sehenswürdigkeiten. Leitmeritz, welches in die eigentliche Stadt und mehrere Vorstädte zerfällt, die freilich mit einander unmittelbar zusammenhängen, macht auf den Besucher den Eindruck einer Stadt, die schon in früheren Jahrhunderten von einiger Bedeutung gewesen sein muss. Der Ringplatz oder der Stadtplatz bildet den Mittelpunkt der Stadt und ist von grosser Ausdehnung; seine Länge beträgt 235, die Breite 126 Schritte. Die Häuser sind meist neuerer Bauart; doch hie und da schaut noch ein Giebel hervor, dem man es ansieht, dass er schon manches Menschengeschlecht, manches Jahrhundert an sich vorüberwandeln sah. Die Laubengänge sind meist schon verbaut. Wir wollen nun die hervorragendsten Bauwerke hier anführen:
1. Das alte Rathhaus, an der Ostseite des Stadtplatzes gelegen, beherbergt jetzt das k. k. Kreisgericht in seinen Räumen.
2. Das Gemeindehaus, ebenfalls am Stadtplatze, enthält die Kanzleien des Bürgermeisteramtes, der Sparkasse und im[217] Parterre die Gasthauslocalitäten »zum schwarzen Adler«. Im Hofe befindet sich das Stadttheater. Im Bürgermeisteramte wird das hochinteressante und historisch äusserst werthvolle *Cantional aufbewahrt, eine Sammlung lateinischer Kirchengesänge aus der Zeit der husitischen Herrschaft in Leitmeritz und zum gottesdienstlichen Gebrauche bestimmt. Das gewaltige, in Leder gebundene und mit kunstvollen Messingbeschlägen gezierte Buch umfasst 465 Pergamentblätter, ist 29 Zoll hoch, 19 Zoll breit und wiegt 110 Pfund. Das Buch ist über und über mit herrlichen Initialen und prachtvollen Miniaturen bedeckt, viele Buchstaben und Noten sind mit reinem Golde auf das Pergament aufgetragen. Dies reichgeschmückte Cantional gehört zu dem Bedeutendsten, was die Kunst dieser Art in Böhmen geleistet.
3. Die *Dekanalkirche zu Allerheiligen nächst dem Stadtplatz. Eine besondere Erwähnung verdient das in der Kirche beim Seitengange stehende zinnerne Taufbecken aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, eines der schönsten Werke dieser Art in Böhmen. Unmittelbar an der Kirche erhebt sich der mächtige Stadtthurm, 53m hoch. Sein Inneres birgt ein wahres Meisterwerk der Holzbaukunst, den gewaltigen Glockenstuhl, der vom Grund des Bodens ganz frei ohne jede Verbindung mit der Mauer aus Eichenholz hergestellt ist. Er trägt 7 Glocken, von denen die grösste 81 Centner, die nächste 47 Centner wiegt. Von der Gallerie des Thurmes aus bietet sich eine herrliche *Aussicht über die Stadt und ihre Umgebung dar.
4. Das *Kelchhaus am Stadtplatz, erbaut von dem reichen utraquistischen Bürger Johann Mraz von Mileschowka und um 1584 vollendet. Von dem kelchartigen Thurme, dem utraquistischen Symbole, der seitdem ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt geblieben ist, geniesst man ebenfalls eine weite *Rundsicht. Nach dem dreissigjährigen Kriege wurde das Kelchhaus als Proviantmagazin benützt, daher noch der heutige Name desselben, Provianthaus. Gegenwärtig ist in demselben – allerdings nicht besonders zweckmässig – die städtische Mädchen-Volks- und Bürgerschule untergebracht. In einem Parterrelocale befindet sich auch das *Gewerbemuseum, das recht interessante Gegenstände aufweist.
5. Die Schulpaläste, nämlich die Communal-Oberrealschule und das k. k. Obergymnasium in den Anlagen, haben wir schon weiter oben besprochen.
6. Der Dom. Die Bauten des Domes erheben sich auf einem Hügel, zu dem man durch die Domgasse von der Stadt aus gelangt. Nach Erhebung zum Bisthume legte der erste Bischof Maximilian Rudolf von Schleinitz den Grundstein zur gegenwärtigen *Cathedrale, welche von dem zweiten Bischof Franz Grafen[218] von Sternberg 1681 eingeweiht wurde. Die Domkirche ist im nüchternen Baustyle des 17. Jahrhunderts aufgeführt. Mit einem gedeckten Gang ist mit dem Dom die bischöfliche Residenz verbunden. Dieselbe enthält ausser einer ziemlich umfangreichen Bibliothek auch eine Sammlung *werthvoller Gemälde, die vom gegenwärtigen hochw. Bischof Dr. Ludwig Anton Frind zum Theil restaurirt worden sind. Ferner erheben sich auf dem geräumigen Domplatze das Consistorialgebäude, kenntlich durch das an demselben angebrachte Wappen des Bischofs M. A. von Lachsen usw.; endlich die aneinander gereihten Wohnungen der einzelnen Domherren. Die Lage der bischöflichen Residenz gewährt eine weite und ungemein reizende *Aussicht auf den ganzen Lauf der Elbe von Raudnitz bis Lobositz, wo sie sich nordwärts in's Gebirge wendet, sowie auf den grössten Theil der Stadt und der jenseits derselben und am linken Ufer der Elbe sich ausbreitenden Fluren zwischen dem Mittelgebirge und der Eger.
7. *Elbschlossbrauerei. In der That wie ein stolzes Elbschloss thront auf einem Plateau an der Elbe die Elbschlossbrauerei, der wir schon oben Erwähnung gethan haben. Sehenswerth ist die schöne geräumige *Braustätte, mit ihrer kühnen Wölbung, ferner die grossartigen Kellerräume, die mit ihren labyrinthartigen Gängen eine kleine unterirdische Stadt bilden. Die *Gartenrestauration mit den schattigen Kastanienbäumen, sowie dem amerikanischen *Pavillon gewährt einen recht angenehmen Aufenthalt während der schönen Sommertage. Herrliche Aussicht!
8. Das bischöfliche Seminar, welches in dem ehemaligen Jesuitencollegium untergebracht ist, ist mit der Kirche Maria Verkündigung, für gewöhnlich Jesuitenkirche genannt, verbunden. In einer Nische unterhalb der Bogenwölbung an der sogenannten Jesuitenstiege erhebt sich das Denkmal des vaterländischen Dichters Josef Emanuel Hilscher, der am 22. Jänner 1806 in Leitmeritz geboren wurde und nach einem unglücklichen Soldatenleben im Mai 1837 als Feldwebel starb.
9. Das Kapuzinerkloster mit der Kirche der heil. Ludmilla am Kapuzinerplatz.
10. Das Dominikanerkloster mit der Kirche des heil. Jakob in der Dominikanergasse.
11. Die Kirche des heil. Adalbert in der Vorstadt Sasada.
12. Die Kirche des heil. Wenzel, während der Pest 1713 in Folge eines Gelübdes von dem italienischen Baumeister Broggio im italienischen Renaissancestyl erbaut, später aufgehoben und[219] als Getreideschüttboden benützt, seit 1852 wieder dem Gottesdienste geweiht.
13. Die Kirche des heil. Johann des Täufers unterhalb des Domhofes in der Rudolfsgasse an der Nordwestbahn, 1465 gegründet, im dreissigjährigen Kriege zerstört und 1682 wieder hergestellt.
14. Das Marien-Hospital an der Schüttenitzer Strasse, im Jahre 1845 vom Bischof Augustin Bartholomäus Hille erbaut.
15. Die alte Sct. Georgskirche nächst dem Domhofe, oberhalb der Vorstadt Fischerei auf einem Hügel gelegen, von Leitmeritzer Fischern gegründet und zur Pfarrkirche der Vorstadt Fischerei bestimmt. Auf dem Friedhofe rings um die Kirche wurden die Leitmeritzer Fischer beerdigt; jetzt erhebt sich dort die dem Leitmeritzer Bürger Baschta gehörige Villa Georg.
Wenn wir nun noch
16. die Elbebrücke erwähnen, so haben wir die bedeutendsten Bauten und Sehenswürdigkeiten von Leitmeritz angeführt. Der Bau der gegenwärtigen ärarischen Eisenbrücke, nach Schiffkorn'schem System construirt, wurde 1857 bewilligt und 1858 bis 1859 vollendet.
(Bis zu 2 Stunden.)
Ehe wir daran gehen, die Umgebung von Leitmeritz, die an Naturschönheiten so reich ist, aufzusuchen, müssen wir vor allem dem Lieblingsspaziergange der Leitmeritzer, der lieblichen *Schützeninsel, in unmittelbarer Nähe der Stadt, einen Besuch abstatten. Die Schützeninsel ist zum grössten Theile mit herrlichen Bäumen, darunter mehrhundertjährigen majestätischen Eichen bewachsen und wurde in den letzten Jahren durch die Fürsorge des im Jahre 1868 gegründeten Anpflanzungsvereines zu einem Parke umgestaltet, der selbst einer Grossstadt zur Zierde gereichen würde. In der Mitte der Insel befindet sich das mit einer Restauration verbundene Schützenhaus.
*Die Radebeule, auch Radobyl genannt, ist jener mächtige Basaltkegel im Westen der Stadt, welcher mit dem ihm gegenüberliegenden Lobosch gewissermassen die Wache am Eingange der böhmischen Schweiz hält. Ein gewaltiges gusseisernes Kreuz krönt den Berg, von dessen Gipfel man eine herrliche Rundsicht über einen grossen Theil des nordwestlichen, sowie des mittleren Böhmen geniesst. Ein gut gangbarer Weg führt von Leitmeritz aus auf den Berg, dessen Fuss von Reben umrankt wird.
Nördlich von der Radebeule erhebt sich der *Kamaiker Eisberg. Von Leitmeritz gelangt man in einer Stunde auf der[220] Kamaiker Strasse nach dem Orte Kamaik mit der Burgruine gleichen Namens. Oberhalb dieser Ruine, die weithin in's Elbethal sichtbar ist, liegt der erwähnte Eisberg, merkwürdig dadurch, dass man in heissen Sommertagen, besonders nach einem Regen, in den vom Steingerölle umgebenen Gruben Eis findet. Am nördlichen Abhange des Eisberges steht, eine anmuthige Idylle bildend, die Kapelle des heil. Johannes des Täufers in der Wüste, von wo aus, unter den Aesten mächtiger Eichen hinweg, das Auge über eine prächtige Elbelandschaft zu schweifen vermag. Die Aussicht ist besonders nach Süden und Südosten reizend. Von Kamaik kann man nun entweder den Abstieg zur Elbe nach Gross-Tschernosek oder auch nach Libochowan nehmen.
Gross-Tschernosek liegt in der Richtung gegen Milleschau und ist berühmt wegen des dort gebauten Weines. Unter dem Namen »Tschernoseker« kommt eigentlich aller im Leitmeritzer Elbegau producirte Wein in den Handel. Eine Sehenswürdigkeit in Tschernosek bildet der *gräfl. Nostiz'sche Weinkeller, der horizontal in den Berg hineingebaut ist. Dieser Keller stammt zum Theil aus dem 13. Jahrhundert und zeichnet sich durch seine riesige Ausdehnung aus. 50.000 Eimer Wein vermögen darin ganz gut untergebracht zu werden. Durchschnittlich enthält er 8000 Eimer.
Nach Libochowan führt von Kamaik aus eine Fahrstrasse über das obstbaumreiche Dorf Rschepnitz zur Elbe. Bei Libochowan befinden sich Wälle aus der Keltenzeit, wie auch in der Nähe des genannten Dorfes vor einigen Jahren Heidengräber entdeckt wurden. Zwischen Tschernosek und Libochowan erhebt sich an der Elbe der Dreikreuzberg.
Sehr beliebte und sehr besuchte Ausflugsorte sind die Einsiedelei *Skalitz, die Villa *Mentau und *Kundratitz. Wir können alle drei Punkte in einem auf einen Nachmittag berechneten Spaziergange besuchen. Unser erstes und nächstes Ziel sei die Einsiedelei Skalitz, welche dort am Bergesabhange zwischen grünen Waldbäumen hervorlugt. Wir können entweder den Weg über das nahe Pokratitz in nördlicher Richtung einschlagen, um am Bachesrande im schattigen Thale vorwärts zu schreiten, oder wir können auch auf der bequemeren, von zwei Obstbaumalleen begrenzten Schüttenitzer Strasse über das zwischen Obstbäumen gelegene Dorf Schüttenitz, welches das mildeste Klima in Böhmen besitzen soll, die Skalitzer Höhe erreichen. Die so anmuthige Einsiedelei ist gegenwärtig von einem Förster bewohnt, bei welchem man einen ganz guten Kaffee, sowie Bier u. s. w. erhält. Unweit des Försterhauses streckt ein kleines Kirchlein seinen Thurm in die Höhe, und unterhalb des Hauses zeigt man eine Höhlung in Sandsteinfelsen, welche dem Einsiedler[221] als Wohnung diente. Natürlich geniesst man von hier eine prachtvolle Fernsicht auf die weite Ebene, durch welche sich der Elbstrom schlingt.
Etwas höher und westlich von Skalitz blickt die Villa Mentau vom Bergesabhange in's weite Thal hinab. Diese Villa wurde erst im Jahre 1878 von dem Herrschaftsbesitzer und Grossindustriellen Edlen von Schroll in Liebeschitz, dem Besitzer des Waldes, welcher diese Höhen schmückt, mit einem Kostenaufwande von 40.000 fl. erbaut und dient ebenfalls einem Förster, der gleichzeitig Restaurateur ist, als Wohnung. Unten in der Thalschlucht, dem Melbiner Thale, verborgen hinter mächtigen Bäumen, klappert die Melbiner Mühle, wo man auch leibliche Stärkung erhalten kann, und an unser Ohr dringt das einförmige und doch so anheimelnde und wohlthuende Rauschen des klaren Gebirgsbaches, der sich durch dichtes Gebüsch über Stock und Stein seinen rauhen Weg gebahnt.
Doch wir müssen weiter; noch einen Blick auf das grosse und schöne Panorama zu unseren Füssen, und wir setzen unseren Bergstock wieder fest auf, um über Wiesen und Fluren und durch den schattigen Wald den Bergesrücken zu erklimmen, hinter welchem ein wahres Kleinod des böhmischen Mittelgebirges verborgen liegt, wir meinen die Sommerfrische *Kundratitz. Hier sei erwähnt, dass man von Mentau aus auch auf den Berg Hradisken gelangen kann, der sich durch eine schöne Rundsicht auszeichnet. Unser Ziel ist jedoch, wie gesagt, Kundratitz. Zwischen den Waldbäumen sehen wir nach halbstündiger Wanderung, nördlich von Mentau, die Villa »Henriettenruh« hervorschimmern und bald ruhen wir im Schatten des Waldes, unmittelbar an der Villa, von unserem immerhin etwas anstrengenden Marsche aus. Man kann Kundratitz auch von einer anderen Seite von Leitmeritz aus erreichen, indem man auf der Strasse über Pokratitz nach Hlinay geht, wobei sowohl Skalitz als Mentau rechts liegen bleiben. Nachdem wir uns gestärkt, betreten wir die Terrasse der Villa und erquicken unser Herz an der überraschend schönen Fernsicht, die man von hier aus geniesst. Ein landschaftliches Bild, wie es lieblicher, prächtiger nicht gedacht werden kann, eröffnet sich da vor unseren Augen; mehr als dreissig kegelförmige Bergspitzen des Mittelgebirges, mit dem Vater »Milleschauer« in der Mitte, erheben sich in den duftigen Aether, während im Vordergrunde sich das Tlutzner Thal, eingeschlossen von grünen Waldesflächen, mit seinen tausenden von Obstbäumen, aus denen die Dächer der Orte Kundratitz und Tlutzen verführerisch hervorlugen, ausbreitet. Fürwahr, es ist entzückend schön, dieses Landschaftsbild und immer und immer wieder schweift der Blick wie trunken über diese anmuthigen Scenerien, die ihres Gleichen nicht bald wieder haben.
Sind wir einmal 599m über der Meeresfläche, so können wir auch noch etwas weiter steigen und dem in einer guten Viertelstunde erreichbaren Warhorscht einen Besuch abstatten. Von diesem ringsherum frei dastehenden Berggipfel ist die Rundsicht eine vollständige, aber auch eine grossartig schöne. Von hier aus überblickt man das Teplitzer Thal und das ganze herrliche Thal von Aussig, Kulm bis Teplitz, weiter Dux, Ossegg u. s. w. Der schwarze Maulwurfshügel in der Ebene ist der Teplitzer Schlossberg, der uns leider die alte Thermenstadt verdeckt.
Dort oben am Kamme des Erzgebirges winkt das Mückenthürmchen herüber, während weiter im Norden die Nollendorfer Kirche sichtbar wird. Recht deutlich bemerkt man auch den hohen Schneeberg bei Bodenbach. Mehr im Vordergrunde windet sich die Elbe durch die Berge, und soeben sehen wir vor uns in der Tiefe den Dampfer in Salesl landen. Nördlich, wo die Elbe in den Bergen verschwindet, klebt nett und winzig der Schreckenstein, der uns nicht gestattet, mehr als bloss einige Häuser der gewerbefleissigen Elbestadt Aussig zu sehen. Gegen Nordosten schimmern in blauer Ferne die Berge des Isergebirges und vom Jeschken bei Reichenberg ragt der Gipfel, für unser Auge sichtbar, gegen den Himmel. Wenden wir uns nunmehr gegen Süden, so ist die Landschaft eine ganz veränderte; eine meilenweite Ebene erstreckt sich nach Süden, in welcher sich bei Raudnitz der Říp und einige weniger bedeutende Höhen erheben. Es würde zu weit führen, wollten wir hier eine ausführliche Schilderung dieser wundervollen Rundsicht, die in dieser Gegend jedenfalls nur von jener des Milleschauer übertroffen wird, wiedergeben.
Kundratitz gewinnt als Sommerfrische von Jahr zu Jahr an Beliebtheit und sind es Familien aus Dresden, Berlin, Prag usw., die mehrere Wochen des Sommers in stiller Abgeschiedenheit hier zubringen.
Ein von Kundratitz in einer guten halben Stunde zu erreichender Aussichtspunkt ist die *Wache, ein Gebirgsvorsprung unterhalb des Warhorscht, mit einem herrlichen Einblick in's Elbethal. Ein weiterer Spaziergang von Kundratitz aus ist das lange Loch oder der Höllengrund, ein Felsenabsturz rechts von der Strasse nach Tschersing. Das Dorf Tschersing ist in ¾ Stunden von Kundratitz zu erreichen. Von hier führt eine romantische Thalschlucht zum Elbethal gegen Sebusein.
Eine Reihe prächtiger Waldpartien, die freilich noch weniger bekannt sind und von Fremden ohne Führer nicht gemacht werden können, lassen sich von Skalic aus unternehmen. Wir nennen hier Neuhof, die Tetschner Aussicht und das Dorf Babina.
Grössere Partien: Wer einen ganzen Tag aufwenden will, ohne sich dabei anzustrengen, dem ist die Partie nach Triebsch zu empfehlen.
Von Leitmeritz aus schlagen wir die Aerarialstrasse nach Trnowann ein. Hinter diesem Orte führt die Strasse über den *Weissen Berg, welchen bereits in diesem Jahre ein Standbild Kaiser Josefs II. krönen wird, das die Landwirthe des Ploschkowitzer Thales dem grossen Volkskaiser zu errichten gedenken. Von der Höhe des Weissen Berges bietet sich dem Beschauer ein reizendes landschaftliches Gemälde dar. Ueber Leitmeritz hin breitet sich die weite Ebene aus, die von den Bergen des Mittelgebirges begrenzt wird, während in der Richtung gegen Ploschkowitz, das Ploschkowitzer Thal, mit seinen überaus fruchtbaren Fluren, seinen ungezählten Obstbäumen und den Bergeshöhen wie ein Schmuckkästchen der Natur daliegt. Wieder am Fusse des Hügels angelangt, weichen wir links von der Auschaer Strasse ab und schlagen die Bezirksstrasse nach *Ploschkowitz ein, das wir in einer Viertelstunde (von Leitmeritz 1½ St.) erreichen. Ploschkowitz besitzt ein prächtiges kaiserliches Schloss mit einem Parke im französischen Styl.
Wir wenden uns nördlich über Techobusitz gegen Triebsch, das sich anmuthig am Fusse des Kelchberges ausbreitet und das zweit grösste Dorf des Leitmeritzer Bezirkes ist. (3 Stunden von Leitmeritz.) Der Kelchberg steigt in 2 Terrassen auf; er ist bequem zu besteigen und bietet eine schöne Aussicht nach allen Richtungen. Im Orte Triebsch befindet sich ein Herrenhaus mit einem sehr hübschen Parke.
Den Rückweg nach Leitmeritz schlagen wir über Kudeslawitz ein. Dieses Dorf liegt am südlichen Abhange der »Dreiberge« und erfreut sich schöner Waldungen, die von Strassen durchschnitten werden, so dass der Wald einen parkähnlichen Charakter erhält. Am Bergabhange führt die Strasse über Pohorschan nach Schüttenitz und von da nach Leitmeritz. Von Pohorschan windet sich die Strasse zwischen dem langen Berge und dem Goldberge hindurch.
Wenn man nun die Trnowanner Strasse, statt unterhalb des Weissen Berges abzuzweigen, weiter einschlägt, so gelangt man nach dem Marktflecken Liebeschitz (2½ St. von Leitmeritz) mit einem herrschaftlichen Schloss und Park des Edlen von Schroll. In einer guten halben Stunde erreicht man die Stadt Auscha, bekannt durch ihren Hopfenhandel.
Nördlich hievon liegt der *Geltschberg, der höchste Berg der Gegend. Am Fusse desselben befindet sich die Kaltwasseranstalt *Geltschbad mit schönen Spaziergängen und Waldpartien. (1 Stunde von Auscha.)
Unweit hievon das Städtchen Lewin (1 Stunde von Auscha) auf einer Anhöhe gelegen, zeichnet sich durch einen regen Handel und Gewerbefleiss aus.
Von Auscha eine Stunde entfernt, ist die Burg Hradek; ferner ist zu erwähnen das Dorf Konojed (1 Stunde von Auscha), mit Schloss, einem ehemaligen Kloster und Garten.
Unweit von Konojed erhebt sich der Eichberg, an dessen Ostseite ein interessanter Basaltsteinbruch mit schiefliegenden Basaltsäulen sich befindet.
In derselben Richtung liegen Graben und Drum. Im letzteren Orte ist ein bischöfliches Schloss.
Eine Partie, die man per Bahn unternehmen kann, ist die nach Liboch a. d. Elbe. Liboch zeichnet sich durch hervorragenden Weinbau aus. Romantisch ist das östlich gelegene Thal Kokorschin.
Eine grössere Partie über das Mittelgebirge bildet die von Leitmeritz nach *Grosspriesen, und kann man zwei Wege einschlagen. Die erste Tour hält sich an die Strasse, welche über Schüttenitz, Pohorschan, Stankowitz, Ritschen und Proboscht, wo sich in einer Felsenschlucht die romantische Kaisermühle befindet, in das Grosspriesner Thal führt. Dieser Weg ist ungemein anziehend, da er lange Strecken durch herrliche Forste hinzieht. Im Grosspriesner Thal sind bei Salesl die Kohlenwerke bemerkenswerth. Der Bergverwalter Herr Kastelly besitzt eine reiche mineralogische Sammlung, die er Besuchern gern zeigt.
Der zweite Weg ist schwer zu finden und kann nur zu Fuss zurückgelegt werden; er zieht sich über Skalitz, Neuhof, den Hohenstein und die Tetschner Aussicht nach Proboscht.
Es liessen sich noch mancherlei herrliche Partien in der Umgebung von Leitmeritz anführen, allein dieselben sind zu wenig bekannt und von Fremden nicht so leicht auffindbar. In diesem herrlichen Gau hätte ein Gebirgsverein eine grosse und schöne Aufgabe zu erfüllen, und wir wollen hoffen, dass es doch noch gelingt, dieses schöne Stück Erde dem Touristenstrom zu erschliessen.
Eisenbahnen: 1. Oesterreichische Staatsbahn-Linie: Aussig-Bodenbach-Dresden; Aussig-Prag-Wien. 2. Oesterreichische Nordwestbahn, rechtes Elbeufer – nach Tetschen in 50, nach Leitmeritz in 50 Minuten. 3. Aussig-Teplitzer Bahn – nach Teplitz (40 Min.), Dux-Bilin-Brüx-Komotau und Anschluss nach Karlsbad-Eger. 4. Bielathal-Bahn, Bahnhof in der Nähe der chemischen Fabrik, nach Bilin-Sauerbrunn in 2 Stunden.
Dampfschifffahrt gegen Leitmeritz und gegen Tetschen, Herrenskretschen, Schandau, Dresden.
Gasthöfe: »Goldene Krone« am Marktplatz, »englischer Hof« in der Lindenstrasse, »Goldener Engel«, »Stadt London«, »Stadt Prag« am Markt, Hohes Haus« bei der Bahn.
Restaurationen: Belvedere- und Dampfschifffahrts-Restauration mit schöner Aussicht; Schmidt's Restauration und Garten, grosse Wallstrasse, Elisium mit Garten, Ostervorstadt; Ferdinandshöhe auf einem Vorsprung des Galgenberges mit prächtiger Aussicht.
Post- u. Telegrafenamt. – Buchhandlung.
Aussig liegt am linken Elbeufer, an der Mündung der Biela in die Elbe, sowie am Fusse des Střezowitzer und des Marienberges, welcher letztere, aus Klingstein bestehend, wegen der mannigfaltigen Mineralien merkwürdig ist. Vom Gipfel desselben geniesst man eine herrliche Aussicht in das Elbthal und die Gebirgsketten diesseits und jenseits des Stromes, von dessen Ufern sich der Marienberg fast senkrecht erhebt. Unmittelbar über der Stadt erhebt sich *die Ferdinandshöhe mit prachtvoller Aussicht (früher waren hier die Ruinen der Burg Witrusch).
Geschichtliches: Die Gründung der Stadt soll schon im J. 827 erfolgt sein. Im Jahre 1277 wurde sie der Krone von Böhmen einverleibt, 1282 an Otto von Brandenburg abgetreten und vom Kaiser Rudolf von Habsburg der böhmischen Krone wieder zurückgegeben.
Während des Husitenkrieges verpfändete Kaiser Sigmund die Stadt an die Meissner, was eine grosse Erbitterung in Böhmen hervorrief und eine Belagerung der Stadt zur Folge hatte. Ein meissnisches Ersatzheer wurde zwar am 16. Juni 1426 vollständig besiegt, allein die Stadt dabei so eingeäschert und verwüstet, dass sie drei Jahre lang ganz verödet blieb. Ein zweites, trauriges Loos traf die Stadt am 8. Mai 1538, wo ein grosser Theil derselben sammt der Stadtkirche in Flammen aufging. Ferdinand I. gab der Stadt Aussig für die Treue, welche sie ihm gelegentlich der Zwistigkeiten zwischen Karl V. und dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen bewies, nebst vielen anderen Vorrechten auch Sitz und Stimme im Landtage. Während des 30jährigen Krieges wurde Aussig 1631 von sächsischen Truppen verwüstet und in Brand gesteckt, dagegen ist es während des 7jährigen Krieges und bei dem Einfalle der Franzosen im J. 1813 von grösseren Unglücksfällen verschont geblieben.
In neuester Zeit ist die Stadt durch ihre äusserst günstige Lage an der schiffbaren Elbe, in unmittelbarer Nähe des ausgedehnten, reichhaltigen nordwestböhmischen Braunkohlenbeckens, durch die zahlreichen Eisenbahnen ein bedeutender Handels- und Industrieplatz geworden. Die Einwohnerzahl ist seit 1869 bis zum 31. Dezember 1880 von 10.000 über 16.000 gestiegen. Die im J. 1857 von einer Actiengesellschaft gegründete chemische[226] Fabrik für chemische und metallurgische Production ist eine der grössten Europas und beschäftigt über 1300 Arbeiter. Sie liefert Schwefelsäure, Sulfate, Salzsäure, Superphosphate u. s. w., besitzt eine eigene Gasanstalt, welche auch die Stadtbeleuchtung besorgt, eine Dampfziegelei u. s. w. Der Flächenraum des Fabriksgebietes beträgt 58 Hekt. An Arbeitslöhnen wird wöchentlich die Summe von 12.000 fl. ausgezahlt. Der Kohlenverbrauch belief sich im Jahre 1880 auf 12.734 Waggon zu 11 Tonnen.
Weitere industrielle Etablissements befinden sich hier: eine Lederfabrik, zwei Siderolithwaarenfabriken, Baumwollspinnerei, Glasfabrik, Paraffinfabrik, Webewaarenfabrik, Bandfabrik u. s. w. Viele Braunkohlenniederlagen. Die Kohlenverfrachtung auf der Aussig-Teplitzer Bahn grossartig.
In Aussig wurde am 12. März 1728 während eines vorübergehenden Aufenthaltes seiner in Dresden wohnhaften Eltern Anton Raphael Mengs geboren.
Sehenswürdigkeiten: 1. Die im sogenannten altgothischen Style erbaute und mit einer kunstreich gearbeiteten steinernen Kanzel versehene Dekanalkirche. Dieselbe besitzt eine kostbare *Madonna, die sich in einem feuerfesten eingemauerten Schreine befindet und nur bei hohen Festen ausgestellt ist. Dieses prachtvolle Bild von bedeutendem Kunstwerthe ist nach dem Urtheile gewiegter Kenner (auch Göthe schloss sich dieser Ansicht 1813 an) ein Werk Carlo Dolce's. Fälschlich hat man es dem obgenannten Anton Raphael Mengs zugeschrieben, welche Annahme aus dem Grunde unstatthaft ist, als Raphael Mengs zur Zeit der testamentarischen Uebergabe des Bildes an die Decanalkirche (1737) 9 Jahre alt war. Das Gerücht mag deshalb entstanden sein, dass die Erblasserin Margaretha Fischer geb. Rochus von Lindenfels die Besitzerin des Geburtshauses des wiederholt genannten Raph. Mengs gewesen und das Bild nach der übereinstimmenden Aussage vom Vater Raphaels, dem sächsischen Hofmaler Ismael Mengs, zum Geschenke erhielt. 2. Die St. Adalbertskirche bei dem Dominikanerkloster, im Renaissancestyl erbaut. 3. Die grossartige eiserne Elbbrücke, welche die Nordwestbahn mit den Bahnen des linken Elbufers verbindet. 4. Die neue Knabenschule und zwei andere grosse Schulgebäude. 5. Die älteste Kirche ist die Maternus-Kirche, deren Friedhof seit vielen Jahren aufgelassen ist und jetzt in einen Park verwandelt wird. (Die Touren ins böhmische Erz- und Mittelgebirge siehe »Der Besuch des böhmischen Erz- und Mittelgebirges von Teplitz-Bilin, eventuell Lobositz« aus.)
Hier sei Erwähnung gethan der herrlichen Ausflüge zur *Ruine Schreckenstein (½ St.) und auf die *hohe Wostrey (2 St.). Wir gehen von Aussig süd-südöstlich auf das rechte Elbufer und erreichen in einer halben Stunde den[227] Klingsteinfelsen, auf welchem sich die malerischen Ruinen der alten Veste Schreckenstein erheben, die im Sommer der Gegenstand zahlreicher Besuche von Einheimischen und Fremden sind. Der Felsen steht senkrecht 80m hoch über dem Spiegel der Elbe, ist nur von einer Seite zugänglich und macht einen imposanten Eindruck. Zwischen dem Burgfelsen und dem grünbewaldeten Schanzenberge liegt die sogenannte Schäferei. Von hier führt der einzige Zugang zur Burg, ein schmaler Gang, auf dessen beiden Seiten niedrige Gebäude stehen, darunter das alte Bräuhaus, während der Burgfelsen auf der Ostseite auch hier 37·9m hoch senkrecht wie eine Wand aufsteigt. Wir kommen zu dem gut erhaltenen Burgthor, das mittelst einer Treppe passirt wird. Durch das Thor treten wir in den Burghof, welcher mit einer starken Ringmauer umgeben ist. Hier befindet sich die Restauration, für die es seit 1877 ein eigenes Gebäude mit Fremdenzimmern gibt.
Der sogenannte Rittersaal steht mit dem Burghofe durch einen schmalen Gang in Verbindung. Durch die nach der Elbe gerichteten sechs Fenster hat man einen prächtigen Blick in das Thal. Daneben befindet sich ein kleines Gebäude, welches zu Restaurationszwecken verwendet wird. Von hier führt links ein Fusspfad nach einem Felsenvorsprung, einer ehemaligen Warte, welche mit einem Dache versehen ist und einen vorzüglichen Blick auf die eigenthümliche Steinschichtung des Felsens gewährt. Von diesem unteren Theile steigen wir auf einer Treppe in die Hauptburg und dann in die Burgkapelle mit schönen Spitzbogenfenstern; da ist ein Vorsprung mit schöner Aussicht. Sehenswerth sind noch die Burgherrenwohnung, die Citadelle, von welcher noch die Reste von zwei halbrunden Bastionen und ihrer Verbindungsmauer vorhanden sind, und der Wartthurm, welcher mit einem Holzdache versehen ist und bis jetzt den Stürmen der Zeit getrotzt hat. Von hier können wir die Tour auf die hohe Wostrey fortsetzen (1½ St.) oder nach Aussig zurückkehren.
Aussig-hohe *Wostrey. Wir gehen von Aussig in südöstlicher Richtung nach Ober-Sedlitz, einem Dorfe ¼ St. von der Elbe und am Fusse des Gebirges und kommen nach Neudörfel (1 St.), wo bereits der Milleschauer (im Südwesten) zum Vorschein kommt, während im Rücken (Norden) des Wanderers der Schneeberg mit seinem weitsichtbaren Thurme auftaucht. Neben einem grossen Nussbaum theilt sich der Fahrweg; wir benützen weiter den Seitenweg rechts und langen bei einer, zwischen zwei hohen Eichen angebrachten Ruhebank an, von wo aus wir, auf dem windungsreichen Fusswege links fortschreitend, die Spitze dieses 583m hohen Basaltkegels erreichen. Derselbe ist einer der bedeutungsvollsten und lohnendsten Aussichtspunkte[228] im Norden unseres Heimathslandes. Wir haben eine prachtvolle Waldlandschaft unmittelbar vor uns. Das herrliche Elbthal können wir weit verfolgen. Im Norden wird der Thurm des Schneeberges sichtbar, der sich als ein langgedehnter, nordöstlich laufender Bergrücken über ein hohes, aus dem Elbthale und dem Eulauer Thale östlich und südlich steil aufsteigendes, an seinen Rändern durch tiefe Thaleinschnitte zerrissenes Plateau erhebt. Vor dem Erzgebirge ist die mit allen Reizen einer üppigen Natur geschmückte Thalebene, welche ihren Anfang bei Arbesau nimmt, mit dem Eulauer Thale durch einen niedrigen Pass zusammenhängt und sich bei Kulm und darüber hinaus erweitert, ausgebreitet. Rechts vom Schneeberge sehen wir die Ruine des, wahrscheinlich im 30jährigen Kriege zerstörten Schlosses Blankenstein, von dem man eine sehr weite und schöne Aussicht, namentlich auf den Elbstrom geniesst.
Im Vordergrunde liegt Aussig. Westwärts lassen wir unsere Blicke über das herrliche Mittelgebirge schweifen und nehmen den Milleschauer, Kletschen, Radelstein, die Klotzberge, den Kostial, den Lobosch und ganz im Hintergründe die Hasenburg wahr. Unmittelbar unter uns liegt das Dorf Birnay, am rechten Elbufer, am Fusse des Prutschelberges. Im Osten sehen wir den Geltsch bei Auscha, nordwestlich den Zinkenstein, links davon im Hintergrunde den Rosenberg bei Tetschen.
Tetschen, Stadt, an der Elbe, zählt über 5000 Einwohner; sie ist mit dem linken Elbufer durch die prächtige Kaiserin Elisabeth-Kettenbrücke verbunden. Die Stadt hat viele Neubauten aufzuweisen, was auf einen nicht unbedeutenden Aufschwung schliessen lässt. Obst-, Getreide- und Holzhandel ist gross. Alle Holzgattungen werden bis Hamburg verschifft und verflösst. Bedeutend ist auch der Schiffbau.
Gasthäuser: Stadt Prag, Krone, silberner Stern am Ring, Hôtel Ullrich an der Elbe, das Schützenhaus in prächtiger Lage mit einem schönen Garten; Hôtel zum Dampfschiff, neben der Brücke an der Elbe; Restaurationen; Weinstuben.
Eisenbahnen: Oesterreichische Staatsbahn, Nordwestbahn, böhmische Nordbahn nach Warnsdorf und Böhmisch-Leipa, Dux-Bodenbacher Bahn von dem gegenüberliegenden Bodenbach aus.
Dampfschifffahrtsstation. – K. k. Post- und Telegrafenamt. – Badeanstalt.
Sehenswürdigkeiten: Auf einem vom Ufer der Elbe 47·4m senkrecht aufsteigenden, gegen Norden und Osten sich abdachenden Sandsteinfelsen steht das stolze *Schloss der Grafen von Thun. Es wurde 1668 vom Grafen Maximilian von Thun neu erbaut und vom Grafen Wenzel Thun 1788 im gegenwärtigen[229] imposanten Zustande vollendet. Das Schloss ist eine Zierde des Elbthales und hat fast von allen Seiten herrliche Aussichten in die paradiesisch schönen, zum Theile wildromantischen Gegenden desselben. Es enthält eine Schlosscapelle zum hl. Georg mit einem Altarbilde von Berglen, eine schätzbare Bibliothek, eine Gemäldesammlung, ein Münz- und Waffenkabinet. An den Abhängen des Schlossberges und am Fusse desselben befinden sich herrliche *Gartenanlagen mit Orangerie und Gewächshäusern für seltene exotische Pflanzen und einem der grössten Ananashäuser, nach englischer Art eingerichtet. Die Auffahrt zum Schlosse von der Stadtseite ist in Felsen ausgehauen. Am Ufer der Elbe ist ein Fussweg, theilweise durch den Felsen gehauen, und über den Arm der Pulsnitz, welche hart am Schlossfelsen in die Elbe mündet, führt ein Kettensteg zur Verbindung des nördlichen Theiles der Gartenanlagen mit dem südlichen. Dieses Schloss war als ein fester Punkt an der Elbe und Schlüssel dieses Stromes von militärischer Wichtigkeit. Wiederholt wurde es besetzt, so im J. 1631 von den Sachsen, 1635 und 1638 von dem schwedischen Parteigänger Stalhantsch. 1641 von den Kaiserlichen, 1647 von dem schwedischen Obersten Kopi (da wurde es mit 700 Kugeln beschossen), 1741 von den Franzosen, 1744, 1756 und 1778 von den Preussen.
Die Dekanalkirche zum hl. Kreuz, 1687 vom Grafen Max Thun zum Theile auf Felsengrund erbaut, auf welchen Umstand die auf dem freistehenden natürlichen Grundsteine angebrachte Inschrift deutet. Diese Kirche, welche von Cramolin ausgemalt ist, ist eigentlich die Schlosskirche. Die Stadtkirche zu Sct. Wenzel und Blasius brannte 1749 ab und wurde als Waarenmagazin verwendet; vor zwei Jahren wurde sie wieder hergestellt. Weitere nennenswerthe Gebäude sind: Das Stadthaus mit der Sparkassa, das k. k. Bezirksgericht, das Bürgerschulgebäude, die Lorettokapelle und der Bahnhof der österreichischen Nordwestbahn.
(Der Besuch des böhmischen Erz- und Mittelgebirges von Tetschen und dem gegenüberliegenden Bodenbach siehe Besuch von Lobositz, Teplitz und Bilin aus.)
Herrliche Spaziergänge und Touren. (Siehe Bodenbach!) Wir wenden uns von Tetschen-Bodenbach nach Norden gegen *Herrenskretschen. Links haben wir das Erzgebirge, welches hier in geographischer Beziehung mit dem Elbufer endigt. Gewöhnlich nimmt man als Grenze den Nollendorfer Pass an und bezeichnet das Gebirge von da an zu beiden Seiten der Elbe als Elbsandsteingebirge oder böhmisch-sächsische Schweiz. Der höchste Punkt ist der hohe Schneeberg, welcher sich mit seinen Abdachungen über ein grosses Gebiet verbreitet, so[230] dass alle, besondere Namen führenden Bergmassen als Vorsprünge und Ausläufer zu betrachten sind. Der nordöstliche heisst die Scheibenkoppe; nördlich verflacht sich diess Gebirge nach Sachsen, hat jedoch auch hier felsige Vorsprünge: den Brunnnesselkamm und den Breitenstein; westlich hängt es mit dem in dieser Richtung fortlaufenden Rücken des Erzgebirges ununterbrochen zusammen. Unmittelbar an dem linken Elbufer gibt es steile Berge, welche zum Theile in senkrechten, gleichsam in mehreren Stockwerken über einander gethürmten, mannigfach zerrissenen und grotesken Felswänden emporsteigen, wie bei Niedergrund, Mittelgrund. Die herrschende Formation in diesem Gebirge ist der Quadersandstein, welcher hier alle seine Eigenthümlichkeiten hinsichtlich des Grotesken und Malerischen auf die mannigfaltigste Weise entwickelt; besonders zeigen sich seine kühnen, oft abenteuerlichen Formen in den engen Thälern und Schluchten, welche diess Gebilde durchschneiden, und einzelnen, von der Hauptmasse losgerissenen Felspfeilern und Pyramiden, sowie auch Grotten und Höhlen, welche sich hier vorfinden. Auch am rechten Elbufer, wo der Quaderberg, die steilen Rosenwände bei dem Dorfe Rasseln und die *Elbleiten bemerkenswerth sind, wird das Thal durch die bis fast an die Ufer des Stromes vorspringenden Berggehänge so eingeengt, dass nur ein schmaler Streifen Landes am Flusse für den Anbau erübrigt. Die Fahrt auf dem Dampfschiff nach Herrenskretschen ist eine hochinteressante und sehr lohnende (1 St. – zu Fuss geht man über Ober-, Mittel- und Niedergrund).
Dampfschifffahrtsstation. – Eisenbahnstation in Schöna, Herrenskretschen gegenüber. – Postfahrt nach Dittersbach. – Lohnfuhrwerke.
Gasthäuser: Hôtel Herrenhaus, Hôtel zum grünen Baum.
Der Ort liegt am rechten Elbufer, am Ausflusse der Kamnitz in die Elbe, in einem tiefen, zu beiden Seiten von hohen Sandsteinwänden eingeschlossenen Thale. In der Nähe des Ortes mündet von Norden her in das Kamnitzthal der *Prebisch-Grund mit den *Prebisch-Wänden und dem *Prebisch-Thor, ein hochinteressanter Bestandtheil der böhmisch-sächsischen Schweiz. Das Prebisch-Thor ist ein viele Klafter hoher und weiter, von der Natur selbst über das Thal brückenähnlich gespannter Felsenbogen. Man geniesst von seiner Höhe, am Rande eines schauerlichen Abgrundes, aber durch feste Brustwehren geschützt, die herrlichsten Aussichten auf die benachbarten Gegenden. Mit Entzücken verweilt das Auge auf einer[231] Menge von Ortschaften, wie Rosendorf, Arnsdorf, Steinschönau u. s. w., auf hohen Bergen, wie Rosenberg, Schneeberg, Bösig u. s. w., auf den schönsten Waldungen und den fürchterlichsten Abgründen und Felsenmassen. Es ist bereits vieles geschehen, um sowohl den Einheimischen als auch den Fremden den Besuch dieser herrlichen, berühmten, aber noch nicht gehörig gewürdigten Felspartien zu erleichtern. Ein bequemer Weg, mit Ruhebänken versehen, führt bis auf die Höhe des Prebischthores und mehrere Brücken, über tiefe Schluchten gespannt, geleiten den Touristen auf die zunächst liegenden Höhepunkte dieses Felsenlabyrinths bis nach Sachsen hinein.
Herrenskretschen-*Edmundsgrund – diese herrliche Partie, welche den Wettkampf mit den bedeutendsten Hochgebirgspartien aufnehmen kann, ist leider auch noch sehr wenig gekannt. Wir folgen von einem der Gasthöfe dem Laufe der Kamnitz und treten in den Edmundsgrund ein, welcher mit seinen grossartigen, steilen und reich bewaldeten Gebirgsabhängen, mit dem klaren und forellenreichen Wasser und durch die reiche Scenerie der Landschaften einen imposanten Eindruck hervorbringt. Sehr empfehlenswerth ist auch der Aufstieg auf den, dem Herrenhause gegenüberliegenden *Elisalexfelsen mit einem herrlichen Blicke auf die Elbe und in das Kamnitzthal. Das 1 Stunde entfernte Belvedere, zwei künstlich bearbeitete und von der Südseite zugänglich gemachte Sandsteinfelsen (bei Elbleiten), deren einer die Gestalt einer Festung mit Schiessscharte darbietet, der andere aber zu einem Tempel ausgehauen ist, von welchem man auf die in der Tiefe vorüberströmende Elbe und das jenseitige Ufer bis Niedergrund hin eine reizende Aussicht hat, wird wenig mehr besucht. Dieser Theil der böhmischen Schweiz ist grossartig, und deshalb geben wir der Hoffnung Raum, dass er seitens der Touristen so gewürdigt werden wird, wie er es verdient.
Benutzt wurden: Sommer's Königreich Böhmen; Karlsbad in geschichtlicher, medicinischer und topographischer Beziehung von Dr. E. Hlawaček, Verlag v. Hans Feller in Karlsbad; der Wegweiser für Karlsbad und Umgebung von Dr. Hlawaček, Verlag von Feller in Karlsbad; der Führer in Karlsbad und seiner Umgebung (Verlag v. Franiek und Comp. in Karlsbad); Führer durch die westböhmischen Kurorte und deren Umgebung, Eger, Druck und Verlag von Stadler und Comp.
Bezüglich der Karte unseres Reisegebietes bemerken wir, dass es unmöglich war, sämmtliche Aussichtspunkte und Orte, welche der Führer enthält, in dieselbe einzuzeichnen; wir mussten uns auf die wichtigsten beschränken, da sonst die Karte unleserlich und dadurch unbrauchbar geworden wäre. Eisenbahnen, Strassen, Wege und Stege enthält sie vollständig, und das ist umsomehr die Hauptsache, als die einzelnen, nicht eingezeichneten Objekte im Buche so genau beschrieben sind, dass die Bestimmung der Lage derselben gar keiner Schwierigkeit unterliegt.
Orte, welche bei Aussichtspunkten nur erwähnt sind, wurden nicht vollständig aufgenommen. Ist ein Ort, Berg u. s. w. speciell behandelt oder besonders betont, so ist er mit der Seitenzahl angeführt. Die fettgedruckten Zahlen weisen auf die spezielle Behandlung hin.
Im Verlage von HANS FELLER in KARLSBAD erscheint im Herbst 1881:
Der Joachimsthaler Bezirk.
Heimatskunde für Schule und Haus.
Bearbeitet von
Eduard Wenisch,
Bürgerschullehrer in Joachimsthal.
Der Karlsbader Bezirk.
Heimatskunde für Schule und Haus.
Bearbeitet von
Franz Josef Herrmann,
k. k. Bezirksschul-Inspector in Karlsbad.
Im Verlage von CARL BELLMANN in PRAG erschien:
Dichterbuch
zur Pflege der österreichischen Vaterlandsliebe.
Für Schule und Haus.
Gesammelt und zusammengestellt von Eduard Wenisch, Bürgerschullehrer in Joachimsthal.
Epische und lyrische Poesie.
Erster Theil:
Epische Poesie
Mit den Porträts Sr. Majestät des Kaisers Franz Josef I. und Ihrer Majestät der Kaiserin Elisabeth.
Zweiter Theil:
Lyrische Poesie
Mit den Porträts Sr. kais. Hoheit des Kronprinzen Rudolf und Sr. kais. Hoheit des Erzherzogs Albrecht.
Preis: broschirt à Bd. fl. 3.–, in Pracht-Einband à Bd. fl. 4.–.
Die überaus freundliche Aufnahme, welche dem »Dichterbuch« besonders von Seite der Presse zu Theil wurde, gründet in uns die Ueberzeugung, dass dieses patriotische Werk auch beim Publikum die weiteste Verbreitung finden wird, und empfehlen wir dasselbe vorzugsweise als Festgeschenk für die österreichische Jugend sowie allen Schul- und Lehrerbibliotheken.
Wir richten an alle Patrioten von Oesterreich-Ungarn, insbesondere an den varterländischen Lehrerstand, die Bitte, nach Kräften zur Verbreitung des österreichischen Dichterbuches gütigst beitragen zu wollen.
Mitte der alten Wiese.
Hôtel- und Bahnhofskurskarte von Mittel-Europa
9 Sectionen.
Preis 10 Mark in Umschlag. Aufgespannt mit Stäben 20 Mk.
Speciell für die praktischen Bedürfnisse des reisenden Publikums.
W. WILLIAMS'
Original-Kurskarte von Mittel-Europa.
Preis 1 Mark.
Diese Karten sind nach ganz neuem Princip bearbeitet, die Einrichtung ist das Resultat eingehender Versuche. Alle Eisenbahnverbindungen werden durch rothe, die Postrouten durch gelbe und die Fluss- und Seedampfer durch blaue Linien dargestellt und die Hauptverbindungen verstärkt hervorgehoben. Die Postlinien stehen erst in zweiter Linie der Wichtigkeit und wurden zweckentsprechend mit lichter Farbe eingedruckt; ein dunkler Ton würde die Uebersichtlichkeit der Eisenbahnverbindungen aufgehoben haben.
So weit die rothen Linien auf den Karten reichen, befördert die Eisenbahn den Reisenden; wo dieselben endigen, hört auch diese Beförderung auf. Eine gelbe Linie bezeichnet das Vorhandensein von Personenposten, ihre Richtung und Ausdehnung. Vom Ausgangspunkte regelmässiger Dampfer-Kurse beginnt die blaue Linie und führt von Station zu Station zum Endpunkte.
Die Karte ist so gefaltet, dass alle Theile derselben besichtigt werden können, ohne dass sie ganz auseinander gelegt zu werden braucht. Diese Einrichtung erspart zugleich den theuren Aufzug auf Leinwand.
Geographisches Institut zu Weimar.
Reise-Bibliothek.
Sammlung von praktischen Reiseführern
mit Reisekarten und Städteplänen.
Nr. | M. Pf. | |
1. | Deutschland und Oesterreich, geb. | 5.– |
2. | Harz, grosse Ausg. | 2.– |
3. | Thüringen, grosse Ausg. | 2.– |
4. | Dresden und Sächsische Schweiz, gr. Ausgabe | 2.– |
5. | Dresden, kl. Ausgabe | 0.80 |
6. | Berlin und Potsdam, gr. Ausg. | 2.– |
7. | Hamburg, gr. Ausg. | 1.50 |
8. | Wien, gr. Ausg. | 1.20 |
10. | Potsdam | 0.50 |
12. | Schweden, geb. | 4.– |
13. | Norwegen | 2.50 |
14. | Fröhlich's Reisebuch für Handwerker | 1.50 |
14a. | do. cartonn. m. Karte | 1.80 |
16. | Sächsische Schweiz | 1.– |
17. | Brunnen- und Badeorte | 2.– |
18. | Riesengebirge, gr. Ausg. | 2.– |
19. | München, gr. Ausgabe | 1.– |
20. | Salzkammergut und Tirol | 2.– |
21. | Paris und Umgebungen | 1.50 |
22. | Belgien und Holland | 2.– |
23. | Die Schweiz, gr. Ausg. | 3.– |
24. | dto. kl. Ausg. | 1.50 |
26. | Prag | 1.50 |
27. | St. Petersburg | 3.– |
28. | Die Rheinlande von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze, geb. | 5.– |
29. | Der Rhein | 2.25 |
33. | Saint-Pétersbourg (frz.) | 1.50 |
35. | Fichtelgebirge und Fränk. Schweiz | 1.50 |
36. | Schwarzwald | 2.50 |
39. | Warmbrunn, Reinerz, Landeck und weitere Schlesische Kurorte | 1.– |
41. | Franzensbad, Elster | 0.75 |
42. | Marienbad | 1.– |
43. | Karlsbad | 1.50 |
44. | Teplitz | 1.50 |
50. | Kreuznach | 1.50 |
50a. | Kreuznachs Heilquellen | 0.80 |
56. | Swinemünde, Misdroy, Heringsdorf | 1.20 |
57. | Kopenhagen | 2.– |
58. | Frankreich und Spanien | 1.50 |
59. | London, kl. Ausg. | 1.20 |
60. | Harz, kl. Ausg. | 0.75 |
61. | Bad Ems | 1.– |
62. | Nürnberg | 1.– |
65. | Insel Rügen | 1.– |
66a. | Potsdam (englisch) | 0.75 |
67. | München (englisch) | 1.70 |
68. | Berlin, kl. Ausg. | 0.80 |
69. | Märkische Schweiz | 0.80 |
71. | Kissingen | 1.– |
72. | Von München oder Wien nach Ober-Italien | 2.– |
73. | Hamburg, kl. Ausgabe | 0.80 |
74. | München (franz.) | 1.50 |
75. | Kleiner Führer für die Rheinreise (Köln-Heidelberg) | 1.20 |
77. | Strassburg, Metz und die Vogesen | 1.50 |
80. | Italien (in einem Bande) | 5.– |
81. | Riesengebirge, kl. Ausg. | 0.75 |
82. | Thüringen, kl. Ausg. | 0.80 |
Die Führer aus »Grieben's Reisebibliothek« sind in allen grösseren Buchhandlungen vorräthig, sonst zu beziehen aus der Verlagsbuchhandlung von
Albert Goldschmidt
in Berlin W.
Seite | |
Einleitung | I bis VII |
Reiseregeln | 1 |
Verkehrs- und Transportwesen | 2 |
Geografisches | 5 |
Das Erzgebirge | 5 |
Gestaltung, Begrenzung, mittlere Höhe, ausgezeichnete Höhepunkte des Erzgebirges | 6 |
Das Gebirge nördlich von der Eger | 10 |
Das Mittelgebirge | 11 |
Flüsse | 14 |
Elbe, Eger | 14 |
Biela | 16 |
Klima | 17 |
Morgen- und Abenddämmerung, Morgen- und Abendröthe | 18 |
Einwohnerzahl, Charakter der Erzgebirgsbewohner | 20 |
Das Mineralreich | 23 |
Der Besuch des Erzgebirges und der angrenzenden Gebiete von Franzensbad aus | 28 |
Franzensbad | 28 |
Eger | 31 |
Franzensbad – Seeberg – Kapellenberg | 35 |
Franzensbad – Wildstein – Wies – Schloss Liebenstein-Elster – Maria-Kulm – Schönbach – Asch – Königswart – Sangerberg – Marienbad | 36–47 |
Marienbad – Podhorn – Tepl | 48 |
Marienbad – Petschau | 48 |
Der Besuch des Erzgebirges von Falkenau aus | 49 |
Falkenau – Hartenberg | 51 |
Falkenau – Sangerberg – Crudum – Schwanderberg – Kapellenberg – Maria-Kulm – Mostau | 53, 54 |
Elbogen | 54[ii] |
Falkenau – Gossengrün – Bleistadt – Heinrichsgrün – Graslitz – Klingenthal – Markneukirchen – Schneckenstein – Schwaderbach – Forsthaus Nancy – Sauersack – Kranichsee – Hirschenstand – Frühbuss | 58–65 |
Besuch des böhmischen Erzgebirges und der angrenzenden Gebiete von Karlsbad aus | 66 |
Karlsbad – Dallwitz – Zettlitz – Fischern – Aich – Pirkenhammer – Engelhaus – Schloss Giesshübel – Schömnitzstein – Kurort Giesshübel-Puchstein – Neudek | 81–86 |
Neudek – Kreuzberg – Peintlberg – Thierbacher Kapelle – Felshäuser – Kammersberg oder Hohenau – Hochtannenberg – Wächterhau – Neuhammer – Platten | 86–91 |
Platten – Plattenberg – Auerhahnl – Wolfs- oder Eispinge – Lichtenstadt | 91–94 |
Lichtenstadt – Wölfling – Bärringen | 95–97 |
Karlsbad – Schlackenwerth – Joachimsthal | 98 |
Schlackenwerth | 98 |
Joachimsthal | 103 |
Joachimsthal – Mariasorg – Koboldstein – Ullersgrün – Spitzbergel bei Pfaffengrün – Hauenstein | 111–113 |
Keilberg | 113 |
Spitzberg | 114 |
Joachimsthal – Abertham – Bärringen – Platten – Breitenbach – Johanngeorgenstadt | 114 |
Abertham | 115 |
Plessberg | 116 |
Joachimsthal – Spitzberg – Seifen – Irrgang – Zwittermühl – Jungenhengst – Wittigsthal | 117 |
Joachimsthal – Gottesgab – Weipert | 118 |
Gottesgab | 118 |
Besteigung des Keilberges | 119 |
Gottesgab – Försterhäuser – Goldenhöhe – böhmische Mühle – Rittersgrün – Globenstein | 123 |
Der Besuch des Erzgebirges von Komotau aus | 123 |
Komotau | 123 |
Komotau – Alaunhütte – Stadtpark – Hutberg | 127 |
Komotau – Ruland – Eidlitz – Görkau – Platten | 128 |
Komotau – Grundmühle – Domina – Troschig – Tschernowitz | 128 |
Komotau – über Domina nach Glieden – Wisset – Schweiger – Hohentann – Hassenstein – Platzer Grund – Neudorf – retour | 130[iii] |
Komotau nach Tschernowitz, Malkau, Grün, Plassdorf, Platz – Hassenstein – Brunnersdorf | 132 |
Komotau – Deutsch-Kralupp, Keller, Neudörfel, durch das Grundbachthal über Zieberle nach Sonnenberg | 135 |
Sonnenberg | 137 |
Komotau durch das Assigbachthal nach Sebastiansberg | 138 |
Sebastiansberg | 139 |
Sebastiansberg – Komotau | 140 |
Komotau – Kaaden | 140 |
Kaaden | 140 |
Kaaden – Radonitz – Duppau – Rodisfurth zum Giesshübler Sauerbrunn über Welchau nach der Bahnstation Wickwitz – Welchau | 142 |
Kaaden – Leskau – Schönburg | 143 |
Kaaden – Klösterle – Kupferberg (Sphinx und Kupferhügel) – Schmiedeberg – Weipert – Pressnitz | 143 |
Klösterle | 144 |
Kupferberg | 145 |
Pressnitz | 146 |
Der Besuch des Erzgebirges von Görkau aus | 147 |
Görkau | 147 |
Görkau – Platten – Neustein – Bernau – Hannersdorf – Kallich – Ladung | 149 |
Görkau – Gabrielahütten – Brandau – Grünthal – Katharinaberg – Tannichberg – Theresiensitz – Eisenberg – Einsiedel – Ober-Georgenthal – Johnsdorf – Hammer | 150–152 |
Katharinaberg | 152 |
Katharinaberg – Brandau – Grünthal – Gabrielahütten – Bad Einsiedel – Rauschengrund – Oberleutensdorf – Hammergrund – Johnsdorf – Görkau – Steinl – Hübladung – Bernstein | 153–155 |
Der Besuch des Erzgebirges von Dux aus über Oberleutensdorf | 155 |
Dux | 155 |
Ossegg | 156 |
Salesiushöhe – Riesenburg | 157 |
Klostergrab | 157 |
Oberleutensdorf | 158 |
Oberleutensdorf – Rauschengrund – Sandel – Hammer-Johnsdorf – Schönbach – Wieselstein – Oberdorf – Eisenberg – Obergeorgenthal – Bernstein | 159–160 |
Der Besuch des böhmischen Erz- und Mittelgebirges von Brüx – Bilin aus | 160 |
Brüx | 160[iv] |
Brüx – Saras – Schlossberg | 167 |
Brüx – Brüxer Sprudel – Ober-Georgenthal – Eisenberg – Hammer – Johnsdorf | 168 |
Brüx – Kopitz – Rosenthal – Lindau – Oberleutensdorf | 169 |
Brüx – Püllna | 169 |
Brüx – Kollosoruk – Kosel | 170 |
Brüx – Sauerbrunn – Bilin | 170 |
Bilin | 173 |
Bilin – Radelstein | 174 |
Suttomer Berg – Skalken – Kostial – Lobositz | 174–176 |
Hasenburg | 176 |
Milleschauer | 177 |
Teplitz – Borislau – Pilkau – Milleschauer | 177 |
Aussig – Türmitz – Kosten – Staditz – Tschochau – Borislau – Pilkau – Milleschauer | 178 |
Lobositz – Billinka – Wellemin – Milleschau – Milleschauer | 178 |
Lobositz | 178 |
Bilin – Kostenblatt – Tschentschitz – Milleschauer | 180 |
Der Besuch des böhmischen Erz- und Mittelgebirges von Teplitz aus | 180 |
Teplitz – Schönau | 180 |
Teplitz – Tschochau | 187 |
Teplitz – Kostenblatt | 189 |
Die Ebene zwischen dem Erz- und Mittelgebirge | 191 |
Das Erz- und Quadersandsteingebirge | 196 |
Teplitz – Kosten und Niklasberg | 197 |
Eichwald – Doppelburg – Zinnwald | 199 |
Mückenberg – Graupen – Mariaschein | 202 |
Geiersburg | 205 |
Tellnitz – Schönwald – Nollendorf | 206 |
Die Tyssaer Wände | 207 |
Bodenbach | 209 |
Leitmeritz | 212 |
Aussig | 224 |
Tetschen | 228 |
Herrenskretschen | 230 |
Correctur: auf der Karte lies bei Brüx statt »Kreidenberg« »»Breitenberg.««
Anmerkungen zur Transkription
Das Buch ist laut Bibliothekseintrag des Deutschen Alpenvereins vermutlich ca. 1880 erschienen.
Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Unterschiedliche Schreibweisen wurden wie im Original beibehalten. Die Zeitangabe »5/4 Stunde« wurde durch »1¼ Stunde« ersetzt.
Korrekturen:
S. 13: Gneuss → Gneis
Erzgebirge sichtbar auf dem Gneis desselben
S. 84: Egelhaus → Engelhaus
Sigmund das Schloss Engelhaus nebst anderen Besitzungen
S. 90: Seifenballen → Seifenhalden
beweisen die vielen Zechen- und Seifenhalden
End of the Project Gutenberg EBook of Führer durch das böhmische Erzgebirg , das Mittelgebirge und die angrenzend, by August Weymann *** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK FÜHRER DURCH DAS BÖHMISCHE *** ***** This file should be named 55027-h.htm or 55027-h.zip ***** This and all associated files of various formats will be found in: http://www.gutenberg.org/5/5/0/2/55027/ Produced by The Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net Updated editions will replace the previous one--the old editions will be renamed. Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright law means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. 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Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. 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